^m»c' A^." Ä^'"-;^ ^ . > •,.-.^ miL €-iK^<'-' ^^-^j^,:,..^, ^^ '!«& ^^;^/-' -tSV ^^aÄ3 .: < . .^ >... w^ 4 " ^-x ;-^.'^ Boston Medical Library 8 THE FENWAY DER- SEUCHEN, HUNGERS- UND KRIEGSNOTH ZUR ZEIT DES DREISSIGJÄHRIGEN KRIEGES. Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from Open Knowledge Commons and Harvard Medical School http://www.archive.org/details/geschichtederseuOOIamm DER SEUCHEN, HUNGERS- ül KR m^ ZUR ZEIT DES DREISSIGJÄHRIGEN KRIEGES. VON DR. GOTTFRIED LAMMERT, KGL. BEZIRKSARZT. WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BERGMANN, 1890. Alle Rechte vorbehalten. K5nigl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz, 'Würzlurg. Vorwort. Die Annalen der Leiden eines Volkes sind mit denen seiner Kulturgeschichte innig verwoben; was uns in jenen berichtet wird, das hängt eng zusammen mit den wechselnden Gestaltungen des politischen wie sozialen Lebens. Mit der Geschichte der Volkskrankheiten finden wir einen gar inhalt- schweren interessanten Band der grossen allgemeinen Welt- geschichte aufgeschlagen, dessen Bedeutung und Tragweite im Allgemeinen mehr Beachtung und Würdigung verdient. Wie Wenige haben sich unter den Zeitgenossen des 30jährigen Krieges gefunden, welche uns an die Tiefe des selbst erlebten menschlichen Elendes führen. Der Verluste an Kriegern während des mörderischen Kampfes hat man gedacht; Nachrichten über den grossen Feld- und Vernicht- ungszug des Würgengels der Pest aber hat man nur spärlich auf uns kommen lassen. Li vielen Hunderten während dieser unheilvollen Epoche veröffentlichter Schriften und Flugblätter begegneten dem Verfasser vorliegenden Buches nur selten Andeutungen über die Drangsale des Volkes unter dem Drucke von Hunger und Seuchen; man fand nur Zeit, in Auslassungen über den religiösen Hader sich zu ergehen. Für den Geschichtsforscher ist es nun begreiflicher- massen eine mühsame Aufgabe, das auf bezeichnetem Ge- biete zerstreut liegende, dünngesäete und, dem Wesen der Zeit entsprechend, lückenhafte Material aus alten Chroniken, kircUiclien und städtisclien Aufzeiclinungeii, Inschriften u. s. w. zusammen zu tragen und tausendfachen Einzelnheiten nachzuspüren, um dann durch Sichtung und richtige Grrup- pirung des gewonnenen Stoffes die Herstellung eines Ge- sammtbildes der Greschichte der Seuchen zu schaffen. Von dem Gedanken, Bausteine zur Zusammenstellung einer Geschichte der Heimsuchungen des deutschen Volkes aufzusuchen, erfasst und getragen, ist der Verfasser der nachfolgenden Blätter seit einer langen Eeihe von Jahren bemüht gewesen, mit Anwendung aller, ob auch noch so schwer zu erringender Mittel die alten, wenig mehr beach- teten Urkunden und Berichte über die Leiden unserer Vor- fahren zu entziffern und für Jedermann leserlich zu machen. Um ein annähernd zutreffendes Bild der Drangsale der deutschen Gaue, welche der Krieg verheerend durchtobte, entwerfen zu können, erschien auch die Erwähnung kleiner, oft isolirter, von den Seuchen bedrängter Ortschaften für die Geschichte nicht bedeutungslos, da dieselben, ausser dem Lokalinteresse für manche Leser, zugleich als Mark- steine gelten, welche die Thätigkeit der Pest auf ihrem Wanderzuge verfolgen lassen, bis es weiterer Detailforschung, namentlich unter Beihilfe noch nicht benutzter Matrikel, gelingen dürfte, die Lücken auszufüllen und so nach dem Wunsche des Verfassers eine möglichst erschöpfende Epi- demieengeschichte herstellen zu können. Damit sich der Umfang des Buches nicht noch mehr ausdehne, ist im beigegebenen Quellenverzeichnisse nur ein Theil der benutzten Lokalgeschichten angeführt. In gleicher Absicht wurde dem Ortsregister eine knappere Form gegeben. Eingeschlichenen Druckversehen wolle der freundliche Leser, eingedenk der Ueberfülle des Stoffes, entschuldigend begegnen. Allen jenen Herren aber, welche dem Verfasser zu seiner Arbeit durch erbetenes Material Beistand geleistet, sei an dieser Stelle der gebührende Dank ausgesprochen. Und nun glaubt der Verfasser, von der Hoffnung er- füllt, nicht ganz umsonst gearbeitet zu haben, einen in sich abgeschlossenen Theil seiner, die ganze Seuchengeschichte umfassenden Studien dem Publikum vorlegen, und, wenn ihm freundliche Aufnahme nicht versagt sein sollte, weitere Gaben in Aussicht stellen zu dürfen. Eegensburg, 18. Oktober 1889. Dr. Lammert. Inhaltsübersicht. Seite Nothjahre vor dem grossen Kriege, 1600—1617 . 1 Dreissigjähriger Krieg 48 1. Böhmiscli-pfälzischer Krieg, 1618—1625 48 2. Böhmisch-niedersäclisischer Krieg, 1625—1630 67 3. Schwedisch-deutsclier Krieg, 1680—1635 107 4. Sctwediscli-französiscJier Krieg, 1635—1648 185 Nothjahre vor dem grossen Kriege. 1600-1617. Die Verheerungen, welche Seuchen und Hunger während des ver- wichenen Jahrhunderts unter der gepeinigten Menschheit angerichtet hatten, fanden an der Schwelle einer neuen Zeitperiode keine zeitliche Begrenzung. Man hätte hoffen können, dass diu-ch den in schrecklicher Weise voll- zogenen Läuterungsprozess jeder weitere Keim zu neuen Volkskrankheiten vernichtet worden wäre. Allein der Fortbestand gleich begünstigender Faktoren auf tellurischem, physischem wie sozialem Gebiete knüpfte an die alte Leidenskette neue Glieder der Vernichtung. Der einfache Hin- weis auf den Mangel einer plan massig durchgeführten Hygieine erklärt die andauernde Lebensfähigkeit des Seuchengiftes in genügender Weise. Wenn sich auch in dem Walten manches ehrbaren Rathes grösserer wie kleinerer Städte gar Vieles erkennen lässt, was zur medizinischen Polizei in Beziehung zu bringen ist, so entsprang es doch nur dem Gebote des augenblicklichen örtlichen Bedürfnisses und dem Drange der Selbsterhal- tung, ohne Rücksicht auf die gleich missliche Lage der durch Krankheit und Noth schwer geprüften Nachbargemeinden. Es fehlte noch lange Zeit an einer konstituirten Gewalt, welche mit gesonderten, selbständigen hygieinischen Grundsätzen ausgerüstet, allgemein gültige Maassnahmen gegen die Volkskrankheiten ergriffen hätte. Die sozialen Verhältnisse des Volkes, welches die kürzlich erlittenen Wunden schnell vergessen hatte, sowie der Boden, den es bewohnte, verharrten in einem Zustande allgemeiner Zersetzung und waren für einen neuen Umgang des Würg- engels wohl vorbereitet. 1600 1600, Während der Winter im Norden Europa's weniger heftig auftrat, war derselbe in den mittleren und südlichen Theilen grimmig kalt; ja er zog ein anhaltend kaltes Frühjahr nach sich; am 26. April fiel in Bayern, Thüringen, Meissen tiefer Schnee, wodurch Getreide, Obst und Wein litten; Hagelschlag und üeberschwemmungen brachten vielfach Schaden. Am 24. Oktober erfroren in Franken die noch nicht reifen Trauben. Der nasskalten Witterung folgte Verderbniss der Halmfrüchte mit reicher Entwickelung des Mutterkorns, so dass in manchen Gegenden, namentlich in Oberhessen, die Kriebelkrankheit (Ergotismus, Spasmus malignus oder pestilentialis) zum Ausbruche kam^). Ueberdies herrschte in der Wetterau die „Pestilenz". Neben der Bubonenpest setzte der Petechialtyphus mit erhöhter Kraft seine Thätigkeit fort; gleichzeitig fanden Blattern und Masern Verbreitung. Im August brach in der Augsburger Gegend wieder eine Seuche aus, weshalb der Augsburger Rath besonders den Verkauf alter Kleider verbot. — In Nürnberg gesellte sich zur Theuerung ein grosses Sterben, 2520 Personen erlagen, darunter 779 an der Seuche. Diese trat auch in Schwabach mit Heftigkeit auf^). — In Schlüsselfeld (Oberfranken) regierten die Blattern. (Matr.) Die Provinz Brandenburg wurde abermals von einer Seuche heim- gesucht. So wüthete in Krossen, Zielenzig, Beutnitz, Züllichau u. a. O. eine ansteckende pestartige Krankheit; in letzterer Stadt starben allein 437 Personen3), — Im Januar wurde die Pest nach „Batthaune" (Prov. Sachsen) verschleppt; ein Vater und zwei Söhne starben an der Pest*). Auch in Polen, Posen, Schlesien und Böhmen, wo die Pest in den verwichenen Jahren grosse Verwüstung angerichtet hatte, schwang sie wieder ihre Geisel. In der Stadt Posen verursachte die Pest von Neuem grosse Sterblichkeit. (Lukaszewicz.) — In Meseritz an der Obra stellte sich im Herbst die Pest ein und nahm 100 Personen weg. Im folgen- den Jahre erhob sie sich wieder, um erst gegen Martini sich zu legen. Es sollen in diesem Jahre bis 1100 Menschen gestorben sein. — In Peterswaldau (Schlesien) raffle eine Epidemie viele Menschen dahin. — 1) G. Horst, Op. n. 422 (Norimb. 1660). 2) Petzold 209. 3) Wettekind, In der Stadt Oppeln a. d. Oder herrschte die Pest; die Leichen wurden bei der kleinen Kirche zum hl. Kreuz vor dem Oderthore begraben, — Im September tauchte in Schweidnitz die Infektion, „febris pestilenz", auf; der Seuche erlagen bis zu deren Nachlasse am Jahresschlüsse 149 Personen. Ebenso zählte Striegau viele Opfer ^). Pommern litt von 1600 bis 1602 durch die Pest; in Stargard (ö. V, Stettin) nahm sie eine grosse Anzahl Menschen hinweg. Ebenso fielen zu Thorn an der Weichsel bis zum folgenden Jahre viele Pestopfer. Von Oesterreich wanderte die Pest in südwestlicher Richtung über das Gebirge nach Steiermark, wo namentlich der mittlere Landstrich arg mitgenommen wurde. Im Markte Mureck wurden von Ende September bis Jahresschluss 90 Personen, meist Männer, hingerafi't. Der Franziskaner- orden verlor durch dieselbe 15 Mitglieder im Kloster Lankowitz^). 1601. Auch dieses Jahr war der Vegetation ungünstig; der Frühling kalt und trocken, der Sommer nass; das Obst missrieth, der Wein blieb sauer. Es machte sich bis ins folgende Jahr in manchen Gegenden (Magdeburg) Theuerung geltend. In Oberfranken fand die Pest Eingang. So herrschte sie im Kulm- bachischen 1601 —1602. Zu gleicher Zeit erfuhr das Fürstenthum Bayreuth dasselbe Geschick. Ebenso wurde die Pest in Zell und mehr- mals in Gefrees eingeschleppt, so dass ihr in dieser Pfarrei 60 Personen zum Opfer fielen. In Preussen trat die Pest in einzelnen Städten auf. So in der Provinz Brandenburg, zu Königsberg (in der Neumark), wo vom August bis November 77 Mensehen starben. — In Königsberg (Ostpreussen) stellte sich der entsetzliche Gast im Oktober ein; am 16. d. M. wurden zugleich 4 Todte in der Altstadt begraben. Viele Leute erlagen besonders auf dem Steindamm; Weihnachten liess die Krankheit nach, um im fol- genden Jahre wieder zu wüthen. Im Mai (1602) musste der Lei eben acker auf dem Haberberge erweitert werden; die Ernte des Todes war so gross, dass wöchentlich 250, 260—280 in allen 3 Städten begraben wurden. Im Juli nahm die Seuche dermassen überhand, dass wöchentlich 500 — 550 erlagen, im August 650 und in einigen Wochen mehr. Der Tod raflTte völlig gesunde Leute binnen wenigen Stunden hin. Im September liess das Sterben nach, so dass in der letzten Woche im Kneiphofe (Stadttheil auf der Insel Werder) nur 82 Personen starben und nahm dann von rer. Siles. D. Scepsii Ann. XI. 105. 2) Herzog, Kosmogr. II. 76. 1* 1601,1602 _ 4 — Woche zu Woche ab. Im November erlosch die Seuche, nachdem sie eia Opfer von etwa 18 000 Menschen gefordert^). — Unter der Last eines gleichen Schicksals hatte Insterburg 1601 bis 1602 zu seufzen^). Ebenso litt die Stadt Kastenburg (13 M. s.o. von Königsberg) durch eine Epi- demie. Auch Fraustadt (Posen) wurde wieder von der Pest heimgesucht ^). — Am 23. Oktober erlag in Schweidnitz (Schlesien) eine Wittwe mit ihrem Sohne, der aus Wien den Krankheitsstoff eingeschleppt hatte, der Pest, welche indes auf das Haus beschränkt blieb *). Ruhr, Blattern und andere Infektionskrankheiten zeigten sich hin und wieder. In Bischofswerda (Sachsen) erlagen viele Kinder den Blattern; in Wurmlingen (Württemberg) starben 128 Personen an der „Pest" (Pfarrchr.). Zu Bern (Schweiz) herrschte die Ruhr. — Auch das Vieh blieb in der Schweiz von Seuchen nicht verschont. „Der Viehpresten hat fast Mitte Heumonats gar streng angesetzt; so in Wetzikon, weit umher im Amt Grüningen, in der Grafschaft Kyburg und im Amt Greifensee. Es starb fast alles Vieh." Von Steiermark war die Pest in Kärnthen eingedrungen, und wüthete hier in solchem Grade, dass der Markt Althofen bei Friesach fast gänzlich ausstarb und die Stadt Völkermarkt viel zu leiden hatte (Carinthia). Auch in Klagenfurt nistete sich die Pest neuerdings ein; sie forderte diesmal 98 Opfer ^). In ganz Siebenbürgen begann im Januar ein Sterben durch Pocken und Röthein; nach einigen Monaten erlagen erwachsene Leute einer giftigen Sucht Hadmasch (Hagmäz ung. Typhus, hitziges Fieber); das währte bis ins nächste Jahr. — Nach dem Tagebuche des Kronstädter Rathsherrn Peter Banfi war in diesem Jahre eine so grosse Theuerung, „das im Wugerlant vnd in sibenbirgen das Ein menthz (Mensch) vom andern chot ghesen Hund vnd katzen hon die leit ghessen" ^). 1602. Strenger Winter, Kälte am 12. April; im Sommer scliädlicher Hagel; wenig Wein von mittlerer Güte. Die Pest gewann neuen Aufschwung. In der Oberpfalz wie in Ober- und Mittelfranken machte sich dieselbe geltend. In Regensburg trat sie sporadisch auf. In Schwandorf nahm im Herbste Elise Polweger ein verwaistes Mädchen, dessen Eltern der Pest erlegen waren, sammt seinem Bett in ihr Haus auf. Das Pestgift, welches sich bei Reinigung des Bettes entwickelte, raubte der Frau, sowie bis zum Frühjahre 1603 1) Ann. Michels, Erleut. Preussen III. 242. 391 f. 2) Hennig. 3) Wuttke.^ vielen Anderen das Leben ^). — In der Gemeinde St. Johannis bei Bay- reuth fand sie Eingang. Im Juli raffte die Pest 253, im August 277 Einwohner, darunter fast alle Geistlichen, hinweg. Die Leichen beerdigte man, oft 17 an einem Tage, Vormittags um 9 Uhr und Nachmittags um 3 Uhr. In Wolfsbach starben im August 2 Familien ganz aus; so starb am 6. September Stephan Meister, nachdem er im August sein Weib und 6 Kinder eigenhändig eingegraben hatte. Zwischen 9. September und 5. Oktober starb eine aus 10 Köpfen bestehende Familie Küfner aus^). Auch in Blindloch nistete sieh die Pest ein; am 1. Juli erlag ihr der Pfarrer^); in Reindorf bei Burgebrach heischte sie aber so viele Opfer, dass es schwer fiel, die Leichen nach dem Friedhofe zu Burgebrach abzuführen. Man be- grub sie daher an der Baraberger Strasse; noch heisst der Platz das steinerne Kreuz*). — Nach Baiersdorf wurde die Pest durch einen vom Fichtelgebirg gekommenen kranken und daselbst auch bald verstorbenen Bettler ein- geschleppt. Die zahlreichen Opfer wurden an einem abgelegenen Platze jenseits der Rednitz begraben. Ebenso wüthete die Seuche in Gräfen- dorf bei Erlangen; am 2. Dezember erlag ihr der Pfarrer Helmreich^). Auch in Sachsen fanden einzelne Pesterkrankungen statt. W. E.. Tentzel (f 1707) erwähnt in seinem Werke über die sächs. Müüzen (ed. Frankf. u. Leipz. S. 389), dass 1602, nachdem Hei-zog Friedrich Wilhelm mit seinem Hofgesinde selbst von der Pest befallen gewesen, die im J. 1598 geschlagene Pestdenkmünze erneuert worden ist. Ob die in St. Wendel (Reg. Trier) aufgetretene Epidemie von Pest- zeichen begleitet war, ist nicht bekannt. — In Tondern (Friesland) erlagen 500 Personen der Pest^). Die Pest wurde durch ein dänisches Schifi", das einen Todten an Bord hatte, nach Wolgast (Pommern) gebracht; (Heller's Chronik gedenkt ihrer nicht '^j. — In Neu-Stettin wüthete die Pest; im folgenden Jahre war grosses Viehsterben. — Von Bleckingen her war nach Colberg eine verheerende Krankheit eingedrungen; in der Zeit zwischen Michaelis und Weihnachten wurden in einer Woche oft 60 Personen beerdigt, die nicht gerechnet, welche man zur Nachtzeit begrub. In Preussen hatte die Pest schreckliche Ausdehnung gewonnen. Nachdem dieselbe in Danzig bereits im Vorjahre Eingang gefunden hatte, hauste sie nun so arg, dass bisweilen in einer Woche gegen 1200 Menschen, meistens der Pest, erlagen; den Höhepunkt erreichte sie im August, der September brachte Linderung. Vom 1. Januar bis 27. November 1) Oberpf. Arch. XXIV. 2) Oberfr. Arch. IX. 3) Hübsch, Gesees. 4) Haas, Slavenland II. 44. 5) Oberfr. Arch. III. 63 f. 8) Nordalb. Stud. Kiel 1848, IV. 7) Archivar von Bülow, Stettin. wurden 16,694 und bis Jahresschluss 16,919 Menschen hingerafft bei einer mittleren Sterbeziffer von 2000. Dagegen wurden 1387 Kinder getauft ^). — In Elbing wurden am 1. August 60, in jeder der folgenden Wochen 40 — 50 Pestopfer begraben; in der Woche nach Bartholomäi aber starben über 400 Personen ; von da liess das Sterben nach und Ende November erlosch die Seuche. — Wie in Königsberg, war die Seuche auch über den grössten Theil des Landes verbreitet. In der schwer ge- prüften Stadt Bartenstein erlagen drei Geistliche der Pest. Ebenso hauste sie in Tilsit (Reg. Gumbinnen) und fielen hier zwei deutsche Prediger und die litthauischen Pfarrer zum Opfer. — In Thorn rafften die Seuchen 2000 Personen hinweg. Ebenso wüthete die Pest in Bromberg und in Sehippenbeil ^). In Bunzlau (Niederschlesien) grassirten im Juni und Juli die Blattern. Der Stadtarzt Burser begab sich im Mai nach seinem früheren Aufent- halt in Böhmen, wo kurze Zeit nachher er sowohl als seine Frau an der Pest starben. In Livland und Russland erreichte die Hungersnoth einen uner- hörten Grad. Das den livländischen Krieg begleitende Elend erzog Menschenfresser, so dass die Behörden mit den strengsten Strafen vor- gehen mussten. Friedrich Engel, Pastor zu Dünaburg, verzeichnet in einer besonderen Schrift, dass allein in dem Dünaburgischen Gebiete 30 Menschen aufgefangen, geschlachtet und verzehrt wurden „anno 1602 kort vor Christi Himmelfarth" ^). — Der allgemeinen Hungersnoth in Russ- land folgten verheerende Krankheiten und namentlich 1601 — 3 die Pest. Besonders heftig litt Moskau, wo die Zahl der Opfer 127 000 betragen haben soll. Zu derselben Zeit trat die Pest, welche vorher den Nordosten Deutschlands durchseuchte, auch in Smolensk auf^). In Steiermark äusserte sich die Infektion zuerst im Oktober im Krumpenthal und Münichthal, zog dann nach Eisenerz, wo über 220 Per- sonen an der Krankheit starben, und endlich nach Trofaiach (Peinlich). Mit Jahresanfang erhob sich in Siebenbürgen wieder ein grau- sames Sterben an der Pestilenz und „Bavichwehn", besonders zu Nösen (22 M. n. V. Hermannstadt), wo gegen 9000 Menschen an der „Bauch- krankheit" starben, ohne jene, welche still begraben wurden; in einer Woche starben 200 Personen. — In Klausenburg war die Sterblichkeit geringer, dagegen von 1602—3 so grosser Hunger, dass die armen Kinder von ihren verstorbenen Eltern assen; Hunde und Katzen galten als Lecker- 1) Curicke, D. Scepsii Ann. in SS. rer. Siles. XL, Danziger Erfahrg. 1739. 2) Bernhard. Chron.; Bege 89. s) Rhein-Antiq. 1866. V. 751. ■*) Richter, Gesch. d. Med. I. 356. — 7 — 1602,1603 bissen; der Kübel Korn galt 16—20 fl. In Kronstadt war die Frucht nicht so theuer und galt höchstens 6 fl. 10 kr. In Kronstadt begann am 5. November das Sterben an der Pest, ebenso in der Altstadt und anderen Städten und Gemeinden. Hermannstadt wurde vom September bis Dezember heimgesucht. In Elisabethstadt (Ebesfalva) kamen im September Pestfälle vor (Fundgruben). 1603. Kaltes Frühjahr, sehr trockener März; so fruchtbarer Sommer, dass die Getreide- halme oft 4 — 5 Aehren trugen; um Weihnachten abermals Kornblüthe, viel Obst und ziemlich viel imd guter Wein. In Graubünden herrschte eine grausame Krankheit, welche zahl- reiche Opfer forderte. Sie wiederholte sich 1605 an vielen Orten, ohne jedoch, wie zuvor, überhand zu nehmen ^). In Deutschland traten die Seuchen vereinzelt auf. In Bayreuth und Umgegend Hess die Pest nach, nachdem ihr im Ganzen gegen 1000 Menschen zum Opfer gefallen. — Jena wurde auch von der Seuche heimgesucht^). In Grosslinden bei Giessen grassirte eine verheerende Krank- heit^). Zu Kumbach bei Rudolstadt erlagen 111 Personen der Pest. Im Lande Mecklenburg herrschte die Seuche*). — In Lübeck regierte während des Sommers ein bösartiges Fleckfieber, dem binnen 6 Monaten 2500 Menschen, darunter drei Wundärzte erlagen. Auch Hamburg wurde von der Infektion heimgesucht ^). Am Niederrhein machte sich neben Theuerung grosse Sterblichkeit geltend, so insbesondere in Remscheid (Bez. Düsseldorf). Auch zahlreiche Bewohner Brüssel's wurden die Beute einer kontagiösen Krankheit; sie rafi'te im Karmelitenkloster fünf Religiösen hin^). Furchtbar hauste die Pest in England; in London währte sie vom Mai bis November; in manchen Wochen starben oft 3000, im Ganzen aber mehr als 30,000 Menschen. Der König Jakob I untersagte deshalb den Zutritt bei Hofe bis zum Winter^). Auch zu Paris rafi'te die Pest eine Zeit lang in jeder Woche 2000 Menschen hinweg; man führte das Uebel auf die Unreinigkeit in den Strassen und Häusern zurück. In Litthauen herrschte im Januar die Pest (nach dem Reiseberichte einer damals nach Moskau gesandten hanseatischen Gesandtschaft^). 1) Ardüser, Raet. Chron. '■i) Geogr. Jen. 3) Hess. Arch. III. ^) Lisch, Flau. Jahrb. 17. ») Lübische ßlätt. 1842. «) Henne et Wauters, Hist. 7) Haraei, Auch Dorpat wurde von der Pest heimgesucht,^). In Kronstadt trat die Seuche Ende Mai 1603 mit solcher Wuth auf, dass an manchem Tage über hundert (125) Personen starben; sie währte über 5 Monate; fast alle vornehmen Leute wurden ihr Opfer. Ueberdies herrschte grosse Theuerung und Noth. Im August des nächsten Jahres brach hier unter den Pferden eine Seuche aus. Im Burzenlande riss wieder ein heftiges Viehsterben ein und dauerte bis in den November 2). Im Venetianischen trat die Pest in verheerender "Weise auf und zählte man 5586 Opfer. 1604. Kalter Winter, später Frühling, nasse Blüthezeit; nach Johanni folgte gutes "Wetter; das Getreide gerieth, Obst nicht; Wein von mittlerer Güte. In Luxemburg hauste wieder die Pest. — Die Stadt Lüneburg wurde 1604 — 1606 von der Pest heimgesucht (Tob. Dornkeil, Kurzer Bericht, wie man der itzt regierenden Pest heilsam begegnen möge. Hamb. 1605). — In Hamburg erlagen im Herbste viele Leute der Pest. — In Colmar (Schleswig) starben vom 24. August bis Dreikönig 85 Personen an der Pest. Am 19. Mai erhob sich die Krankheit wieder und starben bis 15. Juli 72 und von da bis Advent noch 232, zusammen 399 Personen 3). — Mecklen- burgwurde von der Pest heimgesucht; in "Wismar raffte sie 1892 Menschen, darunter den Medicus Joh. Pauli hin. Ein Pestprediger wurde aufgestellt. Ebenso litten Neustadt, Grabow, Schwerin u. a. O. durch die Pest; in Parchim starben gegen 40 Personen daran. Auch in Posen trat die Pest im J. 1604 und 1607 wieder auf (Lukascewicz). 1605. Januar und Februar.regnerisch, im April Reif und Frost; im Mai Gewitter und üeberschwemmungen, dann gedeihliche Witterung; sehr fruchtbarer Jahrgang an Getreide, Obst und Wein; die Weinlese war vor dem 14. September. In Frankfurt a. M. trat die Bubonenpest am Jahresschlüsse 1604 so heftig auf, dass die Schneider nicht hinreichten, die Todten zu Grabe zu tragen und Todtengräber bestellt werden mussten. Die Seuche forderte bis zum Jahre 1607 über 2000 Menschen unter einer Gesammtsterbe- 1) Livl. Jahrb. 2) Fundgrub. 1860. 3) Jahrb. f. Schlesw.-Holst. Landesk. 1879. 270. 7;iffer von 3901 in den drei Pestjahren; der Rath verbot die Aufnahme von Fremden und drang nicht ohne Widerspruch der Prädikanten darauf, ■dass die Beerdigungen in den Kirchen aufhörten. — Hanau wie die Wetterau wurden 1605 — 7 von der Beulenpest schwer heimgesucht^). — Nicht minder fand die Seuche im Wetzlarer Kreise grosse Verbreitung 3). Im sog. Freigerichte, besonders in Hörstein (ünterfr.), herrschte die Pest im J. 1605 wie 1608, ebenso im Spessart in verheerender Weise ^). Wie Hornung (in s. Cista medica 446) unter dem 24. September 1604 meldet, stellte sich um diese Zeit in Nürnberg das Contagium pestis ein; allein es kam wohl erst im Jahre 1605 zu grösserer Ent- faltung, da im J. 1604 den 1608 Geburten 1639 Todesfälle, im J. 1605 dagegen 1606 Geburten 2612 Verstorbene gegenüberstehen. In Thüringen fand die Ruhr im Herbst epidemische Verbreitung*). Die Provinz Brandenburg wurde von der Pest heimgesucht. In der Stadt Müncheberg (Reg. Frankfurt a. 0.), brach die Pest aus und erlagen ihr 112 Männer, 126 Frauen, 50 Jünglinge und 355 Kinder, unter welchen sich 53 Schüler befanden ; der Inspektor schreibt davon (Colh. Ära euchar.): „Hinc vulgo hodie adhuc dicitur: die grosse Peste: et inde annos plerum- que numerare solent Münchbergenses tanquam Epochen" ^). — Zu Königs- berg in der Neumark fand sich Mitte Juni die Pest ein, welcher vom 11. —16. August allein hundert Personen erlagen;'zur Zeit der Heu- und Hopfenernte breitete sie sich in allen Strassen aus; sie raffte 1060 Menschen hinweg. In Bernekow starben 152 Personen daran; Mitte Dezember erlosch die Seuche. — Die seit dem Vorjahre in Luckau (Niederlausitz) herrschende Seuche raffte in diesem Jahre 3 Bürgermeister und die meisten Rathsherren dahin. — Zu Anklam (Pommern) nahm die Pest 1386 Personen weg. Im Lande Hadeln fing die Pest abermals zu wüthen an und erhielt sich drei Jahre. Im ersten Jahre hörte sie kurze Zeit auf, wurde aber durch infizirte aus einem ausgestorbenen Hause geraubte Gegenstände neu hervorgerufen, um dann schrecklicher als zuvor zu wüthen. Im Lande sind mindestens 3530 Menschen gestorben, hiervon im Kirchspiel Ottern- dorf 1500; hier wurden an einem Tage 21 beerdigt; in Wanna starben 459, in Lüdingworth und Neuenkirchen je 300, in Osterbruch 315, in Nordleda 100, in Ihlienworth 250, in Odisheim 160, in Steinau 146. Die Zahl der in Altenbruch Gestorbenen ist nicht bekannt^). 1) Wille, Hanau im 30jähr. Krieg 41. '-) Steiner, Freigericht; Herrlein, Sagen. 3) Abicht. -i) J. Witticli, Dysent. epid. Jehna 1605. 5) Guttkneclit, Chron. v. Hermersdorf, Mskr. in k. Biblioth. in Berlin; Goltz. «) Chron. d. Landes Hadeln 218. 1605,1606 — 10 — In Oesterreich herrschte vom September bis Dezember die Pest „mit starker Kontagion"; auch zeigten sich in Wien bei Kranken die schwar- zen Petechien ^). — In Steiermark wurden in der ersten Jahreshälfte einige Orte von der Infektion ergriffen. Zu Kapfenberg kamen im April die ersten „Bahrfälle und Krankheiten, wovor der gemeine Mann Abscheu hat", im Pfarrhofe vor; diese verbreiteten sich bald im Markte, ohne jedoch erheblichen Verlust zu verursachen. Auch Palfau bei Eisenberg wurde, wie ein Pestkreuz bezeugt, ergriffen. In Mähren erhob sich die Pest von Neuem. In Iglau wurden im Herbste täglich 5 bis 20 Menschen von der Pest hinweggerafft. Man hielt diese Seuche für eine Strafe des Himmels, die man durch Gebet und Busse abwenden müsse, und nannte sie daher „Gotteskrankheit" (rana bozj). Ferner herrschte sie bis in's nächste Jahr in Neutitschein. In Russland fing eine Seuche zu wüthen an. Ueberdies brach 1605 während des Feldzuges gegen den falschen Demetrius unter den die Stadt Kromi (Gouvern. Orel, Grossrussland) belagernden Truppen eine ver- heerende Ruhrepidemie aus ^). 1606. Unfruchtbares Jahr; im Anfange haushoher Schnee, sehr grosse Kälte, dass viele Menschen wie Vieh und sogar Obstbäume erfroren. Am 17. März fürchterlicher Sturm und Regen, nasser Sommer, kalter Herbst, wenig und saurer Wein. In Württemberg litten einige Orte erheblich durch die Pest; so herrschte sie im September zu Brackenheira im Zabergau. In Hausen starben 165 Personen, die Mehrzahl an der Pest^). Ebenso hauste sie in Weikersheim wie in der Gegend von Creglingen von 1606 —1607, und überschritt die unterfränkische Grenze, wie ein Pestkreuz von 1606 im Dorfe Stalldorf bezeugt. In Wimpfen am Neckar herrschte die Pest 1606 —1607; man errichtete ein „blotterhaus", zwang Wärter mit Gewalt zum Krankendienste, verbot den Todtengräbern bei schwerer Strafe, in ein Wirthshaus zu gehen, so lange die Pest herrschte; die Kranken wurden in ihren Häusern abgeschlossen, man erliess genaue Vorschriften über Lebensweise, Reinigung der Leib- und Bettwäsche, über Beerdigung u. A. Auch in Nassau entfaltete die Pest ihre Thätigkeit. Sie wüthete zu Wiesbaden bis zum Mai des folgenden Jahres, wo der Amtmann von der Layen berichtet: dass es njjnmehr mit der Sterbseuche in Wiesbaden zur Besserung sich anlasse und sich ohne Zweifel die Badegäste in grosser Anzahl dahin, begeben werden, auch seien schon etliche Kurgäste von Frankfurt, Maiuz u. a. 0, angekommen. — Dagegen verbreitete sich die Seuche über die nördlichen Theile Nassau's; sie raffte im August zu Lim- burg, Staffel, Aul, Diez und den andern Orten täglich eine grosse An- zahl Menschen weg. Es war „ein so geschwindes Sterbeu, dass die Men- schen in wenigen Stunden gesund und todt waren". Auch in Herborn wüthete die Pest in dem Grade, dass an einem Tage 20 Leichen beerdigt wurden. Auch der Pfarrer M. Zepper fiel als Opfer. Erst im Dezember 1607 Hess die Pest gänzlich nach. — In jener Zeit richtete auch die Syphilis grosses Unheil unter dem Volke an, namentlich in der Herrschaft Beilstein, also im höheren Westerwalde, wozu die Aemter Marienberg, Rennerod und Mengerskirchen gehörten. Die Erforschung der Quelle des Uebels ergab, dass von da die juogen Leute des Verdienstes wegen im Sommer an den Rhein, in das Trier'sche und Kölnische wan- derten, im Herbste aber wieder in ihre Heimath zurückkehrten und, von jener Krankheit angesteckt, sie noch in weiteren Kreisen verbreiteten'). Um diese Zeit richtete die Pest im ganzen ßheinlande eine grosse Verheerung an. — Ebenso starben in Viersen am Niederrhein nicht nur die Pfarrgenossen in unerhörter Zahl, sondern auch alle Priester des Kirchspiels wurden im Dienste der Pestkranken eine Beute des Todes. Die Pest raffte 1606—1607 im Mainzer Lande, besonders in Mainz, und der Gegend von Hanau und Umgegend, viele Mens-chen hinweg;, nur Seligenstadt blieb frei, weshalb der Kurfürst und Erzbischof Johann Schweikard bis zum Frühjahre 1607 dort residirte^). Im Dorfe Langen- selbold (bei Hanau) herrschte in diesem und den folgenden zwei Jahren die Pest^). — Zu Schaafheim und Schlierbach im Bachgau erlagen 317 Menschen der Pest. Auch Aschaffenburg blieb von der Pest nicht verschont. In dem nahen Dorfe Damm starben im September ungefähr innerhalb 4 Wochen gegen 350 Menschen, so dass fast kein Hundert Personen übrig blieb. Eine alte Urkunde berichtet: „Also haben sie in höchster Nott auf den negsten Freytag vor Michaelistag (29. September) zu Gott dem Allmech- tigen gebeten und geschrieen um Abwendung der grossen plag und die Feuer all ausgelöscht im Flecken, ein Zugfeuer (d. i. durch Reiben von Holz hervorgebrachtes Feuer) gemacht und diesen obgedachten Freytag Gott gelobt zu einem heil. Feyer zu ewigen Tagen zu fasten und zu feyern." Der Freitag vor Michaelis, „Hell" d. i. heiliger Freitag genannt, wird auch jetzt noch mit Gottesdienst un(^ Fasten gefeiert und kein Feuer weder zur Arbeit noch zum Kochen im Orte angezündet, bis gegen Abend, wo erst etwas Warmes genossen wird. 1) Kellner, Gesch. Nassau's I, 585. 2) Steiner, Bachgau 211. 3) Mitth. d. Hanauer Bezirksv. f. hess. Geech. 1880. Auch in Franken machte sich die Pest in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar. So wurde die Gegend von Burgbernheim, dann Sehauer- heim bei Neustadt a. A. heimgesucht (Lehnes). Gleiches Schicksal traf Schwabach und Weissenburg, wo die Seuche 1606—7 eine reiche Ernte hielt. — Im Sommer wurde eine ansteckende Krankheit in die Univer- sitätsstadt Altdorf eingeschleppt, ohne grössere Ausdehnung zu gewinnen; ihr erlag Prof. Nik. Aurellus. — Auch im Südosten Bayerns trat die Pest auf; sie grassirte 1606—7 in Rotthalmünster (s. w. v. Passau) wie auch in Rosenheim. In Wolfenbüttel (Braunschweig) herrschte 1606—7 der „ungarische Schweiss". — Auch Westfalen wurde von der Pest heimgesucht. In Soest starben viele Leute an der Pest^). Weitere Verbreitung fand die Pest nach Schlesien, Posen, Böhmen, Steiermark und Mähren. Am 17. Januar brach in Fränkenstein (9 M. s. w. V. Breslau) die Pest aus und forderte 2066 Opfer, soweit sie in der Kirche verzeichnet sind. Viele wurden durch Pulver und vergiftete Salbe vergeben und getödtet. (Plures ex pulvere et unguento venenato intoxicati et mortui.) Ueber die Seuche in Frankenstein und die angeblichen Giftstreuer möge ein in kulturgeschichtlicher Hinsicht bemerkenswerther Bericht des Braunauer Schullehrers M. Bressler folgen: „Am 10. September wurden auf Bekenntniss 2 Todtengräberlftiechte, „so sich voll gesoffen", zu Franken- stein in der Pest eingezogen, beide Meister Wenzel Förster, der gegen 28 Jahr Todtengräber gewesen, und Gg. Freidiger von Striegau; am 14. September beider Meister Weiber sammt Casp. Schleiniger Todten- gräber und Träger zu Frankenstein; am 18. September der alte Caspar Schetts, ein Bote und Bettler 87 Jahre alt, wegen Giftaussäens in der Pest; am 4. Oktober Susanna Matz Schuberts verstorbenen Stadtdieners Tochter sammt ihrer Mutter Magdalena wegen Giftstreuens etc. Am 12. September 1607 hat man bei Wenzel Försters, des alten Todten- gräbers Haus, ein Jahr nach seiner Justifizirung, einen ganzen Zecker voller Dütlein mit Giftpulver, damit sie die Pest ausgesäet, ge- funden. Ist aber weit von der Stadt in Flusswasser geschüttet worden. — Am 5. Oktober wurden wegen Giftstreuens ein Todtengräber Johann Laken und sein Sohn, ein Knabe von 14 Jahren, enthauptet und der abgehauene Kopf mit dem Körper auf den Holzhaufen gelegt. Sind mit diesen in allem 17 Personen, die Pulver gestreut und bereitet, in der Pest zu Frankenstein gerichtet und verbrannt Avorden"^}. Anfangs Juli erhob sich die Pest zu Schweidnitz in der Büttner- 1) Seibertz, Quellen II. 105. 2) Zeitschr. f. scliles. Gesch. X, 179. gasse, im September erreichte sie ihren Höhepunkt mit 20 Todesfällen an einem Tage; im Dezember erlosch sie '). In Punitz (Posen) brach nach langanhaltendem Regen die Pest aus, um ein volles Jahr zu wüthen; ganze Strassen starben aus. Der reformirte Prediger floh während der Seuche-). 1/ In Prag begann im Juli eine bösartige Epidemie, welche die von ihr Befallenen rasch hinwegrafFte, und je länger, desto mächtiger um sich griff. In einer Woche (23. bis 28. Okt.) starben 110 Personen. Am I.September erlag ihr der Obersthofmarschall Bräuner. Wahrscheinlich waren es die Blattern, denn Peter de Vischere sagt. Bräuner, der sonst als Opfer der Pest bezeichnet wird, sei „an die perocchie" gestorben. Laut eines Briefes vom 30. Januar 1607 verschwaud die Krankheit, nachdem sie 1500 Menschen ins Grab gelegt und hielt sich der kaiserliche Hof ausser Kaiser und seiner Umgebung um diese Zeit wieder in Prag auf^). ■ In Steiermark trat in manchen Orten eine Seuche auf; so grassirte sie vom Juni bis September zu Landl*). — Weiterhin herrschte sie in Innerberg (Eisenerz), Vordernberg, besonders heftig im Oktober, und Kind- berg im Mürzthale; hier von Ende Juni bis Mitte September mit nur 25 Todesfällen. — In Graz zeigte sie sich bereits 1605 und nahm 1606 an Heftigkeit zu (Peinlich). In Russland traten während bürgerlicher Unruhen und blutiger Kriege mit den Schweden und Polen in den Jahren 1606—1613 Kriegs- seuchen auf. In Nowgorod und in der Gegend von Moskau zeigten sie sich unter der Gestalt der Pest und pestartiger Krankheiten (Richter). 1607. Der Winter 1606 auf 1607 war sehr gelinde und schneearm; warmer Frühling;, im Mai und Juni schädliche Gewitter mit Hagel. Das Getreide gerieth, ziemlich Obst, wenig, jedoch guter Wein. Im Spätjahre verursachte eine über Elsass verbreitete Seuche grosse Sterblichkeit. Der Zutritt in Zabern wurde Fremden verboten und so ent- rann die Stadt der Gefahr. Württemberg litt vielfach durch die Pestseuche. So wüthete sie in Hall am Kocher, im November in Niederhall (Grabinschriften). In Oehringen starben 292 Personen an der Pest; ebenso grassirte sie in Dörzbach, O.-A. Künzelsau, — Eine im Spätjahr zu Stuttgart aus- gebrochene Seuche hörte schon im Anfange des nächsten Jahres auf — 1) SS. rer. Siles. XI, 113, II, 477. 2) H. Wuttke. 3) Stieve, Briefe und Akten zur Gesch. d. 30j. Kr. V, 811 ff. 4) Wichner, Admout IV. 239. Im Neckarkreis fand ebenso die Seuche Verbreitung, Am 18. April trat sie in Brackenheim von neuem mit entsetzlicher Heftigkeit auf, ^ass 630 Personen ihr erlagen, „Jungs und Alts hingerissen, 79 Ehen getronnen, 50 Ehen ganz hinweggenommen, 40 Junge Söhn undt 57 Junge Döchtern gestorben, dass Pfarrhauss, Schul undt das Messnerhaus fast ausgeräumt." Im Pfarrdorf Dürrenzimmern starben vom 7. August bis 31. Dezember 103 Personen. Ebenso raffte sie in Güglingen und Zaber- gau mehrere Menschen hinweg. — Nachdem zu Laufen am Neckar im Vorjahre mehrere Personen der Pest erlegen waren, starben in diesem -Jahre noch 46 Personen^). In St. Goar a. Rh. forderte die Pest 87 Opfer, Ebenso wüthete sie in Koblenz (Chron. Limburg,), zu Köln, wo täglich 140 daran starben; den nicht geflüchteten Rathsherren wurde das doppelte Präsensgeld ver- abreicht. Auch im Jülich'schen sollen Dörfer und Flecken ausge- storben sein. Die Truppen des Albrecht von Brandenburg hatten in die Main- gegend die Kriegspest mitgebracht. Im Oktober stellte sich die Seuche in Frankfurt a. M. ein und erhöhte sich dadurch die Sterbeziffer auf 1098, wovon die Hälfte der Pest zufällt (Lersner). — In den aufwärts gelegenen Uferorten richtete dieselbe grosse Verheerungen an; so in Aschaffenburg, Obernburg, Wertheim, wo „Gross Sterben" eintrat. Auch in die entlegenen Wohnstätten des Spessarts fand der Würgengel seinen Weg. Die von ihm schwer heimgesuchten Bewohner Frammersbach's gelobten deshalb, dass alle Weiber an Sonn- und Feiertagen nur schwarze Joppen mit schwarzen Röcken und die Männer nur graue Kleider tragen wollten, -was bis in spätere Zeit in Uebung blieb. Auch die drei jährlichen noch eingehaltenen Wallgänge zu der unfern auf Bergeshöhe einsam stehenden Kirche „zum hl. Kreuz" entstammen einem Gelübde aus dieser Nothzeit, In diesem Jahre wütheten, wie eine auf einem Foliobogen gedruckte „Information, wie man sich in den jetzt regierenden Krankheiten mit Arzneien nnd anderem versehen solle" — beurkundet, in mehreren Gegen- -den Frankens „theils trittägige Fieber, dann auch böse vergiftete Fieber, die sich mit heftigem Durchbruch oder rothen Flecken zeigen." In Retzbach a, M,, unterhalb Würzburgs, trat die Pest heftig auf; .noch in den folgenden Jahren kamen bis 1612 vereinzelte Fälle vor, „1607 hat es zu Wirtzburg sehr gestorben und gar vil leut hin- weg genommen, hat in Augusto angefangen und währte mit Heftigkeit bis in den Januarium, dannen Herr Bischof Julius solch Zeit über die «Canzlei nacher Rimpar transferiert"; 2500 Menschen starben daselbst an ij Klunzinger, Zabergau; Laufen. der Pest^). — Ebenso raffte sie in Sommerhausen, Ochsenfurt, Obernbreit, Gnodstadt und den benachbarten Orten von Jacobi bis Dezember viele Menschen hinweg. In Kitzingen erlagen gegen 1000 Personen. Auch in Schweinfurt und Umgebung trat die Seuche verheerend auf 2). Die Einkehr der Seuche in den fruchtbaren Gollachgau suchte man durch geeignete Maassregeln zu verhüten. So gab der Rath von Uffenheim am 18. Oktober bekannt: „Dieweilen die abscheuliche Seuch der pestis laider von tag zu tag bey Uffenheim und fast in der ganzen Nachbarschaft je lenger je mehr einreiset, auch durch dergleichen Zu- sammenkünfte leichtlicher grössere Ungelegenheit verursacht und andere Leut so bishero durch Gottes Gnad vor seuch noch befreyet gewesen, auch angesteckt werden könnten" wird der Markt in Uffenheim auf Simon und Juda (28. Okt.) abgestellt. Noch am Jahresschlüsse kam mit der Pest behaftet ein Schneider von Kitzingen nach Ufifenheim, wo er bei seiner Schwester starb, ausser ihm aber Niemand. — In Rüdisbronn im Aischgrunde (bei Windsheim) starben 137 Personen an der Pest; die Bauern sind bis auf 5 gestorben, — In Nesselbach (bei Neustadt a. A.) erlagen 103 Menschen der Pest (Lohnes 186). In Nürnberg war erhöhte Sterblichkeit: 1587 Geburten standen 2323 Todesfällen gegenüber, während man im Vorjahre 1708 Geburten und nur 1520 Todte zählte^). — Die Pest herrschte ebenste in Artels- hofen (bei Hers brück) und Umgegend wie auch in den Jahren 1613—1614*). — Abermals machte sich die Pest in der Pfarrei St. Johann bei Bayreuth und Oberkonnersreuth bemerkbar ^). — In Hilpoltstein (Oberpfalz) wüthete vom September 1607 bis Januar 1608 die Pest. In Regensburg trat, wenn auch nur vereinzelt, der Petechial- typhus auf. So sagt Johannes Oberndorf er, fürstbischöfl. Leibmedicus daselbst, in der Vorrede seiner 1607 in Frankfurt a. M. gedruckten Schrift („Kurzer und klarer Bericht von der Natur und Ursachen der ungerischeü Ki'ankheit, wie dieselbige recht erkennet, ordentlich und eygentlieh currirt werden möge, sampt angehängter Präservation"): „Solches böse Fieber wird nun so gemein, dass es nunmehr fast alle Jahre regiert, und wenn man eine Vergleichung zwischen ihm und der Pestilenz an- stellt, die dazu nicht alle Jahre erscheint, nicht viel weniger das Jahr über wegrafft, als diese." — Wiewohl Passau von der Pest verschont geblieben, schlichen sich doch nach einem dem eben citirten ähnlichen Berichte des dortigen Physikers Dr. Hiltprand „dazumal neben der 1) Würzb. Anna]., Gropp, lat. Samml. II, 846. 2) Hornung, Cist. med. 370. 3) Siebenkees. Mater. III, 39. 4) Mittelfr. Arcli. XXII. ä) Brock, Pfarrei St. Johannis. erschrecklichen Sucht der Infektion, dergleichen Contagium an mehreren Orten in Oesterreich und Bayern sich wiederum regte, auch böse, hitzige und giftige pestilenzische Fieber mit der Ruhr und Mackelflecken überall herum ein und erzeugten sich an vielen Leuten". Dieser Arzt Hess daher, wohl aus höherem Anlass, sein bereits 1584 gedrucktes Regiment mit einem „Anhang und kurzen Bericht, was die jetzige umbgehende Krank- heit, welche man die Ungerische pflegt zu nennen, seyn, wie der anfäng- lich zu begegnen und wie die zu curiren vermehrt" wieder erscheinen. In Laufen, an der Salzach wie im Markte Geisenfeld in Oberbayern herrschte die Seuche^). In Augsburg wurden in den letzten drei Monaten, trotz aller gegen die Pest ergriffenen Massregeln 2048 Menschen hingerafft. Die Erscheinungen der Pest waren, nach den Beobachtungen des Castellus (Tract. de peste. Aug. Vindel. 1608 p. 2. 11), jene des Petechialtyphus; doch kamen auch Karbunkel und Bubonen zum Vorschein. Genannter Arzt empfahl, wenn nicht schon im Anfang Erbrechen und Durchfall eintraten, den Aderlass und nach Anwendung ausleerender Mittel schweiss- treibende Tränke. Mit Beginn des nächsten Jahres wurde bei Nachlass der Seuche das Brechhaus wieder gesperrt. In Sachsen-Meiningen fand die Seuche Verbreitung. Im Kirchspiel Saalfeld erlagen 75 Personen. In Weimar fand die Pest Eingang und herrschte sie bis Ende Dezember. Die Stadt hatte in dieser Zeit weder einen Pestarzt, noch einen Prediger gewinnen können. Die Bestattung der Todten, mit denen sich einige alte Weiber befassten, ging in so hastiger Weise vor sich, dass die der Seuche Erlegenen aus den Särgen fielen, was den Schrecken der Leute mehrte. Die Herzogin-Wittwe Dorothea Maria suchte mit ihren 9 Kindern Zuflucht in Reinhardtsbrunn (3 Std. von Gotha)^). Weimar's Geschick traf auch Apolda, wo vom 15. April bis Ende Juli 27 Opfer fielen. In Jena stellte sich die Pest im August ein; vom 19. bis 24. Oktober erlagen 13 Personen. Ebenso trat das Uebel in Roben, Waltersdorf, Camsdorf, Schleiz auf. In der Bergkirche zu Schleiz ist, zu bleibendem Gedenken, an jene schwerste Zeit der so vielfach heimgesuchten Stadt ein Steinbild (Mann in betender Stellung) angebracht, das die Volksstimme als den „Pestmann" bezeichnet hat. Am Fusse des Berges steht die aus der Pestzeit stammende Wolfgangskapelle. Nach Eisenberg (w. v. Alten bürg) wurde die Infektion Mitte Juli von einem Dienstmädchen aus Naumburg eingeschleppt. Es erlagen 29 Per- sonen. — In Gera wüthete die Pest vom Juni bis Januar 1608 und verfielen ihr 242 Personen, während man 1608 überhaupt nur 93 Leichen zählte. 1) Oberb. Arch. XXII. 2) MüUer's Ann., Kronfeld, Apolda 214. In der preussischen Provinz Sachsen entfaltete die Pest eine grosse Thätigkeit. In Zeitz erlagen ihr 300 Einwohner. — In Naumburg an der Saale starben um die Erntezeit (Juli) bis Ende September 2200 Be- wohner, täglich oft 8 — 9 Personen, an der Pest, wobei das Wenzelskirch- spiel allein 1000 Todte lieferte, — Auch Merseburg musste die Geisel der Seuche fühlen. Ebenso wüthete sie in Mühlberg a. d. Elbe von 1607 —1608. In Bernburg raffte die Seuche über 500 Personen hin; in Zerbst sanken in drei Monaten über 1800 Menschen ins Grab ^). In Kalbe an der Saale fielen zahlreiche Pestopfer. In Gross-Salze an der Elbe erlagen bis Mitte Oktober 700 Personen — fast die Hälfte der Einwohner^). — In Neuhaldensleben beschränkte sich, Dank den getroffenen Vorkehrungen, die Opferzahl auf 16 und 1611 auf etwa 50 Personen. In Aschersleben (s. w. von Magdeburg) trat im Herbst die Pest auf und erlagen nicht viel über 100 Personen. — In Gardelegen an der Milde in der Altmark hielt die Pest eine grosse Ernte; im-Kirch- spiel St. Nikolai starben allein 378 Personen, im Ganzen 1800 Menschen (Bauke). In Stendal belief sich die Zahl der Todten auf mehr als 600, gegen 250 — 300. Auch in Schwiebus zeigte sich wieder die Pest, jedoch auf. kurze Zeit; die Bürgerschaft zog bald aus der Stadt und hielt sich auf dem freien Felde auf. Im Königreich Sachsen fand die Pest grosse Verbreitung. Sie herrschte in Leipzig, Chemnitz, Frankenberg, Buchholz, Pegau an der Elster, Rochlitz, Mutzschen. Nachdem bereits im vorigen Jahre im Dorfe Hasslau bei Rosswein die Seuche viele Leute mitgenommen, starben in diesem Jahre daselbst der Bürgermeister, mehrere ßathsmitglieder und viele andere Leute an der Pest ^j. In Leisnig regierte die Pest und rothe Ruhr*). — In Mitweida wurde die Pest durch Kleider eingeschleppt und fielen 176 Personen zum Opfer. Nach dem Dorfe Witznitz brachte sie ein Soldat mit, wonach 33 Personen starben. Von Leipzig wurde die Pest nach Würzen durch eines ScKusters Frau eingeschleppt. Diese wurde am 14. Mai mit einem Kinde begraben; am folgenden Tage starb der Mann. Von etwa 5000 Einwohnern starben bis Mitte November 1450; gegen 800 Einwohner waren geflohen. Die Seuche wurde durch ausserordentliche Hitze vom 9. bis 13. August ge- steigert; in diesem Monat starben 308, im September 321 Personen. In der Stadt zählte man nicht mehr als sechs Häuser, welche verschont ge- blieben waren. — Obwohl man in Grimma Vorkehrungen gegen Ein- 1) Historie d. Fürstenth. Anhalt III. 2) Geschichtsbl. f. Stadt u. Land Magdeb. 1870. 3) Alt-Zella'sche Cliron. VII. 159. -i) C. Schneider, Ehren- u. Ge- dächtnisssäule L. 36. 2 schleppung der Pest getroffen und 25 Wochen lang Wächter an den Thoren aufgestellt hatte, fand sie doch Eingang, ohne indes besondere Verbreitung zu finden. — In Colditz regierte die Pest sehr streng; vom 14. April bis 6. März 1608 starben in 143 Häusern 428 Personen. Viele Bürger zogen aus der Stadt in die Dörfer ^). — In Oschatz raffte die Seuche 100 Menschen hin. Im Pfarrsprengel Lommatsch erlagen über 1600 Menschen. — Von den niederen Landestheilen aus gewann die Pest bald festen Boden in gebirgigen Gegenden. .In Freiberg starben vom August bis Jahresschluss 762 Personen, wovon 408 allein im Kirch- spiele Petri ^), Im Städtchen Au starben 73, in Wiesenthal 50, in Joachimsthal 204 Menschen^). Am ärgsten wüthete die Pest in Hainichen; denn hier und im eingepfarrten Dorfe Grumbach starben in diesem Jahre 682 Personen. Am Jahresschluss gab es in der Stadt nur 6—7 Paar Eheleute*). Im Pfarrsprengel Grossenhain starben 25 Per- sonen an der Pest. Bereits im November 1606 kamen in Dresden einzelne Sterb- fälle an Infektion vor, ohne bedenkliche Verbreitung. Allein im Mai 1607 zeigte sich die Seuche heftiger in einigen benachbarten Orten, namentlich in Pirna, und trotz der Sorgsamkeit der Thorwachen gehörte im Juni Dresden zu den angesteckten Städten. Die Seuche hielt bis zum Spät- herbste an und forderte 375 Opfer. Zur Vermeidung grösserer Zusammen- künfte und hierdurch vermehrter Gefahr der Ansteckung wurde die Ab- haltung von Hochzeiten, Tänzen, Besuch der Bäder u. s. w. in den infizirten Orten verboten. Der kurfürstliche Hof hielt sich vom Juni bis Dezember in Annaberg und Torgau auf^). — Auch Bischofswerda wurde von der Seuche schwer heimgesucht. Ferner schlich sich die Pest auch in Zittau ein; es starben in wenigen Häusern 30 Personen, darunter in einem Hause sämmtliche Inwohner bis auf ein kleines Mädchen^). In nordöstlicher Richtung dehnte sich die Pest gegen Posen aus. In der Stadt Meseritz erlagen im Sommer 500 Menschen der Pest. Die meisten Einwohner flohen. Um die Mitte August wurde die Pest zu Posen in einigen Judenhäusern durch infizirtes Geld eingeschleppt. Bald brach die Krankheit in der Schustergasse aus und wurde sie von da in andere Strassen gebracht. Ohne erhebliche Verbreitung gefunden zu haben, erlosch die Seuche mit Eintritt heftiger Kälte''}. In Schlesien griff im September die Pest in üllersdorf (Herr- schaft Glatz), Warthau und Tillendorf bei Bunzlau um sich, ohne Bunzlau 1) Abrah. Thammii Ann. Cold. ap. Mencken II, 718. 2) Möller, Amial. 388. 3) Lehmann 955. 4) Wilisch 368. 5) Weck, Lindau II, 28; Kamprad. 6) Carpzov, Ann. V, 308. 7) Chron. d. Stadtschrb. von Posen. Zeitsclir. d. Provinz Posen 1887. III, 24. heimzusuchen^). — Die Stadt Brieg wurde im Sommer durch eine In- fektion heimgesucht. Am 28. Juni berichtet der Magistrat nach Breslau, dass die ungrische Krankheit oder das Herzbrennen, wie es die Medici und Barbiere nennen, nicht im Orte sei. Vor etlichen Wochen sei sie zwar durch Soldaten eingeschleppt worden und einige daran gestorben, aber seitdem niemand mehr. Aber am 2. November schreibt er: wenn gesagt würde, dass manchen Tag 18—20 an der Infektion stürben, das sei falsch; in der vergangenen Woche wären 21 in der Stadt gestorben, mehr aber in den Vorstädten und den sechs Ortschaften. — Nach einer handschriftlichen Chronik sollen in der oberschlesischen Stadt Patschkau a. der Neisse von 1603—1607 an der Pest 1500 Personen gestorben sein und Theuerung mit Noth den Gipfel erreicht haben. Da der Raum des Leichenhofes zu klein war, wurden viele Leichen bei der Nikolaikirche beerdigt. Im Jahre 1608 waren angeblich noch 22 Bürger übrig. Auch in Böhmen war in diesem Jahre eine Epidemie in Thätigkeit, was zu schliessen ist aus einem Briefe des Nuntius Ferrerio vom 15. Nov. 1607, worin er den Herzog Max um Entschuldigung bittet, dass er nicht nach München kommen konnte; eine in Pilsen grassirende Infektion habe ihn gezwungen, bei dieser Stadt umzukehren und auch die Linzer Strasse zu meiden 2). In Niederösterreich fand die Pest Verbreitung. So raffte sie im Dorfe Weinzierl im August 40 Menschen hinweg; auch Radendorf wurde angesteckt. Im Oktober riss die Seuche auch in Krems ein. — In Steiermark grassirte sie in der Umgebung von Leoben, um nachmals durch Verschleppung in die Stadt zu dringen. — Im Oktober brach die Pest im Markte Weisskirchen bei Judenburg aus und dauerte bis Mitte des November. Ebenso herrschte sie mit empfindlicher Macht in Untersteier. Auch in Siebenbürgen trat die Pest verheerend auf Der in Her- mannstadt am 11. August an der Pest erkrankte Chronist Johann Alterd genas gegen Ende September^). — Schässburg zählte im Jahre 1609 nach den Verwüstungen durch die Pest und nach Zerstörung durch die Seckler nur 413 Bürger — also etwa 2065 Einwohner gegen 3250 im Jahre 1567^). 1) Wernicke, Bunzlau 294. 2) Stieve 1. c. 841. 3) Fundgrub. 1860. i) Arcli. f. siebenb. Landesk. 1883. 1608. Der Winter war ausserordentlich streng, er hiess ,,der grosse Winter"; alle Flüsse waren zugefroren. Der Kälte FoIgtenlRegengüsse und üeberschwemmungen; heisser Sommer, sehr fruchtbarer Jahrgang. In diesem Jahre sind nur einzelner Ausbrüche der Pest gedacht. So wüthete sie in der Umgegend der Stadt Braunau (Oberb.). Braunau selbst blieb nach „einer Prozession nach Ebersberg" verschont, — In Gera (Fürstenthum Reuss) erlagen der Pest 93 Personen; sie zeigte sich noch 1609. — Von Krossen wurde sie nach Züllichau (Prov. Brandenburg) durch einen Tuchknappen gebracht; es erlagen 1600 Menschen. — In Görlitz starben durch eine kurz währende Seuche 83 Personen ^). — In Hildesheim (Hannover) raffte die Pest abermals 23 Personen weg; hierbei ist bemerkt: „Die LufFt ist allzeit guet und nicht inficirt ge- wesen" ^). 1609. Sehr gelinder Winter, frühes Jahr^ um Fastnacht Erdbeeren; später schädigt harter Frost alle Vegetation; durch Regen um Johanni leidet die Rebenblüthe, durch Hagel das Getreide; Sommer sehr heiss, der dem Samen und Wein nicht zu Statten, kam; kein Obst, wenig Wein, doch ziemlich gute Getreideernte. In der Schweiz trat an manchen Orten die Pest auf; so erlagen ihr in Zofingen 378 Personen 2). Basel wurde 1609—1611 von einer schweren Pestseuche heimgesucht. Sie begann um Martini 1609 im niederen Stadttheile, zu Kleinbasel und Hess im November 1610 nach. Pfarrer Johannes Tryphius bei St. Leonhard war der letzte Kranke und Wiedergenesene in Basel. Ebenso war seine Tochter, die Frau des Be- richterstatters Gross, im Dorfe Bratelen bei Basel die letzte Kranke; in Bratelen starben gegen 100 Personen an der Kjrankheit. Viele angesehene Leute wurden das Opfer der Seuche. Dieselbe besehreibt als Schicksals- genosse Felix Platter also: „Der sibende sterbendt an der pest a. 1609, 1610, 1611. Diser sterbendt fieng an a. 1609 im October im minderen Basel, als zevor solcher in der Margrafschaft, sunderlich zu Lörach, wie auch anderen orten im Elsas regieret . . . Von der zeit an regiert diese sucht, wie auch das hauptwee, noch nit seer, also das mans nit sunder achtet, obgleich wol hin und wider in beiden stetten mer dan sunst ge- 1) Neues Lausitz. Magaz. 40. '^) Fragm. chron. Hildesh. in SS. rer. Brunsv. ed. Leibnitz III, 262. 3j Gebenstein. Chron. wonlicli krank waren und sterbendt, do man zwiflet, ob es die sucht wer, deren doch gewise zeichen an ettlichen sich erzeigten, bis in monat jiüium, in welchem die pest leitei sich erzeigt und zunam . . . Vom 12. October 1610 wietet die pest aber die massen, also dass man wüchen- lich über die 250 bisz auf 288 begrub bis den letsten monat December, ■do es anfieng abzunemmen ums halb und noch weniger"^). Nach diesem Beobachter starben im Jahre 1609 und 10 von 6408 Kranken 4049 Menschen = 63,2 *^'o, welche der Pest und ihren Folgen erlagen, dar- unter 161 ganze Ehen. Die Epidemie gab ihm Veranlassung, die Ein- wohner zu zählen; er fand 16120 Seelen; sohin betrug die Zahl der Bevölkerung vor der Pest über 20 000. (Das Todtenbuch von 1610 ver- zeichnet 3710 Leichen.) Nachdem sich die Pest im Elsass bereits seit 1607 hin und wieder gezeigt hatte, gewann sie nun allenthalben verheerende Ausdehnung. So berichtet die Thanner Chronik: „1609 Umb diese Zeit fing die leydige Pestilenz abermals an zu grassiren durch das gantze Elsass und benach- barte Orte und wehrete auch noch folgendes Jahr; grosse Sterblichkeit in Ensisheim, Kolmar, Ruffach, Seltz, Sennheim. Zu Thann hat es zwar ■dann und wann ein und andere ins Grab gelegt, doch ward die Statt niemal geschlossen." Gleichzeitig mit der Epidemie in Basel entfaltete die Bubonenpest in Strassburg ihre mörderische Thätigkeit, indem sich (wie Dr. J. Krieger in seinen Beiträgen zur Gesch. der Volkss. nach- weist) eine enorme Sterblichkeit in den nächsten 20 Monaten (mit 271 Sterbefällen für den Monat) einstellt. „Vom October 1609 bis Mai 1610 hält sich die Seuche auf annähernd gleicher Höhe; in den drei Monaten Juni, Juli und August mindert sie sich bedeutend, um sich vom September ab von Neuem zur ersten Höhe zu erheben. Jetzt währt die Epidemie vom September 1610 bis zum Mai 1611. Von da ab bis Ende 1613 treten wieder günstigere Sterblichkeitsverhältnisse ein." In Württemberg wurden manche Orte von einer Epidemie schwer betroffen. Zu Tübingen herrschte von 1609—11 eine Seuche, die über- aus „grobe Arbeit" machte. In Stadt und Amt starben 2668 Menschen. Die Studenten hielten sich während dieser in Calw bis 1610 auf; das dortige Adelskollegium (Colleg. illustre), worunter 7 Fürstensöhne, viele Grafen und Edle mit ihren Hofmeistern, zog dagegen nach dem Kloster Hirsau und verblieb dort bis 1611. Auch die Umgegend war angesteckt. Das Dorf Rommelsdorf starb bis auf wenige Bürger aus; Reutlingen erlitt schwere Verluste; nur Betzingen hatte „gute Luft". Auch das Dorf 1) Vgl. Thomas Platter und Felix Platter, zwei Autobiographien v. D. A. Fechter, Basel 1840, S. 196. Dettingeii (O.-A. Urach) wie das Pfarrdorf Neckar-Tenzliugen und Neckar- Thailfingen wurde von der Pest heimgesucht. Da in der Umgegend Ess- lingens die Pest wüthete, ordnete man strenge Sperre bis 1611 an. — In Stuttgart herrschten 1609 und 1610 die Pocken, besonders unter den jungen Burschen, deren sehr viele erlagen; namentlich wurden im Mai und Juni täglich mehrere begraben; auch nicht wenig Erwachsene verfielen der Krankheit. Ebenso fand in diesem Jahre, in höherem Grade aber im Frühling und Sommer des nächsten Jahres, die „fiebrische Sucht" in der Stadt Verbreitung, so dass viele Hundert zugleich daran darnieder- lagen und selten ein Haus verschont blieb; in manchem waren 2, 3 und mehr Patienten (Hartmann). In Hanau grassirte die Pest; ebenso fand sie in der Wetterau Ver- breitung (Wille). Im Dezember stellte sich die Pest in der oberhessischen Stadt Laubach an der Wetter ein und erlagen rasch die Frau und drei Kinder des M. Philippi, weshalb die gräfliche Familie Solms nach der Engelsburg entwich ^}. In diesem Jahre trat in Franken der Typhus sehr heftig auf, so dass in manchem Dorfe kein Pastor zu finden war (Nörr). — Da der Petechialtyphus „von Tag zu Tag zunahm", erliessen die kurfürstlichen Regierungs- und Stadt-Medici in Amberg einen „nothwendigen Unterricht für den gemeinen Mann. Sonderlich auf dem Land Churf. Obern Pfalz: welcher massen er die jetzt geschwinde, gefährliche, ansteckende Haupt- krankheit zu erkennen, zu vermeiden und zu vertreiben habe". In dem gleichen Bezirke stellte sich überdies im Herbste unerhörtes Viehsterben ein, welchem auch alles Vieh im Spital zu Sulzbach erlag. Diese Pest, welche alle Lande durchzog, Hess wenig Vieh übrig. Viele Leute suchten ihr Vieh durch Absperren zu schützen; allein, einmal eingerissen, rafl^te die Seuche alles Vieh, und wenn Hunderte im Stalle waren, hin. Auch in Böhmen starb in vielen Dörfern alles Vieh und half kein Mittel gegen die Seuche, so dass das Fleisch einen sehr hohen Preis erreichte^). In Naumburg an der Saale wüthete die Pest wieder furchtbar; man begrub die Leichname der an dieser Epidemie Verstorbenen rings um die Marienkirche und überschüttete sie mit Kalk. — In der Gegend von Magdeburg fielen Schweine und Schafe in Massen^). In verschiedenen Gegenden Niedersachsens forderte eine Seuche zahlreiche Opfer. Hildesheim wurde von derselben arg heimgesucht*). In Braunschweig erhob sich gegen Ende des Vorjahres wie im Januar und Februar eine grosse Pest, die viel tausend Menschen hin- 1) Wetterfelder Chron., Giessen 1879. 2) Sulzb. hdschr. Chron. v. Braun 1648. 3) Geschichtsbl. f. Magdeb. 1875. 4) Annal. Paderb. III, 705. raffte, so dass man an manchem Tage oft gegen 50 Leichen begrub; manche unbarmherzigen Leute stiessen ihre infizirten Diener und Schüler aus den Häusern und gaben sie dem Elend preis ^). — In Wolfenbüttel brach die Pest aus und zwar in allen Stadttheilen. (Am 18. August er- schien eine Pestordnung.) Sie kehrte 1611 wieder zurück. In Hannover stellte sie sich im Juli ein und währte bis Ende September; man nannte sie die kleine Pest (gegen die grosse 1598)^). Li Lübeck herrschte eine Pocken- und Masernepidemie, welche der dortige Stadtarzt David Herliz beschrieben hat. — Colberg blieb von der Seuche, welche (1608) die umliegenden Städte verheerte, verschont (Riemann). Die Pest, welche seit dem Vorjahre in England, besonders in der Grafschaft Derby, arge Verheerungen anrichtete, brachte auch über die Reichshauptstadt grosses Elend. In London sammt Vorstädten starben 11785 Menschen an verschiedenen Seuchen imd Krankheiten, unter diesen 4240 an der Pest. Zur Taufe wurden in diesem Jahre 6388 Kinder gebracht, welche Zahl einen Schluss auf den Stand der Bevölkerung erlaubt ^). 1610. Nasses, kaltes Frühjahr; im Mai Ueberschwemmungen; schwere Hagelwetter schlugen in "Württemberg und Bayern die Fluren zusammen; dann trockener Sommer; frühe Weinlese, viel und guter Wein; Theuerung in der Pfalz. Die Stadt Biel (n. w. v. Bern) wurde im Juni von der Pest heim- gesucht. Ende August trat sie in St. Gallen auf und es erlagen ihr gegen 1400 Personen bis zum Jahresschlüsse. (Hartmann giebt den Ver- lust mit 146 au.) Während der Pest ordnete die Obrigkeit an, dass die infizirten Familien während der Gottesdienste die alte „Bor-Kirchen zu St. Lorenzen" einzunehmen hatten^). Die noch in Basel herrschende Pest wurde von da im Spätjahre nach Pruntrut verschleppt, wo sie bis Februar 1611 anhielt. Sie breitete sich in allen umliegenden Orten aus und wüthete bis in den Herbst^). In Freiburg im Breisgau fand die Pest Eingang ß). In Ueberlingen am Bodensee begann am 6. Dezember 1610 die Pest, währte bis gegen Weihnachten 1612 und forderte 337 Opfer, worunter der Pfarrer Oswald 1) Görges, Braunschweig-Hannov. Volksb. 2. Aufl. I, 114. '•^) Braunschw.- Lüneb. Chron. v. Rehtmeier II, 1178. '^) Meteranus novus Coiitin. d. i. Beschr. aller denkwürd. Gesch. von Eman. v. Meteren, Amsterd. 1633, 695. -i) Haltraeyer, St. Gallen 575. 5J Dr. Schenker, Rohlfs Arch. VII. e) Schreiber. und Bürgermeister Jac. Reutlinger. (Gedenktafel im Gottesacker-Kirch- lein.) — Im Schwarzwaldkreise breitete sich die Pest weiter aus. In dem Städtchen Neuffen (O.A. Nürtingen) wüthete die Pest dergestalt, dass gegen 500 Menschen starben und innerhalb sechs Wochen nur ein einziges Ehepaar lebte. — In der Stadt Sulz herrschte die Pest bis ins nächste Jahr. Freudenstadt verlor 1610—11 über die Hälfte seiner Einwohner durch die Pest. — In der Oberamtsstadt Balingen starben 1610—11 gegen 500 Personen an der Pest. Ebenso herrschte sie in Ehingen. Auch in Mühlheini (O. A. Tuttlingen) war ein Sterben unter Menschen und Vieh. — Die Blatternseuche, die in Stuttgart noch zunahm und auch die fürstlichen Kinder ergriff, zog weitere Kreise, da sie auch in Weinsberg auftrat. In der bayer, Pfalz herrschte die Pest mit Theuerung^). In den Jahren 1610 bis 1613 war in Frankfurt a. M. eine er- höhte Sterblichkeit; es starben im Jahre 1610: 907, — 1611: 1135, — 1612: 1072 und 1613: 1140 Menschen, während sonst 650—700Menschen zu sterben pflegten. In Hessen hielt die Pest 1610 und 1611 ihren Umzug. In Treysa (Oberhessen) trat die Pest so heftig auf, dass in einem Hause in 3 Wochen ein Vater mit 5 Kindern und einer Magd, überhaupt aber bis Ende 1611 596 Personen daran starben (Matr.). Die Markungen von Hammelburg (Franken) und vieler anderer Orte wurden am 15. Mai durch ein schweres Gewitter verheert. Der Ruhr, welche im Städtchen gegen 900 Menschen dahinraffte, gesellten sich Theuerung und Hungersnoth zu (Klosterchr.). Thüringen wurde von der Pest hart mitgenommen. In der Stadt Ohrdruf erhob sich eine ins nächste Jahr übergreifende pestartige Krank- heit, ebenso in den Dörfern Metebach und Nordhafen; im Dorfe Töttel- stedt starben nicht weniger als 420 Menschen an der Pest. In Walters- hausen riss abermals die Pest ein, welche viele Menschen „in der Hälfte ihrer Tage" wegraffte (Brückner 32). In Aj)olda herrschte wieder die Pest, weshalb am 7. November die Regierung die Abhaltung des dortigen Martinimarktes in allen umliegenden Orten absagen Hess, „weil das Städtlein Apolda durch die abscheuliche Seuche der Pestilenz er- griffen und in demselbigen grassire, auch von da vor drei Tagen nach Jena gebracht worden sein soll". Noch im April 1611 kam aus Weimar der Befehl, dass Niemand aus Apolda weder nach Weimar noch nach Jena gehen solle, um die Seuche nicht weiter zu tragen. In Um raffte 1) Dochnahl, Neustadt a. H., See], Deidesh. sie 312, in Frankenhausen 418, in Eoben 7 Personen hinweg; ausserdem wurden Kirsehgau und Camsdorf heimgesucht. Auch in Gera stellte sich die Pest wieder im Juni ein, ohne jedoch erheblichen Verlust zu verursachen. Dagegen grassirte in dem- selben und den folgenden Monaten die Ruhr, welche viele Kinder und bis Dezember über 200 Menschen mitnahm. — Im sächsischen Städtchen Melzen (Bez. Weissenfeis) erlagen 90 und im nächsten Jahre 140 Personen der Pest^). In Tennstedt (bei Erfurt) grassirte die Pest so, dass der Leichen- hof erweitert werden musste. — Auch in Sangerhausen fiel grosses Sterben ein. — In Eisleben herrschte die Pest; nach dem St. Andreas- kirchenbuche starben in diesem Jahre 907, hiervon 610 an der Pest. Ebenso trat im folgenden Jahre die Seuche mit Heftigkeit auf; es erlagen von 962 Menschen 779 an der Pest; noch am 24. Oktober starben ein Rathsverwandter und sein Sohn. — In Halle wurden einige Tausend Menschen von der bösen Pestilenz weggerafft^). — In Eilenstedt wüthete die Pest; es starben 82 an der Pest und 15 an anderen Krankheiten; 7 Personen starben in einem Hause. Am Sonntag Reminiscere (4. März. Jul. Kai.) ward ein Dankfest wegen Aufhörens der Seuche abgehalten^). Auch in Magdeburg fand die Pest Eingang^); überdies wurde in der Umgegend das Vieh krank. — Salzwedel (12 M. n. w". von Magde- burg) wurde von der Pest arg heimgesucht; in der Altstadt starben während des Jahres 615 Personen, gegen 97 Geburten; in der Neustadt erlagen im nächsten Jahre 147 Menschen bei 65 Geburten. — In Stendal herrschte 1610—11 die Pest^). — In Pritzwalk stellte sich am 2. Juli die Pest ein; die Zahl der Opfer belief sich auf 524. — In Wittstock erlagen vom August bis Jahresschluss 885 Menschen, worauf im folgenden Jahre 75 Paare getraut wurden^). Wie in der ganzen Mark Brandenburg wüthete auch in Neustadt- Eberswalde die Pest, wovon die Worte an einem Altare der Pfarrkirche zeugen: anno DolorUm plene. — In Seehausen zeigte sich abermals die Pest; die Zahl der Opfer ist nicht bekannt''). Auch gegen Nordwesten drang die Seuche abermals vor. Zu Verden in Hannover erlagen der Pest über 3000 Menschen ^), Wie die folgende vereinzelte Notiz andeutet, scheint die Influenza im Jahresanfang Schlesien berührt zu haben. Zu Anfang des Jahres starben in Greiffenberg Viele, Jung und Alt, am meisten jedoch Kinder an einer Seuche, der böhmische Zipp genannt (Influenza). 1) Otto 241. 2) Olearius 354. 3) Kunze, Oschersleben 1,292. 4) Vulpius; Geschiclitsblätter 1875. 5) Sagittarius, mem. Histor. Luneb. 50. g) Beckmann, Brandenburg 301. '') Beckmann 1. c. 8) C. Spaugenberg, Cbron. 229. 1611 1611. Von Februar bis Ende Mai stellte sich fast kein Regen ein, dann aber folgten hänfige atmosphärische Niederschläge, Ueberschwemmungen und grosser Misswachs. Das Wenige, das gewachsen war, wurde noch durch Hagelschlag vernichtet; der Weinstock litt durch Frost; wegen ungünstiger Witterung missrieth auch der Wein. Es herrschte grosse Noth und theure Zeit; in Erfurt galt das Malter Korn 20 fl. Hunger und Pest stritten sich um die Herrschaft. Die Schweiz fühlte schwer die Geisel der Pest, deren Thätigkeit immer weitere Kreise zog. — Im Kanton Zürich fand ein furchtbarer Pestausbruch statt unter dem Namen des grossen Sterbend. Im Februar fielen einzelne Opfer; bald gewann die Seuche an Heftigkeit im Frühjahre in einer von armen Leuten bewohnten Strasse hinter dem GräbH. Im August nahm sie so zu, dass täglich 40—60 und mehr Leichen beerdigt wurden. Am 5. Sept. starben 116 und am 16. wurden sogar 132 Leichen beerdigt; 3 neue Friedhöfe wurden Bedürfniss. In gleicher Weise wüthete die Pest in der Landschaft und in manchen Dörfern starb die Hälfte der Bevölke- rung. Im Dezember nahm die Krankheit ab und verlor sich nach dem Neujahre. In Zürich und den eingepfarrten Gemeinden starben 4864 Menschen. Nach dem Neujahrsblatt der Züricher Hilfsgesellschaft steigerte sich die Pest bis zur 3. Woche des September, in welcher man 235 Leichen zählte. Vom August bis Ende des Jahres erlagen 2386 Personen, un- gerechnet vieler Knechte, Mägde und Handwerksgesellen, die in der Stadt gedient hatten und die man nicht zählte; ebenso ist nicht inbegrifl'en die grosse Zahl kleiner und halb erwachsener Kinder; aus dem Kleinen Rath starben 9, vom Grossen Rath 31 Mitglieder. Geistliche starben zu Stadt und Land über 50. Man schätzte den Verlust in Stadt und Land auf 51200 Seelen. Als dieser „Sterbend" im Christmonat abnahm, drängten die Leute so heftig zur Ehe, dass alle Tage 4, 6 und bis auf 12 Ehen eingesegnet wurden ^). In der Pfarrei Wetzikon fiel „ die vergiftete Krankheit oder Pestilenz" Anfangs August ein; sie brach zuerst in Etten- hausen und Kempten aus, wo sie auch am heftigsten und längsten wüthete. Im August starben 3, Sept. 24, Okt. 33, Nov. 45, Dez. 19, Januar 1612: 8 und Februar 4, zusammen 136 Personen, Auch die Gemeinde Horgen am Zürichersee erlitt durch die Pest grosse Einbusse; in Rap- perswyl forderte sie viele Opfer, worunter der Dekan Pet. Brendlin^). In Küssnacht wurden 637 Personen eine Beute der Pest, in Seewen wurden 280 Leichen in einer Grube eingebettet. In Kerenzen am Wallen- städtersee trug der Pfarrer, nachdem die ganze Gemeinde ausgestorben war, sich selbst als den letzten in das Todtenbuch ein. — Die Todten- knechte fuhren mit dem Leichenwagen täglich in den Dörfern herum. Die Todten wurden, meist in Lumpen gehüllt, auf die Beerdigungsstätten gebracht, in grosse Gruben gelegt und oft zur Vorsicht mit Kalk über- schüttet. Die Pest schien Alles entvölkern zu wollen, da ihr im Thurgau 33 584 Menschen, mehr als die Hälfte der Volkszahl, in 8 Monaten zur Beute fielen. In Schaff hausen erlagen 250 Kinder den Blattern ; hierzu kam im Juni die Pest. „Am 25. Juni wehte in der ganzen nördlichen Schweiz ein ausser- ordentlich heisser Wind, der sogleich vom Ausbruche einer mörderischen schnell tödtenden Seuche gefolgt war", die nicht nur Menschen, sondern auch dieThiere des Feldes ergriff und tödtete. Am 7. November erreichte ihre Opferwuth in Schaffhausen eine Höhe von 28 Todten. In der Stadt zählte man nur 6 Häuser, in welcher keine oder nur eine Person erkrankte; die Webergasse und Neustadt wurden am meisten entvölkert. Erst im Frühjahre 1612 hörte die Seuche ganz auf, nachdem sie 850 Menschen, etwa den fünften Theil der Bevölkerung, getödtet hatte. — Als die Seuche in der Stadt einigermassen nachliess, verbreitete sie sich desto stärker auf dem Lande, wo sie tief bis in das folgende Jahr wüthete. Unterhallau und Thäyngen erlitten die meisten Verluste an Menschen; in der kleinen Stadt Stein a. Rh. starben 900 Personen. In Barzheim erlagen nur drei Personen. Auf 4—5 Stunden im Umkreise blieben nur zwei Orte, Schlatt am Randen und Hofwiesen gänzlich verschont ^). — In Lenzburg fand die Pest Eingang und starben dem Stadtschreiber zwei Frauen und ein Sohn. — In der Stadt Frauenfeld und in den benachbarten Pfarrgemeinden trat im Juli die Pest mit ungewöhnlicher Heftigkeit auf, so dass in wenigen Monaten die doppelte bis dreifache Zahl der gewöhnlichen Sterbefälle erreicht ward. Die Krankheit ergriff den Menschen plötzlich und macht- los stand ihr die Heilkunst gegenüber. — In Baden am Limmat erreichte die Sterblichkeit eine nie gesehene Höhe. Während im Juni nur 5 er- wachsene Personen starben, erlagen der Pest vom 1. bis 27. Juli 69 Er- wachsene und 29 Kinder. Von diesem Tage an unterblieb der Eintrag. Ende August wurden an einem Tage 16 Leichen bestattet. Das Sterb- register bemerkt: „In dissem Jahr war es Leider ein solcher sterbent, das in die 1300 Personen gestorben Avarent.. . Es starben damalen 7 Priester Alhie zu Baden." Weit grausamer als im verwichenen Jahre wüthete die Seuche in St. Gallen in diesem Jahre. Es wurden 451 Kinder und 602 Er- 1) Chr. d. St. Schaffhausen 1844. IV 275; Ziegler, Stein 79. wachseue, also 1053 Personen begraben. Im Herbst- und Weinmonat (September und Oktober) wui'den oft an einem Tage 10—12 Leichen beerdigt. Im Oktober, wo die Seuche auf den höchsten Grad gestiegen war, raffte sie 288 Menschen dahin. (Hartmann.) Ildefons von Arx berichtet in s. Gesch. des Kantons St. Gallen III. 124: Von Basel wurde von einem Studenten die Pest nach St. Gallen gebracht. Es starben hier 1396 Menschen; nach „Jörg Basthard's Chronik" in der Stadt Wil 918, in der Pfarrei Wil 1000; in der Pfarrei Eschenbach wurden 221 Er- wachsene von der Pest ergriffen, von denen 119 nebst 188 Kindern starben. — In Toggenburg fielen soviele Pestopfer, dass manchenorts die Kirch- höfe erweitert, die Feldarbeiten aus Maugel an Leuten eingestellt wurden. — In dem Stifte auf Pfanneregg raffte die Pest in 2 Monaten 22 Konventschwestern mit der Priorin weg ^). — Auch in Graubünden zeigte sich die Pest. Zu Fels- berg räumte dieselbe zwei dichtbewohnte Häuser aus, ohne indes weitere Verbrei- tung zu finden; einige Zeit darnach begann sie zu „Malynis". — In Halden- stein erlagen über 30 Personen der Pest; ebensoviel in Jenins. In Schalfic (Schanfigg?) regierte die Seuche in allen Dörfern, Maladers ausgenommen, so dass etliche hundert ihr Leben lassen mussten^). Die Seuche drang bis in die entlegensten Alpenthäler bis zu den Alpen in der Gegend des Genfer Sees, Sogar Thiere und Vögel fielen während der Pestzeit plötzlich todt zur Erde. Am Ende des Jahres erschien die Seuche noch in Samaden im Engadin^). Auch in Konstanz brach, wie im Thurgau, eine ansteckende Krank- heit aus, bei welcher die Leute kurz nach dem Anfalle Müdigkeit, Todes- schwäche, dann Fieberfrost und endlich innere Hitze mit grossem Durste verspürten. Diesem folgten, Avenn der Kranke nicht schon erlag, Ekel, grünes oder blutiges Erbrechen und schmerzhafte Beulen in den Weichen, am Halse und unter den Armen ; dunkle brandige Blätterchen verbreiteten sich über die Haut und der Tod erfolgte, wenn sich am 2. oder 3. Tage nicht ein rettender Schweiss und gesunde Absonderung eingestellt hatten. Monate lang hielt nach der Genesung die Schwäche an. Das Volk nannte die Krankheit den „Schwarzen Tod". Von Juli bis November starben 1500 Personen, 1200 genasen; 3 Pfarrer, 12 weitere Geistliche, und 5 Klosterfrauen fielen in ihrem Berufe am Krankenbette als Opfer. — „Der schwarze Tod" wüthete auch an anderen Uferorten des Bodensee's. „1611 was ein stark sterbend, sonderlich in Constanz und XJeberlingen, aber allhie (in Radolfzell) stürben nit über 80 jung und alt und sind auf beiden Schiesshütten die Pflege- und Krankenhäuser gewesen"*). 1) Raef, St. Gallen 899, 981. 2) H. Ardüser 249. 3) Gebenst. Chron. 4) Schriften de.s Ver. f. Geschichte am Bodensee 1880. — 29 — 1611 Gleichzeitig kam die Pest nach Donaueschingen, wo sie grosse Ver- heerungen anrichtete, Nachdem die Pest in den Vorjahren im Elsass gehaust, wurde sie erst in diesem Jahre in Mühlhausen eingeschleppt: „Zu Mülhausen wurde (von der pestil. Seuche) nichts verspürt bis Anfangs des J. 1611, wo einige Besatzungsknechte zu ihren Verwandten nach Basel gereist und mit dieser Sucht angesteckt zurückgekommen sind. Das Sterben war gross, weswegen viele Todte in Gruben zusammengelegt Avurden, und da es hauptsächlich junge Leute und von mittlerem Alter betroffen: so wurde dieses Unglück noch 20 und 30 Jahre verspürt, da allgemach die alten Leute abgegangen und deren Stellen nur durch junge unerfahrene Männer besetzt werden konnten." Die Pest suchte wiederholt Württemberg heim; hierzu kam noch der TJmfall von zahlreichen Viehstücken durch „ Uebergälle". — In Ravensburg erlagen ihr vom 25. Juli bis 20. November 116 Personen; das Wirthshaus zum weissen Kopf (die Stadt) starb ganz aus. — Die Ober- amtsstadt Wangen wurde von der Pest heimgesucht. Auch in Leut- kirch zeigte sie sich, Hess jedoch in Folge von strenger Absonderung der Kranken bald nach; man zählte nur 13 Opfer. — Auch das Gebiet von Zwiefalten wurde durchseucht. In Isny an der bayerischen Grenze brach die Pest mit erneuter Wuth aus und frass ^/s der Bevölkerung. Oft wurden an einem Tage 40 bis 50 Leichen auf Karren auf den Fried- hof geführt und mitsammen in grosse Gruben geworfen. — In der Pfarrei Saulgau erlagen 1286 Menschen der Seuche. Desgleichen blieb Thal- heim (O. A. Tuttlingen) nicht verschont. Tuttlingen stand unter Wasser, was Sterben unter Menschen und Vieh zur Folge hatte; es starben 306 Personen; von 900 Stück Vieh blieben nur 60 übrig. — In Weilheim verlor durch eine in Folge von Ueberschwemmungen veranlasste Seuche die Hälfte der Einwohner das Leben. Im Anfange des Jahres wüthete in der Grafschaft Hohenberg (Rottenburg am Neckar) die Pest, weshalb die geistliche und weltliche Obrigkeit das Gelübde that, am 20. Januar jährlich eine Betstunde zur Abwendung böser Seuchen zu halten. Die Gemeinde Rommeisbach (0. A. Tübingen) starb bis auf Avenige Bürger ganz aus. — In Nürtingen erlagen der Pest gegen 200 Menschen. — In Dürrenzimmern nahm die Pest vom 26. Juni bis 31. Dezember 29 Personen mit. — Im März erhob sich in Stuttgart eine Seuche (Pest), vor welcher sich Herzog Johann Friedrich mit dem Hof am 16. September nach Urach, die Kanzlei nach Marbach, Bietigheim und Backnang flüchteten, um erst im Februar und Anfangs März 1612 wieder zurückzukehren. Arbeiter aus der Nachibarschaft zur Weinlese ausblieben, wurde am 24, September bekannt gegeben, die Seuche sei nicht so bedeutend und sie könnten deswegen ohne Gefahr kommen. In Frankfurt a. M. herrschte erhöhte Sterblichkeit, da die Sterbe- ziffer die normale um die Hälfte überstieg. Im Dorfe Langenselbold bei Hanau grassirte wieder eine- Seuche. — Im August machte sich die Pest ebenso in Laubach an der Wetter bemerklich; dem am 19. August verstorbenen Pastor M. Geiersberg folgten rasch seine sämmtlichen Kinder im Tode nach. In den nassauischen Landen gesellte sich zu dem Mangel die Pest, um hauptsächlich in den Gegenden nördlich der Lahn ihre Opfer zu fordern. Zu Marburg war die Pest heftig ausgebrochen; darum zogen die dortigen Studenten zur Fortsetzung ihrer Studien in Schaaren nach Herborn. Es wurde zwar aller Verkehr mit Marburg abgeschnitten, um jede Einschleppung zu verhindern, allein desungeachtet brach die Pest in Herborn und Umgegend aus; sie scheint jedoch nicht lange gewährt, vielmehr Dank der getroffenen guten Massregeln keine weitere Verbreitung gefunden zu haben ^). Wie in ganz Deutschland, wüthete auch in Franken eine verheerende Epidemie. Sie brach im Hochsommer aus und erhielt sich bis zum März, in einigen Orten bis September 1612. Sie herrschte zu Bamberg, zu Hallstadt und zu Höfen bei Rattelsdörf, und fand weite Verbreitung im Stifte Würzburg. Nach' den Sterberegistern der fränkischen Städte wurden in den befallenen Orten 20 *^/o der Bewohner ein Opfer der Seuche. In Hofheim im Hassgaue stellte sich am 17. Juli die Pest ein; bis September waren ihr bereits 34 und bis zum Jahresschlüsse 160 Opfer gefallen; sie tödtete oft in '6 Tagen; zu gleicher Zeit hauste sie in Reckers- hausen, das 72 Einwohner, nahezu die halbe Einwohnerzahl, verlor; in Ostheim, wo gleichzeitig eine Viehseuche herrschte, starben 40, in Lenders- hausen 10, in üeschersdorf 40, in Erlesdorf 1, in Kerbfeld 2 Personen. Ebenso wurden Eichelsdorf, Friesenhausen und Gossmannsdorf heimge- sucht. — Der pflichteifrige Pfarrer Lorenz Spiess in Hofheim wurde am 6. Oktober selbst pestkrank in Folge des Ekels vor dem Todtengi-äber, der sich des Gestankes seiner Kleider rühmte und sich brüstete, auch vor Pest und Teufel sich nicht zu fürchten. Der Pfarrer genas^). — In Hassfurt erlagen 600 Einwohner. In Schweinfurt starben in diesem Jahre 324 Personen bei 168 Geburten, sohin starben 156 mehr in Folge der Epidemie. Auch in der 1) Kelhier, Nassau I, 611, R. Goclenius, Loimographia, in qua quid in peste Marburg, anno 1611 evenerit, inseritur. Francof. 1613. 2) Unterf. Arch. XXIX 135, Dr. M. Wieland, Cliron. 241 ff. Nähe von Kissingen, im Orte Nüdlingen, trat die Krankheit auf. — In Gerolzhofen starben 800 Personen, in der Pfarrei Volkach 358 (gegen 58 in pestfreien Jahren); ebenso wurde Prichsenstadt im August heim- gesucht; in Oberschwarzach und in der Umgegend war das Sterben so gross, dass manchen Tag 8—10 und im ganzen Jahre 158 Leichen begraben wurden. In Kitzingen raffte die Pest von Mitte August bis Ende November 651 und mit Etwashausen 900 Menschen hin. Rüden- hausen wie Kastell mussten ihr gleich grosse Opfer bringen; in Main- bernheim zählte man 193 Pestleichen; ebenso litt Iphofen wie Markt- einersheim , wo vom 5. Oktober bis 1. Dezember 10 Personen (aus einem Hause 3 Personen und am 1. Dezember der Todtengräber) an der „bösen Seuche" starben (Matr.). In Uffenheim fielen vom 22. Oktober bis in den Januar des nächsten Jahres 17 Personen der Pest zum Opfer. Auch in dem bei Uffenheim gelegenen Dorfe Seuheim an der Gollach wurden viele Menschen hingerafft. In Würzburg trat die Krankheit nur sporadisch auf. Peter Jul. Demerad, Professor der Digesten, starb an der Pestilenz (Gropp). — Im gering bevölkerten Retzbach am Main starben 48 Menschen an der Pest; zu Karlstadt 600. Auch in Gemünden herrschten in diesem und den folgenden Jahren epidemische Krankheiten und starben zwei Dritt- theile mehr als sonst. Die Krankheit begann angeblich unter typhösen und an die Schweiss- sucht erinnernden Symptomen. Da bei der Seuche ein ausserordentliches Kontagium beobachtet wurde und die Krankenwärter und Leichenträger grösstentheils selbst Opfer ihres Dienstes wurden, entstand unter dem Volke grosse Muthlosigkeit. Graf Gottfried von Kastell erliess daher am 20. August „Ordnung und Bevelch, wessen man sich zu itziger Infections- Zeit und Sterbens-Seug zu verhalten und vleissig in Acht zu nehmen." Er mahnt zur Reinhaltung der Wohnungen und Strassen, verbietet den Be- such infizirter Orte, Verschleppung von Kleidern und Betten aus jenen Orten, wechselseitigen Besuch, Zusammenkünfte auf Strassen, in Kirchen imd Bädern, fordert sorgfältiges Reinigen und Ausräuchern der von Kranken und Gestorbenen benützten Wohnungen, Vergraben des Bettstrohes, Rei- nigen der Wäsche an abseits gelegenen Orten u. s. w. In dem badischen damals zum Fürstenthume Frauken gehörigen Städtchen Freudenberg am Main raffte (nach einer über dem Eingange des Friedhofes eingemauerten Gedenktafel) die „Pest" vom St. Michaels- feste bis zum gleichen Feste des nächsten Jahres über 500 Menschen weg. Im J. 1613 zeigte sich dort das Uebel wieder. Wie oft die Pest auf dem Wege dahin Einkehr hielt, ist z. Z. nicht bekannt. In Tirol hauste die Seuche und wurde von da in das Inngebiet eingeschleppt. Nach einer Tiroler Hauschronik aus Pfans entstand 1611 „eine grosse Pestilenz in Tyrol, hat getaurt ein ganzes Jahr. Seind in Matrey begraben worden 1800 Menschen und in Thal Navis noch über- blieben 5 pahr ehleith jedoch andere schon etwas." Gegen den Sommer forderte die Pest in Innsbruck viele Opfer; Erzherzog Maximilian zog ins Kloster Neustift, die Regierung nach Sterzingen. — In Hall trat sie um Johanni (24. Juni) auf; hier erlagen bis Ausgang September 171 Personen. Drei Jesuitenpatres wurden Opfer ihres Diensteifers^). Weitei'- hin fand die Pest in Schwaz Eingang. Auch Reichenhall wurde von ihr heimgesucht. Ebenso fand die Seuche im Bezirke Rosenheim verheerende Verbreitung. — In den Pfarr- und Filial- gemeinden Flinsbach, Grossholzhausen, Tegerndorf und St. Margarethen Avurden die Bewohner grösstentheils von der Pest, welche schon gegen Ende 1610 be- gonnen hatte, weggerafft, indem in den genannten Gemeinden kaum je 15 Menschen, und in Brannenburg kaum 10 Menschen übrig geblieben sein sollen. Zeugen hiervon sind die Stiftungsurkunde des Bittganges am Rochustage nach St. Petersberg vom 15. September 1615; eine Votivtafel der ganzen Pfarrei in der Kirche zu Flinsbach und der Pestfreithof zwischen Wind- schur und Fischbach, Dagegen blieben das rechte Innufer und am linken schon Auerdorf und Kirchdorf diesmal ganz verschont und wusste man weiter weg kaum etwas von dieser Pest. (Aus den Kirchenrechnungen lässt sich die Verheerung durch die Pest nicht nachweisen.) ^) In der Umgebung von Mühldorf und Kraiberg am Inn grassirte ebenfalls die Pest. Im Dorfe Mettenheim (bei Mühldorf) raffte sie vom 9. September bis 3. Januar 1612 über. 50 Personen weg. Die Bürgerschaft Kraiburg's verlobte sich wegen der Todesgefahr zum heil. Sebastian in Ebersberg, wo man aus dessen Hirnschale, Rettung erhoffend, mittelst eines gehöhlten Pfeiles gesegneten Wein schlürfte. In Kraibui'g starb nur eine einzige ab- geschwächte Person. Der Markt blieb 15 Wochen abgeschlossen (bannisirtj^). Von Württemberg aus überschritt die Pest die bayerische Grenze. In Memmingen herrschte sie von Juli bis Weihnachten mit gleich- zeitigem Viehsterben. In Röthenbach (Bez. Weiler) starben in 45 Tagen 28 Personen ohne Kinder, Noch bis auf den heutigen Tag wird der Weg gegen Bregenz, auf dem man damals die Todten zur Nachtzeit hinaus- führte, der Pestweg genannt^). Sie gelangte auch nach Füssen, wo mehrere 1) Schrotzer's Chron. in Zeitschr. d. Ferdinand. 1882. 2) Qberb. Arch. II, 387; VIII, 99; XXXII, 154. 3) Chron. v. Kraiburg u. Ebersberg. In Steiermark war es noch vor 100 Jahren üblich, am Feste des hl. Sebastian, des Schutz- patrones gegen Pest, das Volk mit geweihten Pfeilen zu segnen (P. Wichner, IV, 42j. i) Endres, Grünenbach. Hunderte hinweggerafft wurden; lange an die Hausthüren geheftete Pfeile bezeichneten warnend die verpesteten Häuser. Ebenso richtete sie unter den Unterthanen der nahen Tyroler Grenzstadt Vils grosse Verheerun- gen an. Ausser der Stadt bezeichnet eine Mauer mit einem hölzernen Kreuze die Ruhestätte der Dahingeschiedenen. In Norddeutschland erweiterte die Pest die im Vorjahre heimgesuchten Gebiete ihrer Thätigkeit. In Wasungen erlagen 161 Personen der Pest. Vom 10. August bis 22. September starben im Kirchdorfe Hümpfers- hausen 200 Personen an der Seuche, — Im Pfarrdorfe Lindenau (bei Heldburg) herrschte in diesem und dem folgenden Jahre die Pest. — Am 5. Juli kam zu Saalfeld an der Saale die Pest zum Ausbruch. Nach dem Kirchenbuche starben unter 231 Leuten allein 100 an einer pestartigen Krankheit, und im Kirchspiel 160. — Nach Schmal- kalden brachte ein Töpfergesell die Pest, welche rasch um sich griff imd in der Stadtpfarrei 1017, in der Schlosspfarrei über 100 und in den Dörfern 545 Personen hinraffte. Die Beamten nahmen den Reissaus. Da die Lebensmittel ausblieben, verlegte man am 31. August den Wochenmarkt hinaus auf die Steinwiese, um die Zufuhr zu erleich- tern. In Rudolstadt a. d. Saale trat die Pest auf. Aus dem gleichfalls infizirten Dorfe Cordobang wurde die Pest von einer Hirtin mit alten Lumpen nach dem ^/^ M. von Rudolstadt entfernten Dorfe Volkstedt gebracht; es starben etliche 50 Personen vom 22. Juli bis 23. Oktober. Das erste Opfer war „der alten Hirtin Töchterlein", dem seine Mutter am 5. August nachfolgte. In Soolsdorf starben in 3 Wochen 127 Personen. — In Frankenhausen starben 481, in Schlotheim 224 Menschen^). In Gotha herrschte bis 1612 eine epidemische Krankheit^). — In Hochheim wurde die Pest durch einen Dienstknecht aus Emsleben ein- geschleppt; es starben 91 Menschen an der Pest; ebenso hauste sie in Teutleben, wo 107 Menschen erlagen (Beck). In Grossbehringen wurden 136 Menschen hingerafft. — In Ohrdruf erlagen bis zum Neujahr 1161 Menschen, darunter 194 Bürger, 230 Weiber und Wittwen, 82 Junggesellen» 145 Jungfrauen, 77 Schulknaben, 55 Schulmädchen, 378Kinder, Knabenluid Mädchen. In Arnstadt starben 500 Menschen, zu Stadtilm 312 (Anfangs 32, dann "vom 10. August bis Jahresschluss 280 an der Pest = 312)3). In Erfurt trat bei grosser Theuerung hin und wieder die Pest auf und erlagen ihr viele angesehene Personen^). — Zu Sondershausen trat schon im Vorjahre die Seuche auf, so dass 1610 104, 1611 dagegen 414 Todesfälle, worunter viele Kinder und junge Leute, vorkommen (Toppius). 1) Toppius. 2) Galetti, Sagittarius. y) Krügelstein, Ohrdruf. i) Falken- stein. In Ehrig erlagen der Seuche 272, im Kirchspiel Roben 34, in Cordobang 82, in Thälendorf in 3 Wochen 127. Sie herrschte in Bischleben bis Anfangs Dezember, in Oschitz, Buttstädt, Nordhofen, Metebach, bei Neu- kirchen. — In Gross-Furra starben (nach Apfelstedt's Heimathkunde) 223 Personen, worunter viele Fremde; in Ebenleben und Marksussra starben bis Januar 1612 200, in den Dörfern Holzsussra 160, in Billeben 14 Personen an der Pest^). — Nordhausen wurde von einem grossen Sterben heimgesucht. Im Eichsfelde trat die Pest am verheerendsten auf. Zu Heiligenstadt wüthete die Pest fürchterlich und raffte über 600 Menschen hinweg, da- runter den Weihbischof Cornel. Gobelius, welcher gerade die Firmung hier spendete ^). — In Osterrode (4 M. n. ö. von Göttingen) wüthete die Pest. — Als die von Herzog Georg zu Braunschweig-Lüneburg als kgl. dänischem Oberst geworbenen Truppen 1611 aus Schweden zurückkehrten, brachten sie „zu einem Beutepfennig die Schwedische Hauj)tkrankheit" mit, welche mehrere Jahre hindurch viele Opfer forderte. In Duderstadt regierte ebenso die Pest. In Altenburg wurden 145, in Ronneburg 549 Menschen von der Pest hingerafft; ebenso musste Roda zahlreiche Opfer bringen. — In Orlamünde starben 140 Einwohner, die Mehrzahl in Folge der Pest. — Zu Gera und Umgebung erhob sich die Pest abermals im Juni, es fielen an manchem Tage 8 — 10 und bis Ende Dezember gegen 400 Opfer. — In Glauchau starben vom Juli bis Jahresschluss 388 Personen; in Zwickau erlagen 1039. — Zu Werdau erlag eine grosse Anzahl der Einwohner einer Seuche. — In Kelbra, Hermannsacker u. a. 0. wüthete die Pest^). Im August machte sich die Kontagion auch in Schneeberg be- merkbar, wodurch die Sterbeziffer auf 175 sich erhöhte. — In der Ge- meinde Neukirchen bei Krimmitzschau starben 111 Personen^). — In Chemnitz und Umgebung forderte die Pest mit Beginn des Jahrhunderts fast dauernd ihre Opfer, namentlich wüthete sie in den Jahren 1611—1614 arg, so dass in dieser Zeit 1772 Personen in der Stadt an ihr zu Grunde gingen. — Auch in Mittweida fand die Pest Eingang, doch starben (vom Mai bis September) nur 16 Personen daran. In Frankenberg (Meissen) starben etliche Personen an der Pest. — In Rochlitz erlagen gegen 300 Menschen der Pest. — Der Ausbruch eines epidemischen Fiebers nöthigte die Schüler der Fürstenschule, Meissen zu verlassen. — In Döbeln herrschte die Pest; sie forderte in diesem Jahre 341, 1) Thilo Irmisch. 2) Werner, Eichsfeld 151. 3) Zeitfuchs, Stolberg 322. 4j Pleissengrund v. Göpfert 315. im folgenden 1129 und im Jahre 1613 noch 366 Opfer. In Colditz erlagen der Seuche 102 Personen (Bellger S. 94 u. 99), nach Kamprad 119 Personen. Im August entspann sich in Freiberg eine neue Seuche, welche bis Weihnachten 847 Personen mitnahm und einige benachbarte Dörfer der Gegend von Alt-Zella infizirte. Auch herrschte sie ziemlich stark in Nossen, Rosswein, und im Pflegamte Lommatsch, ebenso in höher gelegenen Städten, wie in Annaberg u. a. O. In Oschatz wüthete die Pest vom 11. Juni bis 22. Oktober. — Wegen eingerissener Pest wurden in Zeitz die infizirten Häuser und die Badstuben geschlossen, sowie die Räucherung in der Stadt mit Wachholder angeordnet. Auch in der Stadt Waidenburg und in. dem nahen Lichten stein grassirte die Pest. Als sich nach Ostern in Zittau auf „die Hauptkrankheit" die Pest einstellte, äusserte sich die Fürsorge des Magistrats in Herstellung von Pesthütten, Annahme von Aerzten und Predigern. Es erlagen im Sommer gegen 1332 Personen. In den sächsischen Dörfern Plotha, Prittiz und Plenschitz (bei Weissenfeis a. S.) raffte vom Juli bis zum Jahresschluss die Pest viele Menschen hinweg und im folgenden Jahre die „Hauptkrankheit", wodurch die Leute ganz verwirrt wurden und in unbewachten Augenblicken Hand an sich legten. In Kindelbrück starben 456 an der Pest. — Zu Oberbösa forderte sie 188 Opfer; wegen Verlustes seines Weibes und seiner 8 Kinder in 24 Tagen erhenkte sich der Einwohner Hans Lang aus Verzweiflung. — Gleichzeitig litt Naumburg a. S. schwer durch die Pest. Zu Merseburg an der Saale erlagen der Pest in der Stadt allein 1067 Personen, ohne jene, welche in Neumarkt und Altenburg starben, zusammen 1640. — In Halle, Connern unweit der Saale, Wettin, Köthen Löbejün und vielen Dörfern hauste die Pest. In Bernburg erlagen ihr einige Hundert Menschen ^). — In der Stadt Aken raffte sie 640 Menschen weg; im nächsten Jahre würgte sie noch so heftig fort, dass die Einwohner sich ausserhalb Hütten bauten oder in die Dörfer flohen. Zu Delitzsch zeigte sich am Ende des Vorjahres eine Seuche unter den Symptomen der Pest, welche im Jähre 1611 rasch um sich griff und in den letzten Monaten am gefährlichsten wurde. Die normale Zahl der Todten mit 100 stieg auf 273. (Am 5. Nov. starb der Bürgermeister Franz im 43. Lebensjahre mit 4 Kindern). Jm folgenden Jahre war diese Krankheit weniger heftig, doch starben 50 Personen über die gewöhnliche Zahl. Im Jahre 1615 zählte man 202 Leichen. — In Mühlberg an der Elbe grassirte abermals die Pest. — In Aschersleben starben vom 1) Histor. d. Fürstenth. Anhalt III, 137. 3* 2. Juli bis Ende Dezember 427 Individuen, im Oktober zählte man 121 Sterbfälle.— In Stassfurt herrschte die Pest. Am 19. September starben ein Vater, Mutter und Sohn. In Halberstadt und Umgegend hauste von Neuem die Pest. Zu Groningen erlagen 372 Personen der Pest. In Jüterbock brach eine neue Seuche aus, woran in den 3 Monaten August bis Oktober über 700 Menschen starben. — Tangermünde wurde wie Salzwedel schwer von der Pest heimgesucht. — Auch Berlin und Spandau wurden von der Pest- betroffen. — In Beltzig gerieth wie anderwärts, das Getreide wie Wein und Obst schlecht, so dass heftige Theuerung ent- stand; überdies grassirte die Pest, und zwar bis 1613 anhaltend. — In Stendal starben wieder über 500 Personen (die Hälfte mehr als die ge- wöhnliche Zahl). In Havelberg erlagen einer Seuche, „Das grosse Sterben" genannt, über 1000 Menschen^). — In Ruppin forderte die Pest gegen 1900 Opfer; ohne Zweifel litt auch die nahe Stadt Lindow. — Am 8. Juni stellte sich die Pest auch in Gransee ein; wie viele andere Städte, war auch dieser Ort gesperrt. Wer der Pest nicht erlag, kam vor Hunger um; in wenigen Monaten verlor Gransee fast seine ganze Bevölkerung, 1500 Menschen, Avovon anfangs nur 511 im Register eingetragen und regelmässig beerdigt wurden; auch viele dahin Geflüchteten aus der Um- gegend fielen der Seuche zum Opfer; mit der Kälte schwand die Pest. Auch Bremen wurde von der Pest heimgesucht und vieler Ein- wohner beraubt^). In Soest (Westfalen) wurde eine grosse Anzahl Menschen von der Pestseuche aufgerieben ^). Im Herbste wüthete die Pest in der Stadt Reichenberg (Böhmen) und Umgebung; sie forderte Hunderte von Opfern. Die Pest herrschte in der ganzen Türkei, besonders aber in Kon- stantinopel, wo an manchem Tage tausend Menschen erlagen. Nachdem der Sultan aus seinem Hofstaate einige 100 Personen, sowie einen Sohn und eine Tochter durch die Seuche verloren, suchte und fand er mit den Seinigen auf dem Lande fern von der Hauptstadt Rettung*). 1) Beckmann, Brandenb. II, 203. 2) Topograph. Saxon. infer. 66. 3) Seibertz, Quellen II, 105. 4) Ludolf, Schaubühne I, 376. 1612. Der Winter war sehr schneereich und durch den starken Schneefall litten die "Wintersaat und der Weinstock. Hierdurch steigerte sich die vorige Theuerung. Die armen Leute vor dem Thüringer Walde geriethen so in Hungersnoth, dass sie das erfrorene Wild verzehrten; um Pfingsten folgten verderbliche Fröste, trockener dürrer Sommer. Das Getreide stieg sehr hoch im Preise; Wein wenig, jedoch gut. Die Thätigkeit der Pest war in der Schweiz noch nicht erloschen. In Lausanne starben vom Juni bis Ende November über 2000 Menschen; auch in dem benachbarten Gebiete und an den Gestaden des Genfersees wüthete die Krankheit so sehr, dass die Ernte und Weinlese unterblieb. Der bedeutende Wundarzt Wilhelm Fabry von Hilden (bei Köln) (25. Juni 1560 bis 15. Februar 1634), gewöhnlich Fabricius Hildanus genannt, wollte bei dieser Pest von Anwendung der Fontanellen Schutz und Nutzen bemerken. Zugleich beobachtete er in Lausanne eine nie gesehene Menge von Fliegen, eine Erscheinung, welche in Seuchejahren öfters wiederkehrt. Die Pest hatte auch am Bodensee wie in Württemberg noch nicht aufgehört. So suchte sie Meersburg am Bodensee heim ^). In der Umgegend von Ochsenhausen (Donaukreis) richtete die Pest eine ziemliche Verwüstung an; auch in Eichbühl wurde eine Familie angesteckt. Ebenso herrschte sie im Sommer zu Neuenstadt am Kocher. — Zu Weinsberg stellte sich grosse Sterblichkeit ein, es starben 276 Personen, im August 53, September 67, Oktober 29, — oft 5 — 6 an einem Tage. Ebenso suchte die Pest die Umgegend von Creglingen heim ^). — In Crailsheim trat eine Viehseuche auf. In der Pfalz grassirte die Pest (Registraturnotiz der Stadt Neu- stadt a. D.). — In Altdorf, Mittelfr,, hielt die Pest ihren Einzug; die Studenten, ca. 400, flüchteten. Die Noth war allgemein. Der junge Professor Ernst Sommer starb im September an Pestbeulen. Nach einem Monat liess die Seuche nach, so dass Anfangs November die Vorlesungen wieder aufgenommen wurden. — Die Pest richtete im Bezirke Eggenfelden, sowie in nächster Nähe von Simbach am Inn, viele Verheerungen an^). In Bozen erlagen viele Menschen der Pest; darmiter 12 Franziskaner als Opfer thätiger Nächstenliebe. In Norddeutschland erwachte von Neuem das Pestungeheuer; so zur Frühlingszeit in Gotha (Galetti), wie in Nordfiofen; zu Wölfis starben 180 Personen an der Pest, in Siebleben 77; ebenso erlagen im Hörsil- gau mehrere Hunderte; ferner suchte die Pest Lindenau (Meiningen) und 1) Verein f. Gesch. d. Bodens. 1879, 87. -^ Zeitschr. f. Wirtt. Franken 1872. 3) Niederb. Arch. X, 125. Gera wiederholt heim. In Altenburg starben zu Anfang des Jahres 8 und seit 12. September 40 Personen, In Meiningen erlagen im Herbste sehr viele Kinder der rothen Ruhr. Der Herbst hatte wieder ein grosses Sterben in Glauchau zu ver- zeichnen. In Tettau konnte, ob der durch die grosse Sterblichkeit herbei- geführten Gefahr, kein Gericht gehalten werden'). In Sachsen trat die Pest in Marienberg, Zschopau und in Chemnitz auf; hier fielen ihr 964 Personen zum Opfer ^).— Nachdem sich zu Grimma in den Jahren 1610 und 1611 im Februar und März hin und wieder Spuren der Pest gezeigt hatten, stellte sich die Seuche im September 1612 wieder vollständig ein, um bis zum Februar 1613 anzudauern, — In diesem und dem folgenden Jahre nistete sich zu Stolpen (Meissen) und Umgebung eine Krankheit ein, ohne indes besondere Verbreitung zu finden; in Helmsdorf starben 1612 nur einige Personen. — Zu Sebnitz fing die Pest im November zuerst in der Vorstadt an, rafile dann in kurzer Zeit gegen 50 Menschen weg, und grassirte endlich in der Stadt bis in das folgende Jahr. — Auch Mühlhausen (Thür.) hatte Verluste zu beklagen. In Einbeck starb am 3, Februar der Prediger Dan. Bodenberg an der Pest, — In Gardelegen kehrte abermals die Pest ein; sie raffte in der Pfarrei St. Nikolai allein 260 Personen weg. — In Bismarck starben 228 Personen; in Pritzwalk 113; ebenso herrschte die Seuche in Kyritz ^). Viele Einwohner von Neustadt-Eberswalde flüchteten sich aus der Stadt wegen Hungers- und Pestnoth, — Die Seuche wüthete gleich- verheerend in vielen Orten der Ober- und Niederlausitz, Nach Forst wurde sie von Kottbus eingeschleppt. Am 21, August erkrankte die Superintendentin und am folgenden Tage starb sie. Ihre Tochter wurde ebenfalls ergriffen, hatte aber fast ein Jahr lang an pestartigen Beulen zu leiden. Die Pest drang auch in das gesperrte Jahn'sche Schloss und entriss ihm am 19. November Jahn's Wittwe, eine geborene Freiin von Schönburg. In Triebel, unweit der Neisse, wurde die Pest am 4, August von einem Weibe nach Sorau eingeschleppt, Sie starb mit ihrer Tochter. Die Seuche herrschte bis in's nächste Jahr und raffte 400 Personen hinweg. Ebenso verrichtete sie in Sommerfeld und in den umliegenden Dörfern ihre grausige Schnitterarbeit. — Bei den wendischen Bauern um Sorau in der Niederlausitz war damals ein altes Kunststück wieder im Schwange, um die Pest von ihren Dörfern abzuhalten. Sie suchten 9 Personen aus, 2 junge, keusche Knechte, eine Wittwe, die 7 Jahre in diesem Stande war, und 6 reine 1) Eckardt, Glauchau. 2) Lehmann 955. 3) Schultz, Grardelegen 134. Jungfrauen. Diese sammelten sich am Ende des Dorfes um Mitternacht. Der eine Knecht brachte einen Pflug auf vier Ochsen, der andere eine abgestorbene „Reude", hiermit machte er einen Kreis, in welchen die 7 Frauenspersonen traten, und innerhalb dessen sie sich ganz entkleideten. Hierauf ging die Wittwe mit der Reude voran, die Jungfern spannten sich in den Pflug und zogen eine Furche um das ganze Dorf, während der eine Knecht nachging und der andere die Kleider hütete. Nach verrichteter Arbeit ging man ohne ein Wort zu sprechen nach Hause. — Indes kümmerte sich die Pest nicht um diesen vermeintlichen Bann und entvölkerte manches Dorf. — Diese Sitte des „Umpflügens" besteht noch in den mittleren und südlichen Wolgagouvernements und zum Theil in Sibirien. Der Aberglaube wähnt hiermit den bösen Mächten eine Schranke ihres Wirkens zu ziehen; mit dem Umpflügen hält der russische Bauer sich besser gegen alles Unheil, das seinen Viehstand so oft in furchtbarer Weise vernichtet, gefeit, als durch hygienische Vorkehrungen, In Bunzlau trat nach dem Herbstjahrmarkte die Pest auf; zuerst bei einem Fleischer auf dem Klosterplatze, dem seine Familie, das Ge- sinde und ein in seiner Pflege befindlicher Schüler wegstarben; dann erschien sie bei einem Fleischer auf der Nikolaistrasse, in der Bastei und am Ringe und führte so im Ganzen 22 Personen zum Grabe (Trichinose?). In Lübeck herrschten „pestilenzische Fieber", worüber Dr. Joach. Ursinus 1613 eine Schrift drucken liess. — Norden, die älteste Stadt Ostfrieslands, erlitt durch die Pest grosse Verluste ^). Wehlau (6 Meil. ö. v. Königsberg) hatte 700 Pestopfer zu beklagen ^). Einem seh]i.^filin.daa warmen Winter folgte ein trockener Frühling. Schon im Jlai kamen verheerende Hagelwetter und Gewässer. Am 29. Mai erhob sich nach mehrfachen Gewittern mit Wolkenbruch grosse Wassernoth bei Langensalza, Weimar an der Um u. s. w. mit grossem Verluste an Menschen imd Vieh („Thü- ringische Sündfluth" genannt). Die vom Hagel verschonten Felder lieferten gute Ernte; Wein viel und sauer. Der Herbst war nass; man konnte wegen baldigen Eintrittes eines schneereichen Winters viele Wurzelfrüchte nicht mehr einheimsen. In der Stadt Giengen (Württ.) und Umgegend herrschte die ungarische Krankheit, welche viele, besonders junge Leute wegraffte; es sollen gegen 200 daran gestorben sein. — Wie Hengstfeld (O. A. Gerabronn), litt auch Crailsheim an der Jagst mit Umgebung durch die Seuche, welcher hier 500 Personen erlagen. Ebenso wurde Hall am Kocher, dann Ingers- 1) Görges, Volksb. III. 214. a) Erleut. Preussen IV, 701. 1613 _ 40 — heim, Beurlbach, Altenmünster heimgesucht. Gleichzeitig herrschte Theue- rung. In Stuttgart brach im März die sog. ungarische Krankheit aus mit heftigem Seitenstechen, Husten und starkem Fieber. Gleich anfangs starben eine ganze Familie, Eltern und fünf Kinder; die Sterblichkeit nahm immer mehr zu. Die Aerzte meinten jedoch, hieran sei weniger die Bösartigkeit der Krankheit, als das Verhalten der Kranken Schuld, welche die ärztlichen Vorschriften nicht beobachteten, vielmehr bei After- ärzten und Quacksalbern Hilfe suchten. Ebenso beschuldigte man als Urheberin der Krankheit die grosse Unreinlichkeit der Stadt, weshalb am 9. April befohlen wurde, in den Hauptstrassen die Miststätten und andere Unsauberkeit gänzlich abzuthun, in den Nebengassen erstere alle 14 Tage zu reinigen, die Schweinställe abzuschaffen, die Brunnen sauber zu halten, und die Kloaken weder bei Tag noch bei einfallendem Regenwetter zu reinigen (Pfäff). ImDorfe Langenselbold b. Hanau grassirte wiederum eine Seuche^).— Zu Friedberg in der Wetterau trat Pest auf; in kurzer Zeit waren 30 Häuser infizirt mit einem Verluste von 60 Personen. — Im August machte sich die Pest auch wieder in Laubach an der Wetter bemerkbar. Es folgten nämlich dem am 19. August verstorbenen Pastor M. Geierberg rasch seine sämmtlichen Kinder im Tode^). — In Frankfurt a. M. bekundete sich erhöhte Sterblichkeit. In Tirol grassirten typhöse Seuchen; so berichtet die Tiroler Hauschronik aus Pfans: „Zu Matrey ist viel Volk in der ungarischen Krankheit gestorben." In Oberbayern riss im Umkreise von Ebersberg die „Pest" ein; allenthalben wüthete die Seuche. In ihrer Bedrängniss wallfahrteten des- halb folgende Pfarrgemeinden in die Klosterkirche zu Ebersberg; im Juni Dorfen, im September Schwaben, im Oktober Rosenheim, Moos- burg, Glon und Glasslern, Premerich und Mittbach, Anzing und Inding; Gars, Aiting, Kirchdorf, Möring, Schwindkirchen und Albaching; Obern- dorf, Fünsing, Grafing und Lengdorf; Obing, Babensheim, Altenerding und die Stadt Erding; Rott, Steinhöring und Buch, wie auch die Pfarrei Endlhausen. Im November unternahmen Bittgänge Rieden, Aschheim und Kirchheim; Attl und Edling, die Pfarrei des Klosters Au; Eislfing, Griesstätt und Pfaffing, Hohenlinden (am 16. Nov.). Die Gemeinde Ebersberg selbst blieb verschont; mit der Kälte scheint die Seuche, deren Charakter und Verheerungen unbekannt sind, geschwunden zu sein ^). Im September dürfte sich die Pest in Augsburg, wie über das benachbarte 1) Hanauer Zweigv. 1880. 108. 2) Jahrb. f. Oberh. Lokalgesch. 1879. Dorf Göggingen verbreitet zu haben, weil den Göggiugern damals das Betreten der Stadt, wie der Verkauf von Kleidern und .Bettstücken verboten wurde (Augsb. Raths-Dekret). Vom Juli bis Dezember grassirte in Regensburg die Pest, so dass in dem vor dem Jakobsthore befindlichen Lazarethe 130 Bürger und 181 Fremde, in der Stadt 101 aus der Bürgerschaft und 103 Fremde, zusammen 515 Personen starben. Trotz der Seuche kam Kaiser Matthias am 25. Juli nach Regensburg, hielt einen Reichstag und verliess die Stadt am 16. Oktober. Herzog Maximilian von Bayern sperrte streng die Stadt ab, Hess weder Viktualien noch Wein und Getreide in die Stadt und verlegte den Wochenmarkt am 12. September nach Kumpfmühl. Der Cod. Monac. h. 395- f 27 berichtet, „dass im cöllnischen Quar- tier zu Regensburg bei dem Reichsconvente 1613 alle hatten Fran- zosen, Kolben und Schlier" (d. i. Geschwüre, Bubonen am Leibe, be- sonders in der Leistengegend). — Auch nach dem Dorfe ReifFelting bei Donaustauf ward die Seuche verschleppt, weshalb der Ort gesperrt wurde. Die Pest gewann in der Oberpfalz an Ausdehnung. In Amberg wüthete sie dermassen, dass ihr von Juli bis Weihnachten 600 Menschen erlagen, weshalb die kurfürstliche Regierung vom 11. August bis 25. Januar 1614 nach Auerbach verlegt wurde. ■— Nach dem Berichte Joh. Ingol- stetter's (De lue epidemica Ambergensi anni 1613 in Joh. Hornungi cista medica p. 413 ff.) gingen der Krankheit im Frühlinge einzelne Petechialfieber (Petechiae), Pleuritis und Wechselfieber voraus; der anhal- tende Südwind soll die Disposition begründet und jeder äussere Anlass, namentlich Furcht, den Ausbruch begünstigt haben. Sie schonte ausser Kinder kein Alter. — Li Weiden trat die Pest am Jahresschlüsse auf, um im folgenden Jahre festen Fuss zu fassen (Hornung Cista medic. 415). Im Pfan'hofe des Dorfes Neukirchen bei Weiden wurden allein 7 Personen durch die „gräuliche Seuch der Pestilenz'' hingerafft. — Auch in den Orten um Auerbach herrschte die Seuche, ohne indes Auerbach selbst zu berühren. Ebenso blieb Sulzbach verschont. — Vom September bis Januar des folgenden Jahres wurde Tirschenreuth sammt der Umgegend von dem zahlreiche Opfer fordernden Petechialtyphus heimgesucht. In Mittelfranken wurden Artelshofen und Umgebung (bei Hersbruck) von der Seuche ergriffen ^). — Schwabach erlitt durch die Seuche einen Verlust von 155 Menschen. — In Nürnberg zählte man 1596 Geburten und 1994 Sterbefälle. — Eine in Norddeutschland herrschende Rind- viehseuche brachte auch Bayern empfindliche Einbusse. So in Ingolstadt ^y dann in Bamberg, wo sämmtliches Vieh des Klarissenklosters fiel^). 1) Mittelfr. Arcli. 22. B. 2) Sammelbl. d. hist. V. 1879. 3) Haas, St. Martin. Im Gothaischen zeigte sich andauernd die Pest. In Herbsleben raffte sie 482 Personen hinweg. In Ehrig (Schwarzburg-Sondershausen) verloren 193, in Eisenberg (Altenburg) vom August bis in den Dezember 120 Personen das Leben'). Plauen im Voigtlande verlor 212 Menschen durch eine Epidemie ; Waidenburg wurde wiederholt von der Pest heimgesucht; Lichtenstein verlor 317 Personen^). — In Leipzig fand die Pest zwar Eingang, doch keine grössere Verbreitung (Heidenreich 269). Dagegen trat sie mit wirksamerer Strenge im Erzgebirge und in weiterem Umkreise auf. So zu Freiberg, wo vom Juli bis Weihnachten 1399, im Kirch- spiel Petri allein 644, an manchem Tage sogar 11 bis 12 Personen an der Pest starben (Matr.). — Als in dem nach Frauenstein eingepfan-- ten Dorfe Kleinbobritsch vom Juli bis zum Ausgange des Jahres die Pest wüthete und der Frauensteiner Diakonus Kaspar Hoflfmann mit den dor- tigen Kranken verkehrte, Hessen ihn die Frauensteiner nicht mehr in die Stadt, so dass er im freien Felde seine Wohnung aufschlagen und daselbst amtiren musste^). — In der Stadt Wolkenstein an der Zschopau (2'/2 St. von Annaberg) wurde die Einwohnerzahl durch die Pest bedeutend abgemindert. Während diese Seuche ringsum Entsetzen und Verzweiflung verbreitete, beraubte der Todtengräber die aus den Gräbern genommenen Leichen ihrer Kleider, beging mit dem Diakonus Abraham Tränkner und einigen Gehilfen in den Sterbehäusern Diebstähle und trieb allerlei L^nfug. Nach Entdeckung seiner Schandthaten wurde er am 15. Juli 1615 ge- rädert und verbrannt, während der Diakonus entfloh. — Im Mai war die Pest auch in Rosswein zum Ausbruche gekommen, so dass im Juli und August immer wöchentlich 80 und darüber und bis zum Er- löschen der Seuche 1400 Personen starben^). — Sehr energisch trat die Landplage abermals in Rochlitz auf; es starben im Kunigundenkirch- spiele 448, im St. Petrikirchspiele in und ausserhalb der Stadt 195 und in den dahin eingepfarrten Dorfschaften 103 Personen (zusammen 576). — In Mochow starben 159 Einwohner; in Altgeringswalde 113, in Ge- ringswalde 448 und in den dahin eingepfarrten Dorfschaften 124^); in Mittweida 257 Personen. Auch in und um Frauenstein, Zöblitz und Annaberg, wie überhaupt im ganzen Erzgebirge, starben Viele''). InWiesa zählte man 133 Leichen. — In Oschatz raff^te die Pest vom 31. August bis 21. September 292 Personen dahin. — Die Stadt Döbeln, wo die Pest etwa 3 Jahre anhielt, verlor gegen 2000 Einwohner. — In Dresden ij Toppius, Gschwend 388. 2) Eckardt, Glauchau 458. 3) Wilisch 835. •i) Knauth, Altzella VII, 165. 5) Bernhardi, Geringswalde 41. 6) Bahn 167, Meissner 426, Steinbach S. 127. forderte sie 138 Opfer. — Das Kirchspiel Dohna hatte 119 Opfer zu beklagen. — In Bischofswerda raffte die Seuche gegen 150 Personen hin: — Im August grassirte sie im Dorfe Griessbach bei Schneeberg. — Zu Olbersdorf bei Zittau erlagen im Herbst 25 Personen; die Einwohner waren vom 2. Oktober bis Jahresschluss vom Kirchenbesuche in Zittau ausgeschlossen. Auch das Städtchen Lauenstein wurde von der Pest heimgesucht. In Magdeburg litten viele Leute an „Hauptweh" und hitzigen Fiebern'). Zu Jahresanfang wüthete in Berlin die Pest sehr heftig^); sie suchte auch Wriezen a. d. O. und wiederholt Luckau in der Nieder- lausitz heim. In Frankfurt a. d. 0. erlagen der Pest 2759 Personen, der vierte Theil der Bevölkerung (ca. 10000 Einwohner). In der Stadt zählte man 1571, in der Guben'schen Vorstadt 640, in der Lebus'schen Vorstadt 287, über der Brücke 170, in den Nuhnen 91 Leichen (Dr. Jobst, 1706). In Fraustadt (Posen) raffte die Pest 2135 Einwohner dahin, während nur 365 Kranke genasen^). , Die Pest, welche in diesem Jahre auch in Schlesien, Böhmen und noch in der Lausitz wüthete, jagte viele Flüchtlinge nach Bunzläu. Ihr erlagen am 21. September der Syndikus und Notar Wirth von Gross- Glogau und am 9. November der Pastor Ramsler von Goldberg, ohne dass die Infektion in Bunzlau weiter um sich griff. — Am 24. Juni starb zu Steinau a. d. Oder ein zugereister Leinwandhändler an der Pest, der das Uebel aus Liebenthal eingeschleppt hatte. Die Seuche verbreitete sich in der Stadt und forderte bis Weihnachten 1160 Opfer und in den benachbarten Dörfern über 800 (Rathsarchiv). — Auch in Breslau kehrte die Pest ein und raffte mit anderen Krankheiten vom August bis Januar 1614 von einer Bevölkerung von etwa 30 000 Einwohnern 2357 Menschen (bei 1093 Geburten) hinweg. Eine von den Phisici Dr. Dan. Rindfleisch (Bucretius) und Georg Ruhmbaum entworfene Pestordnung steuerte der Pest so wenig als frühere. — Im Mai fing in Friedeberg die Pest zu hausen an, verbreitete sich in der ganzen Umgegend und verweilte bis zum Winter. Im Friedeberger Kirchspiel starben 700 und in Friedeberg 325 Menschen. — Gegen Pfingsten erhob sich in Greiffenberg in Schlesien die Pest, so dass ihr bis Weihnachten 1072 Personen erlagen. Zur Absonderung der Kranken baute man auf dem Felde über 50 bis 60 Hütten. Ende April begann die Pest, da starben 9, im Mai 52, im Juni 78, im Juli 162, i) Remigius Chron. in Magdeb. Geschichtsbl. 1875. 2) Altes und neues Berlin 1737. 317. 3) H. Wuttke 302. August 323, Sept. 213, Okt. 152, Nov. 65, Dez. 16. — Zu Birkigt starben 43, Neundorf 12, Liebenthal 898, Spiller 103, in Meffersdorf 120, in Krobsdorf blieb ein Mann mit seinen 7 Söhnen allein am Leben; in Schmottseifen starben 399, in Lauban 517, Goldberg 2139, Gross- Glogau 1738; daselbst stellte der Rath einen Pestbarbier mit 3 Gesellen, Leichenträger, Todtengräber und Wächter an und verwendete vom Mai 1613 bis 1614 zu deren Besoldung 2000 Mark (Renteirechnung). — In Neisse erlagen der Pest 135, in Marklissa 200 und in Prag 24 000 j Menschen ^), Noch ist der hin und wieder auftretenden Rindviehseuche zu ge, denken, welche Norddeutschland grosse Verluste brachte. So erlag in der Stadt Schmalkalden fast alles Rindvieh der Seuche; in Straussfurt an der Unstrut (Provinz Sachsen) fielen über 300 Stück ^). Auch in Niederösterreich herrschte die leidige Infektion. Wirthe, w^elche aus dieser Gegend kamen, mussten eine halbe Stunde vor Wels Kontumaz halten. Nur in der Papiermühle machte sich die KJrankheit bemerkbar. — Im Sommer begann die Lifektion ihre Herr- schaft in Wien und behauptete dieselbe fast bis Jahresschluss; sehr viele Leute fielen ihr zum Opfer (Lazius). In Steiermark trat die Pest ebenfalls auf, jedoch in gelindem Grade; so in Pöllau und Umgegend. Ebenso litt Siebenbürgen durch die Pest; der Markt Birthälm wurde von ihr heimgesucht. 1614. Strenger, langer, schneereicher Winter, der fast alle Winterfrüchte tödtete; in Kempten lag der Schnee nach Ostern (24. April Jul. Kai.) noch so mächtig und fest, dass er Ross und Mann trug. Es folgte ein nasskaltes Spätjahr und grosse Theuerung des Getreides; der Wein missrieth. Im Vogtlande herrschte 1614^17 anhaltende drückende Theuerung und Nahrungslosigkeit. In der Oberpfalz war die Viehseuche noch nicht erloschen; sie trat in Riedenburg unter allen Viehgattuugen verheerend auf. In Unna (Westfalen) brach die Pest aus, weshalb die hollän- dischen Truppen die Stadt verliessen. Der grossen Blatternepidemie, welche nach Webster seit 1614 Persien, die Türkei, Aegypten, Kreta, Kalabrien, Italien, Dalmatien, Venedig, Frankreich und die nördlichen Gegenden durchzog, ist in deut- schen Geschichtsquellen nicht gedacht. 1) Bergemann, Friedeberg 184, Luhe, Greiffenberg 28, Minsberg, Glogau II, 131. '^) J. Chr. Olearii Rer. Thur. Syntagm. 1707. 230. 1615. Der Winter war schneearm; Ende April schädigte starker Frost Weinstock und Obstbäume, übrigens frühes Jahr, sehr dürrer heisser Sommer und Herbst; alle Flüsse waren klein, Brunnen versiegten; die Sommerfrüchte blieben zurück; Wein wenig und sehr gut. Am 1. Dezember brachte eine verheerende Hochfluth an der Westküste von Schleswig-Holstein vielen Menschen und Thieren den Tod. In der kleinen Stadt Elberfeld, in welcher im Jahre 1600 145 Kinder geboren wurden und 92 starben, wurden in diesem Jahre 148 Menschen, darunter 61 Kinder, durch die Pest eine Beute des Todes. Im Jülicher Lande hauste die Pest ^). — Das sächsische Dorf Plen- schiz wurde in diesem und folgenden Jahre von einer Seuche heim- gesucht ^). In Wels (Oberösterreich) trug man Besorgniss wegen der Infek- tion; durch ein Patent vom 4. September wurde das Ausschenken von Pressmost verboten und die Viehbeschau beim Schlachten angeordnet. In Steiermark traten bösartige Krankheiten (Ruhr?) auf. Nament- lich hielt in Graz drei Jahre erhöhte Sterblichkeit an; 1615 starben an der Seuche über 550, im Ganzen 976, der Sage nach 1058 Personen; im Jahre 1616 erlagen der Infektion gegen 700 und im nächsten Jahre über 100 Menschen (Peinlich). 1616. Nach Weihnachten sehr warme Witterung, vom 8. Januar bis Mitte Februar viel Schnee wnä grimmige Kälte, so dass Menschen und Thiere erfroren; es folgte Wassernoth; Reben und Obst litten durch Winterkälte und Frühlingsfrost (I.Mai); sehr heisser trockener Sommer mit Wassermangel; Sommerfrüchte und Graswuchs litten, Ernte bereits Johanni, Weinlese im September. Im Südwesten der Schweiz erhob sich wieder die Pest; so starb in Genf die Hälfte der Bürger. — Die grosse Sommerhitze brachte Krank- heiten und besonders Ruhr; so berichtet das Radolfzeller Stadtbuch von dem Herrschen „hitziger Fieber". Riedheim a. d. D. (bei Ulm) wurde von einer Seuche heimgesucht; es starben in der kleinen Gemeinde 35 Personen ^). In Winnenden (O. A. Waiblingen, Württemberg) wüthete eine pestartige Krankheit in so hohem Grade, dass in der Stadt und den Filialen in diesem Jahre 1226 Personen starben und in den heissesten Tagen 30 bis 40 an einem Tage begraben wurden. 1) Annal. d. bist. V. f. Niederrh. 21. B. 145. 2) Otto, AVeissenfels. 3) Zeit- schr. d. h. V. f. Schwaben IV, 77. Der Kreis Wetzlar wurde von einer heftigen Seuche heimgesucht. Kuhr und hitzige Fieber grassirten überall in Franken (Nörr). In Koburg herrschten sowohl Ruhr wie die Hauptkrankheit (Typhus) und Fieber ziemlich hettig. Im Dorfe Ebersgrün bei Pausa (im Voigtlande) grassirte eine Ruhrepidemie; in fast allen Häusern kehrte sie ein und forderte eine ziemliche Anzahl Opfer. — Ebenso wurde Lössnitz im Erzgebirge von der rothen Ruhr und dem hitzigen Fieber betroffen, — In Leipzig entstand im März eine Seuche, welche namentlich dem Trünke Ergebene befiel, ob- gleich Manche die Ursache dieser Seuche auf den harten Winter und das gefrorene Bier zurückführten. Viele Leute starben in wenig Tagen und in einer Woche wurden 60 von dieser Krankheit befallene Personen begraben. Die Seuche Hess bald nach. — In Bischofswerda kam eine Krankheit unter Kinder und Gesinde, welche man das „Fressfieber*' nannte. Wenn derParoxys- mus die Kranken befiel, so konnten sie sich fast nicht ersättigen — trotz der theüeren Zeit — und fielen sie dann in einen 4 bis 5 Stunden dauernden Schlaf. Nach dem Erwachen fühlten sie sich so ausserordentlich matt, „dass sie nichts angreifen konnten". Iserlohn wurde durch die Pest bis auf 7 Junggesellen gänzlich ent- völkert. In den Niederlanden trat die Pest mörderisch auf; Antwerpen verlor 8449 Menschen. Gleichzeitig wurde Holland von einer verheerenden Viehseuche überzogen. Dieselbe Kalamität dezimirte auch noch den Viehstand Deutsch- lands. So wurde Fölling (bei Andechs, Oberbayeru) und im folgenden Jahre Bamberg hart mitgenommen. Die Viehseuche durchzog seit dem Vorjahre ganz Sachsen ^). Ferner entstand zu Kyritz (Altmark) während des überaus trockenen Sommers eine heftige Seuche unter Klein- und Grossvieh. — Auch in Bismarck kam eine Seuche unter das Hornvieh, wie nicht minder unter Pferde, Schafe und Schweine; sie äusserte sich durch Beulen an der Zunge, den Beinen, bei den Kühen an den Eutern, welche blutrothe Milch gaben, und an den Klauen, die abschworen (Klauenseuche)^). Ebenso herrschte zu Colberg, wie im Jahre 1614, so auch 1616 eine verheerende Seuche unter Pferden und Kühen; im Jahre 1616 starben allein in den Vorstädten von Colberg 350 Pferde; 1617 kamen die Vor- werke auf den Stadtdörfern mit ihren Schäfereien an die Reihe, manche derselben starben ganz aus. 1) Oesfeld, Lössnitz. 2) Beckmann, Brandenb. II, 183. TT 1617. Per Winter war gelinde, frühes Jahr bis zur Rebenblüthe, welche unter Nässe vier Wochen währte, dann dürrer Sommer, Frost im September; Mäusefrass brachte in Deutschland wie Italien dem Getreide grossen Schaden; Theuerung und Noth bis zur Ernte, welche wohlfeile Zeit brachte; viel, jedoch ganz saurer Wein. Volkach am Main verlor 100 Einwohner durch eine Infektion (Ruhr), sonst jährlich gegen 58. In Saalfeld (Meiningen) starben 83 Personen an der Ruhr. In der Gegend von Naumburg an der Saale brach eine höchst bösartige Ruhr mit schnell tödtendem Verlaufe aus. Sie verschonte kein Alter und Geschlecht, und endete das Leben ihrer Oj)fer gewöhnlich am dritten Tage unter grossen Schmerzen. „Die Zornwuth Gottes," berichtet der Glöckner Peter Rielmann, „hat die Monate August, September, Ok- tober und November angehalten, dahero die Todtenregister ziemlich zahl- reich ausgefallen, wie denn in Summa 1505 Personen gestorben waren." Ebenso räumte die Seuche in den Dörfern der Umgegend auf, wie denn zu Flemmingen 134, zu Altenburg 76, zu Mertendorf 65, zu Pforta 84 Personen, worunter 54 Knaben, zu Rossbach, Kleinjena und Wils- dorf 93 gestorben sind; im Dörfchen Grochlitz blieben nur 11 Menschen übrig. „Man wolt wissen, dass die Ursache sehr dicke, vorher fallene Nebel seien." In Zittau herrschte die „Hauptkrankheit" (Typhus), welcher an manchem Tage 8 bis 10 Personen in ihrem besten Alter erlagen. In der Stadt Hamm (Westfalen) herrschte die Pest. Dreissigjähriger Krieg. 1. Böhmisch-pfälzischer Krieg 1618—1625. Bei dem Uebertritte in ein neues Jahr hatte das Volk kaum eine Ahnung von dem Jammer und Elende, welche das nächste Menschen- alter über ganz Deutschland verhängen werde; kaum eine Ahnung von der Nähe jenes furchtbaren Krieges, der mit Recht als die unheilvollste Krisis unseres deutschen Kulturlebens im weitesten Umfange gilt; der unsere Gauen zum Tummelplatze entmenschter heimischer und fremder Söldnerheere machte und das dem Tode entronnene Volk auf lange Zeit seiner nationalen Selbständigkeit in Charakter und Politik beraubte. Die folgenden Blätter bieten ein schwaches Bild der grausigen Drang- salen, welche in diesem Zeiträume über das arme Volk durch Pest, Hunger und Krieg hereinbrachen. 1618, Einem kalten Winter folgte am 29. Januar grosse Wassernoth an allen Fluss- geländen. Auch Ende Mai war der Rhein so gross, dass er in Basel das Funda- ment des Rheinthores erschütterte; der Juni brachte ungestüme Witterung mit Regen und Ueberschwemmungen; am 8. Juni fiel bei Basel Schnee; doch war das Jahr fruchtbar an Getreide, Küchengewächsen, Obst und Wein; letzterer war von mittlerer Grüte. Der in der letzten Woche des November erschienene grosse Komet galt als Verkünder von Krieg und Unglück; die schreckhaften Zeichen der Natur wusste man zu deuten, für die in der Menschenwelt hatte man weniger Verständniss. . In Neapel raffte eine Seuche (Diphtherie), welche sich durch ' plötzlich eintretende faulige Zersetzung im Rachen kund gab, gegen 60 000 Menschen hinweg. Die Rachenhöhle bekam eine weisse Farbe, und diese ging allmählich ins Schwärzliche über, während auch äusser- lich am Halse eine Geschwulst sich bildete, wodurch indes die Respi- ration bis zum Tode nicht gehindert war. Vorzugsweise wurde das Kindesalter von dieser Seuche befallen, doch auch Leute jeden Alters blieben nicht verschont; am 7. Tage nach dem Anfalle trat gewöhnlich das Ende ein. Die Krankheit suchte auch Sizilien, Malta, Kampanien und Kalabrien heim. Basel wurde von einer heftigen Blatternepidemie betroffen. „Die Pocken oder Kindsblattern waren dieses Jahr sehr giftig, viele Kinder starben daran; die, so das Leben behielten, waren übel zuge- richtet und an den Gliedern gelähmt, der Geruch war ohnerträglich \ind einigen sind vor ihrem Tode die Backenknüffel abgefallen." „Manchen ist der Küfel (Kinn) vom Angesicht weggefallen," meldet die Chronik. In Giessen starben sehr viele Kinder, wahrscheinlich bei einer herrschenden Blatternepidemie. Oberursel (Nassau) wurde von der „Pest" heimgesucht. In Bergen (3 Meil. n. w. v. Venloo, Prov. Limburg) herrschte die Pest, weshalb Viele nach Holland flüchteten, wo übrigens die Seuche noch nicht erloschen war. In Friesach (Kärnthen) starben viele Menschen an der Pest. » 1619. Nach einem kalten Winter folgte schädlicher Frühlingsfrost, im Sommer 7 Wochen andauernde Hitze; wegen nasser Ernte (in Franken) wuchs das Korn stark aus; doch war es ein ziemliches Fruchtjahr; bei vorherrschend rauher Witterung wuchs wenig Wein von mittlerer Güte. Die Pest, welche im Vorjahre in Konstantinopel gehaust hatte, fand am südlichen Litorale des Mittelmeeres Verbreitung; in Kairo sollen ihr 74 500 Menschen erlegen sein. In Venedig herrschte eine unbe- kannte Krankheit, in welcher die Leute nicht wussten, was ihnen fehlte und so kraftlos und schwach wurden, dass Viele jählings starben. Im Gebiete von Venedig fanden 13 000 Menschen den Tod. Am Jahres- schlüsse hielt man ein Dankfest ^). — In vielen Städten Frankreichs herrschte die Pest; so gleichzeitig in Paris, Ronen, Avignon. — In Deutschland fand der Scharlach nach Sennert (op. med. T. VI. LIV. c. 12) Verbreitung, wohl auch in Nürnberg, wo man bei 1885 Geburten 2265 Sterbefälle zählte. — Zu Leipzig nahmen die Blattern im Juli über 200 Kinder hinweg. Die Pest fasste wieder festen Fuss in Deutschland. So herrschte sie in der Stadt Dommitsch^), in Spandau, in Hamm (Westfalen); die benachbarte Stadt Unna verlor den grösseren Theil ihrer Einwohner. Im Sommer überzog sie die dänischen Inseln, namentlich Kopen- hagen und Helsingör, wo täglich 50 bis 60 und mehr, im Ganzen über 4000 Personen den Tod fanden. König Christian IV. hielt sich deshalb im Herzogthum Schleswig auf ^). Im Namen des Pommernherzogs Philipp 1) Contin. nuclei historici. Norimb. 1626. 2) Petri, Torgau 25. 3) Holst. Chr. 1674. 71. Julius wurde am 30. Juni zunächst an die Stadt Wolgast das Gebot er- lassen, sich jeden Verkehrs mit den infizirten Ortschaften zu enthalten. „Was massen etliche Bürger und Einwohner alhie zu Wolgast sich unter- standen in das Königreiche Dennemarcken nach Copenhagen von hinnen abzufahren unndt alda in der Stadt Copenhagen ungescheut ihren Kauf- handel zu treiben." Bei der Unmöglichkeit völliger Absperrung wurde die Seuche sehr schnell nach Pommern übertragen, so dass schon in der ersten Hälfte des August die vorpommerschen Hafenorte infizirt waren. Auch Greifs- wald wurde von der Seuche heimgesucht ^). — In Colberg stellte sich wieder ungewöhnliches Sterben ein, so dass der Rath damals eine be- sondere Pestordnung drucken liess. Auch in Nieder-Oesterreich erhob sich die Pest von Neuem. Zu Wiener-Neustadt wüthete die Pest 1619—21. 1620. Der Winter war kalt, der Frühling glimpflich bis 2. Juni, worauf SOtägiger Regen folgte; der Sommer brachte Hagel und viele Unwetter; die Getreideernte war gut; in Franken wuchs viel und schlechter Wein, in der Pfalz wenig Wein von mittlerer Güte. Die bereits bestehende Theuerung erreichte 1620 — 23 dadurch eine ausserordentliche Höhe, dass man die guten Münzen einschmolz und dafür äusserst greingfügiges, meistens Kupfergeld, Hilj)ertlein genannt, prägen liess. Dies kam besonders den Juden zu statten, welche Gold und Silber- geschirre, Geschmeide und werthvoUe Dinge anderer Art kauften und mit schlechter Münze bezahlten. Diesem Beispiele folgend, sahen sich die Fürsten, durch Soldnoth gepeinigt, der Versuchung ausgesetzt, nach er- folglos probirtem Hinaufschrauben des Münzwerthes das entsetzliche Treiben des Kipper- und Wipperthums selbst in die Hand zu nehmen. Die Reichsfürsten, Braunschweig voran, fingen das gemeine Handwerk der Heckenmünzer an. Solche schlechte Münzstätten waren in Bayreuth, Kulmbach, Wunsiedel, Hof, Erlangen, Schauenstein, Neustadt a. A., Weimar, Coburg, wie in den Reichsstädten. Das Volk hatte eine Weile seine helle Freude an der trefflichen Industrie; die Welt hing voller Geld und keine Zunft war stärker als die der Wechsler, Die Leute rissen die kupfernen Töpfe aus den Oefen, die Waschkesseln aus den Mauern und die Gef ässe aus den Kästen heraus, trugen sie in die Münze und Hessen sich Geld prägen. Aber die Freude währte nur kurze Zeit: 1) Gesterding, Beitr. z. Gesch. v. Greifsw. Nr. 719. gar zu bald zeigte, zu ernüchtei-ndem Entsetzen, nach wenigen Tagen die Silbertünche das blanke Kupfer. Da war der Teufel los; von den Kanzeln predigten die geistlichen Herren gegen diese „letzte Brut und Frucht des Teufels"; man versagte den Kippern und "Wippern, denen die Buben auf den Gassen ihr „Kippedewipp" nachkreischten, das ehrliche Begräb- niss. (Hanser.) Trotz aller Verbote und Strafen nahm der schändliche Missbrauch, gutes Geld aufzuwechseln, zu kippen und wippen so überhand, dass die alten guten gültigen Münzsorten im Jahre 1620 im Werthe sehr hoch stiegen und der Reichsthaler von 5 fl. auf 8 und 10 fl. stieg und hier- mit der Preis der Viktualien gleichen Schritt hielt, so dass man einen Scheffel Korn um 12 fl. und höher bezahlen musste. Im Januar 1621 befahl Herzog Georg zu Sachsen unter Erneuerung des Münzedikts, nach jenen, welche das gute Geld einwechseln und in die Münzen oder aus dem Lande bringen und dagegen geringe aus- gewippte Sorten einschieben, zu forschen und Betroffene zu verhaften. — In Folge dessen wurde zu Freiberg am 24. Juni 1621 bei einigen Juden Haussuchung gehalten; das Ergebniss derselben war, dass die Elenden viel eingewechseltes Geld in Fässern unter die Waaren verpackt, in heimlichen Fächern und Kästen mit doppeltem Boden geborgen, in ihre Kleider und Matratzen vernähet, auch in Futterkästen, Sattel, Kum- mete und Pferdegurte gesteckt hatten. Weil dieser Fund verläugnet und hintangehalten, wurde es sowie auch das aufgekaufte alte Kupfer, welches fast 200 Zentner wog, weggenommen und auf kurfürstlichen Befehl nach Dresden gebracht ^). Der Markgraf von Bayreuth und Kulmbach liess, um dem Uebel- stande abzuhelfen, 1622 wieder gute Groschen prägen mit der Umschrift: „Nach altem Schrot und Korn 1622". Zugleich liess er alle öffentlichen Lustbarkeiten verbieten und eine Polizei- und Taxordnung bekannt machen, wodurch die Preise der Lebensmittel mit dem Lohne der Arbeiter in ein richtigeres Verhältniss gebracht und die drückende Noth um Vieles ge- mildert wurde ^). — Auch in Sachsen wurde 1623 durch kurfürstliches Mandat zu Jedermanns Freude die leichteren Münzsorten fremden Gepräges als ungültig erklärt und der Werth der guten alten Silber- und Gold- münzen nach der Norm der von den Reichsständen zu Augsburg 1559 errichteten Münzordnung geregelt. Aus Afrika wurde die Pest durch ein Schiff in die sizilianische Hafenstadt Trapani eingeschleppt; bald wurden auch Palermo und Messina durchseucht; daneben herrschten Ruhr und Brandbräune. — Ein grosser 1) MöUe^'s Ann. 440. 2) Qberfr. Arch. IV. 4* Theil von Frankreich, vorzugsweise die südlichen Provinzen, wurden von 1620—1630 von typhösen Seuchen heimgesucht. Mit Ausbruch des dreissigjährigen Krieges gewann der Petechial- typhus neue Kraft. Was "Wunder, wenn er während dieses unheilvollen Kampfes die Geisel der Söldnerheere und der von ihnen niedergetretenen und ausgeraubten Landschaften geblieben ist? Schon im Beginn des Jahres 1620 griff der Typhus unter den bayerischen Truppen in verheerender Weise um sich. So sollen auf dem Mitte Juli unternommenen Zuge des Heeres der Liga nach Oberöster- reich und Böhmen nach dem Zeugnisse des Feldarztes Tobias Geiger, welcher die Armee bis Prag begleitete, gegen 20000 Mann von der bayerischen Armee den Krankheiten erlegen sein^). Der Leibmedicus Raymund Minderer, welcher ein „Consilium oder Räthliches Gutachten, die jetzt schwebende und unter den Soldaten mehrertheils grassirende Sucht betreffend, Getruckt im J. 1620." bekannt machte, sucht die Ent- stehungsweise des Fiebers in der feuchten Witterung des Sommers 1620, bei welcher die Soldaten täglich, von Regen durchnässt, die kalten Nächte unter freiem Himmel zubringen mussten. Hierzu kam, dass auf dem Zuge nach Böhmen der grösste Mangel an Lebensmitteln unter den ver- bündeten Truppen sich einstellte; dem abzuhelfen, wollte der kaiserliche General Boucquoi das Heer nach Mähren führen, allein der Bayernherzog Maximilian und sein Feldherr Tilly widersetzten sich diesem Vorhaben, indem sie auf Prag, als das Herz des Landes, hinwiesen. Denn dort herrschte seit dem Einzüge Friedrichs, des Usurpators der böhmischen Krone, Ueberiluss, während der Soldat darbte und den Seuchen zum Opfer fiel, der Landmann aber in den von der Soldateska besetzten Gegenden Böhmens schrecklich bedrängt wurde. Durch sorgfältige Absonderung der im Jahre 1620 und 1621 von Böhmen zurückgelieferten kranken Soldaten soll München verschont ge- blieben seiu. Dort hatte man bereits 1618 durch Errichtung eigener Kontumazhauser vor den Thoren, strenge Beaufsichtigung der ankommenden Fremden, durch verstärkte Wachen, Desinfektion verdächtiger Effekten und der eingehenden Briefe durch Räucherungen, sowie des von infizirten Orten hergeschickten Geldes durch Essigwaschungen gegen die Ein- schleppung Vorsorge getroffen. Aehnliche Massregeln blieben lange Zeit in Uebung. Nach dem Berichte eines Benediktiners von Wessobrunn (Reichs- archiv) fand unzweifelhaft die Seuche in Oberbayern Verbreitung. Nach dieser Mittheilung überzogen den Körper rothe Flecken, dann trat Raserei ein, in Folge deren sich die Unglücklichen den Kopf an der Wand zer- 1) Westenrieder, Beitr. IV, 106. schellten. Viele starben plötzlicli und so fand man in den Strassen der Stadt wie auf dem Lande zahlreiche Leichen; man hob grosse Gruben aus und warf sie hinein^). Auch Franken wurde von typhösen Seuchen, „Kopfkrankheit", welche die Mansfeldischen Soldaten mitbrachten, heimgesucht; in Burg- bernheim erlagen ihr viele Leute, 6 Soldaten wie auch der Pfarrer ^), Li gleicher Weise wurde von drei Soldaten aus dem Lager der Unirten die ungarische Krankheit oder das „Hirntoben" nach Württemberg ein- geschleppt. So kam es oft vor, dass die krank heimgekommenen Sol- daten durch gute Wart und Pflege der Ihrigen wieder genasen, hingegen die Hausgenossen erkrankten und starben. Auch Tübingen brachte der Krankheit viele Opfer ^). Ebenso herrschte unter dem spanischen Kriegsvolke, welches unter des General Spinclas Befehl in der Rheinpfalz stand, ein bösartiges Lager- fieber, Typhus exanthem. Der Leib- und Feldmedicus desselben, der Portugiese Anton Fonseca, nannte die Krankheit Febris maligna, gegen die er, den Krankheitsstoff im Blut suchend, selbst nach Erscheinung der P'etechien noch den Aderlass als ein nothwendiges Mittel empfahl. Ende Juli erschienen auf dem Marsche nach Böhmen gegen 2000 Mann englischer Hilfstruppen, welche König Jakob dem neuge- wählten Gegenkönig von Böhmen, Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, seinem Schwiegersohne, sandte, in der Oberlausitz. Sie brachten den Typhus, englische Krankheit genannt, nach Zittau, wo viele Einwohner, besonders Leute in den mittleren Jahren, Avorunter 15 Ehepaare, starben. Schwerer litt das nahe Olbersdorf, wo die Truppen vom 28. Juli bis 2. August einquartirt waren. Viele Ortseinwohner wurden ein Opfer der Krankheit; in manchem Hause lagen drei und mehr Personen krank. Die Epidemie dauerte bis zur Fastenzeit des nächsten Jahres*). Ebenso verbreitete sich die Krankheit in der Stadt Luckau. — In Orlamünde (Altenburg) traten im April die Blattern auf ^). Die Pest trat in Südschweden und Finnland von 1620 bis 1622 verheerend und überaus ansteckenden Charakters auf^). Ebenso machte sie sich in Pommern und Ostpreussen in intensiver Weise geltend. Zu Barth (w. v. Stralsund) starben vom 2. April bis 7. Oktober 240 Personen, hiervon 223 an der Pest, im ganzen Jahre 500 Menschen'). Ueber die Zeichen der in Vorpommern herrschenden Seuche berichtet David Herlicius (Herlitz), damals Stadtphysikus in 1) Oberb. Arch. X, 15. 2) Mittelfr. Arch. XI, 108. 3) Vgl. Ludw. Moegling, Dissertatio de febre epid. ab anno passim saeviente. Tubing. 1621. •*) N. Laus. Magaz. B. 44. 5) Mitth. d. V. f. Geschichtsk. in Kahla 1885. 6) Geijer-Leffler, Gesch. V. Schweden 2. 80. 7) Katalog im Wolgaster Arch. Stargardt, in seiner „Pestilenzordnung", welcher er im Dez. 1620 ein Consilium politieo-physicum de peste folgen Hess. Hiernach spürte der Patient zuerst grosse körperliche Mattigkeit und Abspannung des Geistes, war „trawrig und faul am gantzen Leibe"; hernach trat Fieberhitze ein mit Irrereden. Der Athem wurde kurz und ungleich; in einzelnen Fällen bildeten sich schon jetzt auf den Lippen, in der Mundhöhle und hin und wieder am Körper kleine Bläschen. Manche Kranken konnten nicht schlafen, andere waren nicht wach zu erhalten, kalter Schweiss und Seitenstechen waren von Appetitlosigkeit und Erbrechen begleitet. Dann bedeckte sich der ganze Leib mit Pestbeulen, besonders unter den Armen, hinter den Ohren und an den Geschlechtstheilen. Als ganz unfehlbares Kennzeichen der wirklichen Bubonenpest galt bei Herlitz und dem von ihm citirten Hamburger jüdischen Arzte Koderich a Castro aus Lissa- bon ^) die Wahrnehmung, dass in diesem Stadium der Ki'ankheit der Patient beim Befühlen des Pulses durch den Arzt mit der Hand zuckte oder zitterte. Je besser sich die Pestbeulen entwickelten, desto grösser war die Aussicht auf Genesung. Der Beschaffenheit des Urins schenkte Herlitz Aufmerksamkeit, aber dem damals allgemeinen Glauben, im Urin nicht nur den Charakter der Krankheit, sondern auch alle mög- lichen Eigenschaften des Patienten klar lesen zu können, huldigt er, wo es sich um die Pest handelt, nicht, sondern giebt zu, dass gerade hier diese Praxis leicht irre führe. In Danzig kehrte die Pest ein und raffte bisweilen wöchentlich über 900, das Jahr hindurch 11936 Menschen hinweg; getauft wurden 2323 Kinder 2). Elbing verlor 1336 Einwohner. — Ebenso mussten die Städte Preussisch - Holland und Wehlau die Geisel der Pest fühlen^). — In Königsberg (Ostpreussen) wüthete die Pest und raffte 700 bis 800, auf ihrer Höhe 1048 Menschen in der Woche, hin, im „Kahr" erlagen von Pfingsten (7. Juni) bis 3. Januar 11425 Menschen; der Bürgermeister Peter Michel starb im Kneiphofe an der Pest und wurde am 27. August begraben*). Die folgende Verlustliste gewährt einen belehrenden Einblick in die Be- wegung der Seuche. Innerhalb 30 Wochen starben vom 7.—14. Juni 97, 14.—21. Juni 184, 21.—28. Juni 216, 28. Juni bis 5. Juli 241, 5.—12. JuU 345, 12.—19. JuH 449, 19.—26. Juli 545, 26. Juli bis 2. August 606, 2.-9. August 695, 9.-16. August 892, 16.-23. August 940, 28.-30. August 1048, 30. August bis 6. September 983, 6.—13. Sept. 791, 13.-20. Sept. 794, 20.-27. Sept. 543, 27. Sept. bis 4. Oktober 420, 4.-11. Oktober 366, 11.—18. Okt. 303, 18.-25. Okt. 218, 25. Okt. bis 1. Nov. ij Roderico a Castro, geb. 1550 in Lissabon, studirte in Salamanca, u. war seit 1594 in Hamburg als Pest- und Frauenarzt geschätzt. 2) Danziger Erfahrg. 1739. 3. Stück. 3) Erleut. Preussen IV, 510. 701. 4) Acta Boruss. II, 355. Erleut. Preussen 1726, III, 220. 133,, 1.-8. Nov. 182, 8-15. Nov. 122, 15.—22. Nov. 79, 22.-29. Nov. 62, 29. Nov. bis 6. Dezember 80, 6.-13. Dez. 57, 13.-20. Dez. 37, 20.-27. Dez. 20, 27. Dez. bis 3. Januar 27 Menschen. Die Pest breitete sich im ganzen Lande aus. Trotz aller Bemüh- ungen, sie fern zu halten, zog sie auch in Schippenbeil und Rasten- burg ein und forderte zahlreiche Opfer. — Wegen der drohenden Gefahr stellte Thorn am 28. September einen Pestbarbier auf; um die An- steckung zu verhüten, wurde verboten, Leichen aus den Vorstädten in der Stadt zu begraben. Breslau erfuhr von 1620—1630 grosse Einbusse durch Ruhr, Blattern und typhöse Fieber. In Niederösterreich fand eine Seuche Verbreitung. In Tuln (bei Klosterneuburg) trat eine epidemische Krankheit („Pest") auf. Ob des damaligen Krieges in Böhmen flüchteten Viele aus den offenen Dorf- schaften jenseits der Donau dahin, wo mit Einschluss der Fremden vom Januar bis Dezember 672 Personen starben; hiervon im Oktober 114, Nov. 142, Dez. 75. 1621. Sebr kalter Winter; vom 19. Januar an heftige Kälte 4 Wochen lang, im Juni schädliches Hagelwetter, ziemlich fruchtbares Jahr, Wein wenig und sauer; ein Scheffel Korn galt 12—13 fl. und stieg täglich höher wegen des schlechten Geldes; der Reichsthaler galt 8 bis 10 fl. In der Oberpfalz hausten die Truppen des Grafen von Mansfeld in scheusslicher Weise. Der Landgraf Wilh, von Leuchtenberg, der in Pfreimd anwesend war, berichtete an die Regierung in Amberg: „Rauben, Abbrennen, Raidlen (Zusammenpressen des Schädels mit Schnüren und einem Drehholze oder Gewehrschlosse), Kopfanbindung, Daumenschrauben, und Auf henkung der armen Leut an Thorsäulen und Bäumen, Ver- wüstung, Wegtreiben des Viehes, dass es ein Stein möcht erbarmen", war die auch später den Schweden beliebte Beschäftigung dieser Horden. Mit den Truppenansammlungen entwickelte sich der Petechialtyphus in Bayern, namentlich in der Oberpfalz, einem an Wäldern, Bergen und stehenden Gewässern reichen Gebiete. Die Krankheit brach bei grosser Sommerhitze im Lager bei Beidhaus aus, fand im Herbste durch die herumziehenden Soldaten weitere Verbreitung und wüthete noch im folgenden Frühling unter den Bewohnern im weiteren Umkreise bis ins Gebiet des Fürstbischofs von Eichstädt. Dr. Joh. Conr. Rhumelius (Rummel), Physicus ordin. in Neumarkt, bezeichnet in seiner Schrift „Historia morbi qui ex castris ad rastra, a rastris ad rostra, ab his ad aras et focos in Palatinatu superioris Bavariae se penetravit anno 1621 et permansit a. 1622 et 1623, Norimb. 1625" im Sinne des Paracelsus als merkurialische Symptome: Melancholie, Manie, krampfhaftes Lachen, Gangrän der Zunge, Schmerz in der Wirbel- säule, im Rücken, in den Zähnen, Pusteln in den Augen, Blindheit; als merkurialisch-schweflicheZeichen: Blutspeien, Brustbeklemmung, Geschwulst auf der Brust; als merkurialisch - salzige: Cardialgie, Singultus, Heiss- hunger, Kolik, Würmer, Eintritt der Menstruation, Abortus, Harn- beschwerden, Oedem der unteren Extremitäten, Petechien, papulöse Exantheme, welche sich bis zur Grösse einer Linse oder halben Erbse erheben und zwei Arten von Krätze, die zu Ende der Krankheit zum Vorschein kommen, eine feuchte und eine trockene. Während der Krank- heit betrachtet er anhaltenden Sopor, wie sein Gegentheil, dauernde Auf- regung, häufige Ohnmächten, ohne Gefühl abgehende Stühle für schlimme, Nasenbluten, massige Diarrhöen und Schwerhörigkeit dagegen für erfreuliche Zeichen. — In Weiden herrschte grosse Sterblichkeit; im Register sind 255 Verstorbene verseichnet, während die gewöhnliche Sterbeziffer sich zwischen 50—100 bewegte; im Markte Kohlberg grassirte die Seuche so, dass in 14 Wochen über 40 Personen starbeB; die Krankheit forderte auch noch später ihre Opfer, wie 1625, wo der Pfarrer Lautensack erlag. Um den Krieg ungehindert fortführen zu können, zog Mansfeld mit 20000 Mann, 500 Bagagewagen und einem starken Tross gegen die Unterpfalz. Am 23. Oktober zog er in Mannheim und bald in der Pfalz ein. Raub, Mord, Schändung der Weiber, Rauchsäulen der brennenden Dörfer bezeichneten den Weg. In Viernheim, dann in Ladenburg am Neckar wütheten die Soldaten schrecklich und Hessen beim Abzüge eine schwere Krankheit zurück, welcher von Martini bis zum Frühjahre 1622 viele Menschen erlagen. Ziu' gleichen Zeit erfuhren Marbach, Lor- bach, Neckarelz, Eberbach, Boxberg u. a. O. ein ähnliches Schicksal. Auch im Elsass breiteten sich nach dem kriegerischen Einfalle typhöse Seuchen aus. Die Blattern machten sich in Nassau bemerkbar; so starb am 23. März in Weilburg ein 24jähriger Sohn des Grafen Ludwig von Saarbrücken. Köln wurde von einer Epidemie heimgesucht (Ennen). In Sachsen herrschte die Ruhr, welcher in Sebnitz viele Leute erlagen; ebenso wurde die Stadt Stolpen (Meissen) von einer Krankheit heimgesucht.— Zu Bischofswerda erlagen 127 Personen der „Pest", ohne die in den eingepfarrten Ortschaften Gestorbenen. Ebenso litt die Stadt Inster- burg (Prov. Sachsen) durch eine Epidemie. 1622. Der Winter stellte sich frühzeitig mit grosser Kälte ein, die sich im Januar ausser- ordentlich steigerte; haushoher Schnee, der nach dem Schmelzen unberechenbaren Schaden brachte. Der Weinstock erfror um Lichtmess, die Blüthe litt um Johanni durch Regen, das Getreide durch Mehlthau. Wein wenig und sauer. In ganz Deutschland herrschte in Folge des schlechten Münzwesens und der Truppenzüge furchtbare Theuerimg und in vielen Gegenden, so in Dingolfing, grosse Hungers- noth. Die Lebensmittelpreise erreichten die vierfache Höhe. Die Schweiz erlitt grosse Verluste durch typhöse Seuchen; so in der Herrschaft Mayenfeld und in Chur, wo der Typhus in kurzer Zeit 3000 Soldaten wegraffte. Elsass wie die Pfalz wurden von Mansfeld verwüstet und aus- geplündert. Strassburg war von etwa 23 000 flüchtigen Landleuten so überfüllt, dass bald in Folge von Menschenanhäufung vmd allgemeiner Noth Seuchen ausbrachen, unter deren Herrschaft man bis Jahresschluss 4380 Todte zählte. Die meisten wurden ein Opfer der Ruhr, welcher allein vom 21. bis 27. Juli 224 Personen erlagen (Dr. J. Krieger.) Auch Frankreich war im Jahre 1622 und 1624 der Schauplatz einer verheerenden Pestepidemie. Württemberg wurde von Neuem von Seuchen betroffen; ihnen erlagen in Calw 233, in Bönnigheim 107 Personen. In Heilbronn am Neckar wüthete neben Theuerung und Hungersnoth die Pest von 1622 bis 1628 mehrmals. Die Schlacht zwischen der kaiserlichen Armee unter Tilly und dem badischen Heere unter Markgraf Georg Friedrich (6. Mai) brachte grosses Elend über die Stadt Wimpfen am Neckar. Durch Aufnahme von (über 900) verwundeten und kranken Soldaten entstand unter den Bürgern eine verheerende Infektion („Kopfkrankheit", Typhus), welche ^U—^h derselben hinraffte. Im folgenden Jahre wurden nur 43 Kinder geboren gegen die frühere Normalzahl 75. Zur Krankheit gesellte sich grosse Theuerung. — Nachdem Mansfeld den Erzherzog Leopold bei Hagenau in die Flucht gejagt, rückte er im April mit seiner Armee in die Pfalz am Rhein ein und verhiess seinen Söldnern, sie auf eine gute Weide zu führen. Das Hessen sie sich nicht zweimal sagen, sie zogen acht Tage lang durch das Land, raubten, plünderten, trieben das Vieh heerdenweise weg, bis sie von den Spaniern und Bayern gegen Mannheim zurück- getrieben, von diesen aber die Greuel der Verheerung fortgesetzt wurden. In der schwergeprüften Pfalz grassirten Ruhr und andere Seuchen, um in Städten und Dörfern eine reiche Ernte zu halten. Annweiler wurde von den Spaniern besetzt; diese hausten in schrecklicher Weise. Dazu kamen Krankheiten. Die Bewohner des flachen Landes waren nach dem Trifels geflüchtet. Hunger, Noth und die Pest brachen hier unter den zusammengedrängten Massen aus und verbreiteten sich von da über Annweiler. Mörderisch wüthete die „Pest" in der Stadt und raff'te dahin, was die Wuth der Feinde übrig gelassen hatte. — Im August wurde Saarbrücken von bösartigen, ansteckenden Krankheiten und der Ruhr heimgesucht, welchen viele Leute erlagen. •— Ln Herbste machte grosse TheueruDg das Mass des Elendes voll. In Frankfurt a. M. kehrte Typhus und Ruhr ein. Es starben 1785 Menschen (gegen die Normalzahl von 600—700). Der Frankfurter Arzt Ludw. v. Hörnigk nennt (in seinem „Würgengel: Von der Pesti- lenz, Namen, Eigenschaft, Ui'sachen, Zeichen u. s. w, Frankfurt a. M. 1644") die damalige 1622 von ihm selbst erlebte Krankheit S. 40 „die pesti- lentzische Ruhr, Durchlauf oder Hoff- und Blutgang, welche unmittelbar aus dem Kriege hervorgegangen ist." Hörnigk bemerkt S. 82 richtig: „Eine der Ursachen der Pest sind die Garnisonen oder Lagerstätten der Soldaten, be- vorab der Kranken, die sich genau behelfen müssen und derowegen allerlei Unrath umb und neben sich samblen, inmassen wir allhie zu Frankfurt a. M. nach der Schlacht bei Höchst (6. Juni) genugsam erfahren, da der verwun- deten und kranken Soldaten so viel waren, dass sie auch hin und wieder in den Gassen, vor den Häusern auf dem Stroh lagen, dannenhero dann, bevorab weil es um Pfingsten und heiss Wetter, ein grosser Gestank und darauf eine.Pest entstand." Li Babenhausen (Hessen) zählte man 239 Todte und 48 Geburten, in Schaafheim und Schlierbach 146 Todte und 31 Geburten. In Miltenberg a. M. grassirte nach dem dortigen Rathsbuche die „Pestilenz" (Typhus). Die herrschende „Pest" forderte auch in Burg- bernheim (Mittelfr.) viele Opfer. — In Schwabach starben alle kleinen Kinder. In Koburg hausten die „Hauptkrankheit" und Febres malignae. Viele Personen, namentlich in Stenzenbach, fanden den Tod ^). — Zu Weimar soll die Pest aufgetreten sein. Das sächsische Dorf Plenschitz wurde wieder von der Seuche be- troffen. Zu Bromberg (Posen) wüthete 1622 — 23 die Pest und richtete bei dem Mangel der nöthigen Schutzmittel grosse Verheerungen an. ^) Die in Süd-Schweden hausende Seuche erreichte Stockholm, wo angeblich von 1622—23 20 000 Leute gestorben sind. 1) J. G. Grüner. '^) Bernhardiner Chron. Die Pest, welche im Vorjahre an der ungarischen Grenze grassirte, tauchte am 20. November in Voran (Steiermark) auf und forderte bis 24. Januar 1623, wo sie erloschen ist, 55 Opfer. (Matr.) In Mähren wüthete die Pest von 1622 — 25, insbesondere zu Olmütz, wo 4236 Menschen gestorben sein sollen, dann in Brunn, Kromau, Weiss- kirchen, Zwittau u. a. O. *). Um diese Zeit wurden die Hunde, welche hin und wieder von er- schlagenen Körpern gefressen hatten, rasend und richteten im Rheinthale um Appenzell, in Sachsen und anderwärts am Vieh grossen Schaden an. Dieses Elend kam auch in Siebenbürgen vor, wo man viele von rasen- den Hunden gebissene und wüthend gewordene Menschen erschlagen oder niederschiessen musste ^). 1623. Das Jalir war reich an verderblichem Hagelwetter; so zog am 23. Mai ein schweres Wetter über Buxtehude (Hannover), wobei 21 Ochsen, durch taubeneigrosse Eisstücke niedergeschlagen, in dem einige Fuss hohen Hagel umkamen; ein gleich unheil- volles Hagelwetter stellte sich in jener Gegend am 21. Juli ein. Das Korn litt in der Blüthe durch Mehlthau. Mitte Juni trat ausserordentliche Hitze und Dürre ein, so dass der Graswuchs verdarb, viel Obst abfiel und grosser Schaden ent- stand; Wein wenig und mittelmässig. In allen Theüen Deutschlands, in Schlesien, Böhmen, Oberösterreich und Mähren kam zur Kriegsnoth grosse Theuerung. In Basel griff im August und September eine schmerzliche und tödtliche Ruhrepidemie um sich, die vielen Leuten den Tod brachte. Als Ursache dürfte Genuss schlechter Nahrung zu bezeichnen sein, „da sich in dem drangsalvollen, theueren Jahre Viele mit Krüschbrot (Grützen- brot) und Wasser nähren mussten." Im Elsass herrschte auch in diesem Jahre grosse Theuerung und Noth; um dem Elend zu steuern, verbot am 23. Januar Erzherzog Leopold von Oesterreich die Ausfuhr der Früchte. Zu grosser Trockenheit ge- sellten sich eine verderbliche Viehseuche und fühlbare Steigerung der Fleischpreise. — So ward auch in Strassburg Theuerung, Noth und Sterb- lichkeit in hohem Grade fühlbar; der Magistrat suchte die Noth der Armen zu lindern. Die ganze Pfalz dagegen seufzte unter fortwährenden Plünderungen der Tilly'schen Horden; in dem ausgesaugten Lande steigerte sich das Elend dermassen, dass die noch übrigen Landbewohner mit Wurzeln und 1) Brünner Wochenbl. 1824. 2) Extremi seculi Furores. Frankf. 1632. 39. (Kriegsbericht.) • Kräutern ihr Leben zu fristen suchten^). Hierotheus schildert diese traurige Zeit, welche 1623 und 1626 über die schwerbedrängte Pfalz herein- brach, in der Provincia Rhenana Capuc. p. 227—230 in schrecklichen Farben. In Lothringen wüthete die Pest äusserst heftig; in Metz allein starben gegen 3000 Personen; der Rath ergriff alle erdenklichen Massregeln, um der Krankheit Einhalt zu thun. An allen Thoren wurden ärztliche Stationen errichtet, auf welchen jeder in die Stadt Einlass Begehrende untersucht ward. Alle der Krankheit Verdächtigen oder davon Befallenen wurden nach dem auf der Lisel Chambifere erbauten Pesthaus „la Cornue Geline" geschafft. Die Pest liess zwar allmählich an Heftigkeit nach, verschwand aber erst 1625 gänzlich aus der Stadt 2). Auch in Württemberg und Baden fand die Pest in einigen Orten Eingang. So herrschte sie im September in Dietenhofen (0.-A. Ehingen)^). Zu Grötzingen (Durlach) blieben nui* 5 Haushaltungen von der Pest verschont. Hanau und die Wetterau wurden wieder von der Pest schwer heim- gesucht*). — Nachdem die Pest in der Umgegend von Seligenstadt schon sehr gewüthet hatte, dass Alles, was noch auf den Beinen sein konnte, die Flucht ergriff und in den Städen Zuflucht suchte, war Seligenstadt von der Seuche noch einigermassen verschont geblieben. Obgleich man den unglücklichen Flüchtlingen allen und jeden Zutritt dahin versagte, fruchtete dies doch wenig, vielmehr raffte während der Jahre 1623—1625 der Tod in verschiedenen Zeitperioden unzählige Menschen hinweg. In den letzten Monaten des Jahres kam auch über Nassau eine heftige Seuche, spanische Schwachheit (Typhus) genannt, die über den Winter andauerte. Sie raffte in der Herrschaft Wiesbaden, dann in Haiger bei Dillenburg, sowie in Walsdorf an der Ems viele Leute hin- weg, worunter in Walsdorf viele Kinder ^). In der Stadt Mayen an der Nette (Bez. Coblenz) richtete die Pest arge Verheerungen an ^). — Im Juli und August brachte in Saarbrücken eine bösartige Viehseuche eine Masse Vieh zu Fall. Zu dieser Zeit trieben in den benachbarten Ländern ansteckende oder pestartige Krankheiten ihr Wesen als die gewöhnlichen Folgen von Ki'iegsverheerungen, Mangel und Hungersnoth. Man verbot den Verkehr mit den infizirten Orten. Auch Köln wurde von 1622 bis 1623 von der Seuche heimgesucht'). 1) Vgl. Walther, Strassb. im 30j. Krieg. 2) Westphal II, 181, 3) Gg. Gaisser's Tagbuch, Mone Qu. S. 11, 163. 4) Wille. &) Keller 1. c. 6) Rbein. Antiq. 1865. 7) Ennen. In Aachen riss eine Seuche innerhalb 14 Wochen eine beträcht- liche Anzahl Menschen ins Grab. In Bayern herrschte grosse Noth, welche besonders im Südosten einen bedenklichen Grad erreichte, so in Burghausen an der Salzach, sowie in der Grafschaft Werdenfels; zur Linderung der Hungersnoth schickte der Bischof von Freising Getreide dahin ^). Seuchen kamen nur vereinzelt zur Erscheinung. In Burgbernheim (Mittelfranken) raffte die Ruhr viele Leute hinweg. Am 5. Jvmi kamen 500 kranke Soldaten auf dem Wege von der Pfalz nach Böhmen durch diese Ortschaft. Mit diesem Jahre brach die Leidenszeit auch für Hessen und die Werragegend an. Die evangelische Union war aufgelöst, siegreich standen überall die ligistischen Heere und nun galt es eine Invasion Hessens. Anfangs Juni wurden bereits die Werrastädte von den ligistischen Truppen vom Eichsfeld her bedrängt. Witzenhausen, Hersfeld und Eschwege besetzte Tilly. Beim Abzüge seines Heeres brach die Ruhr aus, welche im Juli und August täglich durchschnittlich 12 Menschen in den einzelnen Städten an der Werra wegraffte ''^). In Koburg herrschte im August und September die rothe Ruhr, be- sonders in den Vorstädten, so dass viele Leute, zumal Kinder, daran starben. — Borna bei Leipzig hatte 70 Pestopfer zu beklagen. Zu Hannover starben vom Jahre 1623 bis 1626 viele Personen an der Pest. Vom Juni bis zum Schlüsse des Jahres 1623 erlagen ihr über 1400 Menschen, unter diesen 92 Ehemänner und 60 Ehefrauen der Markt- kirchengemeinde. In Hamburg herrschte eine heftige Seuche mit grosser Theuerung,* da kostete ein Scheffel Roggen 12 und im nächsten Jahre 13 Mark. Ueber Pommern brach wiederholt die Pest herein, um bis 1625 im ganzen Lande verheerend zu wüthen und auf Handel und Gewerb- thätigkeit den nachtheiligsten Einfluss auszuüben. In Stargard zog sie ein und forderte nach der zuverlässigen Angabe des Marienkasten- schreibers Martin Schulze 1338 Menschenleben zum Opfer. (Nach Kj-atz, „Die Städte der Provinz Pommern" S. 367, dagegen starben 3381 Personen, wohl die Gesammtsumme der Gestorbenen.) In Bunzlau (Niederschlesien) wurde am 27. Juli die Pest durch Soldaten eingeschleppt; sie trat zuerst im Schlosse, Oberthore und in einigen Basteien auf. Wöchentlich starben durchschnittlich 30 Menschen und unter den 760 Gestorbenen dieses Jahres waren es allein 640, Avelche der Seuche zum Opfer fielen; 75 Infizirte genasen wieder. Viele Ein- wohner flüchteten in die Dörfer, wo ihrer dennoch manche starben. Vor 1) Bader, Mittenwald. 2) Rommel, Hess. Gesch. VII, 548. dem Christfeste zogen die Bürger wieder in die verlassene Stadt zurück. Die umliegenden Ortschaften schickten der schwergeprüften Stadt frei- willige Unterstützungen ^). — In Breslau wurde am 28. Oktober der Elisabeth- Markt abgestellt, weil sich die Pest hin und wieder bedenklich gezeigt hatte ^). In Brieg wurde wegen Wiederauftretens der Seuche das Gym- nasium geschlossen. Die Kriegsdrangsale hatten auch in Teschen an der Olsa (österr. Schlesien) die Pest, welche 1500 Menschen hinraffte, und eine Theuerung im Gefolge. 1624, Während der Norden Europa's mit einem gemässigten, war der mittlere und süd- liche Theil mit einem sehr strengen Winter bedacht, namentlich trat dieser Charakter im Januar und bis zur Mitte Februar auf; es folgte starker, grossen Schaden an- richtender Eisgang; sehr warmer und trockener Sommer; strichweise hatten die Früchte und das Obst darunter zu leiden; ausserdem geriethen Winter- und Sommer- früchte, wie Küchengewüchse und Wein sehr gut. Wegen Regenmangel stiegen die Getreidepreise bis zur Ernte. (In Württemberg galt der Scheifel Korn 12 fl., in Zwickau am 11. Juni 10—11 Reichsthaler.) Im Sommer herrschte die Pest in Italien, Spanien, Sicilien u. a. O. Am Eingang der Tiber Hess der Papst durch Truppen die Landung der Schiffe aus Sicilien verhindern. Zu Trepano und Palermo hauste die Pest heftig; es erkrankten zu Palermo im August über 10000 Personen, die mehrentheils starben. — In Rom fand im Februar 1625 die Pest Ein- gang ; täglich erlagen ihr 8 Personen ^). In Augsburg wurde die typhöse Pneumonie epidemisch*). Als Folge der theueren Zeit trat in Riedheim an der Donau eine Seuche auf; der Pfarrer Beckelhaub nennt sie „lues grassans"^). Noch ist einer heftigen über Brenz bei Gundelfingen hereingebrochenen Viehseuche zu erwähnen. — Zu Nürnberg starben im August viele alte und junge Leute an der Ruhr. Binnen 8 Tagen wurden 50 Kinder begraben. Im Oktober zeigte sich die Pest, da starben aus einem Hause beim Wöhrder Thürlein 6 Personen; durch gute Massregeln wurde indes die Krankheit be- schränkt. Im ganzen Jahre starben 2487 und wurden geboren 1868, üeber die Pest erbat sich am 24, August Dr, J. C, Rhumelius, zu Neumarkt, vom Nürnberger Collegiuni medicum Auskunft. Er empfing die Antwort, dass die Pest vor 11 Monaten von Fremden eingeschleppt worden sei, dass sie sich von da ab immer weiter ver- 1) Wemicke 312, Dewitz 60. 2) Pol. Hemerolog. Siles. Wratislaw. Leipzig 1612; Zeitschr. f. Schles. Gesch. XIII. 3) Predigtnotiz, Nürnb. 1626. *) Cfr. Höch- stätter, Rararum observat. med. pars posth. Francof. 1674. 89. &) Schwab. Arch. IV. breitet habe, doch meistens bei Leuten aus niederen Ständen und solchen, die eine unpassende Lebensweise geführt, zum Ausbruch gekommen sei. Ueber die Krankheit selbst geben die beiden Pestilentiarii DDr. Heinr. Kirchberger und Joh. Leopold folgenden Bericht: 1. Das pestilenzia- lische Contagium dieser Stadt ist theils ein unmittelbares, theils ein mittelbares. Uebrigens weil bei den praktischen Aerzten das durch Gegen- stände verbreitete Kontagium wäe das in Distanz wirkende gleichmässig Kontagium genannt wird (denn man gebraucht es sow^ohl zur Bezeichnung eines Ansteckungsstoffes als auch der infizirten Luft), so ist zu bemerken, dass wir unter demselben nichts anderes verstehen, als einen Krankheits- Herd (Fomes). Das Pest „Miasma" ist Gott Lob bei uns zur Zeit nicht durch die Luft verbreitet worden. Daher ergreift die Pest die Menschen bei uns entweder durch einen besonderen Zunder (Fomes) oder durch unmittelbare Berührung. Auf die erste Weise nahm die Krankheit ihren Anfang, auf die zweite gewann sie Verbreitung. Was die Kranken selbst betrifft, so werden diese meist gleich vom Anfang an von einer bedeuten- den Hinfälligkeit ergriffen mit Gefühl von Frost oder Hitze, Brechreiz, wirklichem Erbrechen und zuweilen von Bewusstlosigkeit, worauf sich in Kürze Anthraces und Bubonen, theils von verschiedener Farbe, theils von der Farbe der Haut selbst bilden. Doch sind diese Symptome nicht bei allen gleich, sondern verschieden, je nachdem diese oder jene Theile zuerst mit dem Ansteekungsstoff in Berührung kommen. Denn einige werden mit Kopfschmerz, Hinfälligkeit, Ohnmacht befallen, andere klagen über unstillbaren Durst, Fieberhitze und Schlaflosigkeit, auf welche bald De- lirien folgen, wieder bei anderen erscheinen sogleich die charakteristischen Zeichen der Pest und zwar oft ohne die den Pestbeulen gewöhnlich vor- hergehenden heftigen Schmerzen. Bei einigen Pestkranken entstanden unter den Erscheinungen der Euphorie Abscesse, bei anderen war damit heftige Ohnmacht verbunden. Bei einigen beobachtete man bloss Anthraces, bei anderen traten Anthraces und Bubonen zugleich auf. Diejenigen, bei welchen in entfernteren Theilen, z. B. der Leistengegend, Bubonen ausbrachen, wurden fast alle geheilt, während die, bei denen sie auf der Schulter oder der Brust ausbrachen, fast alle starben. Nicht selten trat übrigens der Tod plötzlich, unter scheinbar gün- stigen Symptomen ein, aber eben so oft sah man auch solche, welche durch die Heftigkeit der Erscheinungen in der äussersten Lebensge- fahr zu sehweben schienen, gegen alle Erwartung der Gefahr entrinnen und genesen. So gross ist die Täuschung und Bösartigkeit dieser Krank- heit. 2. Die Zahl der Gestorbenen beträgt nicht mehr als 193. 3. Was endlich in sanitätspolizeilicher Hinsicht von uns angeordnet wurde, könne in dem deutsch; geschriebenen Traktat unter dem Titel: „Kurzer Bericht, was man sich zur Zeit der Sterbläufften zu verhalten, die schwere Seuch der Pestilenz durch Gottes Gnad' zu verhüten, hergestellt durch die ver- ordneten Doktores der Arznei dieser Stadt, Nürnberg Anno 1600", nach- gelesen werden. In Aschaffenburg forderte die Pest während der Jahre 1624 bis ^626 viele Opfer; in dem unfernen Dorfe Wenighösbach, wo diese Landplage vom August bis Oktober grassirte, überlebten nur drei Personen die „Schwedenpest" 1632—35 (Link). In Mainz, wie in den umliegenden Städten und Märkten, tobten Pestseuchen (pestilentiae), welche allmählich zu Mainz heftig um sich griffen und sehr Vielen den Tod brachten. Man sah sich genöthigt, die Schulen, sowie die Universität zu schliessen, welche wegen Fortdauer der Seuche erst im Mai 1625 wieder eröffnet werden konnten. — In Lorch am Rhein erlagen der „Pest" (Dysenterie) vom 11. August 1624 bis 11. August 1625 nicht weniger als 204 Menschen (Ungedr. Quelle)^).— Das Dorf Planig in Rheinhessen wurde von der Pest heimgesucht^). Als Folge des Krieges stellte sich in Fritzlar die Pest ein, um, von einem nasskalten, lange anhaltenden Winter unterstützt, immer weiter um sich zu greifen und Jeden, der anderswo eine Zufluchtsstätte finden konnte, zur Auswanderung zu treiben; sie erlosch erst 1626. — In Hers- feld (4 M. n. V. Fulda) gesellte sich zu den Kriegsdrangsalen die Pest, wohl durch die öfter wechselnde Einquartirung eingeschleppt. Unterm 3. Juni bemerkt das Kirchenbuch: „Umb diesse Zeit hat die Pest allhier angefangen". Es starben vom Oktober bis Januar 1625 : 316 Menschen, wovon nur sehr wenige auf die zum Kirchspiel gehörigen Dörfer Kalkobes, Allmershausen und Heenes kommen; diese Orte wurden erst später, be- sonders seit Juni 1625 von der Seuche heimgesucht. — In Roten- burg an der Fulda gesellte sich zu den Kriegsdrangsalen eine epidemische Seuche, weshalb die daselbst liegenden bayerischen Offiziere im Dezember die Stadt verliessen ^). Sachsen blieb in diesem Jahre ziemlich verschont. In Neustädtel bei Schneeberg grassirte die Pest. Auf und an dem Harze forderte die Pest 1624 — 26 zahlreiche Opfer; in Klausthal raffte sie in einer Woche 190, im Ganzen gegen 1200 Menschen hin^). Hannover wurde von der Pest schwer heimgesucht; sie raffte in Gronau (bei Hildesheim) von 1624 bis 1626 über 700 Menschen, ohne Zweifel mehr als zwei Drittheile der damaligen Bevölkerung, hinweg; am 1) Rhein. Antiq. 1861. 2) Hess. Arch. XV. 3) Zeitsclir. f. hess. Gesch. Kassel 1865. i) Honemann, Alterth. III. 3. September erlag ihr der Prediger Stahl (Matr.) — Im Juli erhob sich in Hoya an der Weser die Pest; diese und „Blutgang" (Ruhr) nahmen im September noch zu und währten bis in den November. — Zu Lüne- burg herrschte die rothe Ruhr^). In den Mansfeld'schen Lagern in Ostfriesland wütheten während des Sommers 1623, unter den niederländischen Truppen sich bald beute- lüstern ausbreitend, Hungersnoth und Seuchen (Lagerpest); Antwerpen, Brüssel und Ypern hatten darunter viel zu leiden^). Auch in Holland gewann die Pest verheerende Ausdehnung, so in Delft, in Leyden, wo vom August bis Oktober des nächsten Jahres 9897 Menschen starben (P. Paaw, Tract, de peste c. H. Florentii addi- tamentis. Lugd. Bat. 1636); dann in Amsterdam, wo von 32532 Ge- storbenen 11795 der Pest erlagen. Die Ruhr fand in der zweiten Jahreshälfte besonders günstigen Boden, so in der Stadt Kalbe (s. w. von Magdeburg); in Rathenow (Mark) starben im August und September 83 Personen an dieser Krank- heit. — In Landsberg wurde noch durch eine gewaltige Ueberschwem- mung der Warthe eine pestartige Krankheit (Typhus) erzeugt. — In Stendal herrschte die Pest, so dass die Zahl der Todten jene der Ge- borenen in diesem Jahre um 205, im folgenden um 45 überstieg. Stettin wurde von der Pest heimgesucht; vom August bis ins nächste Jahr legte sie über 2000 Menschen ins Grab. Beim Ausbruche der Pest weigerten sich sämmtliche Balbirer, die Stelle eines Pestchirurgus zu übernehmen, so dass ihnen unter Androhung ernstlicher Strafe be- fohlen werden musste, einen solchen aus ihrer Mitte zu bestellen. Ebenso wüthete die Pest in den beiden Nachbarstädten Stargard und Gollnow^). Rostock, welches schon längere Zeit unter der herrschenden Theue- rung litt, wurde noch von der Pest von Ende Juni bis Dezember schwer geprüft. Während dieser Zeit starben 722 Menschen an der Pest, 305 an anderen Krankheiten. Der Verkehr mit den Nachbarn ward aufge- hoben, wodurch sich die Noth nur steigerte. Die Armen bücken hier wie in Plau Brod aus Leinsamen, Lindenknoppen, Eicheln und „Hasel- teig"*). In Pommern raffte die Pest viele Menschen hinweg, darunter den Hof-Marschall Hans von Nyenkerken zu Wolgast^). — Nach Col- berg wurde die Pest durch eine Dienstmagd mit einer Sammetjoppe aus Danzig, in der sie am grossen Jahrmarkte prangen wollte, eingeschleppt. Es starben daran etwa 400 Menschen. Der für 25 Thaler monatlich 1) Dornkreilii Sendebrief, Hamburg 1624. 2) Meterani novi Cont. 460. 3) Mikräh'us III. Buch. IV, 158. Balt. Studien 1845. 4) Jahrb. f. Meckl. Gesch. 1852. Pentz, Meckl. 72. &) Chr. v. Usedom. 5 angestellte „Pestbaibier" erlag mit seinen Gesellen in wenig Wochen. Auch die Hunde wurden von der Pest befallen und der Scharfrichter musste vom 7. — 23. Oktober 119 solcher erkrankter Hunde erschiessen. Gegen den Winter hörte die Krankheit auf. Im folgenden Jahre wurde der KrankheitsstofF wieder durch ein dänisches Schiff während des Jahr- marktes eingeschleppt. Abermals fielen gegen 400 Opfer. Die Seuche stellte sich bis 1630 Jahr für Jahr ein. In Danzig wüthete abermals die Pest; wöchentlich starben oft über 600, in diesem Jahre aber 10536 Personen. Getauft wurden 2156 Kinder. — In Thorn kehrte die Pest im August ein, um ihre Ver- heerung bis ins nächste Jahr fortzusetzen. Auch in Schlesien fand die Pest grosse Verbreitung. In Bunzlau steigerte sich die bereits im Vorjahre eingeschleppte Pest. Eine Zeitlang wurde die Zufuhr in die Stadt, der Pestgefahr halber, gesperrt. Im Jahre 1625 starben „durch Gottes Gnade" nicht mehr als 130 Personen^). — In der Stadt Friedeberg schlich sich die Pest im Juli in ein Haus ein und bald erlagen ihr an 51 Personen. — Trotz aller Vorsicht fand sie auch zu Löwenberg am 5. September Eingang und starben bis Neujahr 200 Menschen; die Bürger verliessen die Stadt und bauten sich Hütten und Zelte auf dem Felde. Dessungeachtet zählte man an manchem Tage 40—50 Leichen. Die Stadt verödete; ihren und des Kirchspiels Verlust schätzte man auf 3000 Personen. Der Kanonkius Dr. Valentin Caulomius in Oberglogau (in Ober- schlesien) und Pfarrer in Altendorf starb im August in letztgenanntem Orte an der Pest^). In Odrau an der Oder (österr. Schlesien) und den umliegenden Dörfern wüthete eine von dem Kriegsvolke zurückgelassene Krankheit^). — Auch in Mähren entfaltete die Pest seit dem Vorjahre eine erhöhte Thätigkeit. Zu der in Olmütz herrschenden, durch Kriegs- und Ein- quartierungslasten gesteigerten Noth gesellte sich die Pest, welche ihre Opfer nach Tausenden forderte. Die Angaben der Chroniken erreichen die Höhe von 14236 Todten. Die Pest hörte im nächsten Jahre auf. — In der Stadt Müglitz, welche von der infizirten Stadt Olmütz Waaren an sich gebracht hatte, wurde der grösste Theil der Einwohner von der Pest hin weggerafft. — Auch Neutitschein wurde von der Pest heimgesucht. Ebenso fand die Pest bei andauernder Hungersnoth in Iglau Eingang. Die Stadt, welche im Anfange des 17. Jahrhunderts gegen 13 000 Einwohner zählte, verlor von Ostern bis Johannis 1624 nach der Iglauer Chronik 1) Acta publica, herausg. v. Alterthumsver. Schlesiens, 1880. 2) Weltzel, Ratibor. 3) Zeitscbr. f. schles. Gesch. X. 11000 Menschen; nacli Anderen^) starben dagegen im Jahre 1625 gegen 9 000 Personen an der Pest, darunter 9 Rathsmitglieder. Von den Seelauer Präraonstratensern, welche sich durch aufopfernde Treue auszeichneten, fanden drei den Tod in ihrer Pflichterfüllung. Nach einem zwischen dem Schwedenkönige Gustav Adolf und dem Polenkönige Sigismund 1622 abgeschlossenen Waffenstillstand ruhten zwar in Livland die Waffen, dagegen wütheten Hunger und Pest2). Auch einen grossen Theil der Einwohner von Dorpat raff'te die Pest hinweg. 2. Böhmisch-niedersächsisclier Krieg 1625—1630. 1625. Das Jahr begann mit Schnee, Sturm und Regen; dann folgte von Januar bis Mitte Februar warme Witterung, so dass die Bäume Laub trieben. Ende Februar stellte sich starker Frost ein, der alles zerstörte; Mai und Juni waren kalt, im Juni fiel Schnee, das Getreide litt durch nasse Blüthe. Der Sommer war vorwiegend rauh; der Jahrgang war unfruchtbar. Wein wuchs in der Pfalz ziemlich viel, von mitt- lerer Güte. In manchen Gegenden war grosse Theuerung; so galt in Eichstätt 1 Scheffel Weizen 55fl., Roggen50, Gerste 56 fl., eben so schwer littNeuburg a.D. In Württemberg wurden der Jagst- und Neckarkreis von der Pest heimgesucht. Zu jOehringen forderte 1625 — 26 die Pest 780 Opfer. Zu gleicher Zeit wurde Raboldshausen (0. A. Gerabronn) heimgesucht. In Dürrenzimmern (O. A. Künzelsau) starben an der Pest 205 Personen, darunter Pfarrer Diezel mit 4 Kindern. Vom September an starben in Grossgartach (O. A. Heilbronn) 8 Personen an der Pest. In Künzelsau stellte sich am 5. November die ungarische Kopf krankheit ein, die besonders 1626 vom 29. Oktober bis 3. Dezember viele Opfer kostete (k. Kirchenbuch). In Hollenbach wurde der Friedhof, einer Seuche wegen, ausser dem Dorfe angelegt. Zu Weinsberg raff'te die Pest bei herrschender Noth vom Juli bis Dezember 334 Menschen hinweg (gegen 50 des Vorjahres). (Im Juli mit 12. August starben 34, im September 111, Oktober 103, November 34, Dezember 20 Personen.) 17 Leichen wurden, der Kosten wegen, unangezeigt hinausgetragen. (Weinsberg hatte damals 290 Bürger.) (Matrikel.) Auch in der Pfalz fand die Pest Verbreitung. Auf der Haardt wüthete die Pest, weshalb vier Todtengräber angestellt werden mussten. 1) Zeiler, Topogr. v. Böhmen, Mähren u. Schles. 1650, S. 100. 2) Hansen, Narva 83, Lenz, Dorpat 24. 5* In Nassau kamen zu einer mageren Ernte drückende Einquartie- rungen und böse die verschiedenen Landestheile verheerende Seuchen. In Dillenburg folgte auf Hungertyphus und Ruhr die Pest. Furchtbar schwang „der schwarze Tod" seine Sichel schonungslos über der Stadt. Am 18. Dezember 1625 begann die Krankheit und dauerte bis zum 30. Oktober 1626; in zehn Monaten starben 378 Personen, ein Drittel der Bevölkerung. In den heissen Monaten starben vom 21. Juni bis 25. Juli 166 Personen, vom 26. Juli bis Ende August 80 Personen, vom 1. Sep- tember bis 30. Oktober 47 Personen, unter ihnen der Chronikschreiber Johann Textor von Heeger; die gräfliche Familie flüchtete auf das Schloss Tringenstein und kehrte erst 1627 zurück, als im Winter die Pest erlosch. Ebenso brach im Herbste in der Gegend von Walsdorf an der Ems unter den dort angehäuften Soldaten die Pest aus, um einige Jahre die armen ausgehungerten Leute ihre entsetzliche Macht fühlen zu lassen. In Idstein starben in zwei Monaten 57 Personen. Von Walsdorf flüchteten die Nonnen nach Kirberg. In Bonn forderte die Pest zahlreiche Opfer; viele Häuser mussten geschlossen werden. Im Jesuitenkollegium, im Franziskaner- und Minoriten- kloster brach die Pest ebenfalls aus, weshalb ihre Kirchen gesperrt wurden. Die Seuche hielt bis zum nächsten Jahre an^). Im Trierer Lande hauste 1625—1630 eine „pestartige Krankheit". Um der Einschleppung in die Herrschaft Vollmerath (Kreis Cochem) vor- zubeugen, wurde, unter Androhung schwerer Strafe, das Verbot erlassen, dass Niemand sich unterstehe, ausser dem Hochgerichtsbezirke in die „böse sterbende Luft" zu gehen. Die angedrohte Strafe hat trotzdem über Zuwiderhandelnde öfters verhängt werden müssen ^). Bei einer durch Miss- ernte herbeigeführten Theuerung herrschte in Aachen eine ansteckende Krankheit, weshalb die Aachener am 18. Juli einen Bittag hielten^). Auch in Frankfurt a. M. kehrte die Seuche ein und verursachte grössere Sterblichkeit. Die gewöhnliche Sterbezifier mit 700 erhöhte sich auf 1871. Man öffnete daher das Pestilenzhaus. Dieser Krankheit er- lagen in 3 Monaten 3 Stadtärzte. Der Frankfurter Arzt L. v. Hörnigk spricht in seiner Schrift „Würgengel" den Tadel aus, dass man bei dem Ausbruche der Pest die nöthigen sanitären Vorkehrungen gegen die Ver- breitung unterlassen habe. Die Seuche suchte von Frankfurt bis Bamberg die am Maine gelegenen Orte heim. Zu Hörstein (bei Aschaffenburg) wüthete 1625 die Pest dergestalt, dass ihr täglich 19, und in wenigen Wochen 400 1) Annal. f. Niederrhein 1876. 2) Jahresb. f. nützl. Forschg., Trier 1857. 3j Hagen, II. 241. Personen zum Opfer fielen. Es wurde deshalb das Fest zum hl. Bernhard gelobt. (Matr.) Auch in dem Spessart fand die Pest wieder Verbreitung. In Aschaffenburg hielt die Seuche noch an. — Eisenbach (bei Obernburg) wurde so entvölkert, dass sich nach 1625 kein Pfarrer mehr halten konnte. Auch Erlenbach bei Klingenberg suchte die Pest heim. Zu Wertheim a. M. wüthete sie in den Jahren 1625, 1626 und 1629. Bei kälterer Witterung legte sich die Seuche, bei zunehmender Wärme erhob sie sich wieder. In dem Schreiben eines Arztes in Miltenberg an den Wertheimer Rath Philipp Reinhard werden folgende „Präparatoria" beim Wiedereinzug in die angesteckt gewesenen Häuser gegeben: Purgiren durch Rauchwerk, Besprengen mit wohlriechendem Wasser, Wachholder- feuer in Gängen und Höfen, Dampf mit Rautenessig auf glühendem Ziegel- stein, „welcher Dampf dem gifil so starckh widersetzt, dass er auch also baldt die Spinnen tödtet", Präservativküchlein u. A. ^). Die Tauber entlang entfaltete die Seuche ebenfalls ihre Thätigkeit. In Mergentheim wüthete die Pest 1625—26 in solchem Grade, dass die Mühlwehrgasse ganz ausstarb; nur ein einziges Kind fand man bei Durchsuchung der Häuser noch am Leben; es starben 192 Personen (gegen 50—60 jährlich). Auch Rothenburg a. T. ward durch die Pest in Schrecken versetzt. In Gemünden am Main starben vom 3. Juli 1625 bis 31. Juni 1626 260, in Retzbach 73 Personen durch die Seuche. — Würzburg wurde von gefährlichen und ansteckenden Krankheiten heimgesucht; das zur Aufnahme der armen Kranken bestimmte Ehehaltenhaus wurde über- füllt. Der Bischof begab sich nach Schlüsselfeld. — In Marktbreit er- lagen der Seuche 250 Personen (Matr.) Im Dorfe Külsheim raffte die Pest, bis sie im nächsten Jahre ihr Ende fand, 99 Menschen hinweg^). — In Schweinfurt verbot man am 7. Oktober, aus fremden Orten Zureisende einzulassen; am 16. Oktober wurde von der Kanzel eine Weisung verlesen, wie man sich gegen die in der Nachbarschaft grassirende Seuche zu verhalten habe, um davon befreit zu bleiben. — Die Seuche, im Sterberegister pestis genannt, durchzog auch das Baunachthal; es erlag ihr u. A. der Pfarrer von Fischbach bei Ebern ^). — Wegen der in Bamberg aufgetretenen Pest begab sich der Bischof nach Höchstädt. — Gefrees (O.-Frk.) wurde, in Folge der dort ausgebrochenen Pest, ein ganzes Jahr lang gesperrt, so dass Noth entstand. (Rathsprotokoll.) — Im August liess sich die Pest zu Hof nieder und raffte 1400 Menschen dahin*), — In Nürnberg trat auch erhöhte Sterblichkeit ein; man zählte 1) AI. Kaufmann, Zeitschr. f. Kulturgesch. Hannover 1872. '-) Mittelft-. Arch. XIII. 3) Unterfr. Arch. VII. i) Hechtel, Hist. Pestis Curiana 1723. bei 1884 Geburten 2881 Todesfälle. — In vielen Orten Niederbayerns herrschten „pestilenzialische Krankheiten", weshalb in Kelheim bei Tag und Nacht die Thore bis Ende März 1626 bewacht wurden^), — Um dem Fortschritte der Pest Einhalt zu thun, wurde von Seite der Regierung in Burghausen den Gemeinden die schärfste Weisung ertheilt, weder auf Gassen noch in den Häusern Dünger oder faulende Stoffe aufhäufen zu lassen und nachsichtslos Jeden zu bestrafen, wer unsauberen Haushalt führe. — Manche Gemeindebehörden kamen diesem Auftrage mit Pflichteifer nach. So wachten auch die Gemeinderäthe des Marktes Kraiburg am Inn sorgsam, dass kein Nachtheil erwuchs; sie hielten wöchentlich Haus Visitation, stellten einen Infektionsarzt auf und Wachen aus, welche die aus infizirten Orten kommenden Personen ab- wiesen oder zur Quarantaine anhielten. Die Pest verschonte in der That den Markt, während sie in den Pfarreien Grünthal, Babensheim, Eiselfing und von Wasserburg bis Mühldorf hinab Opfer nach Hunderten ver- schlang. (Vergl. 1634, 1644.) — Im August fing die Seuche in der Augsburger Gegend zu herrschen an; sie riss namentlich in Augsburg unter den armen Leuten ein und trieb eine ziemliche Anzahl derselben zu dem verzweifelten Entschlüsse, ihrem Jammerleben durch eigene Hand ein Ziel zu setzen. Der Rath unterliess es nicht, die nöthigen Vorkehr- ungen zu treffen. In Thüringen herrschte in diesem und dem folgenden Jahre die Bubonenpest neben dem Petechialtyphus. In Schmalkalden gesellte sich zur Kriegslast im Juni die Pest, um bis Ende August allda zu ver- weilen.— In Eisenach starben in diesem Jahre 315 Personen neben 232 Ge- burten, im folgenden Jahre aber 769 neben 227 Geburten, während 1627 die Todtenzahl auf 156 zurückging. — Ende Juli wurde die Pest in Gotha eingeschleppt, wo sie sich dann auch bald weiter verbreitete es starben 722 Personen, worunter 115 Ehegatten getrennt wurden und 22 Ehepaare ganz ausstarben, ferner 52 Lateinschüler und ebensoviele Mädchen aus der deutschen Schule, 16 Kindbetterinnen und 2 Diakonen. Im folgenden Jahre raffte die Seuche noch 209 Mensehen hinweg. — In Gräfeuroda herrschte die Pest anhaltend bis Ende 1630, in welchem Jahre über 400 Personen starben; kein Haus blieb verschont. — Brüheim wurde 1625 und 1626 heimgesucht. In Ruhl zählte man 39, in Haina vom 22. August bis Jahresschluss 87 Pestopfer. — Li Remstedt starben vom Juli bis Ende Oktober von 353 Einwohnern 145 an der Pest. — In Ruhla forderte die Pest in diesem und dem folgenden Jahre 98 Opfer. Sie herrschte avich in Weimar, wo sie im 1) Niederb. Arch. IX. Januar 1626 erlosch. — In der Stadt Pössneck (n. ö.^ von Weimar) fielen über 1000 Pestopfer, so dass der Leichenacker erweitert werden musste; ebenso herrschte die Pest im Städtchen Camburg im Saalthale^); ferner grassirte sie in Königsee, wo 58 Personen erlagen, und in Unter- lömitz. — In Allstedt (Sachsen-Weimar) lichtete die Pest gewaltig die Reihen der Lebenden^), — In Ohrdruf starben 203 Personen an der Pest, im folgenden Jahre 143, Am 23. September 1626 wurde angeordnet, „dass bei den jetzigen geschwinden und sorglichen Zeiten: 1. die Häuser so infizirt seien, sollten zugehalten werden, und 2. den Bewohnern, sich iune zu halten, sollte auferlegt werden; 3. werden be- sondere Träger zu den Verstorbenen angestellt; 4. Schreiner und Zimmer- leute sollen vor der Stadt ihre Werkstätten, um Vorrath an Särgen zu schaffen, haben, aber nicht bei der Kirche oder in der Schulgasse die Särge abholen lassen; 5. sollen besondere Ammen in die infizirten Häuser geschickt werden, damit andere gesunde Weiber darob nicht scheu und feig gemacht werden." — Das Dorf Wechmar verlor 1625 bis 1627 viele Einwohner. — Im Marktflecken Herbsleben starben in kurzer Zeit 75, im folgenden Jahre 297 Menschen an der Pest. In Arnstadt (Schwarzburg) grassirte im Frühjahre die Haupt- krankheit in heftiger Weise, um am 2. Juli der Pest Platz zu machen, welche, durch die Lumpen der Papiermühle eingeführt, bis Michaelis ihr Gift ausstreute. Im August starben 433, am 20. allein 27 Menscheo, im ganzen Jahre aber 1236 Personen, wohl der 4. Theil der Bewohner. Der Pest folgte Theuerung, so dass 1626 eine Mass Weizen 8 Thaler, ein Mass gemengtes Korn 8 fl. und die Gerste 4 fl. kostete. Im Frühjahre kehrte die Pest wieder zurück, um auch in den Dorfschaften aufzuräumen ^). — Die Stadt Um verlor vom 13. Juni an 887 Einwohner durch die Pest, nachdem vorher 16 Personen anderen Krankheiten erlegen waren. Greussen, welches vom Januar bis 9. Juni nur 10 Sterbfälle zählte, büsste vom 18. Juli bis Weihnachten 833 Einheimische und Fremde durch die Pest ein; am 24. August begrub man 23 Leichen. Ehrig hatte 454, Döllstedt 150 Pestopfer zu beklagen (Toppius). — In Ballstedt starben von 600 Einwohnern 365 Personen an der Pest, welche angeblich durch eine fremde Bettlerin eingeschleppt worden war; der Pfarrer schrieb daher nach deren Tode in das Kirchenbuch: „bestia haec nobis fuit pestifera". — In Burgtonna wurden 209 Menschen hingerafft; vom 22. August bis 31. Dezember erlagen in Hayna 87 Menschen der Pest; in Hochheim 170, im Dorfe Warza bei Gotha 41 Menschen; weiter hauste die Pest in Mete- 1) Brückner 1. c. 2) Däumler. 3) Olear. 341; Zeitschr. d. V. f. thüring. Alterth. Jena, 1887, XIII. 184. bach, wie in Nordhofen mit Sonneborn, wo sie bis zum nächsten Jahre anhielt'). Zu Strausfurt an der Unstrut erlagen 367 Personen der Pest^). Auch im Werragebiete gesellte sich zu mancherlei Elend die all- gemeine Landplage, welche die Bevölkerung von Eschwege so lichtete, dass daselbst gleichzeitig vier Todtengräber beschäftigt waren. Die Seuche erstreckte sich bis ins folgende Jahr; in Witzenhausen starben in etlichen Wochen 700 Menschen, so dass nur noch 20 Häuser bewohnt waren^). Auch in Sachsen traten Pest und andere Seuchen verheerend auf. In der Stadt Plauen herrschte die Pest; wie auch im Jahre 1628 und 1630. — Reichenbach hatte einen Verlust von etwa 1000 Personen. Ebenso trat die Pest in Schwarzenberg heftig auf*). — Zwickau wurde wiederholt durch die Pest schwer geprüft. — Auch Naumburg a. d. Saale musste die Geisel der Pest fühlen ^). — In Leipzig starben am 23. Februar 2 Schwestern an Blattern. Bald erkrankten während des Jahres viele Erwachsene und über 200 Kinder an dieser Krankheit, für gar manche zum Tode. ■— Die Pest fand wieder im sächsischen Erzgebirge Eingang. In Annaberg starben 134, in Zöblitz 323 Personen; in Altenberg und Geising eine geringere Zahl. In Frankenberg und mehreren anderen Städten währte das Uebel bis in's nächste Jahr ^). — Nach Golditz wurde die Pest angeblich von einem Schneidersweib durch infizirte Kleider ein- geschleppt, es starben in diesem und dem folgenden Jahre 180 Personen. — In Frankenheim legte die Pest im Herbste 42 Personen ins Grab. Mit der Kälte trat sie zurück, stellte sich aber Anfangs April wieder mit Heftigkeit ein, so dass ihr 500 Personen erlagen. Einem grösseren Verluste wurde dadurch vorgebeugt, dass man sich im Felde und Walde in Hütten aufhielt. Im Herbste erhob sich die Pest in Bischofswerda, um bis ins folgende Jahr Schrecken zu verbreiten; sie tödtete 182 Per- sonen. Die Stadt Stolpen sammt Umgegend litt in diesem und nächsten Jahre durch die Epidemie. In Berfchelsdorf bei Herrnhut herrschte die Pest. In Zittau wurden vom Mai bis Juli 109 Kinder von Blattern und Masern hingerafft. Daneben starben viele Leute an hitzigem Fieber und der Hauptkrankheit'^). In Schlesien fand die Pest weitere Verbreitung; so herrschte sie an der sächsischen Grenze in Löwenberg. Zu Hirschberg sollen 506 Personen der Pest erlegen sein. Auch in Naumburg a. Q. grassirte die Pest und legte die Hälfte der Einwohner in's Grab. Gleichzeitig wurde Herzogswaldau wieder von der Pest betroffen. Dasselbe Schicksal theilten Liegnitz und Neu- markt. — Nachdem im Januar zu Breslau der „Stadt Arzat" mit Weib und 1) Beck, Gotha III, 1. 36. 2) Olear. Syntagma 230. 3) Rommel, hess. Gesch. VII, 606, 650. 4) Meltzer, Sckneeberg 1341. &) Saxonia IL 6) Bahn 290. '') Pescheck, Carpzow. Kind plötzlich gestorben, an denen sich indes „nichts von Beulen, Aposte- matibus (Geschwüren) oder dergleichen gefunden" und im März einige Er- krankungen „durch hitzige Fieber" in der Vorstadt vorgekommen, gewann im Juni „die Hauptkrankheit" (Typhus) an Ausdehnung. Derselben mag die am 17. Juni eingetretene verheerende Ueberschwemmung der Oder, welche viele Häuser und Gebäude wegriss, sowie die durch Misswachs herbeigeführte geringe Ernte und grosse Getreidetheuerung Vorschub ge- leistet haben. Wegen Zunahme der Sterblichkeit wurden am 11. August die Schulen geschlossen, besonders wurden viele Leute im Bürgerwerder, Graupengasse, beim neuen Thurm, auf der Altbüssergasse, darunter drei Stadtärzte weggerafft. Die kaiserlich schlesische Kammer wurde während der Seuche nach Jauer verlegt. Es starben im Laufe des Jahres 3000 Personen gegenüber den 920 Geburten. Am 19. Januar 1626 wurden die Schulen wieder eröffnet^-). — Li Waidenburg (s. v. Breslau) trat die Pest auf. Mehrere Familien starben in einer einzigen Woche vollständig aus. In diesem Jahre wurden 67 getauft und 101 Personen begraben. In Neisse (Oberschlesien) brach die Pest (die sog. kleine im Vergleich mit jener von 1633) aus, welcher auch der Pfarrer Hoppe erlag. Zu Neustadt, Reg. Oppeln, herrschte schon seit 1620 erhöhte Sterblichkeit, die Pest aber seit 1624, am schlimmsten vom Mai bis September 1625 bei anhaltend grosser Theue- rung. Der grösste Theil der Fleischer und Bäcker starb (wohl durch In- fektion im regen Geschäftsverkehre). (Im J. 1620 zählte man 113 Geburten und 298 Leichen, 1624 bei 149 Ge- burten 198 Todte, 1625 bei 115 Geburten 420 Gestorbene, 1626 bei 115 Geburten 175 Leichen, 1627 bei 117 Geburten 472 Todte. Matr.) Die Provinz Sachsen wurde ebenfalls von der Pest schwer betroffen. In Grünstedt (Kreis Weissensee) raffte die Pest 145 und im nächsten Jahre 357 Personen weg. Im Orte Grüningen herrschte die Pest, in diesem Jahre 69, im folgenden 87 Opfer fordernd. In Scherndorf und Walterdorf sind im Oktober 100 und in Grifstedt 9 Personen an der Pest gestorben^). —'■ In Eilenburg zeigten sich im März die Blattern, woran viele Kinder und Erwachsene starben. Im September stellte sich hier und in der Umgegend die Pest ein, um Viele dahinzuraffen. Am ärgsten hauste sie in Authausen, hernach in Düben, Petri, den Nachbarstädten Tor- gaus. Ebenso grassirte diese Krankheit in der Umgegend von Halle. — Ende Oktober kamen 3000 Mann Wallensteinische Truppen nach Querfurt und lagen hier 7 Wochen lang in Quartier; „sie brachten das Durchlauffen (Ruhr) in die Stadt," woran in wenigen Wochen über 200 Soldaten und etliche Bürger starben. Zur Ruhr gesellten sich noch 1) Zeitschr. für schles. Gesch. XIII, 222, 224. 2) Erfurt. Arch., v. Hagke, Urk. Nachr. 337, 573. die Blattern, welchen eine Menge Kinder und viele Erwachsene erlagen. — Die Pest drang bis zur Unstrut vor; in Allerstedt ereigneten sich schon vom Oktober an mehrere Pestfälle; in Rossleben vom 3. November bis April 1626, weshalb einige Schüler das Kloster schleunigst verliessen (Kirchenb.)'). — Durch die streifenden Heere verbreitete sich zu Delitzsch ein gefährliches Fieber (Febris maligna), dem vom Eintritte des Herbstes an gegen 150 Personen, bei einem Gesammtverluste von 206, erlagen. In den folgenden Winter- und Frühlingsmonaten zeigte sich der Typhus minder heftig, nahm aber im Juni 1626 so überhand, dass die Stadt 880 Einwohner verlor. Im September starben 229, an einzelnen Tagen 20 bis 30 und selten blieb ein Tag ohne Leichen. Zahlreiche Familien starben mit dem Namen aus. — Zu Aschersleben kam die Pest am 15. Juni zum Ausbruche und forderte sie bis Jahresschluss 157 Opfer und in Allem 534. Mit Eintritt der Kälte trat das Uebel zurück, um mit der wärmeren Jahreszeit mit neuer Wuth einzusetzen. Im August 1626 zählte man 249 Todte. Gegen Ende des Jahres schwand die Seuche, nachdem sie einen neuen Verlust von 1066 Menschen, zusammen 1800, verursacht gehabt; hierbei ist das Militär nicht mitgerechnet. In den nächsten drei Jahren war die Mortalität auffallend gering. — In der zweiten Jahreshälfte riss die Pest in Bernburg ein und wurden gegen 24 Familien eine Beute des Todes. In diesem Jahre starben gegen 1340, und im folgenden noch 425 Personen^). In Dessau brach die Pest am 3. September aus; im Oktober starben allein 90, im November 79, im Dezember 32 und vom September bis Jahresschluss 224 Personen, überhaupt im Jahre 399. Auch im folgenden Jahre griff die Pest abermals um sich, am 18. Juli starben 10, am 16. August 13, am 27. August 9 Personen, im Juli überhaupt 141, im August 164, im September 100, im Dezember Niemand; im Ganzen starben in diesem Jahre 662 Personen; (im folgenden nur 39). — Die Stadt Wanzleben wurde im Oktober sehr heftig von der Pest heimgesucht, ebenso Kalbe und Aken ^). — In Magde- burg brach um Johannis die Pest aus und dauerte bis ins nächste Jahr hinein. Die reicheren Bürger flüchteten aus der Stadt, wurden aber, als sie vor den anrückenden Kaiserlichen wieder zurückkehrten, erst recht ein Opfer der Seuche. Mehrere Tausende der Einwohner wurden hinweggerafft, wie z. B. in der Johannispfarrei vom April 1625 bis Ende des Jahres allein gegen 1360 Erwachsene und Kinder starben*).— In der Landschaft südwestlich von Magdeburg fordei'te die Pest auch zahlreiche Opfer. Im Dorfe Unseburg scheint sie im August ausge- 1) Dr. Nebe, Unstrutthal; Sturm 71. 2) Beckmann III, 137. 3) Hävecker 157, Geiss, Stassfurt 62. i) Hofmann II, 90. brochen zu sein, es erlagen daselbst Soldaten, Einheimische und Fremde, Vom 27. Juni an zählte man in Osterweddingen 20 Pestleichen; im nächsten Sommer aber trat die Seuche neuerdings mit Heftigkeit auf, indem sie vom 19. Juli bis 27. November 55 Menschenleben als Beute an sich riss ^). — In Neuhaldensleben raifte die Pest vom Ende August bis Jahresschluss 76 Menschen hinweg, jene nicht gerechnet, welche in der Stille eingegraben wurden und im Kirchenbuche unerwähnt sind. Die Seuche grassirte im nächsten Jahre in steigender Progression bis zum Herbste hin fort; die Zahl der Opfer betrug im Januar 22, Februar und März je 26, Mai 81, Juni 145 (mancher Tag zählte 8 Todte) Juli 122, worunter ein Pastor, — jeden Tag 3 bis 7 Todte —, im August 63, Sept. 29, Okt. 8, worunter der Pestbarbier. Die Seuche war beendigt; man zählte im November 6, im Dezember 5 Leichen. Das Kirchenbuch enthält im Jahre 583 Verstorbene ohne die nicht Eingetragenen. — In der Altmark nisteten sich die Ruhr, Pest und Hauptkrankheit (Typhus) in fast allen Orten ein (von 1625—28). — In Gross-Salze herrschte die Seuche in diesem und dem folgenden Jahre; ebenso in Tangermünde, wo die Krankheit als „rothe Ruhr" bezeichnet wird. Die Einwohner flüchteten vielfach, da vom 30. Juli bis 19. November 1626 gar keine Taufe stattfand^). — In Salzwedel raffte die Seuche 335 Menschen, im nächsten Jahre aber 451 hin. In Seehausen stellte sich anfangs die Ruhr ein, um indes bald der Kriegspest (Petechialtyphus) Platz zu machen, welche denn auch 1626 und 1627 anhielt und erst 1628 sich zurückzog. Es starben 200 hier einquartirte Soldaten und 1100 Einwohner, hierunter der Stadtschreiber, dessen Haus ganz ausstarb. — In Lenzen begann die Pest um Johannis; ihre Ernte allda beziffert sich auf 336 Menschen- leben 3). Ebenso entstand in Königsberg in der Neumark um Pfingsten eine Seuche, welche in 23 Wochen 990 Personen hinraffte; auch in Bernekow starben 109. — Zu Frankfurt a. d. Oder zeigte sich vom 7. Juli bis 14. Nov. eine Pestseuche, welcher, meistens in der Guben'schen Vorstadt, 353 Personen erlegen sind; mit dem Eintritte starken Frostes erlosch sie; ein Theil der Professoren zog nach Fürstenwalde, der andere mit dem Rektor Chr. Neander blieb in der Stadt ^). — In Schwie- bus kam die Pest Mitte August im oberen Spitale zum Ausbruche, verbreitete sich über Salkau, Mehrendorf und Umgebung; grassirte dann aber heftiger in der Stadt bis zum Neujahr. An der Pest starben 615, an anderen Krankheiten 160, zusammen 775 Personen. 1) Geschichtsbl. f. Magdeburg 1878. 2) Magdeb. Geschbl. 1870, 342 f. 1877. 407. 3) Beckmann, Brandenburg 118, II, 244. 4) Spieker 183. In den Jahren 1625 bis 1627 richtete die Pest, durch den Krieg gefördert, in ganz Niedersachsen furchtbare Verheerungen an. In Oste- rode brach sie am 6. September aus und ihre Wirkungen mussten um so verderblicher werden, je grösser die Zahl derer war, die vor dem Kriegsgetümmel in die schützenden Mauern flüchteten. In der St. Aegi- diengemeinde raffte sie über 1500 Menschen hinweg, unter diesen viele Fremde. Im September 1626 sind über 250 Todesfälle im Kirchen- buche zu St. Aegidii verzeichnet. Erst mit dem Schlüsse dieses Jahres erreichte die Krankheit in Osterode ihr Ende. — In Klausthal war sie im Juli 1625 ausgebrochen und mit Ende des Jahres erloschen, nach- dem sie 1350 Opfer gefordert hatte. — In St. Andreasberg starben über 700 Personen. In Einbeck raffte die Seuche über 3000 Men- schen, im September 1626 zwei Prediger hinweg^). — Der allgemeine Nothstand, die Theuerung und schlechte Beschaffenheit der Lebens- mittel hatten auch in Goslar eine pestartige Krankheit zur Folge, die man schwarzen Tod nannte und die kein Alter verschonte. Durch Berufung der auswärtigen Aerzte Herm. Göddeus und H. Wolf suchte man der Seuche Einhalt zu thun. Den Armen gewährte man unentgeltlich ärztliche Hilfe und Arznei. Trotz rühmlicher Sorgfalt starben in diesem und dem folgenden Jahre gegen 3000 Menschen und drei Prediger. Das Elend steigerte sich noch, als nach der am 27. Aug. 1626 bei Lutter am Barenberge (zwei Meilen von Goslar) geschlagenen Schlacht, welche der Dänenkönig Christian IV. gegen Tilly verloren hatte, viele verwundete kaiserliche Soldaten nach Goslar gebracht wurden. Die grössere Zahl dieser Soldaten fand hier die letzte Ruhestätte^). Gleichzeitig mit dem Hereinbrechen der Wallenstein'schen Schaaren verbreitete sich in Helmstedt die Pest; sie raffte während des Som- mers den 3. Theil der Bürger hin; 295 Häuser standen leer. Die Uni- versitätslehrer flüchteten mehrentheils nach dem festen Braunschweig; die Studirenden wanderten ihrer Heimath zu oder folgten dem Werber. Zwei Jahre hielt die Pest an, so dass die Ausgewanderten erst 1628 zurückkehrten. — In der Nachbarstadt Schöningen wüthete die Pest nicht minder; kaum konnte man damals die Todten begraben; sie wur- den von einer Todtenbahre, „Schüdderrump" genannt, sofort, ohne weiter berührt worden zu sein, ins Grab geschüttet. — In gleicher Weise hauste die Pest im Marktflecken Calvörde (4 M. von Helmstedt) 3). In Hameln starben 1143 Menschen. —Von Hannover wurde eine Seuche in die Stadt Uelzen durch einen Ziegelmeister eingeschleppt; ij Max, Grubenliagen I, 442. 2) Heineccii Antiq. 565 f., Röbbelen, Gronau. 3) Havelmann, Braunschweig III, 36, 74, 256. Görges I, 217 f. — 77 — 1625 sie warf in diesem und dem folgenden Jahre einige 100 Personen ins Grab. — In Lüneburg schlich sich 1625 die Pest ein, um bis 1628 festen Fuss /u fassen. — Im August fand die Pest in der Stadt Osnabrück Verbreitung. Der Rath erliess eine Pestordnung, auch bildete sich eine Laurentii-Bruderschaft zur Bestattung der Leichen^). — Zu Rüden riss die Pest den grössten Theil der Einwohner weg^). Die Pest suchte auch Bremen, Hamburg nnd Buxtehude heim. In Lübeck und in der Nachbarschaft herrschte das ansteckende Fleck- fieber und brachte 6952 Menschen den Tod 3). Bevor wir dem weiteren Vernichtungszuge der Seuchen nach Osten folgen, haben wir ihr Auftreten in den Niederlanden und England zu verzeichnen. In der von den Spaniern belagerten Festung Breda an der Mark (Nordbrabant) wütheten ;Hunger, die Pest und Skorbut, von welch' letzterem die in einem sehr feuchten Quartiere untergebrachten Engländer am meisten zu leiden hatten. Mit Eintritt der Kälte liess die Pest, welche übrigens selten mit Bubonen auftrat, nach. Nach acht- monatlicher Belagerung zwang das Elend zur Uebergabe; über 8000 der Eingeschlossenen wurde eine Beute der Seuchen. — Auch Brüssel litt durch die Verheerungen der Pest. Der Opfermuth der unerschrockenen Franziskaner verdient hier ehrenvolle Erwähnung^). In England nahm die Pest in der zweiten Jahreshälfte an Heftig- keit ausserordentlich zu. In London erlagen in einer Woche bei Herbst- anfang 5—6000 Personen; die Infizirten starben binnen zwei Tagen; man erinnerte sich in England keiner heftigeren Seuche. König Karl I. mit Königin und Hofstaat begaben sich an seuchenfreie Orte im Westen; er beschied das Parlament auf den 1. August nach Oxford. Ebenso ent- wichen die Kollegien und Gerichtsstellen; in kurzer Zeit glich die Stadt einer Einöde. Der Verlust durch die Pest betrug 35 417, die ganze Sterblichkeit des Jahres, welche sonst im Mittel 10000 betrug, 54265 bei 6983 Geburten 5). Auch Mecklenburg wurde von der Pest heimgesucht. In Wis- mar herrschte die Pest, es erlagen ihr u. A. zwei Pastoren. Sie zeigte sich dort auch im Jahre 1628, wo ihr der Bürgermeister Eggebrecht zum Opfer fiel, und im Jahre 1630, wo der Bürgermeister Ribow starb. —■ Am 21. Oktober brach in Schwerin die Pest aus, weshalb sich der Herzog Adolf Friedrich im neuen Hause zu Kraak aufhielt. Die Krank- 1) Mitth. f. Geschichte von Osnabrück 1882. 2) Seibertz, Quellen I, 250. 3) Görges III, 90, Kirchring 299. Lüb. Blätter 1842. 421. 4) Henne et Wauters, Histoire II, 43. 5) Johnston, Rer. Britann. Lib. XXI, 664, Theatr. Eur. I, 899, 1625 _ 78 — heit währte bis ins nächste Jahr. — In der Stadt Flau griff die „Haupt- krankheit" um sich. Im Herbste fielen dem Tode eine Masse Garben im Lande ^). — In Neubrandenburg raffte eine Seuche („Pest" und böse „Ruhren") gegen 1000 Menschen hinweg. In Massow (Pommern) herrschte die Pest^). Ostpreussen wurde in diesem Jahre durch Pest, hitzige Fieber, Ruhr und Blattern schwer geprüft. In der von schwedischen und pol- nischen Kriegsvölkern besetzten Stadt Danzig herrschten wieder pestartige Krankheiten (Kriegstyphus); viele junge Leute wurden von der „Pest" weggerafft. Begraben wurden 4197 Leichen; dagegen erhielten 1863 Kinder die Taufe. — In Insterburg (Reg. Gumbinnen) hauste die Pest. — Zu Elbing fing das Sterben im August an, wo in einer Woche 215 Personen das Leben Hessen, und dauerte es bis Dezember. Es starben in diesem Jahre 3608; auch im folgenden Jahre herrschte noch die Pest. — In Königsberg (Prov. Preussen) raffte die Pest wieder vom 8. Juni bis 28. Dezember, also in 6 Monaten 2964 Menschen hin. Die Stadt Rasten- burg wurde von der Seuche in hohem Grade heimgesucht; in der Gemeinde starben 2500 Personen, unter ihnen fast alle Schüler nebst dem Kantor. In Goldapp (4^/3 M. s. v. Gumbinnen) herrschte, wie im ganzen Lande die Pest. Auch Preussisch-Holland und Wehlau litten wiederholt durch die Pest^). Eckartsberg am Spirdingsee theilte das gleiche Verhängniss^). Anhaltend mordete der Würgengel der Pest in Thorn an der Weichsel; vom 21. August 1624 bis zum 25 Juli zählte man bereits 2121 Opfer; im August starben 71 Bürger; bis zum Jahresschlüsse zählte man 2742 Leichen, so dass die Gesammtzahl der an der Pest gestorbenen 4863 be- trug. Am 31. August lief ein an der „Pest" (Petechialtyphus) darnieder- liegender Müller, der von der Pest „im Haupte verrücket", zum Mühlteiche und ertränkte sich. — Die Pest, welche sich in Posen im Jahre 1624 eingestellt hatte, erreichte 1625 eine solche Höhe, dass ihr angeblich gegen 7800 Menschen zur Beute fielen. Der Rath war entflohen; die zurück- gebliebenen Einwohner aber erlitten die bitterste Noth^). Durch die seltsame Witterung begünstigt, fanden die Pestseuchen weite Verbreitung in Polen, Böhmen, Mähren, Oesterreich und den an- grenzenden Gebieten, „welchen viele Vornehme erlagen". Nach Polen, wo sie während des ganzen feuchten Winters anhielt, soll die Pest von Ungarn herübergekommen sein. Nachdem sie in Warschau Eingang ge- 1) Jahrb. f. Meckl. Gesch. 1836. 45. 1852. 202. 2) Kratz; die Städte Pom- merns, a) ßeitr. z. Kunde Preuss. II, 153, Preuss. Provinzialb. 1832. 435. funden hatte und der königliehe Hof in Gefahr gekommen war, entwich der König Sigmund mit Familie zunächst nach Osieczko, später in ent- legenere Landestheile. In Böhmen dehnte sich die Pest in weiteren Kreisen aus. In Prag herrschte sie von St. Prokop (1. April) bis Weihnachten, es sollen vom Juni bis 16. Oktober über 6000 Menschen erlegen sein; (nach Pröckl, Karlsbad 140, forderte die Pest von 1624 an 30 000 Opfer). Zu Eidlitz (^/2 M. von Komotau) starben 350 Menschen an der Pest. — In Böhmisch- Brod fanden fast täglich 40 Personen den Tod; weil unter dem Coladischen Regimente viele Soldaten starben, verlegte man das Militär nach Glatz und Schlesien ^;. Wie in Bayern, so erhob sich die Pest im Oktober auch in Salz- burg, wo viele Häuser ausstarben, und deshalb die Schulen und Bäder geschlossen wurden. Auch in Ober- und Nieder-Oesterreich tauchte das Uebel auf. — In Krems herrschte die Pest; sie entstand durch den Zu- sammenfluss vieler Fremden, die von Furcht vor den Kosaken getrieben, sich aus Mähren, Schlesien und Böhmen geflüchtet hatten. — In Wien fand eine anstekende Seuche Eingang und ergiebigen Boden ; der Kaiser mit seinem ganzen Hofstaate begab sich nach Wiener-Neustadt^). — In Steiermark stellte sich die Pest an verschiedenen Orten ein; so in Admont, wo die Leichen im Friedhofe der Filiale Hall beerdigt wurden, in Pettau, wo sie sich schon 1623 einnistete, im Markte Voran, wo sie vom Oktober bis Januar 1627 manche Opfer forderte. Ebenso erlagen in der Umgegend von Steyr, in Sierning, Untergarsten, Unterwald und in der „Rämbing" viele Leute. Am 2. November zeigte sich das Uebel auch in Steiyrein, ohne indes grosse Verbreitung zu finden^). Nach dem 1626 gedruckten „Kurtzer und klarer Bericht; Wie man sich zu Zeiten der Pestilentz vnd anderer in Oesterreich gewöhnlichen Seuchen, als: Vngrischen Krankheit, Ruhr, Peteckien, Kindsblattern vnd Flecken . . . bewahren solle", vom „Praefectus sanitatis Dr. Phil. Persius zu Linz", herrschte am häufigsten das „boshaftige giftige pestilenzische Fieber, die ungrische Krankheit, welche durch die von Kranken benützte Bettwäsche vererblich ist". ^) Zeiler, Topogr. 1. c. 100. Hellwich, Graupen 168. Nikol. von Urban- stadt, Komotau, Meteran. nov. Contin. 100. 2) Geusau IV. 3) Museum Franc. Carolin. Linz 1878. 1626. Der Januar war gelind, das Frühjahr kalt; am 20. und 26. Mai erfror bei grimmiger Kälte der Wein, Getreide und Obst; regnerischer Sommer, trockener Herbst. Geringe Ernte, Wein wenig und sauer. Korn und Wein stiegen im Preise; allenthalben grosse Theuerung und Hungersnoth. In Württemberg mussten sonst gutbestellte Leute betteln; Hunderte starben Hungers. Andere suchten sich durch Gras, Melden IT. dgl. bis zur Ernte zu erhalten. Laut einer Familienchronik aus Zeil (Unter- franken) entstand nach dem harten Maifrost „ein grosses Flehen und bitten unter dem gemeinen Pöffel, warumb man solang zusehe, das allbereit die Zauberer und Unholden die Früchten sogar verderben"; 35 derselben fielen als Opfer des Aber- glaubens. In diesem Jahre trat ausser typhösen Seuchen die Ruhr und Bu- bonenpest sehr verheerend auf. Im Elsass herrschte die Pest. So wurde Zabern von einer Seuche heimgesucht. Auch in Strassburg, wo 2594 Personen in diesem Jahre starben, forderte (nach A. Goldmayer's Chronica) die Seuche Opfer. Daselbst machte sich, wie in Rom, die Influenza be- merkbar ^). Zu Langensteigbach bei Karlsruhe starben täglich 5—6 Personen an der Pest. Auch Heidelberg wurde von der Pest heimgesucht. In Württemberg folgten auf Misswachs und Hungersnoth, durch die vielen Umzüge kaiserlicher Truppen gefördert, Pest und Seuchen, welche im ganzen Lande bei 28 000 Menschen hinrafften. — Wie Zwiefalten wurde auch das Kloster Schussenried von der Pest heimgesucht und zwar der- gestalt, dass fast der ganze Konvent dahinstarb ^). Im Pfarrdorfe Gross- Eislingen (bei Göppingen) nahm die Pest 214 Einwohner weg. — In der Gemeinde Wangen starben vom August bis November 118 Menschen. — Im Herbste brach die Pest in Esslingen (Neckarkreis) aus. Einem für für die Krankenpflege aufgestellten Bader und Barbier wurde aufgetragen, die Häuser fleissig mit Wachholderholz oder dem hierzu angefertigten Rauch- pulver zu räuchern, die Kranken tüchtig schwitzen zu lassen, zuerst ihnen Theriak und Kardobenediktenwasser, dann auch Pestlatwergen und Pulver zu reichen, ohne Zustimmung des Arztes aber keine Ader zu schlagen, für Blattern und Beulen die vorgeschriebenen Pflaster zu brauchen, und den Kranken keinen Wein, sondern nur Quitten- und Irbselensaft zu trinken zu geben. Neben jenem Bader stellte man noch 4 Wärter und 4 Wärterinnen auf. Die Seuche zeigte sich in Stuttgart weniger verheerend als auf dem Lande, da man für gute Krankenpflege und Reinlichkeit sorgte. 1) Pascal, Rec. de mem. de med. mil. 1851 LI 68. 2) Zwiefalten v. Sulz er II, 22. 59. Holzherr 113. _ 81 — 1626 Empfohlen wurde häufiges Räuchern, das Kauen von Wachholderbeeren und an einem gewissen Holze. Theuerung und Seuche hielten noch in den zwei nächsten Jahren an. — In Neuenstadt am Kocher zählte man im Jahre 1626: 121 und 1627: 24 Sterbefälle an der Lust- und Pest- seuche. — Kaiserliche Truppen brachten die Pest nach Markgröningen; da hielt sie vom 27. Juli 1626 bis zum 26. Februar 1627 an. Im Oktober erlagen 124, im November 141 Personen; vom I.Juli bis letzten Januar 1627 starben im Ganzen 466 Personen. Auch Bitterfeld wurde von der Pest heimgesucht. In Bönnigheim, O. A. Besigheim, wüthete die Pest und erlagen 381 Personen; am 3. September kamen 10, am 11. Sept. 7 Leichen in ein Grab; in Erligheim starben 59 Menschen an der Pest, die bis 1627 anhielt. In Erbigheim nahm die Pest 56 Per- sonen hinweg; sie dauerte bis ins nächste Jahr. Erdmannshausen (O. A. Marbach) verlor 253 Einwohner (Steininschrift in der Kirche). Güglingen beklagte manche Pestopfer; in Grossgartach (O. A. Heilbronn) wurden 371 Menschen, meistens von der Pest, hin weggerafft; noch im folgenden Jahre fielen einige zum Opfer. Ebenso herrschte in Kirchheim am Neckar die Pest. In Dürrenzimmer nahm die Pest vom 16. Juni bis 31. Dezember 73 Personen weg;^ in Frauenzimmer starben im September 14 Personen daran. In Brackenheim starben vom I.August bis letzten Dezember 177 Personen, hauptsächlich an der Pest, welche am 6. Januar 1627 erlosch. Laufen am Neckar verlor vom Januar bis August manchen Einwohner durch die Pest^). Oedheim (0. A. Neckarsulm) beklagte vom September bis Februar 1627 nicht weniger als 184 Pestopfer (gegen den Jahresdurch- schnitt von kaum 20 Gestorbenen). Im Jagstkreise fand die Seuche eben- falls grössere Verbreitung. So starben in Ellwangen 34 Häuser durch die Pest aus. — Der Pfarrweiler Hohenberg (0. A. Ellwangen) wurde von einer ansteckenden Krankheit bis ins nächste Jahr durchseucht. Auch Crailsheim an der Jagst wurde mit seiner Umgebung von Noth und Pest heimgesucht; daselbst herrschte überdies eine durch Misswachs herbei- geführte Viehseuche ^). In Hohebach forderte die Pest 205 Opfer (Kirchenb.) — In Ingelflngen starben 156 Personen, darunter 124, mit dem Pfarrer, an der Pest, ebenso 1627 noch 19 Personen (Kb.) In Bieberfeld (O. A. Hall) raffte die Seuche viele Menschen weg. — Ober-Stetten (O. A. Gerabronn) verlor durch die Pest 259 Menschen. — Bei Schönthal (O.A. Kün- zelsau) hatte Herzog Franz von Sachsen-Lauenburg ein Lager mit etwa 10 000 Mann; diese brachten die Bubonenpest mit, welche dann 1626 bis 1628 furchtbar wüthete. In Buchenbach starben 148 Personen an 1) Khmzinger, Zabergau I, 110, 140. II, 29, 63, 97, 191. 215. III, 20, 152. 2) Stieber, Onolzb. 304, Feierabend 1880. 15. der Pest (Kirchenb.). Lichtel (ehedem Rothenburgisches, jetzt württ. Dorf) verlor vom Juli 1626 bis Februar 1627 von 158 Personen 60 Personen an der Pest (gegen 12—16 jährlich)^). Das Pfarrdorf Elpersheim (O.A. Mergentheim) büsste durch eine Epidemie 272 Personen ein (Matr.). Der Magistrat von Wimpfen am Neckar (Hessen) hatte schon im Vorjahre wegen der in der Umgegend sich zeigenden Pest verboten, auswärtige Märkte zu besuchen, er hob die heimischen auf, stellte Wachen aus u. dgl. Trotzdem wurde die Stadt nach dem kalten Winter von der Seuche heimgesucht. „Die armen Leute fielen wie Mückhen um." Am 12. Juni gebot man dem Medicus, sieb der Seuche wegen gefasst zu halten. Am 22. August erliess der Magistrat die Weisung, den durch die Pest unterbrochenen Feldbau wieder aufzunehmen. „Und so Einer von. Gott mit der Seuche angegrifien wird, soll er sich und die Seinigen einen Monat einhalten, nicht in die Kirche oder sonst unter die Leute zu gehen. Die Nachbarn sollen ihnen Wasser und andere Nothdurft zutragen. Ihre Wäsche sollen sie in der Nacht oder Morgens frühe auf dem Damm am Leyer See waschen und nicht bei gemeiner Wäsche, wie man bisher gethan." Die Leichen Avurden in den ersten 24 Stunden beerdigt. Noch im Oktober heisst es, „dass keine Gasse davor (vor der Seuche) sicher sei". Zu allem Unglücke fiel noch eine Viehseuche ein (Frohnhäuser). — Im Dorfe Langenselbold bei Hanau grassirte die Pest. In Schaafheim und Schlierbach im Bachgau zählte man in diesem Jahre 36 Geburten und 125 Todte. Im März starben verschiedene Personen an der Pest in Schlüchtern ^). In Friedberg in der Wetterau brach die Pest, nachdem sie sich kurz vorher schon gezeigt, wieder aus und raffte in der Stadt allein 336 Menschen dahin. Im Anfange des folgenden Jahres starben auch der Rektor der Augustinerschule Johann Conrad Kirch mit Weib und 4 Kindern. — Hersfeld an der Fulda wurde aufs neue von der Pest heimgesucht; es starben vom Juni bis September 445 Personen. In den nassauischen Landen wüthete die Pest furchtbar; in Dillenburg wurden, bei einer geringen Bevölkerung, in zwei Monaten 246 Menschen ein Opfer der mörderischen Seuche. Idstein verlor in zwei Monaten, vom November bis Jahresschluss, 57 Personen durch die Pest. Auch in Walsdorf brach wieder die Pest aus. Die dortigen Klosterpfründnerinnen flüchteten sich nach dem benachbarten Kirberg, wo übrigens im Herbste die Seuche auch zum Ausbruch kam und mehrere Jahre dauerte. 1) Bundschuh, top. Lex. III,'344. 2) Zeitschr. f. liess. Gesch. 1876. 226. Im Amte Ottweiler, im Sawardischen, und in der Herrschaft Forbach fand im Juni die Pest Verbreitung; von hier verpflanzte sie sich nach Saarbrücken, wo am 15. Juli plötzlich in der Marktpforten- vorstadt mehrere Personen der Pest erlagen. Bis zur Mitte August hatte die Krankheit, welche Typhus gewesen sein mag, so um sich gegriffen, dass Manche die Stadt verliessen. St. Johann wurde abgesperrt und blieb von der Infektion verschont. Ende Februar 1627 liess die Krankheit nach, wie es scheint, ohne grossen Menschenverlust verursacht zu haben. Im Luxemburger Lande wüthete wieder die Pest und ward sie Veranlassung zur Einführung der Prozession zum hl. Adrianus, die sich bis auf unsei'e Zeit erhalten hat. In Unterfranken wurden verschiedene Orte von der Pest heim- gesucht. In Wollbach bei Neustadt a. S. s'tarben, wie eine beim Pfarr- hause stehende Denksäule bekundet, 124 Menschen, Gross und Klein, an der Pest. In Volkach raffte die Pest wieder 123 Personen hinweg gegen jährlich im Durchschnitte 59.— Am 24. August brachte ein fremdes Mädchen (vagabunda) die Pest in ein Haus zu Strüth bei Röttingen; am 26. August wurden der Hausvater mit 4 Kindern und der Magd beerdigt, denen am 2. September die Frau und bald der letzte Sohn nachfolgten. Im Oktober war die Seuche schon in Röttingen einge- drungen und da riss sie bis zum 14. Oktober täglich 5—7 Personen ins Grab. Vom 14. bis 27. Oktober betrug die Zahl der Opfer 35. Im Ganzen waren vom 11. August 1626 bis 7. Februar 1627 in Röttingen und Strüth 269 Einwohner gestorben, während in Markeisheim vom 19. Juli bis 30. Dezember 1626 der Pest 510, in Apfelbach 125 Personen erlegen waren ^). Auch im Fürstenthum Bayreuth kam zu den Kriegsdrangsalen noch die Pest; sie herrschte in Gefrees und musste deshalb der Ort ein halbes Jahr gesperrt werden^). In etwa 5 Monaten (Juli bis November) starben in Cronach 415 Personen und zwar in manchem Hause 5—8, ja 10 Per- sonen an der Pest (Matr.) In weiterer Verbreitung überschritt die Seuche die Grenze und raffte in Eger 49 Personen hinweg; gleichzeitig entstand dort wegen Futtermangels eine Viehseuche. — Auch in der Pfarrei Münch- aurach (Bez. Höchstadt a. A.) starben viele Menschen, besonders „die mit einem grünen Kreuz bezeichnet, hat Gott durch Pestilenz hinweg ge- raffet," wie der Pfarrer im Todtenregister bemerkt. In Kleinerlbach und Schauerheim bei Neustadt a. A. grassirte die Pest so sehr, dass ganze Familien ausstarben. Der Häfnersjunge Zimmermann von da, dessen 1) Dr. Wieland, Röttingen 62. 2) Holle, Oberfr. Arch. IV, Eltern und Geschwister sämmtlich an der Pest gestorben waren, hatte auch 7 Pestbeulen an sich, kam aber davon; am 22. Mai 1628 wurde er un- vorsichtiger Weise erschossen. Gleichzeitig fielen im Aurach-, Fembach-, Seebach- und Zenngrunde viele Menschen der Seuche zum Opfer. In Lehrberg bei Ansbach starben 84 Personen^). Wilhemsdorf verlor durch die Pest vom 9. Juli bis 22. Dezember, nach dem Register, einige 70, im September allein bei 20 Menschen; manche Familie starb aus. Schwangere Frauen pflegten zu abortiren und dann zu sterben. Im September kam die Pest nach Stinzendorf, von da nach Gundersdorf und endlich nach Cadolzbiirg und währte bis Dezember, so dass fast alle Menschen in den erstgenannten Orten erlagen. In Nürnberg sah man sich am 23. September genöthigt, das Pest- haus zu St. Rochus wieder aufzumachen, um 11 infizirte Personen unter- zubringen ; die Pest begann wieder und bald lagen draussen bei 60 Per- sonen. Wöchentlich starben 10—15, doch wurde der grösste Theil wieder gesund. In den Kirchenlisten sind 1792 Geburten und 3148 Leichen verzeichnet ^). Eitersdorf (am Ludwigskanal, Mitteltr.) wurde von der Pest gegen Ende 1626 und 27 stark heimgesucht. Neustadt a. D. und Um- gegend wurden von der Pest betroffen. In Straubing stellte sich gegen Ende des Jahres die Pest ein, um bis zum Frühlinge des folgenden Jahres sich aufzuhalten. Dem hl. Sebastian wurde 1627 eine s. Z. in der Carmelitenkirche befindlich gewesene silberne Votivstatue geweiht; der Tag Sebastian aber wurde fortan gefeiert. Wegen der in der Nachbarschaft überhand nehmenden Seuchen wurde zu Coburg der MarLini-Markt abgestellt. Als auch hier viele Per- sonen von dem „pestilenzialJsehen Fieber" angesteckt wurden und daran starben, erliess man eine Pestordnung. In Dermbach an der Fulda (Eisenach), wie im ganzen Fuldagrunde, wüthete neben den Kriegsdrang- salen die Pest. Im Oktober zeigte sie sich in Fambach bei Schmalkalden; ein Lehrersohn war das erste Opfer. Eisenach verlor 2500 Einwohner. In Schlotheim starben 542 Personen (bei 24 Geburten), in Gräfentonna 510, in Grossen-Vargel 347, in Gebesee 275, in Königssee 707 Personen (Toppius). Die Seuche herrschte in Harra, Lobenstein, Metebach. In Burgtonna starben 89 Personen. Von Herbsleben wurde die Pest nach Gierstedt verschleppt, woselbst dann vom 14. Mai bis 14. November 227 Personen starben. In Ruhl erlagen 59 Personen der Pest. In Nazza begann die Pest im Oktober 1626 und hielt bis 1627 an und sind alle Tage und manchmal 6—7 Leute, zusammen über 500 Personen gestorben. In Haina zeigte sich die Pest neuerdings, ohne jedoch grössere Verluste i) Mittelfr. Arch. 26. B. 2) Siebenkees, Mater. III, 39. Dr. Zielil, Seuchen 8. herbeizuführen. In Nordhofen grassirte die Pest; ebenso in Pferdings- leben, wo 157 Personen und 1628 darauf 94 der Pest erlagen (Brückner); in Herbsleben starben wieder 297, in Tanna 195, in Tambach 400, in Lichtstedt 116, in Zeitz über 1100, in Lichte 18, zu Meuselbach (Rudol- Stadt) 85, im Kirchspiel Saulfeld 101, in Schwarza bei Rudolstadt in 5 Monaten (von 1625—26) 129, in Schleiz vom Juni bis Weihnachten 181 Personen. Wie allenthalben in Thüringen, herrschte die Pest auch zu Triptis, Auma und Neustadt an der Orla (Weimar). — Ebenso wurde Jena von der Pest heimgesucht. — In Gera trat die Seuche in diesem, dann noch- mals in der 2. Hälfte des folgenden Jahres mit besonderer Heftigkeit auf; bis Ende Dezember 1626 starben 228 Personen; auch das nahe Dorf Kraffsdorf litt durch das Uebel (Hahn). Zu Pausa wie in Wolfshain kehrte die Pest in etlichen Häusern ein. Auch Werdau, besonders die Neustadt, wurde wieder von ihrem Besuche überrascht. In Zwickau starben vom Juni bis Weihnachten 216 Personen. — Die Seuche gelangte auch nach Freiberg. In und vor der Stadt wurden viele Häuser infizirt und so starben von 752 Personen gegen 500 an der Seuche ^). Schlimmer erging es anderen Orten. In Schwarzenberg starben 205, in Gottesgabe 178, in Breitenbrunn 81 Personen^). — In Mittweida zeigte sich die Pest am 9. April, und nahm sie an Heftigkeit so zu, dass Todten- gräber wie Nachtwächter erlagen. Vor Ausbruch der Seuche starben 22 Personen, nach dem Ausbruche aber bis zum Neujahre 1000 Menschen, worunter 164 aus den eingepfarrten Dörfern. — In Altmittweida starben an der Pest 290 Personen. — Am 25. Juli verscharrte ein Mann M. Hörnig in Lauenheim seine Todten — Weib und 5 Kinder — selbst in aller Eile auf seinem Acker ein wenig in die Erde an verschiedenen Stellen; als es ruchbar wurde, trug die Gemeinde Sorge, dass der städtische Todtengräber die Leichen aufsuchen und in ein tieferes gemeinsames Grab bringen musste^). — In Frankenberg starben an der Pest von der Char- woche an bis zum Winter 581 Personen. Die Leute zogen aus den iu- fizirten Orten ins Feld und Holz und bauten sich Hütten. Auf den Strassen wucherte Gras und stundenlang sah man daselbst keine Menschen*). — Auch in Annaberg, Buchholz, wo über 200 Menschen starben, sowie in Schneeberg war die Seuche eingedrungen, ohne jedoch bedeutende Aus- dehnung zu erlangen; im Oktober starben 62, im November 32 Pest- opfer, im ganzen Jahre aber 228. — In Neustädtle bei Schneeberg starben im Oktober und November 70Personen an der Pest^), — Von Döbeln, wo sie 1) Möller, Ann. 454. 2) Lehmann, 955. 3) Kretschmar 405. i) Bahn 290; Eckardt, Glauchau 467. 5) Meltzer 1004. bereits im Vorjahre aufgetaucht war, wurde die Pest nach Rosswein ver- schleppt; hier erlagen der Seuche 376 Personen; die eingepfarrteu Dörfer Seifersdorf und Haslau wurden nicht minder arg mitgenommen^). Von Colditz her fand die Pest Eingang in dem Pfarrsprengel Altleisnig; doch verfuhr sie mit demselben ziemlich glimpflich, während sie in dem Kirch- spiele Zschoppach grimmig einherschritt 2). — In Borna erlagen abermals 70 Personen der Pest. — Nachdem sich zu Grimma bereits im Vorjahre einzelne Pestfälle gezeigt hatten und verschiedene Ausgaben für Kranke „peste grassante" vom Juli bis November veranlasst hatten, trat die Seuche in diesem Jahre heftiger auf. Im August und September waren gegen 150 Häuser infizirt und über 350 Personen gestorben. Am 15. August lagen 15 Leichen in der Stadt und waren 10 angesteckte Personen ins Spital geschafft worden. — Leipzig, dessen Einwohnerzahl im Jahre 1623 bis zu 17 312 Seelen angewachsen war, hatte in diesem Jahre nur noch 14 496 Bewohner; überdies verlor die Stadt noch in diesem Jahre 1268; hiervon starben (nach Heidenreich p. 363) im Sommer und Herbst bis Weihnachten nicht mehr als 122 Personen an der Pest, wiewohl fast in allen Gassen die Häuser infizirt waren ^). — Anfangs August nistete sich die Pest in Würzen ein; in diesem Monate erlagen ihr an manchem Tage 6—7 Personen; jedoch liess sie im September wieder nach. Durch im- gestörten Verkehr des Todtengräbers mit den Leuten, sowie durch Ver- schleppung von Betten und anderen Geräthen aus den durchseuchten Häu- sern wurden Manche weggeraift. — Zu Dresden starben, bei einer Bevölke- rung von etwa 13000 Einwohnern, an der Pest 341 Personen; darum mussten der Altdresdener, auf Maria Geburt fallende und der Neudresdener Gallimarkt eingestellt werden. — In Grossenhain kam am 23. Juni der erste tödtliche Pestfall vor; die Seuche griff sofort heftig um sich, so dass in der 1. Woche 26, in der 2. 29, in der 3. 30, in der 4. 73 Personen starben, und in Allem 900 Personen in der Stadt, 100 in Naundorf und 1219 im Kirch- spiel erlagen. In Dohna starben 157 Menschen (gegen die gewöhnliche Zahl 60). Ebenso litt das Städtchen Lauenstein durch die Pest. Die Seuche suchte auch die Stadt Löbau heim^). In einigen Dörfern, nament- lich zu Harte bei Zittau, wurde, wegen der nahenden Pest, aller Verkehr eingestellt. (Carpzov.) Die Seuche überschritt auch die böhmische Grenze. In der Berg- stadt Graupen starb am 25. August der erste Pestkranke, um desselben Tages noch Weib und Kind nachzuholen. Die Krankheit griff so um sich, dass bis Ende des Jahres 150 an der Pest Verstorbene begraben wurden. 1) Altzella'sclie Chron. VII, 183 f., Kamprad, Leisnig. 2) Mitth. d. Gesch.- und Altei-th.-V. Leisnig. 1878. 21. 3) Leonhardi 252. 4) Saxonia V. 61. In Bunzlau (Schlesien) brach im September und Oktober die Pest wieder aus, weshalb die Schule und Badstube geschlossen werden mussten. Von den 288 Todten dieses Jahres waren 149 an der Pest verschieden. — Am 21. August 1626 trafen in Goldberg 6000 Mann des kaiserlichen Heeres unter Graf Merode ein; „sie waren meistentheils krank und steckten voller Pest". Nachts zogen sie ab und Hessen die Pest hinter sich, welcher ein Theil der Bevölkerung erlag; in Christoph Scholzens Vorwerke (jetzt der Weisstein) starben allein 16 Personen daran (C. Wenzel). — Während der zweiten Jahreshälfte fand sich zu Breslau die Pest wiederholt ein. Im Kinderhause in der Neustadt starben einige Knaben und Mädchen, wie auch in der St. Maria-Magda- lena-Schule und Elisabeth-Schule, weshalb am 7. August die Schulen wieder geschlossen wurden; 1874 Personen starben und 472 genasen.^) In Brieg wurde wegen der dort herrschenden Seuche in diesem und folgendem Jahre der Jahrmarkt eingestellt. In Grätz (Posen) wüthete 1626—27 die Pest in Gemeinschaft mit Huügersnoth. Die armen Leute suchten sich vergebens vor dem Tode durch die Flucht in die Wälder zu retten. 2) Die Seuchen griffen, durch die unausgesetzten Einquartierungen und Durchmärsche der Kriegsschaaren geweckt und unterstützt, in den Pro- vinzen Sachsen, Brandenburg, Hannover ungehindert um sich. Trotz aller Vorkehrungen stellte sich in Erfurt, dessen Bewohnerzahl schon vor dem 30jährigen Kriege auf 15 000 Einwohner herabgesunken sein soll, die Pest in verheerender Weise ein und raffte 3474 Menschen hin. Um der Seuche Einhalt zu thun, erliess der Rath am 25. Dezember 1625 eine Ordnung, Hiernach sollten die von infizirten Orten Kommenden nicht in die Thore eingelassen werden; der Trödelmarkt, das Hausiren mit ge- brauchten Sachen wurden eingestellt, Okulisten, Wundärzten und ähnlichen Personen war das Feilbieten ihrer Waaren strenge verboten, Präservativ- mittel wurden zum Gebrauche bestimmt, eigentliche Heilmittel aber nur auf den Rath der Aerzte gebraucht, welche zu bestimmten Stunden an einem gewissen Orte, namentlich „im kleinen Spittel", wo auch Arznei ausgetheilt wurde, zu treffen waren, Personen aus Pesthäusern „durften nicht unter reine Leute laufen", darin Verstorbene nicht heimlich weg- geschafft werden; auch durfte Niemand aus solchen zu öffentlichen Versammlungen kommen. Nach erfolgtem Tode sollte aber sechs Tage lang kein Fenster in der Wohnung geöffnet werden! Sechs AVochen darnach wurden die unmittelbaren Gebrauchsgegenstände der Verstorbenen 1) Zeitschr. f. schles. Gesch. XIII. 224. •^) Zeitschr. d. bist. Gesellsch. f. d. Prov. Posen, 18öG, 224. an einem passenden Orte gereinigt oder verbrannt; der Leichnam selbst aber wurde sofort nach dem Tode gewaschen und in den sogleich zu verschliessenden Sarg gelegt. Die Beerdigung musste frühestens 18 Stunden nach dem Tode erfolgen. Die Leichenzeremonien wurden wenigstens in etwas beschränkt. Genesene, oder Personen aus infizirten Häusern durften erst nach vier Wochen ihr Haus verlassen ^). — In Tennstedt (bei Erfurt) raffle „das grosse Sterben" sehr viele Menschen weg. Ebenso grassirte die Pest in Weisensee und Umgebung. Es starben an ihr in der Stadt allein im Oktober 131, und in Allem gegen 500 Menschen. Durch Plün- derungen von Seiten der Pappenheimer im Jahre 1632, der Schweden in den Jahren 1634, 1635 und 1639 und der hessischen Truppen noch 1645, wurde die Stadt so entvölkert, dass nur 98 Häuser bewohnt, von der Bürgerschaft aber nur noch 40 Bürger und 50 Wittwen übrig waren. — Grünstedt verlor im Jahre 1625: 145 und im Jahre 1626: 357 Einwohner. In Ottenhausen raff'te die Pest 257 Personen weg. , Gebesee verlor durch die Pest 275, Kindelbrück 519 Einwohner durch die Pest und 34 an anderen Krankheiten; der Friedhof musste erweitert werden^). Kriegslast und Erpressungen erzeugten in der Herrschaft Querfurth grosse Theuerung und Noth. Nebenbei wüthete in der zweiten Jahres- hälfte in der Herrschaft die Pest, so dass in der Stadt 1400 Personen, darunter 200 Soldaten, zu Barnstädt 300, zu Lodersieben 274, zu Leim- bach 85 Personen starben. — Die Pestepidemie, welche im Vorjahre in Naumburg a. S. begonnen hatte, raffte in diesem Jahre 799 Menschen hinweg. — Merseburg hatte eine Einbusse von 431 Einwohnern durch die Pest zu erleiden. — In Cölleda wüthete, am 12. Juni von einer Frau aus Ellersleben eingebracht, die Pest; im August starben 448, im Sep- tember 341, im Oktober 66, also in mancher Woche 130—200 Personen; begraben wurden an manchem Tage 30—40, im Ganzen starben 1000 Individuen. Im Jahre 1627 wurden 88 Paare kopulirt. Die Pest gelangte durch kaiserliche Völker auch nach Halle. Dabei stockte der Handel ganz, Theuerung und Noth steigerten sich täglich. Hiei'zu kam die Sperrung der Stadt mit solcher Strenge, dass die Todten nicht hinausgeschaff*t werden konnten. Vom Juni bis Dezember starben wieder 3400 Menschen^). — In Eisleben begann die Pest im Mai zu grassiren und sie riss so ein, dass täglich 30, 40 und endlich 50 Leichen nach einander begraben wurden. Im St. Andreaskirchspiele erlagen 797, in St. Peter und Pauli 578, St. Nikolai 915, in St, Anna 704, im Hospitale 74, zusammen 3068Menschen, darunter 9 Geistliche. — In Vockstedt grassirte 1) J. C. Motschmann, Erfordia liter. 1729, 32. 2) Hagke, Weisensee 253, 277, 807, 342; Hagke, urk. Nachr. 36. Olearius. 3) G. Olearius 380, Rathmann. die Rühr; es erlag ihr u. A. am 17. August der Amtmann Jak. von GrüuthaP). — Zu Sangershausen eröffneten 39 Personen im Juni den Todesreigen, es schlössen sich an im Juli 92, August 344, September 570, Oktober 180, November 37, Dezember 17, zusammen 1323 Personen; in der Pfarrei St. Jakob zählte man 653. Viele Leichen kamen nicht ins Register; manchen Tag wurden 16—30, ja 36 begraben. Auch durch die Nachbarorte eilten die Boten des Todes, so erlagen in Ober-Röbliug 308, in Bayer-Naumburg 130, Holdenstett 180, Gonna 158, Pölsfeld 168, Walhausen 500, Langenfeld 150, Mettelroda 100, Riehstedt 327, Rieth-Nordhausen 208, Rossleben 200, Ober-Heldrung 74, in Ziegelrode 141, in Donndorf 194, in Langenrode 52, in Allerstedt 70 Personen; bei 52 unter diesen 70 wird ausdrücklich bemerkt, dass sie der Pest erlagen. Kaum war die Pest erloschen, so nahte neue Kriegsnoth. Ebenso herrschte die Pest in Greussen, Allstett, Artern u. a. O. ^). — In Sondershausen, welches bis Ende Juli nur 54 Gestorbene zählte, stieg mit dem August die Sterblichkeit; man zählte in diesem Monate 36 Leichen, im September 137, im Oktober 143, im November 69 und im Dezember nur 22. Ln Ganzen starben 466 Personen (gegen jährlich 60), wovon an 400 Pestopfer; in Frankenhausen starben 915, in Heringen der 4. Theil der Bewohner 542, in Langensalza, wo im Jahre 1625 be- reits 436 gestorben waren, zählte man in diesem Jahre 913 Pestopfer — gegen 177 Geburten. Nach einem alten Verzeichnisse starben zu Nordhausen in Thü- ringen vom 1. Januar bis 6. Dezember 3283 Personen, nämlich 2504 Einheimische, sohin ungefähr der 3. Theil der damaligen Einwohner, und 779 Fremde, welche sich wegen des Krieges hierher geflüchtet hatten. Schwache und ängstliche Persuneü \vurden meistens ein Opfer der Pest, während die rohen Soldaten sich mit wenigen Ausnahmen ohne Gefahr in die Betten legten, aus welchen sie Pestkranke heraus- geworfen hatten. Der Arzt Philipp Grüling aus Stolberg, damals Kor- rektor am Gymnasium zu Nordhausen (von 1619 — 1627), welcher einen Tractatus de j)este herausgegeben hat, rieth den Leuten, als kräftiges Präservativ ihre Wohnstuben monatlich einmal mit Kalk zu weissen und dieselben erst am Tage nach dem Weissen und nach vorhergegangener starker Ausräucherung wieder zu beziehen. Der genannte Arzt will auch bemerkt haben, dass in dem Hause eines Fleischers, welcher einen Ziegen- bock (Stinkbock) gehalten habe. Niemand gestorben sei. Emdenius, damals Pastor zu St. Blasii, klagt in seinem „Theol. Pestilenz-Diskurse", „dass 1) Zeitschr. d. Harzvereins f. Wernigerode 1879. 2) Müller 361; Nebe, Un- strutthal, Zeitschr. d. Harzv. VII, 22. XVIII. 112. die vornelimsten, heiligsten und stillsten" Personen dahin gerafft wurden und wenig öffentlich Gottlose zu Grunde gingen! Im Eichsfelde brach die Pest aus, um fürchterlich im Lande zu wüthen; in Heiligenstadt herrschte sie zur Herbstzeit so stark, dass allein im Monate September über 200 Menschen erlagen. Von den Studenten wurde ein Drittheil zu Grabe getragen. Als Opfer der Nächstenliebe starben 6 Priester, von denen 5 Jesuiten waren. — In Worbis wurden vom 24. November 1625 bis 23. November 1626 225 Bürger hingerafft. — In Duderstadt, wo die Seuche in gleichem Grade hauste, verfielen ihr bei 2000 Menschen (Bürger, Soldaten und Flüchtlinge) ^). — In Stolberg am Harz gesellte sich zur Theuerung am 27. Juni die Seuche, um zu- nächst und vorzugsweise der Kinder sich zu bemächtigen. Bald wurde indes, angeblich durch Furcht vor Ansteckung, die Krankheit allgemein, so dass die Zahl der Todten an einem Tage auf 11 Personen stieg, der 24. Oktober, wie der 10., 14., 17. und 22. November ausgenommen, an welchen Tagen Niemand starb. Die Seuche forderte ein Opfer von 623 Personen. Die Städte Quedlinburg, Aschersleben, Halberstadt wurden von der Pest heimgesucht; zu Groningen im Halberstädtischen forderte sie 549 Menschenleben zum Opfer ^). — Im April zeigte sie sich in Stass- furt und nahm sie stetig zu. Die Stadt Acken an der Elbe verlor 1000 Personen, darunter auch Soldaten, durch die Pest. Ebenso hart wurden Dessau wie Zerbst und andere Orte des Fürstenthums Anhalt betroffen ^j. Auch Magdeburg musste die Geisel der Pest fühlen. — Im nahen Dorfe Drackenstadt starben 40 Personen und zwar die meisten an der Pest. Ein grosser Theil der Einwohner, wie auch jener von Dreileben, floh vor Pest und Krieg. — In Förderstedt starben im Juni und Juli mehrere einquartirte Soldaten an der Pest; vom 26. Juli an starben 5 Einwohner, im August 43, im September 63 und im Oktober 14, in 60 Häusern starben 134 Inwohner, während des ganzen Jahres aber 155^). — Die Pest nistete sich bereits im Oktober des Vorjahres in Egeln ein, um im Februar d. J. mit neuer Heftigkeit zu wüthen; sind doch vom Januar bis zum 16. August 296 Todte eingetragen, darunter im Juli 100 und im August 96. In gleicherweise hauste die Pest in Alten weddingen; in Bottmarsdorf starben viele Häuser aus. In der zweiten Jahreshälfte wüthete die Pest in Vol- mirsleben, da starben vom 6. Juli bis Ende Oktober 246 Leute, hiervon im September allein 144. In Unseburg wurden in diesem Jahre über 400 Soldaten, Weiber, Kinder, Knechte und Jungen beerdigt, und zwar 1) Wolf, 64, Werner, das Eichsfeld 156. 2) Leuckfeld 278. 3) Beckmann, Anhalt III, 304 f. 4) Geschichtsbl. f. Magdeb. 1876. 155. 391. viele heimlich, in Gärten, Holz und Wiesen. Nach einer im ersten Halb- jahre beobachteten erhöhten Sterblichkeit wüthete die Pest im August mit Heftigkeit und starben bis Ende Oktober 194 Leute. Dem grossen Ver- luste folgten im nächsten Jahre zahlreiche Eheschliessungen. In Tharthun begann die von Egeln eingeschleppte Pest Ende Juli; bis zum 20. Oktober wurden 116 Leichen bestattet*). Wallensteins wilde Schaaren zogen im August auf der Verfolgung des Grafen Mansfeld von Dahme über Luckau, Calau, Sagan nach Schlesien, nach allen Richtungen die Pest und andere Infektionskrank- heiten verbreitend. — In Sagan erlagen an der durch die Soldateska eingeschleppten Pest täglich 20—40 Menschen. In Forst (n. w. von Sorau) und Umgegend brach nach dem Durchzuge der Armee die Pest aus, die binnen 14 Tagen mächtig um sich griff; sie raffte vom 16. August bis 29. Dezember 500 Personen dahin; viele Bewohner flohen in die um- liegenden Orte. In Cottbus starben an derselben Seuche 900, in Sprem- berg vom 10. August bis Jahresschluss 312 Menschen; auch in Weissagk brach die Seuche aus. In Luckau erlagen 386 Personen. In Jüterbock herrschte die Pest während des ganzen Jahres; von etwa 4000 Einwohnern starben 902; viele flohen in andere Städte, etliche in die ,,"Weinpressen". Trotzdem hielten sich die Soldaten nicht ferne. Weiter wüthete die Pest in der Stadt Müncheberg (2 M. von Für- stenwalde). Auch die Einwohnerzahl Spandau's wurde durch die Pest bedeutend verringert; es standen viele Häuser leer. Seit der grossen Theuerung 1622 war die Leistungsfähigkeit der Stadt gebrochen und die Noth gross ^). Ingleichen wurde Neustadt-Eberswalde von der Pest heim- gesucht. Die in der Altmark hausende Seuche fasste nun auch in Gardelegen festen Fuss und gewann an den einquartirten Soldaten förderliche Helfers- helfer, Die infizirten Soldaten wurden daher in die Hopfenhäuser und nach St. Georg verlegt. Von den Soldaten des Herzogs Georg von Braunschweig und Lüneburg, der hier das Hauptquartier hatte, wurden 20 und mehr Leichen in eine Grube geworfen. In der Pfarrei St. Nikolai starben allein 766 Personen, im Ganzen aber 1154^). — In dem nächst der Stadt Tanger- münde errichteten Feldlager brach unter der dänischen Besatzung die Ruhr aus, welche sich bis in die Stadt verbreitete und gegen 1600 Menschen hinraffte; am 29. Juni zogen die Dänen ab. — Auch Stendal wurde nach dem Abzüge der Dänen furchtbar heimgesucht. Im Juli stellte sich die Ruhr ein und tödtete binnen wenigen Monaten 2511 Per- sonen, welche kirchlich begraben wurden, während sonst die Durchschnitts- 1) Geschichtsbl. f. Magd. 1878. 70. 2) Krüger 268. 3) D. Bauke 71. zahl der Leichen 280—290 betrug. Ausserdem wurden viele Leichen in den Gärten hinter den Häusern begraben; ebenso starben viele Bauern, die sich in die Stadt geflüchtet hatten, so dass die Gesammtzahl von 5000 Todten kaum übertrieben erscheint. In der Nikolaipfarre sind vom 1. bis 24. September allein 228 Todte eingetragen. Im Kirchenbuche ist be- merkt: Dysenteria grassari coepit. Dysenteriae comes erat pestis, quod Contagium opinione celerius totam circumrepsit urbem et intra breve ali- quot mensium multos e medio sustulit, — In der Stadt Osterburg erlagen von 1626—28 der Pest 624 Menschen (Matr.). Auch die Stadt Werben wurde davon heimgesucht. In Bismark erlagen 163 Bewohner, in Priz- walk 138. In der Stadt Havelberg starben an Ruhr, Hauptkrankheit und Pest gegen 668 Personen, wovon etwa 400 an Pest^). In Salzwedel wüthete die Pest; von den in diesem Jahre allda verstorbenen 461 Personen sind über 400 ihr zuzuschreiben, — In Rathenow ist die Pest im September durch einen Bettler eingeschleppt worden, der am 9. plötzlich starb und heimlich eingescharrt wurde; bis Jahresschluss wurden 132 Personen öffentlich beerdigt; im Januar hin- gegen starben nur noch 5 Personen. — In Mecklenburg traten Ruhr und Pest epidemisch auf; letztere soll sich von Rostock aus im Jahre 1624 über das Land verbreitet haben. — Am 12. März zeigte sich die Pest in Parchim. Nachdem sie Mitte Mai ihren Höhepunkt erreicht, währte sie noch bis Martini. Einzelne Pestfälle kamen indes bis Pfingsten 1627 noch vor. Es fielen gegen 1600 Pestopfer. Die am 23. Juli publizirte Pestordnung bestimmt: Infizirte und Gesunde sollen sich aller Gemein- schaft enthalten. Die Pest-Betten, Kleider und Sachen sollen bis auf den Winter verschlossen bleiben und erst bei hartem Frost an die Luft gebracht werden. Bei schwerer Strafe sollen die Pestleichen nicht länger als einen Tag und eine Nacht unbegraben liegen bleiben. Die Gräber sollen sehr tief gegraben werden etc. Ueber das Schicksal der Stadt Einbeck (Hannover) berichtet Georg Jeremias von Dassel, Gvitsbesitzer zu Hoppensen und Einbeck: „Was die Sterbens-Läuffte, damit Gott der Allmächtige uns auch fast stark heimgesucht, belangen thut, haben dieselben auch jetzo leider allerdings nicht nachgelassen und sind seit Jacobi vorigen Jahres bis jetzt allhie in Einbeck an der Pest und Hauptkrankheit über die 3000 Personen (nämlich Landbewohner und flüchtige Einwohner von Moriugen, Dassel, Stadtoldendorf inbegriffen) mit Gesang und Klang begraben, auch sehr viele, vornehmlich aus dem Bauernvolk, so hereingeflohen, heimlich hinausgebracht und in die Erde gescharrt worden. Inraassen denn auch noch heutigen Tages fast viel in dieser Stadt hin i) Beckmann, Brandenburg. und wieder auf der Gasse erbärmlich krank liegen und eines Theils jämmerlich sterben. Auf dem Lande und in den Dörfern sind von den Leuten, so vom Feinde nicht erschossen und zermetschet und fast häufig im Holze und Felde halb vom wilden und zahmen Viehe zerfressen ge- funden worden, über die Hälfte gestorben, haben ihrer Seelsorger nicht mächtig werden können und haben ohne christliche Ceremonien begraben werden müssen, ja ihrer viele sind in Stroh verbunden und in die Erde, wo sie gestorben, verscharrt, dass es also dieses Orts ein erbärmlicher Zu- stand gewesen und noch ist, und was am höchsten zu beklagen, ist auf dem Lande und in den kleinen Städten nun über drei Vierteljahre kein Beten verrichtet worden, ja die Kirchen sind alle miteinander aufgebrochen, was darin gewesen, weggeraubt und in vielen Orten die Glocken zer- schlagen und weggenommen worden u. s. w."^). Nachdem in Göttingen schon längere Zeit die Ruhr und andere hitzige Krankheiten geherrscht hatten, ja einige Pestfälle aufgetreten waren, nahm die Pest während der Belagerung der Stadt durch Tilly (Juni bis 12. August) in den heissen Tagen des Juni und Juli bei grossem Mangel in der von Flüchtlingen dicht bevölkerten Stadt so mächtige Dimensionen an, dass fast täglich 50 bis 60 Personen begraben wurden; der ganze Freudenberg war mit gestorbenen Bauern angefüllt; Mangel an Futter brachte auch das Vieh zu FalP). Nicht minder wehte wäh- rend der Belagerung ein giftiger Hauch über das nahe Dransfeld, wo in Folge dessen 700 Menschen starben; „die Stadt war so wüste, dass man einen halben Tag vor der Thüre sitzen konnte und keinen Men- schen zu sehen bekam" ^). — Mit grosser Heftigkeit stellte sich die Pest in Goslar ein, "vyo ihr 3000 Menschen zum Opfer fielen. Zu den Kriegsleiden gesellte sich in Bockenem die Pest, deren Opfer auf dem im Garten der Kapelle B. M. V. eigens angelegten Todtenacker beerdigt wurden. — In Wolfenbüttel wurden 1705 Menschen eine Beute der Pest*). — In der dicht bevölkerten Stadt Hannover vertrieb im März die sich furchtbar ausbreitende Pest selbst die Besatzung. Durch die vielen Flüchtlinge vom Lande hatten Theuerung, Hungersnoth und Pest überhand genommen. Aus Mangel an Särgen wickelte man die vielen Leichen in alte Tücher oder Stroh, um sie dann auf Karren zum Leichenacker zu bringen. Der ein volles Jahr wüthenden Krankheit erlagen über 3000 Menschen und soll kaum der dritte Theil der Bevölkerung übrig geblieben sein. Im Jahre 1636 zeigte sich die Pest nur in wenigen Häusern^). In der Stadt Nienburg, welche von den Kaiserlichen nach der Schlacht 1) Harland II, 265. 2) Hist. Besclir. v. Göttingen 1734. 184. 3) Havel- mann, Braunschweig II, 654, III, 2. ^j Goerges, Bege, Roloff. 5) Hoppe 131 f. bei Lutter am Barenberge blockirt wurde, brach unter der dänischen Be- satzung und der Bevölkerung die Pest aus; ihr erlag auch der Kom- mandant von Limbach ^). Die Stadt Wiedenbrück an der Ems (Westfalen) wurde von Ein- quartirungslasten, Hungersnoth und durch die „boesse krankheit" schwer heimgesucht ^). 1627, Nasses, kaltes Jahr; spätes Frühjahr, Mitte Mai starker Frost, der Wein, Obst und Feldfrüchte an vielen Orten schädigte; im Sommer häufige Unwetter mit Hagel, viele Regengüsse, von Mitte August bis in den November, verdarben das Getreide; die Ernte war gering, Wein wenig und sauer. Grosse Theuerung. Li Franken und Bayern tauchte die Pest in manchen Gegenden auf; so in der Maingegend. In Eichenbühl bei Miltenberg erlagen gegen 70 Personen der Pest (Matr.) Li Wertheim blieben die Schulen wegen der herrschenden Pest drei Monate geschlossen; die Schülerzahl verminderte sich um 30^). In Schweinfurt trat gegen Ende des Jahres die Pest sporadisch auf; am 4. Dezember gebot der Rath, alle an der Pest Gestorbenen bei Nacht zu begraben. Die Sterblichkeit war jedoch eine sehr geringe, da man 221 Geburten und 206 Sterbfälle zählte. Das Uebel machte sich weiterhin im folgenden Jahre bemerkbar, da der Rath noch am 27. Dezember die Anordnung erliess, dass jene, welche von der jetzt grassirenden Pest entweder persönlich angesteckt oder nur aus an- gesteckten Häusern und Orten wären, sich des Besuches der Badestuben und anderer Versammlungen zu enthalten hätten. Bei 253 Geburten starben nur 296. — Die Pest fand sich auch wieder in ]!^eustadt a. d. A. ein, so dass einige Häuser geschlossen wurden; sie zog sich jedoch bald zurück. In Burgbernheim erlagen der Pest 180 Personen; sie dauerte bis ins nächste Jahr. In diesem und folgenden Jahre herrschte das Uebel auch in Leutershausen; in der Rechnung vom 11. April 1628 erscheinen Ausgaben für Dr. Knobloch in Onolzbach „als er wegen der Pest zu Rath gezogen war", in die Apotheke für Medicamenta praeservativa und curativa, so von den Geistlichen und Weltlichen abgeholt worden, für Wartgeld den 4 Todtengräbern, welche 26 Wochen gehalten worden sind"^). — Nürnberg wurde von der Pest wieder besucht, so dass täglich 30 bis 40 Menschen starben (Ziehl). Zu Altsittenbach bei Hersbruck raffte sie 44 Personen weg. — In Eichstädt wüthete als Folge der Theuerung im Herbste eine heftige Seuche und ward eine auf einer Anhöhe (am 1) Goerges III. 2) Güterloh 7. 3) Neidhart, Schulgesch. 9, Müller-Falke, Zeitschr. f. Kulturgesch. 1856. 4) Mittelfr. Arch. XL Freudhof) vor dem Westenthore angelegte „Pestgrube" ganz gefüllt. Viele Domherrn flohen, der Bischof blieb ^). Auch in der Bayreuther Gegend wüthete die Pest; so starben in Plech, Bez. Pegnitz, und Ottenhof 168 Personen, weshalb der Friedhof erweitert wurde. Im nächsten Jahre wurden von Beginn des September bis 21. Dezember 214 Personen beerdigt. Auch die Oberpfalz blieb von der Pest nicht verschont. In der Michlfelder Pfarrei (bei Auerbach) fing die Pest im August 1627 an und dauerte bis gegen 1635 fort. Die ersten Opfer waren die Fischsteiner. Das Uebel griff so heftig um sich, dass, ebenso wie in Auerbach, die Leute die Ihrigen gleich in der Nähe ihrer Häuser begraben mussten. Selbst diese getrauten sich kaum mehr und mussten mit grossen Kosten Jemand bezahlen, welcher die Leichen begrub. (So liest man, dass sich Zigeuner als Todtengräber gebrauchen Hessen. Unter anderen liess sich ein Todtengräber von Plech bei Bay- reuth seine Dienste in der Pfarrei Michlfeld theuer bezahlen, z. B. für ein Begräbniss am 31. Dezember 1627 liess er sich gegen acht Reichs- thaler sammt Kost und Trunk geben). Zu den Seuchen kam noch in Folge des Misswachses Mangel an allen Viktualien und an Vieh, welche Noth durch Einquartierung gestei- gert wurde. So klagten die Metzger von Tirscheni'euth, dass das meiste Vieh zu Grunde gegangen sei; das noch vorhandene sei halbkrank, matt und so dürr, dass „Einen davor eckein muss, es auch nur anzuschauen, geschweige denn es zu geniessen, wodurch gar leicht eine Krankheit causirt (herbeigeführt) werden könnte." Die allgemein überhand neh- menden Ki'iegsdrangsale erzeugten allenthalben Unsicherheit. Markgraf Hans Georg trieb sich im Nordgau mit seinem Gesindel umher und raubte den armen Leuten das noch übrige Vieh. Zu Landshut legte man zum Begraben der infizirten Leichen einen „Pest- freithof" an. Im nahen Pfarrdorf Altheim trat die Pest auf (Gesch. v. Ebersberg). — In Südbayern verbreitete sich allmählich die Ruhr, welche, nach dem Urtheile der Aerzte, durch Genuss unreifen Obstes und in manchen Fällen durch Trinken von schlecht gegohrenem Tiroler "Wein aus dem Etschthale veranlasst worden war. Durch landesherrliches Mandat vom 9. Oktober und 4. November wurde die weitere Einfuhr solchen Weines verboten^). Auch in den Vororten Neuburgs a. D. brach eine ansteckende Seuche aus, welche bis zum Schlüsse des Jahres währte; das Gymnasium 1) Bundschuh, top. Lex. I, 768. 2) Meichelbeck, Chr. Beuedictob. I. 291. blieb bis zum Katharinentag geschlossen ^). Im Oktober riss zu Augsburg die Pest wieder ein; sie nahm im November so zu, dass innerhalb 8Tagen 100 und mehr Menschen erlagen. Der Rath Hess das Lazareth oder Brechhaus öffnen, bestellte Sesselträger, welche die angesteckten Personen sofort da- hin zu bringen hatten und verbot alle Lustbarkeiten, Der Kvirfürst Maximilian in Bayern untersagte bei schwerer Strafe seinen Unterthanen in die Stadt zu gehen, erlaubte ihnen jedoch, ihre Waaren an die Lech- brücke zum Kaufe zu bringen, wo die mit Erlaubnisschein versehenen und noch nicht infizirten Personen aus der Stadt verkehren durften. (Rathsdekr.) — Schrecklich wüthete die Pest — rothe Ruhr — in der Pfarrei Grünenbach (sw. von Kempten) 1627, 1628; 1630. Während des Winters, bis Ende März, herrschten in SchafFhausen bösartige ansteckende Fieber, welche namentlich in der Unterstadt und Webergasse viele Personen wegraffte^). In Radolphzell hauste die Pest, weshalb die Laienpriester die Stadt verliessen, während die Kapuziner standhaft aushielten. In Durlach trat die Pest im Sommer mit Heftigkeit auf, ja sie ver- breitete sich auch in den Nachbarorten. Im September wurden 12, dann 16 Krankenwärterinnen und 8 Todtengräber bestellt. Zu den 2 Durlacher Aerzten kamen noch jene von Pforzheim zur x\ushilfe. Im Frühjahr 1628 liess die Seuche nach. In Württemberg erhob sich die Pest zu neuer Thätigkeit; so in der Stadt Wangen; in Crailsheim nahm sie vom Mai bis November 265, in Crispenhofen (0. A. Künzelsau) 101 Menschen hinweg (Matr.) Im November waren durch Wetterfeld (kleines Dorf bei Laubach, Wetterau) spanische Truppen marschirt; diese haben wohl die Pest dahin verschleppt. „Vom 21. — 25. Dezember starben 4 Personen an der Pest" und am 2. Januar 1628 eine Müllerstochter ^). In der Provinz Sachsen grassirte noch die Pest zu Eckartsberga bei Halle; dann in Mühlberg an der Elbe: hier wüthete sie 16 Wochen; die am meisten heimgesuchte Himmelreichsstrasse wurde mit Brettern ver- schlagen; im nächsten Jahre trat sie hier wieder auf. In Crossen an der Oder sollen ihr gegen 1000 Menschen erlegen sein; denselben Ver- lust beklagte Sommerfeld in diesem und dem folgenden Jahre*). Nachdem die Pest im verwichenen Jahre in Niedersachsen grosse Thätigkeit entfaltet hatte, richtete sie nun in Bremen bei grosser Hmigersnoth eine mörderische Niederlage an; nach einem Verzeich- nisse wurden gegen 10000 Menschen, Einheimische und Flüchtlinge, 1) Neub. Collect. 49. 2) Chron. IV, 289. 3) Wetterfeld. Chron. 72. 4) Wede- kind, Züllichau 196. ihre Beute ^). In Flensburg (Schleswig) herrschte während der Besetzung durch die Kaiserlichen die Pest neben allgemeinem Elend in hohem Grade. Mit dem Abzüge des Feindes wich das Uebel. So heisst es im Stadt- protokoll von 1630: „An. 1630 am 25. Januar war der Rath nach er- langtem lieben Frieden und aufgehörter Pestilentz zur Haltimg des Ge- richts wieder beysammengekommen." — Brüssel ward wieder der Schauplatz einer verheerenden Epidemie; sie nistete sich vorzüglich in den feuchten Wohnungen der tiefgelegenen Stadttheile ein; man nahm seine Zuflucht zur Fürbitte des Pestpatrons St. Rochus^). 1628. Einem "warmen Winter folgte im Frühling Schnee und Regen, wodurch die Blüthe litt; nasser kalter Sommer; das Getreide kam spät zur Reife und nicht trocken in die Scheune; im September stand in manchen Gegenden noch viel Getreide auf dem Felde und konnte wegen bald eingetretener Kälte nicht eingeheimst werden. Die Früchte waren schlecht gerathen; die Trauben erfroren, ehe sie reif waren; an manchen Orten mussten sie mit dem Stempel gestossen werden, so dass man diesen Wein, welcher seit 100 Jahren nicht so schlecht gewachsen, „Stösselwein" nannte. Dazu kam in manchen Gegenden eine fürchterliche Theuerung, die im nächsten Jahre anhielt; in Landsberg (Oberb.) kostete ein Scheffel Korn über 100 fl. Nach der Tyroler Hauschronik aus Pfans entstand wegen der Fehlernte eine solche Noth um Matrey, dass man das Bohnenstroh mahlte, um Brod daraus zu backen; das Staar Roggen galt 12 fl.; Christian Mair von der Leiter trug um 100 fl. Brod von Kapfstein auf der Kraxen nach Matrey. Frankreich wurde 1628 — 31 von typhösen Seuchen, wie von der Pest heimgesucht. So Angers, wo besonders die Armen durch Noth und Krankheit litten, so Chalons, Aix, Montpellier, Avignon, Marseille; in Agen hatte man vom März bis Juli 1631 vor der Pest Ruhe, jedoch herrschte unter den Vornehmen „le pourpre" und eine „grande phrenesie". Mit Nachlass des Typhus brach die Pest von Neuem aus. In Lyon herrschte die Pest vier Monate hindurch in der verheerendsten Weise; es erlagen ihr über 50000 Menschen, gegen 3000 flohen auf das Feld ^). Limoges soll 25 000 Einwohner verloren haben. Die Schweiz wurde abermals der Schauplatz einer Jahre hindurch anhaltenden Pestseuche. In Zug trat die Pest am 8. September auf. „Et incipit pestis" sagt das Todtenbuch. Von diesem Datum an bis zum 29. Dezember 1629 ergaben sich in der Stadt allein 468 Todesfälle, unter Ausschluss von etwa 240 Kinderleichen. Im August 1629 starben 97 und im September 151 Kommunikanten. Im Frauenkloster zu St. Klara 1) Topogr. infer. 66. 2) Henne et Wauters II, 43. 3) Ludolph, Schaub. I, XV, 475; Newer Unpartheyischer Mercur. Colin 1629. starben 1629 in kurzer Zeit 18 Professinnen (4 an einem Tage) und 2 Kosttöcliter. Das Jahr 1630 weist gegen den Verlust 78 Ehen für die Stadtgemeinde auf^). In Sursee erlagen (1628—1629) der Pestseuche in einem halben Jahre bei 400 Menschen; zu gleicher Zeit raffte die Pest in der Stadt Zofingen gegen 200 Personen weg 2). Am Ende des Jahres herrschte im Städtchen Sempach am Vierwaldstätter See die Pest. Das „Gemeindebuch" im Stadtarchiv Sempach sagt: „1628 war ein stärbet in der statt, starben jung und alt uf die 100 Personen." Das Todtenbuch bestätigt es. Dasselbe enthält von der Hand des Leutpriesters R. Entlin die Worte: „Extra parochiam nuptiae celebratae, infra nullae." „In fine et circa finem pestis grassabat. 1628, Sept. 5., "f" Adrian Gassraann, hat die Pest von Sursee kramet". — In Kanton und Stadt Zürich zeigte sich die Pest 1628—29 in massigem Grade. In Frauenfeld (Thurgau) breitete sich die Pest im Winter 1628 auf 1629 heftiger aus, als aus dem Jahre 1611 berichtet worden. Im Kirchspiel fielen 400 Personen der Pest zum Opfer. Zur Berichtigung irriger Ansichten über das Wesen der Krank- heit wurde der Satz aufgestellt, nicht die Luft sei vergiftet, sondern die Ansteckung erfolge durch Berührung der Kranken oder von ihnen verun- reinigter Kleider, Tücher und Geräthe, daher die sorgfältigste Reinlichkeit empfohlen, das Ausschütten des Unrathes auf die Gassen, die Verun- reinigung der Brunnen und des Stadtbaches aber strenge verboten, Leuten aus infizirten Orten der Eintritt in die Stadt verwehrt; der Verkehr der Infizirten oder deren Angehörigen mit den übrigen Stadtbewohnern strengstens untersagt wurde. Als Mittel gegen Ansteckung rieth man die Wohn- zimmer täglich mehrmals zu beräuchern und zu beflammen; auf gleiche Weise musste auch der Messner die Kirche eine halbe Stunde vor dem Gottesdienste von unreinen Dünsten befreien. Die Särge durften nicht getragen, sondern mussten auf Umwegen neben der Stadt an den Friedhof gefahren werden. — Liestal (s. ö. v. Basel) wurde in diesem und dem folgenden Jahre scbwer heimgesucht. Auch in Basel fand die Pest Ein- gang. Das Todtenregister nennt 527 Opfer für das Jahr 1628 und 2656 für 1629, ohne jene, welche eines gewöhnlichen Todes starben^). Mit den Zügen des österreichischen Heeres wurden die Krankheitskeime weiter verbreitet. Auf diese Quelle führte man auch „die wüthende Seuche der Pestilenz" zurück, Avelche in Schaflfhausen trotz verschiedener Vorsichts- massregeln ausbrach. Am 5. November fiel das erste Pestopfer, welches am Jahresschlüsse gegen 60 Personen, meist weiblichen Geschlechtes, nach sich gezogen hatte. Bei andauernder Theuerung erhielt sich die Pest bis 1) Geschichtsfr. Einsiedeln XV, 33, 90. 228, XIV, 33. 2) Attenhofer 3j Beitrüge z. Gesch. B. 1839. zum Schlüsse des nächsten Jahres. Nach Joh. Mich. Wepfers Ver- zeichnisse starben im Januar 47 Personen, im Februar 43, März 38 April 32, Mai 50, Juni 149, Juli 463, August 901, September 608, Oktober 183, November 64, Dezember 17, im Ganzen 2595 Personen, unter ihnen der grösste Theil der Beamten, Geistlichen, Aerzte und eine grosse Zahl Jungfrauen, In Beringen starben 300, in Thäyngen 340 Personen u. s. f., überhaupt in der Landschaft gegen 2000 Menschen. — Am 14. August wurde angeordnet, dass „der Abgestorbenen hinter! assene Sachen eiue gute Zeit liegen bleiben sollen." Der Stadtschlosser musste, „wenn in einem Hause alles ausgestorben war, dasselbige wohl ver- schliessen". (Noch in der Neuzeit fanden sich hier und da Spuren solcher Schliessungen) ^). In Sulzburg (Kreis Lörrach, Baden) herrschte die Pest^). Im Elsass hielt die Seuche nur in einigen Städten Einkehr, so in Gebweiler ^), in Mülhausen, wo die Epidemie bis ins nächste Jahr währte. Freiburg i. Br. wurde von der Pest heimgesucht. Am 20. Januar am Feste des hl. Sebastian, ist daher „zuom erstenmal gebotten worden zuo feiren, wegen einfallender böser Sucht abzuobitten" *). Württembei'g hatte abermals der Pest zahlreiche Opfer zu bringen Die Pest wüthete in diesem und dem folgenden Jahre am Bodensee. In Langenargen blieb 1629 nur das Schloss von der Pest verschont^). In Ravensburg nahm die ansteckende Seuche so überhand, dass vom halben August bis Weihnachten gegen 400 Personen starben. — In Oberschwaben trat die Pest in verschiedenen Orten auf; so starben in Leutkirch während eines halben Jahres 150, ün nächsten Jahre 120 Personen. Auch Isny hatte viele Opfer zu beklagen. Im Pfarrsprengel ümmendorf brach zur Herbstzeit die Pest aus; in dem Filialorte Fischbach erlagen 50 Personen, in ümmendorf nur wenige ^). Im Oktober herrschte die Pest in der ganzen Umgegend von Ingoldingen, besonders aber in Winterstetteu- stadt (Donaukreis) '^). In Frauenzimmern (Zabergau) erlagen 10 Personen der Pest. In der Umgegend von Jagstberg (0. A. Künzelsau) hauste die Pest in verheerender Weise (Pfarrchr.). Zu Dillenburg (Nassau) trat die Pest 1628 und 29 wieder auf, jedoch nicht so gefährlich wie 1626. Wegen der schrecklich zunehmenden Pest flüchteten die Nonnen des Klosters Walsdorf an der Ems, gingen 1) Chron. Schaffh. IV, 291 f. Wepfer, Jahrb. f. Schweizer Gesch. Zürich 1884. 128. a) Zeitschr. f. Geschichtsk. Freib. i. Br. 1880. 102. 3) Dominikauer- chronik. 4) Tb. Mallinger's Tagbucb. Mone. II, 533. 5) Gatteuauer Chron. 55. 6) Stift Ocbsenbausen 114. 7) Gaisser's Tagb. Mone II, 179. jedoch meist elend zu Grunde, nachdem bereits 1626 und 1627 einzelne Schwestern von der Seuche weggerafft worden waren. Die in der Umgegend herrschenden Infektionskrankheiten — „Pest" — fanden Ende Juni auch in Saarbrücken und St. Johann Eingang; sie währten bis in das nächste Jahr, da die über diese Städte verhängte Sperre noch im April bestand. Die Zahl der Verstorbenen ist nicht be- kannt. — Köln wurde 1628, 1629, 1630 und 1631 der Schauplatz ver- heerender Epidemien *). In Bayern griff die Pest, besonders in Schwaben, um sich, wohl im Anschlüsse an die Verwüstungen im Bodenseegebiete und Württemberg. — Die Pest raffte in Lindau 300 Menschen hinweg, ja sie wüthete noch im folgenden Jahre ^). (Nach F. Bouton sollen daselbst in 1 ^/g Jahren 2000 Pestopfer gefallen sein). Zu den Einquartierungslasten, Theuerung und Noth kam in Schwaben die Pest. Kempten verlor durch die Seuche 499 Männer, 633 Frauen und 680 Kinder, zusammen 1822 Personen; selbst noch im folgenden Januar 138 Menschen; am 14. Oktober 1628 starben allein 12 Männer, 11 Frauen und 7 Kinder (Haggenmüller giebt als Zahl der Gestorbenen 2735 an). Die Krankheit verbreitete sich auch über das Land; in der Pfarrei Legau starben im gleichen Jahre 212 Personen. — Im Juli erhob sich in mehreren umliegenden Dörfern bei Memmingen die Pest, im August betrat sie die Stadt. Die Bewohner infizirter Häuser durften nicht ausgehen, die armen Kranken kamen ins Brechhaus. Erst der Wintermonat 1629 machte der Pest ein Ende, nachdem in einem halben Jahre 650 Menschen, meist Arme, gestorben waren; ganze Häuser standen entvölkert da. Eine Folge dieser Entvölkerung waren die vielen Hochzeiten; am Ostermontage 1629 wurden 17 Paare ver- kündet^). — Die Drangsale des Krieges brachten im Jahre 1628 zu Oberdorf eine grosse Sterblichkeit unter die Leute; das gab den Anlass eine Kapelle zu stiften. — Zu Anfang des Jahres herrschte in Augsburg die Pest noch immer fort. Als im März ein Rückgang der Seuche zu verspüren war, sperrte man das Brechhaus, um den Handel und Wandel der Stadt wieder zu eröffnen, allein im Juli erhob sich die Seuche von Neuem, und nun dauerte sie fast bis zum Jahresschlüsse. Nach dem Berichte Einiger sollen in diesem Jahre über 9000 Menschen der Pest erlegen sein. Man theilte den Rath in zwei Hälften, wovon je eine 14 Tage lang im Dienste blieb. Nach Lewald erlagen innerhalb zweier Jahre gar 30000 Menschen^). Auch in Neuburg a. D. erhob im Jahresanfang die Pest von Neuem ihr Haupt; sie zeichnete sich durch gesteigerte An- 1) Ennen, Volksausg. 447. 2) Ver. f. Gesch. d. Bodens. 1869. 82. 3) Unold, Memm. 23. 4) Stetten II, 16. steckungsfähigkeit und raschen Tod aus. Gedacht sei hierbei des Pfarrers Gg. Ridd von Oberhausen als eines Opfers seiner Nächstenliebe. Nach kurzem Stillstande rührte sich die Pest abermals um Mitte des Sommers. — In Landsberg a. Lech wüthete die Pest fürchterlich und zwar bis ins Jahr 1630 ^). In der ganzen Gegend gesellte sich zur allgemeinen Theuerung die furchtbar ansteckende Seuche, welche Tausende hinraffte. In Schongau starben an manchem Tage gegen 30, im Ganzen über 700 Personen, Im Mai waren die Orte Unterpeissenberg und Luberzried wegen der Pest abgesperrt worden. So wurde am 11. September auch die Stadt Weilheim wegen vorhandener Spuren der Pest versperrt, bis der Verkehr am 22. Januar 1629, nach Erlöschen der Infektion, wieder hergestellt werden konnte. — Anfangs August bereitete sich die Pest den Weg nach Andechs (Heiligenberg) durch verbotswidrige Aufnahme von zwei Wallfahrern; das bald um sich greifende Uebel forderte in 2^/2 Monaten 21 Opfer. Niemand wollte die Todten begraben, weshalb die Verwandten selbst ihre Todten bei Nacht der Erde übergeben mussten. Gleich darauf wurde das nahe Dorf Erling von München aus gesperrt und der Verkehr verboten. Auch hier fehlte der Todtengräber; da in den angesteckten Häusern oft kein Gesunder war, der den Tod des Anderen hätte anzeigen, viel weniger diesen begraben können, so blieben die Leichen oft längere Zeit liegen, ohne dass etwas bekannt Avurde. Endlich Hess sich der Hirt von Fischen zum Dienste herbei. Am 11. Oktober starb das letzte Pestopfer. Die Pestgräber bedeckte man mit frischem Wasen, reinigte die infizirten Häuser mit Kalk und verbrannte die Mobilien ^). München war bis jetzt von der herrschenden Pest verschont ge- blieben; da starb plötzlich am 28. September eine Magd des Vize- kanzlers Richl an den Symptomen der Pest. Das Haus wurde gesperrt, die mit den Kranken verkehrenden Personen, Arzt, Bader, Seelnonne wurden vom öffentlichen Verkehre abgesondert und andere Massregeln verfügt; die Seuche ergriff nur wenige Personen, ohne nach anderen Opfern ihre Hand auszustrecken. In weiterer Ferne heiTschte die Seuche in der Umgebung von Traun- stein, Burghausen und zu Schärding am Inn, dann in Wien, wo sie bis 1630 grassirte^). In der Oberpfalz ersah sich die Pest Amberg als Arbeitsfeld aus *). Nach dem Matrikel von Schlüsselfeld (Oberfr.) starben in Obermeisendorf 24 Personen an der Seuche. Burgebrach verlor in diesem Jahre 90 Menschen, im September 23, worunter 7 Kinder, im Oktober 26, darunter 5 Kinder; 1) Oberb. Arch. IX, 309. 2) Chron. v. Erling. 3) Böheim, Wiener-Neu- stadt. 4) Baumgarten, Neustadt a. D. 109. Ampferbach allein zählte 33 Verstorbene, unter ihnen wenige Kinder^), In Lehrberg bei Ansbach starben 125 Personen 2). Hessen blieb von der Pest nicht verschont. Im Juli fand sie Ein- gang in Giessen; derselben erlagen bis zum 29. November 57 Personen. Auch im Jahre 1629 und 1630 kamen noch einzelne Todesfälle durch Pest vor (Kirchenbuch)^). Pferdingsleben (Thüringen) verlor wieder 94 Personen durch die Pest, — Im Kirchspiel Saalfeld forderte sie 74, ein Jahr später 87 Pest- opfer. Nach Beckmann's Anhalt. Hist. I. 160 starben in der Stadt Hoym (an der Selke) 500 Menschen an der Pest. — Das Kirchenbuch nennt jedoch in diesem wie in den vorher- und nachgehenden Jahren sehr wenig Verstorbene; es scheint hier ein Irrthum obzuwalten^). In Spandau herrschte 1628 und 1630 die Pest. — In Lenzen un- weit der Elbe erlagen ihr 168 Personen^). — Die Stadt Schwedt an der Oder, musste in diesem und dem folgenden Jahre über 100 Pestopfer lassen, während sonst jährlich 12—30 Todesfälle vorkamen. — In Buxte- hude herrschte abermals die Pest; gegen 700 Menschen tödtete ihr Gift- hauch. Auch Stade wurde von ihr heimgesucht^). — Nach Hamburg hatten sich während der Kriegszeit viele Auswärtige geflüchtet und da- durch StoiT gegeben zu einer Seuche („Hauptkrankheit"), welche viele Opfer forderte. Im St, Michaeliskirchspiele wurden allein gegen 4200 Leichen begraben. Unter den Verstorbenen befanden sich mehr denn 5000 aus dem Colmarer Bezirke. Nach dem am 28. Mai des folgenden Jahres zwischen dem König von Dänemark und Kaiser Ferdinand geschlossenen Frieden kehrten die noch von der Seuche Verschonten in ihre Heimath zurück, wo grosses Elend herrschte'^), — Auch in Glückstadt an der Mündung des Rhyn in die Elbe (Holstein) herrschte die Pest heftig.^). — In die Stadt Schleswig wurde die Pest mit der im September erfolgten Einquartierung kaiserlicher Truppen und insbesondere am 20. November durch den Einmarsch von 813 Mann mit 70 Weibern und 30 Jungen vom Scharfenbergischen Regiment eingeschleppt. Durch Krankheit, Noth und Flucht der Vermögenden verödete die Stadt, so dass um Weihnachten 211 Häuser leer standen. — Den Bewohnern Nordfrieslands wie der friesischen Inseln brachte der Krieg Anfangs 1628 grosses Unglück. Die kaiserlichen wie dänischen Truppen bedrängten das Volk durch Einquar- tierungen, Kontributionen, Erpressungen aller Art. Uebrigens folgten der 1) Haas, Slavenl, I, 308, II, 55. 2) Mittelfr. Arch. 26. 3) Oberhess. V. f. Lokalgesch. 1881. 4) Zeitschr. d. Harzv. f. Gesch. Wernigerode 1869. &) Beck- mann, Brand. II, 244. 6) Arch. f. Gesch. zu Stade 1869. 396. Topogr. Sax. inf. 1652, 223. 7) Kurze Hamb. Chron., Jahrb. f. Landesk. Kiel 1859. 8) Top. Sax. inf. 100. Kriegsnoth Theuerung und Pest fast im ganzen Nordfrieslande bis zur Ernte des Jahres 1630^). Die Stadt Rasten bürg (s. ö. von Königsberg) verlor durch eine Epidemie abermals viele Schüler (vgl. 1625). 1629. Ziemlich kalter Winter, sehr günstiger Sommer; häufige Hagelwetter, Frucht und Wein verblühten 14 Tage vor Johanni; gute Getreideernte, frühe Weinlese, Wein gut und viel. In diesem Jahre fand die Pest in der Schweiz grössere Ver- breitung, besonders im Kanton St. Gallen. — Am 20. Mai kam von Trogen, dem Hauptorte des Kantons Appenzell-Ausser-Rhoden, ein Mann nach St. Gallen, übernachtete im Wirthshause zum Adler und ward daselbst am andern Morgen schwer erkrankt aufgefunden. Noch am Abende starb er; der ganze Hausstand des Wirthes aber fühlte sich alsbald an- gesteckt und einige Glieder desselben starben. Bei gehöriger Vorsicht hätte der weiteren Ansteckung wohl vorgebeugt werden können, denn erst im Juni verbreitete sich die Seuche in und vor der Stadt. Es starben innerhalb 7 Monaten in der Stadt und ihren Gerichten 671 Kinder unter 14 Jahren und 749 Erwachsene, sohin 1420 Personen % Nach v. Arx erlagen in St. Gallen 1630 Menschen. — Auch im Kloster St. Gallen äusserte sich die Pest mit Pestbeulen auf der Brust, in der Leistengegend und an den Armen. Zu Anfang des September erkrankte und starb ein Pater, worauf der Abt mit den 6 Novizen und ihrem Präceptor nach Rorschach übersiedelte, die Schüler aber in ihre Heimath entliess bis auf einen, dessen Geburtsort Gossau durchseucht wurde. Weiter erkrankten bis Ende September von 26 Konventualen 6, wovon 4 starben und 2 Diener, welche ihrem Leiden erlagen. Auch ins Kloster von Rorschach wurde von St. Gallen aus die Pest mitgebracht. Doch erlitt das Kloster dadurch keine besonderen Verluste^). — In Toggenburg hauste die Pest in schrecklicher Art; nur das Frauenkloster Magdenau blieb verschont *). — Im ganzen Kanton wütheten Hunger und Pest gemeinschaftlich. In der Pfarrei Wil wurden 1060, in der alten Landschaft 19 953 Menschen weggerafft^). Nachdem im Orte Altdorf, Kanton Uri, bereits Viele an der Pest gestorben waren, wui'de die Seuche von da in das nahe Frauenkloster zum obern hl. Kreuz in Attinghausen verschleppt. Mehrere Schwestern 1) Hansen, Uthland 116 f. 2) Hartmann. 3) Mittheil. z. vaterl. Geschichte St. Gallen 1866. 161. 4) Naeff, St. Gallen 899.) &) Vgl. CoUectanea Stepliu Num. 462 p. 400, 435; v. Arx HI, 124. erkrankten, eine starb'). Gegen Ende des Jahres 1628 kam die Pest neuerdings über die Pfarrei "Wetzikon (Kanton Zürich), Sie erreichte ihren Höhepunkt im August mit 135 und im September mit 131 Leichen. Bei einer Bevölkerung von etwa 710 Seelen erlagen der Seuche bis Jahres- schluss 370 Personen. Die Krankheit nahm einen raschen Verlauf, dafür zeugt die Notiz, dass eine Frau, welche ihren Mann in den Todtenbaum gelegt hatte, kurz darauf selbst zu ihm darein gelegt wurde. — Auch Lenzburg (Kanton Basel) litt durch die Pest; ein Wirth starb mit Frau und 4 Kindern. In Feldkirch (Vorarlberg) wurde wegen der leidigen Pest der Markt bei Bludenz abgehalten. Es erlagen viele Menschen der Seuche. — In der ehem. Reichsstadt Pfullendorf (n. von Konstanz) raffte die Epidemie gegen 600 Menschen hinweg. Eine geschriebene Nachricht aus jener Zeit sagt, dass an dieser Seuche der grössere Theil des kleinen Raths, drei Priester und beinahe alle städtischen Diener gestorben seien. — Nach der Thanner Chronik „brachten umb diese Zeit unsere kayserl. Völckher ein miserable Pest mit sich aus Ungarn, Polen und Preussen in unser armes Vatter- land, welche seit dem September au biss dato angefangen zu grassiren, dass zu Strassburg, Hagenau, Schlettstadt, Kolmar, Ruffach und hierumb gar viele Menschen schon gestorben sein." — In Strassburg scheint die Pest nicht besonders heftig aufgetreten zu sein, da dort (nach Dr. J. Krieger) im Jahre 1629 nur 1786 Todesfälle aufgezeichnet sind. — In Metz trat die Pest von Neuem auf; es starben jedoch nur 120 Personen daran. In Württemberg litten manche Gegenden durch die Pest. — Im Juli zeigte sich die Pest in Leutkirch wiederholt; sie raffte bis Januar des folgenden Jahres 120 Personen weg. Ebenso erlagen ihr in Roth viele Menschen. — Auch Ochsenhausen blieb nicht verschont^). — Im Bezirke Waldsee gingen Theuerung, Hungersnoth und Seuchen Hand in Hand, letztere wütheten 1629 und rafften in der Gegend gegen '^/s der Einwohner hinweg. Graf Heinrich von Waldsee bezog für die Dauer der Pest 1628 die Heinrichsburg als Zufluchtsstätte. — Wolfegg, das im Jahre 1600 über 2000 Einwohnerzählte, hatte im J. 1647 noch 139; Aehnliches erfuhr Schussenried u. a. O. — In Giengen an der Brens (0. A. Heiden- heim) fing Mitte Oktober 1628 die Pest an; es starben bis Ende des Jahres 23 Personen; im J. 1629 aber erlagen ihr 71 Erwachsene und 80 Kinder (gegen 15—20 im jährlichen Durchschnitte). — In Sulzburg forderte die Pest abermals 29 Opfer. Von Dattingen bemerkt das Lager- buch Fol. 118: „in diesem Sterbend ist der Stabhalter und alle Gerichts- personen, alle Geschwornen und beinahe alle Bürger hin weggestorben; es 1) Gescliichtsfr. 37. 2) Eggmann, lUerthal. sind viele elende Wittwen mid verlassene Waisen geworden, dass sie alle haben mögen bevogtet werden; kein Vieh, nicht einmal ein Hündlein ist ihnen geblieben; die Noth war in Britzingen gross, aber in Dattingen noch viel grösser". Ende Februar 1630 hörte die Pest auf, wo vom Jahres- anfang bis dahin 43 gestorben sind. Im Kirchspiel, das ungefähr 160 Bürger zählte, starben 217 Personen (von etwa 800 Einwohnern). • Auch in Darmstadt trat die Pest auf, weshalb der Landgraf mit Hofstaat nach Schloss Lichtenberg übersiedelte. Wer sonst konnte, flüchtete sich. Die infizirten Häuser wurden zugeschlagen und Niemand duifte sich am Fenster sehen lassen. Die Pfalz blieb von Seuchen nicht verschont. So waren in Ann- weiler, nach einigen Notizen, Krankheiten ausgebrochen. Auch in der Rhöngegend scheint eine epidemische Krankheit ge- herrscht zu haben. Im Dorfe Sondheim starben 29 Personen (Matr.) — Waltershausen im Grabfelde bestand 1629 noch aus 150 Köpfen, welche durch Krieg und Pest unglaublich viel zu leiden hatten. — Obernbreit (U.Fr.) verlor durch die Pest 152 Einwohner mit dem Pfarrer. In der Oberpfalz trat die Pest nur sporadisch auf. Ende September zeigte sich die Pest in der Apotheke auf dem Kreuz in Regensburg. Es wurde dem Dr. Gichtl befohlen, bei Vermeidung gänzlicher Haussperre die Kranken mit allem zu versorgen und das im Hause befindliche Vieh ins Lazareth schafien zu lassen, wo es das Almosenamt gegen billigen Werth übernehmen wollte. — Zu Abensberg (N. B.) grassirte die Pest ^). Im August starb im Kloster Andechs ein von Sakburg zugereister P. M. Rainbeck an den Erscheinungen der Pest, welche er in Perchting, wo er übernachtet, geerbt haben sollte^). In Waging (Bez. Laufen) wüthete die Pest. In der Stadt Laufen herrschte die „Bi'äune" (Typhus) epi- demisch, weshalb die Abhaltung des Jahrmarktes verboten wurde ^). Im Februar wurden in Retges (Dorf bei Laubach, Wetterau) etliche von der Pest mitgenommen*). — In Schmalkalden herrschte die rothe Ruhr sehr stark. — In Saalfeld (Meiningen) starben 408 Personen an der Pest und im folgenden Jahre musste die Schule der Pest wegen etliche Monate ge- schlossen bleiben. — In Siebenlehn, unweit der Freiberger Mulde, grassirte während des Sommers die Pest, weshalb viele Leute flüchteten, um bei Nachlass der Seuche mit Winteranfang zurückzukehren. — Im sächs. Dorfe Plenschitz herrschte 1629/30 die Pest. In Camenz wurden viele Menschen ein Opfer der Ruhrseuche. Zittau wurde von den Blattern be- 1) Baumgarten, Neustadt 109. 2) Chron. v. Erling. 3) Oberb. Arch. 22. 4) Wetterf. Chron. 77. troffen. — In Zeitz (Prov. Sachsen) herrschte wieder die Pest; auch das Rindvieh wurde von ihr ergriffen. Zu Pritzwalk (Altmark) erlagen der Ruhr 35 Personen '). Durch anhaltende Regengüsse zur Erntezeit verdarb das Getreide auf den Feldern. Dieser Uebelstand erzeugte in der Niederlausitz grosse Theuerung und Hungersnoth 2). — In Neustadt-Eberswalde (Mark Brandenburg) grassirte wiederholt die Pest mit ihrem Todesgefährten, dem Hunger. In der Stadt Lüneburg trat die Ruhr verheerend auf. Auch Holstein musste abermals die Geiseln des Krieges und der Seuchen fühlen. In Stade, wo Tilly sein Hauptquartier genommen hatte, vermehrte eine heftige Ruhrepidemie die Leiden der Einwohner wie der Garnison ^). In der Stadt Travemünde, wie in anderen holsteinischen Orten, trat hin und wieder die Pest auf. Lübeck kam mit dem Schrecken davon. Das Land Mecklenburg wurde aufs Neue von der Pest heimgesucht. Am 13. August brach die Pest zu Rostock und Teterow aus und sie griff stark um sich. Nach einer Aeusserung des Rostocker Pastors Joh. Quistorp an Jungius am 22. August 1629 waren bis dahin 300 Menschen an der Pest gestorben. Wie das auf Geheiss des Rathes angefertigte „Verzeichniss aller Todten" bekundet, fing die Pest Anfangs Juni zu grassiren an. — Das kaiserliche savellische Regiment, in welchem sich Pest- kranke befanden, brachte die Seuche nach der Stadt Plau, wo es sich in der Nacht des 29. November aufhielt. Jedoch verlief des bald eintretenden Winters wegen die Krankheit zunächst ganz gelinde^). Während Pommern von den kaiserlichen Schaaren verwüstet wurde, herrschte im Lande allgemeines Elend, zu welchem Pest und eine förmliche Hungersnoth das Ihre wesentlich beitrugen; Gras, Kräuter und Baumwurzeln fristeten das Leben vieler Menschen, Kalk und Erde wurden unter das Mehl gemischt. Von dieser jammervollen kläglichen Zeit berichtet einheimischer Zeuge: „Pommern bot eine endlose Stätte herzzerreissenden Jammers dar, über welche sich das kaiserliche Kriegsvolk wie ein Heuschreckenheer lagerte. Hunden gleich schoss man die unglücklichen Bewohner nieder, zündete ihre Häuser an, marterte sie erbarmungslos, um Geld und Lebensmittel zu erpressen." Von der Hungersnoth auf der Insel Usedom erzählt Micrälius, dass eine Frau im Dorfe Bannemin, von den Qualen des Hungers getrieben, ihr eigenes Kind getödtet und verzehrt hat ^). Danzig wurde von der Pest ebenfalls heimgesucht; es wurden in diesem Jahre 4285 Leichen bestattet und 2453 Kinder getauft. Elbing wurde von der Seuche verheert; man zählte 3911 Pestopfer. 1) Beckmann, Brandenb. 136. 2) Vetter, Luckau. 3) Arch. f. Gesch. zu Stade 1869. 4) Krabbe, Rostock 123. Lisch, Jahrb. f. Mecklenb. Gesch. 1852. 5) Gadebusch, Usedom 117. In Königsberg starben vom 12. August bis 30. Dezember 4133 Personen an der Pest. (Vom 12.—19. August starben 194, vom 19.—26.: 218, vom 26. Aug. bis 2. Sept. 232, vom 2.-9.: 203, vom 9.—16.: 210, vom 16.—23.: 218, vom 23.—30.: 215, vom 30. Sept. bis 7. Okt.: 249, vom 7. Okt.-14.: 246, vom 14.—21.: 243, vom 21.—28.: 266, vom 28.Okt. bis4.Nov.: 226, vom 4.—IL: 246, vom II.—18.: 226, vom 18.-25.: 204, vom 25. Nov. bis 2. Dez. 162, vom2.—9.: 187, vom 9.-16.: 160, vom 16.—23.: 120, vom 23.—30.: 108). Unter den polnischen Truppen, welche den Schwedenkönig Gustav Adolf in dem von ihm besetzten Marienberger Werder einschliessen wollten, brach eine verheerende Seuche aus, so dass sie sich zum Abzüge ge- zwungen sahen. Die Stadt Konitz (15 M. s. v. Danzig) wurde von der Pest hart mitgenommen^). In Thorn an der Weichsel hauste abermals die Pest; es erlagen ihr 2363 Kranke, worunter 112 Bürger. Das neugeborene Kind einer an der Pest verstorbenen Bäckersfrau taufte man am 17. August auf der Strasse unter freiem Himmel. Die Seuche währte bis ins nächste Jahr und mordete besonders heftig im Juni und Juli, wo noch 40 Bürger zum Opfer fielen. Ausserdem zählte man noch 1811 Personen, welche mehrentheils dem Hungertode verfallen waren ^). — Auch die Stadt Posen wurde von 1629 bis 1632 durchseucht. In Schweden herrschte die Pest von 1629—30; die Universität Upsala verlief sich 1629. — In Spaa und Lüttich trat während des heissen Sommers die Purpura epidemisch auf und überfiel besonders die besseren Stände. — In der provencalischen Stadt Digne starben vom Juni 1629 bis April 1630 von 10000 Einwohnern 8500 an der Pest. (P. Gassendus Notitia eccles. Diniensis 1654.) 3. Schwedisch-deutscher Krieg, 1630-1635. 1630. Trübes Jahr, gute Witterung während der Blüthezeit, heisser Sommer, reichliche Getreide- und Weinernte. Die Pest, welche in Frankreich überhand nahm, und noch in Lyon und Montpellier anhielt, sowie Paris heimsuchte, hauste auch 1629 bis 1631 in Ober- und Mittelitalien, insbesondere in Genua, Turin, Mai- 1) H. R. Uppenkamp 21. -^) Chron. 279 f. land, Verona und Brescia, Venedig, Mantua, Urbino, Bologna, Lucca, Florenz u. s. w. In den Jahren 1630 und 1631 entzifferte sich der Menschenverlust im Gebiete von Venedig, der Lombardei, in Piemont, der Emilia und Toskana über eine Million. Geringen Antheil hatten hieran die gleichzeitig in Oberitalien verbreiteten Lagerfieber, welche von Hungers- noth und Seuche unter den Hausthieren, besonders den Rindern und Pferden, begleitet waren. In Venedig erlagen vom Juli 1630 bis Jahres- schluss 45 489, auf den benachbarten Inseln Murano, Malamocco und Chioggia 36 000 und im Gebiete des Freistaates über 500 000 Menschen. In der Lagunenstadt erhielt sich die Pest noch im nächsten Jahre, wo dann der durch die 11 Monate lang wüthende Pest herbeigeführte Verlust auf 94 164 Menschenleben berechnet worden ist. Auch über die Stadt Mantua, welche am 18. Juli von den Kaiserlichen erstürmt die gewohnten Kriegsgräuel erdulden musste, schwang die Pest während und nach der Belagerung vier Monate lang ihre Geisel, so dass 25 000 Einwohner und Soldaten sterben mussten. Von 400 herzoglichen Bediensteten blieben angeblich nur zwei übrig ^). Verona hatte einen durch die Pest erlittenen Verlust von 32 895 Menschen zu beklagen. Bei Annäherung der Pest gegen Mailand hielt sich der Kardinal Friedrich Borromeo an die Verordnungen, welche sein grosser Oheim Erzbischof Karl Borromeo auf seinem 5. Provinzialkonzil (1579) auf Grund seiner Erfahrungen (während der grossen Pest 1576 in Mailand) für künftige Pestfälle erlassen hatte. Doch konnte solch Ver- fahren den furchtbaren Verheerungen, welche die Seuche nun anrichtete, keinen wirksamen Widerstand entgegensetzen. Mit Einschluss der übrigen Krankheiten wurden in diesem Jahre in der Stadt 86 000 Menschen, an manchem Tage 500 hingerafft^). Im Volke war das seltsame Gerücht im Gange, dass vom Teufel verführte Bösewichter mit vergifteten Salben und Pulvern die Eingänge der Kirchen und Wohnungen, die Schlösser und Thürklinken, Stühle, Fenster, Avie die Kleider infizirt hätten und dass die geringste Berührung unvermeidlich den Tod herbeiführte. Sie sollten besonders bei einer Prozession in Mailand Unheil angerichtet haben. Am 17. Juli wurden Wilh. Platea und der Barbier Joh. Jak. Mora, als dieses Verbrechens angeblich überwiesen, mit glühenden Zangen gezwickt; die rechte Hand wurde ihnen dann abgeschlagen, endlich flocht man sie noch lebend auf das Rad und verbrannte sie. Auch in Lyon wurden Fett- schmierer, Ingraisseurs, über jenem entsetzlichen Geschäfte ertappt. In 1) Warhaffte Relation, was gstalt die Statt Mantoua . . den 18. Julii erobert worden. Augsburg 1630. 2) Ygl. die Schilderungen von Maccliiavelli, Opere V. und Mansoni, Promessi sposi. Spanien wurde ausgebreitet, es wären Ketzer aus Genf, welche durch Be- rührung mit Giftpulver die Leute tödteten. In Madrid wurden deshalb auch die Franzosen Gegenstand des Hasses und Schimpfes. Im Elsass trat die Pest in Thann auf. So meldet die dortige Chronik: „Im Anfang dieses Jahrs hat man zwar vermeynt, die leydige Pest werde wegen der scharpfen Kälte, mit welcher das alte Jahr sich endigte und das neu eingienge, etwan nachlassen und die Luft sich puri- ficiren, allein man musste sehen, dass täglich 2, 3 biss 4, auch 7, 8 Per- sonen zu Grab getragen wurden und kunte kein Artzt helfen. Von den 12 an der Pest gestorbenen Barfüssermönchen war einer 40 Jahre alt, in 3 Tagen, ein anderer, ein junger, starkher Mann, das man hätte sollen vermeynen, der Tod selbst solte sich vor ihme fürchten, in 36 Stunden weggerafft worden." In gleicher verheerender Weise grassirte die Pest in Lothringen. Erst im Jahre 1637 erlosch sie. Kaum ein Prozent der Bevölkerung blieb übrig, wie Calmet in seiner Geschichte von Lothringen berichtet. Wegen der in Biberach (Württ.) herrschenden Pest flohen Viele im November aus der Stadt. In einem Hause, welches zur Pfarrei Thenne- bronn und zum Amte Hornberg gehörte, war 1630 die Pest ausgebrochen; auch zu Buchenberg waren mehrere Personen an derselben gestorben^). Am Rheinstrome fanden die Seuchen bei grossem allgemeinen Noth- stande weitere Verbreitung. — In Folge der vorjährigen missrathenen Ernte erreichte das Elend in Nassau eine schreckliche Höhe, so dass in allen Theilen des Landes viele Menschen durch Hunger umkamen. Man backte Brod aus Eicheln, Hanf körnern und Wurzeln; doch war der Hunger hiermit nicht zu stillen. Dabei herrschten in verschiedenen Theilen des Landes ansteckende Seuchen, welche die Menschen hinrafilen. — In Bonn trat die Pest, jedoch mit geringer Heftigkeit, auf^). Das Maingebiet blieb auch nicht ganz von Seuchen verschont. Während der Einschliessung der Stadt Hanau (6. Dez. 1629 bis 12. März 1630) durch den kaiserl. Oberst Witzleben brach die von den Soldaten mitgebrachte Pest aus, welche auf dem Lande viele Opfer forderte. So grassirte sie auch in dem unfernen Dorfe Langenselbold. — Zu Königs- berg in Franken hauste vom Juni bis gegen Oktober die Pest, weshalb der Magistrat die Geistlichen, Lehrer, Krankenpfleger mit Präservativ- Mitteln versah 3), Auch in Schweinfurt nistete sich die Pest wieder ein, jedoch ohne grosse Verluste zu verursachen; sie war anfangs August von 1) Gaisser's Tagb. 1. c. 2) Ann. f. Niederrli. 28. H. 128. 3) J. W. Krauss Antiq. et Memorab. Hist. Franc. 1755. Königsberg dahin gebracht worden. Während des Jahres starben 286 Menschen, 249 wurden getauft. In Külsheim (Mittelfi'.) herrschte abermals die Pest; vom 9. Juni bis 25. Oktober starben 86 Personen; 20 Ehen wurden getrennt, 29 Söhne und 33 Töchter wurden begraben. Viele Menschen flüchteten nach Windsheim, aber nur, um dort zu sterben. Auch Buchheim wurde von der Krankheit heimgesucht; in Burgbernheim trat sie wiederholt auf his 16381). In Gaustatt bei Bamberg trieb die Pest ihr Wesen das ganze Jahr hindurch. Man musste für die Kranken Wärter bestellen und besolden. Am Tage St. Sebastian (20. Januar) hielt mau zur Danksagung für den Niedergang der Pest eine Wallfahrt nach der Oberpfarre in Bamberg^). In Oberbayern fand die Pest Verbreitung; so erlag im Markte Holz- kirchen nebst anderen Einwohnern der Benefiziat Vitus der Seuche. Das Kloster Tegernsee sorgte für einen anderen Geistlichen. In Landsberg wüthete die Pest (Petechialtyphus). An den Körpern der davon befal- lenen Unglücklichen zeigten sich zuerst rothe Flecken, dann verfielen die Kranken in Raserei und zerstiessen sich die Köpfe an den Wänden. Viele, die kaum erkrankt zu sein schienen, starben plötzlich. Ueberall fand man Leichname, selbst auf öffentlichen Plätzen. Die Seuche erlosch erst im nächsten Jahre ^). — Im Monat Juli brach in Bayern sowohl als in Schwaben eine fürchterliche Viehseuche aus, die aller Orten sehr viel Vieh, besonders Pferde wegraffte. So verlor das Dorf Pähl (Bez. Weil- heim) zur selben Zeit den grössten Theil des Nutzviehes. Auch das Wild wurde von der Seuche ergriffen und viele verendete Hirsche, Schweine und andere Thiere sind aufgefunden worden^). In einigen Orten Oesterreichs grassirte die Pest im Oktober ^). Koburg wurde von einer „pestilenzialischen Seuche" heimgesucht. Der aufgestellte Chirurgus, der pastor pestilentiarius mid einer der sechs in Dienst genommenen Todtengräber erlagen der Pest in Erfüllung ihrer schweren Pflicht ^). Das gothaische Dorf Wechmar erlitt durch die Blattern einen Verlust von 11 Personen, unter ihnen der Pfarrer'''), — In Gera starben vom August an 89, im Dorfe Schaala (Rudolstadt) 70, in Kulm- bach 61 Personen an der Pest, im Ganzen 111^). Orlamünde verlor nur 9 Einwohner durch die Pest. — Die Pest zeigte sich hier und da im Unstrutthale, so in Langenrode, wo 75 Menschen starben (Kirchenbuch). 1) Georgi, Nebenst. 186; Mittelfr, Arch. XIII. 2) Qberfr. Arch. VIII, 3) Oberb. Arch. XIV. 4) Chroii. v. Erling. 5) Zetl 112. 6) Hönn, II, 259. 7) Beck III, 313. 8) Zopf 102, Renovanz, Rudolst. 128. In Sachsen fand die Pest besonders durch die Truppenzüge grosse Verbreitung. Am 17. und 28. Oktober starben in Leipzig zuerst zwei fremde Pomeranzenhändler auf der Strasse an der Pest. In der Stadt zählte man während des Jahres 884 Leichen, darunter 301 Pestopfer. — In den Jahren 1630—33 hat die auch in der Umgegend herrschende Pest die Bewohner von Meerane nicht verschont. — In Schneeberg wurde die Seuche im Oktober für manches Haus sehr verderblich; der Diakon Blumenbergen verlor in wenigen Tagen 5 Kinder. Neustädtle zählte 130 Pestleichen. — Zu Crimmitschau erlagen 601 Personen der Pest. — In Freiberg wurden bis 16. August 204 Pestopfer Nachts begraben; von 1147 Sterbfällen im ganzen Jahre waren 1000 der Pest zuzuschreiben. Die Seuche dehnte sich bis ins folgende Jahr aus, wo noch 124 an der Pest Gestorbene zur Nachtzeit beerdigt worden sind. In der Gemeinde Marbach klopfte auch die Pest an. Sie holte u. A. am 5. Dez, den Pfarrer und im nächsten Jahre seinen Nachfolger^). In der Stadt Leisnig rafften im Herbst die pestilenzialische Seuche und andere Krankheiten über 300 Per- sonen hinweg. Der Müller Buchhain im nahen Dorfe Mainitz starl) mit Frau und 6 Kindern. Ebenso hauste die Seuche in Gersdorf und nament- lich in dem dahin eingepfarrten Dorfe Wallbach, dann in dem Pfarr- sprengel Kiebitz, wo im September und Oktober 62 Beerdigungen statt- fanden. — Mücheln litt schwer dm'ch die Seuche. Zu Oschatz starben vom 9. Oktober bis in den Monat Dezember 147 Personen an einer pest- artigen Krankheit. — Durch sächsische Truppen wm'de die pestartige Ki'ank- heit in den Pfarrsprengel Sebnitz und Umgegend eingeschleppt, dass sie bis 1632 viele Opfer dort forderte. Zu Merseburg starben aus der St. Maximi-Pfarrei 301 Personen an der Seuche. — In Senftenberg (3 M. von Kalau) nistete sich um Laurentii die Pest ein; da starben in einem Hause alle Inwohner. Um Michaelis nahm sie so zu, dass täglich 6 bis 8 und mehi' Personen starben, die nicht über 3 Tage krank waren. Von jenen, die sich in die Weinberge geflüchtet, starben 80 Personen; bis Weihnachten erlagen in der Stadt 305 Personen; in Jüttendorf 86, in Thamm oder Neusorge 45. Im Frühjahre 1631 brach die Pest wieder aus und tödtete in der Stadt und in Jüttendorf viele Menschen, Auch 1632 starben noch viele, vorzüglich in Buchwalde, Hörlitz, Cletwitz, Saalhausen u. s. w. Im Jahre 1633 hörte die Pest endlich auf. In Berlin wurden 777 Menschen von der Seuche hingerafft-). Zu Königsberg in der Neumarkt erhob sich die Pest am 9. August und forderte 106 Opfer; gleichzeitig herrschte die Ruhr; wiederum trat die 0 Möller; Altzella'sclie Chr. VI, 119. YIL 188. -') Nicolai. Beschreibg. v. ß.42. Pest dort Anfangs Juni 1631 auf, so dass im September allein 107, in Allem aber 490 Personen starben. In Westfalen trat die Pest in der Stadt Münster verheerend auf. In südöstlicher Richtung tauchte sie in Meseritz (Prov. Posen) auf und tödtete 700 Menschen. Während der Pestzeit bildeten zwei Schwestern mit ihrem Zuhälter ein Komplott, brachen in die ausgestor- benen Häuser ein und plünderten sie. Als die Pest zu Weihnachten aufgehört und die geflüchteten Frevler sich wieder eingefunden hatten, ergriff" man sie, henkte die eine Schwester, sackte die andere und ent- hauptete den Schandbuben, — Schwerin an der Obra verlor über 900 Menschen 1). Nach Verlauf des Winters trat die Pest in Mecklenburg überall sehr heftig auf. In Güstrow herrschte sie schon am 7. Mai und behauptete sich bis Anfangs Dezember. Ebenso herrschte die „rothe Ruhr" in der Stadt Röbel (7 M. s. ö. von Güstrow). Bald trat die Pest auch in Plau sehr stark auf, am heftigsten im Juni und Juli. Sie dauerte bis in den November und hatten während dieser Zeit über 600 Personen das Leben gelassen. Viele Leute flohen, iim der Vernichtung zu ent- gehen, aus der Stadt ^). Auch die Stadt Grimmen (s. von Stralsund) wurde von der Pest heimgesucht. Greifswald litt fast 4 Jahre lang durch Raub, Plünderung, Hungersnoth und Pest; 1631 erreichten die Leiden der Stadt den höchsten Grad. — Die Pest forderte in Stargard an der Ihna (1627—1630) 3500 Opfer. Freienwalde verlor 250 Einwohner durch die Pest^). Zu schwerer Einquartierung kam auch in Greifenberg die Pest viele Einwohner dahinraffend. Drei Viertel der Stadt lagen. wüste; als die Schweden einrückten, fanden sie nur noch 42 nichtinfizirte Feuer- stellen; die Noth steigerte sich von Monat zu Monat. Dasselbe Schicksal traf Colberg an der Persante, wo binnen 6 Monaten über 3500 Menschen einer pestartigen Seuche erlagen. Gleichzeitig litt Neu-Stettin unter der Pest. Die Drangsale des entsetzlichen Krieges und die Einquartierung der Kaiserlichen erschöpfte auch das Vermögen der Stadt Cöslin; die meisten Bürger wanderten mit Weib und Kind aus, so dass über 200 Häuser leer und wüste standen; Hunger und Pest rieben überdies an 912 Menschen auf (im Jahre 1671 waren nur noch 80 Bürger vorhanden). In Stolp und Umgegend herrschte ebenso die Pest; sie raff'te in der Stadt allein über 800 Einwohner weg. Danzig wurde ebenfalls von der Seuche heimgesucht; man beerdigte in diesem Jahre 5039 Leichen, getauft wurden 1) H. Wuttke 450. 2) Mecklenb. Jahrb. 1852. 151, 204. 3) Kratz, Städte Pommerns 350, 215, 318, 143. 1889 Kinder. Königsberg blieb verscbont. Broraberg wurde, in Folge der Kriegsnoth, wieder ein Schauplatz der Pest^). Auch Schippenbeil wurde von der Pest betroffen. 1631. Sehr fruchtbares Jahr; am 21. Mai Traubenblühte; heisser Sommer, gute Getreide- und Weinernte. Auf dem norddeutschen Kriegsschauplatze entfalteten die Seuchen eine verheerende Thätigkeit. In Stettin herrschte die hitzige Krankheit (Typhus), welcher die Gattin des schwedischen Generals Hörn am 12. August erlag. — In Mecklenburg grassirte die rothe Ruhr; sie forderte zahlreiche Opfer ^). In Parchim erlagen vom August bis November mehr als 100 Menschen derselben Krankheit. Nach der Besetzung des rüppinschen Kreises durch Tilly (Februar) brach auch in Neu-Ruppin die grosse Pestilenz aus, deshalb wurde die Schule ganz geschlossen und die Stadt von den Schülern und Lehrern verlassen. Ausser denen, die heimlich begraben wurden, starben in kurzer Zeit nach Angabe des Predigers Jerem. Ludewig über 1600 Personen. Nachdem Rathenow im Vorjahre 3& Einwohner durch die Pest verloren hatte, „hat auch im Jahre 1631 Pest, dysenteria und eine schwere Hauptkrankheit regieret und sein an Bürgern vmd Kindern gestorben 662 Personen, ohne die da heimlich begraben worden". Dies geschah selbst in Häusern: „Am 4. April sind 1 Mann, 1 Weib und 1 Knabe zugleich in Pickelsteins Hause fürm Stein-Thore heimlich begraben". Im Mai starben 26, Juni 50, Juli 166, August 112, Sep- tember 123, Oktober 87, November 35, Dezember 11 Personen. Soldaten starben 28 (Matr.). — Nach einer grossen Hungersnoth brach in Prenzlau die Pest aus, um in ^U Jahren 1500 Menschen — wohl 25o/o der Be- völkerung — der Erde zu überliefern. In Kyritz (Altmark) wurde die Pest durch Einquartierung ein- geführt; doch erlagen nur 231 Personen. — In Havelberg wurden 227 Einwohner hingerafft^). In Lindow nahm die Pest 400 Personen mit sich. Die Zahl der Pestopfer in Rheinsberg ist nicht angegeben*). — Nach der Einnahme der Stadt und Festung Spandau durch die Schweden (6. Mai) brach, und zwar im Gefolge von Hungersnoth, die Pest von Neuem aus, so dass 1500 Einwohner ins Grab sinken mussten. In Berlin setzte die Pest bei grosser Noth ihre Verheerung fort; 2066 Per- 1) Bernhard, Kühnast 65. 2) Schultz, Schwerin 139. 3) Beckmann II, 203. *) Hoppe, Fromme. sonen wurden ihre Beute. So lange die Seuche währte, tagten Kammer- gericht und Konsistorium in Bernau. In Potsdam kehrte die Pest im Juni ein und forderte neuerdings ein Opfer von 457 Menschen, nachdem ihr dort bereits in den vorhergehenden Jahren 40—50 Personen erlegen waren (Matr.). — Frankfurt a. d. O. verlor bei der Eroberung der Stadt durch Gustav Adolf (13. April), wobei 1700 kaiserliche Soldaten nieder- gemetzelt wurden, eine Menge Volkes. Die Sterbeziffer wurde durch eine bald nachfolgende Seuche, welche, obschon man sie nicht für die Pest hielt, in. kürzester Zeit, oft binnen wenigen Tagen, ganze Familien weg- raffte, wesentlich erhöht. Zu solcher Sterblichkeit ti'ug die grosse Hitze und Dürre während des ganzen Mai, Juni und Juli erheblich bei. Die Anzahl der Opfer, die der Eroberung wohl inbegriffen, betrug gegen 6000. Wiederum brach die Pest in Müncheberg (n.w, von Frankfürt a. d. O.) aus; besonders würgte sie in Quilitz, wo 365 Menschen starben. Im Stern- bergischen wüthete die Pest mit solcher Heftigkeit, dass allein in Drossen 2000 Menschen starben^). Guben an der Neisse wurde von der Pest heimgesucht. — Nachdem die Pest bereits im Efzbisthum Magdeburg ge- wüthet hatte, kehrte sie 1631 auch wieder in der Stadt Schöningen und in Calvörde ein (vgl. 1625)^). Magdeburg zählte vor seinem am 20. Mai herbeigeführten Untergange 40 000 Einwohner, deren nun ein grosser Theil von den Eroberern nieder- gehauen wurde oder im Feuer umkam oder sich in die benachbarte Gegend zerstreute, so dass die grässlich verwüstete Eibstadt mehr als 8000 Brandstätten und kaum mehr als 180 Häuser aufweisen konnte. Im November 1644 zählte man nur 405 Familien und im Dezember d. J. in den 6 Vierteln der Altstadt 2464 Menschen 3). — In Stolberg am Harze grassirte „die Hauptkrankheit stark, woran etliche, allerdings grossentheils alte Leute starben; sie wurden gar wahnwitzig und sinnlos, bekamen noch das Recidiv wohl dreimal. Hiess bei den Medicis morbus novus et antea incognitus." — Die Pest herrschte noch in "Westfalen; so in der Stadt Arnsberg. — Auch im Bergischen Lande trat die Pest auf, ebenso wurde die Stadt Rade vorm Wald heimgesucht. Im Kurfürstenthum Sachsen starben in diesem und dem folgenden Jahre 934000 Menschen durch Krankheiten und Krieg, wie M. Joh. Mich. Weisse in seiner Beschreibung der Stadt Hohenstein bemerkt. — Im Juni trockneten bei Zwickau durch die Hitze die meisten Bäche aus; es folgte eine Seuche. — Im Februar wurden in der Stadt Leisnig kurpfalzische, dann kaiserliche und Truppen der Liga einquartiert. ij Wedekind 151. 2) Görgesl.c. 3) Rathmann IV, 325. Beitr. von Westen- rieder 1788 I, 183; A. Gindely, Gesch. d. 30j. Kr. Hierbei fanden Haviptkrankheit und Pest allgemeine Verbreitung, Das- selbe Schicksal erfuhr die Gegend um Colditz, wie Döbeln. In Gadewitz starben an der Pest zwei Knaben des A. Mittag im Alter von 3 und 12 Jahren, die innerhalb zwei Stunden gesund und todt waren. Als eigen- thümliche Erscheinung dieser Seuche ist zu erwähnen, dass einzelne vom Pestkontagium Betroffene bisweilen, wie vom Blitzstrahle berührt, zu- sammensanken , während es sonst in der Regel hiess: „Binnen 3 Tagen gesund und todt" '). — Auch in Mittweida kamen in den Jahren 1631—33 Pestfälle vor. — Um Neujahr nistete sich die Pest in der Rentnerei zu Leipzig ein, beschränkte sich jedoch auf dieses Haus. Dagegen entspann sich in der Stadt, nachdem sie die Schrecken einer mehrwöchentlichen Cernirung und die Eroberung durch die Kaiserlichen (13. Sept.) über- standen hatte, im Oktober eine gefährliche Seuche, so dass in wenigen Wochen sehr Viele hitzigen Fiebern erlagen. — In Oschatz raffte die Pest wieder 563 Personen in 3 Monaten hin. — Nach der Schlacht bei Breitenfeld (17. Sept.) fanden die meisten Verwundeten in Eilenburg Auf- nahme, mit ihnen aber auch die Pest, die in wenigen Wochen sich so steigerte, dass sie im Oktober schon 300 Menschen hinraffte. Die Anfangs Dezember einbrechende Kälte that der Seuche plötzlich Einhalt. — Die Stadt Dommitzsch an der Elbe wurde von der Pest heimgesucht ^). — In Dohna (bei Pirna), welches durch Gräuelthaten und Plagen aller Art heimgesucht wurde, wüthete die Pest von 1631 —1633 furchtbar, ganze Familien wurden von derselben hingerafft. 1631 starben 189, im J. 1632 510, und 1633 noch 250 Bewohner. Im J. 1643 sollen nur noch 50 Menschen in Dohna übrig geblieben sein. — Michaelis wurde die Pest nach Ortrand durch die 18 000 Mann starke sächsische Armee, welche hier drei Tage lag, eingeschleppt. Es starben bis 1633 über 800 Personen. Ebenso brachte nach dem ersten kroatischen Einfall dieselbe Armee im Oktober „eine Staupe" (Landplage — Seuche) mit sich, fast wie eine Hauptkrankheit, welcher im Kirchspiel Bischofswerda über 200 Per- sonen jeden Alters erlagen. — In Camenz starben gegen 1000 Personen an der Pest, — Ebenso wurden in Zittau mehrere hundert Soldaten und Ein- wohner hinweggerafft. In Bautzen wurde die 500 Mann starke Besatzung fast ganz aufgerieben; da auch viele Einwohner der Krankheit erlagen, so mag die Angabe, dass gegen 1000 Menschen gestorben, richtig sein 3). Gegen Ende September begann die Gegend um Görlitz, das eine sächsische Besatzung hatte, an Dysenterie, Angina und Pest zu leiden; gegen 400 Einwohner erlagen bis zum Januar 1632, Soldaten, deren mehr starben, nicht inbegriffen. Wegen der zunehmenden Gefahr unterblieben 1) Kamprad 447. 2) Petri, Torgau 25. 38. '^) Neues Laus. Magaz. 44. 357. seit 24. November die Leichenreden ^). — Die Pest zeigte sich (wie 1625) nochmals in Naumburg a. Q. Die Stadt, welche überdies 1639 durch den schwedischen General Banner heimgesucht wurde, zählte nach dem Friedensschlüsse nur noch 32 Bürger. — Auch Herzogswaldau wurde wiederholt von der Pest überfluthet. Am Niederrhein war die Pest noch nicht erloschen; sie trat nament- lich im Bergischen Lande auf. In Lennep (1^/4 M. s, ö, v. Elberfeld), wo im Vorjahre die Kaiserlichen gelegen hatten, wüthete die Pest; ihr erlag auch der Pastor Joh, Fabricius. Die Stadt Mühlheim a. Rh. musste von 1630 bis Ende März 1631 die grössten Zügellosigkeiten einer nassauisch-lothringenschen Besatzung erdulden, die bei ihrem Abzüge aus- geraubte, zerstörte Wohnungen, verödete Felder, Noth uiad pestartige Krank- heiten zurückliess. Nach der blutigen Schlacht von Leipzig und Breitenfeld (17. Sept.), wo die kampfgeübten kaiserlichen Schaaren unter Tilly durch das überlegene Feldherrn- talent des Schwedenkönigs und die standhafte Tapferkeit seiner Krieger eine schwere Niederlage erlitten hatten, stand dem Sieger nunmehr ganz Deutschland offen. „Den König lockte der Reichthum der Bisthümer am Main und Rhein, durch deren Eroberung er sich die Mittel zur Begründung jener erträumten Herr- schaft zu beschaffen hoffte, die ihren Mittelpunkt nicht in Oesterreich, sondern in Deutschland {haben sollte" — Nach der Schlacht zog Gustav Adolf über Halle am 27. September in die kurmainzische Stadt Erfurt. Von da richtete er seinen Zug gegen den Main; die eine Heersäule zog über Gotha und Schmalkalden, die andere über Arnstadt und Schleusingen. Am 10. Oktober erfolgte die Uebergabe der würzb. Grenzfestung Königshofen. Dieses Vordringen nach Franken brachte für die Rhönbewohner viele Drangsale und Leiden in Form von Brandschatzung, Kontributionen und unerhörten Misshandlungen. Nach dem schwedischen Artikels- brief Tit. XIX Art. 86, 87 gestattete ja das Kriegsrecht die Plünderung nicht nur, sondern machte sogar dem Feldherrn die Erlaubniss derselben zur Pflicht. Am 10. Oktober zog der König in Würzburg ein, am 18. fiel ihm die erstürmte Feste mit unermesslicher Beute zu. Viele Urkunden und Denkwürdigkeiten wurden von den Schweden vernichtet. Die Universitätsbibliothek wurde nach Schweden ab- geführt. Mitte November zog Gustav Adolf mit seinem Heere auf beiden Ufer- seiten des Maines über "Wertheim und Miltenberg nach Aschaffenburg (25. Nov.), zwei Tage später über Seligenstadt und Steinheim nach Frankfurt. Am 11. Dez. verliess der König Frankfurt, rückte ins Darmstädtische und nahm Gernsheim, Weinheim und Heppenheim. Das schwedische Heer hat auf diesem Zuge ein Gebiet berührt, welches durch Hunger und Pest fürchterlich litt. Tilly war bereits vorher mit seinem Heere von Hessen gegen die Maingegend marschirt und hatte mit ihm die Pest mainaufwärts verbreitet, so in Klingenberg und in dem nordöstl. gelegenen Orte Streit, welcher 1631 ganz ausstarb. (Später siedelten sich allda zwei italienische Familien Bernard und Cado an, die jetzt noch 1) SS. rer. Lusat. Mart. Meisten. Ann. Gorlic. II, 2. _ 117 — 1631 bestehen; ähuliclie Ansiedelungen erfuhr Miltenberg u. a. 0.) — In Seligen- stadt ist die Sterblichkeit, Dank vornehmlich der fürchterlichsten Hungers- noth, so gross gewesen, dass von 350 Familien nur noch 50, in Froseh- hausen von früheren 30 Familien nur noch 2, in Mainflingen von 36 nur noch 3 übrig blieben; für einen Laib Brod konnte man einen Acker, und für 50 fl. eine ganze Hofrieth kaufen. Ebenso tobte die Pest in Alzenau, Ernstkirchen vmd im ganzen Freigerichte. — Dörrensteinbach (Pf. Krombach) soll seine Bewohner bis auf einen Landsknecht verloren haben, dem der Grundherr Freiherr von Göglingen die ganze Markung mit Ausnahme der Waldungen geschenkt habe'). Am 13. Dezember eroberten die Schweden Mainz, bald darauf auch Bingen. Eine unerhörte Brandschatzung ward der Geistlichkeit, den Bürgern und den Juden noch besonders auferlegt; jenen, die nicht zahlen konnten, wurden Häuser, Gärten, Stallungen, Scheuern verwüstet, das Holz verbrannt. Die Schweden hausten in der fürchterlichsten Weise. Dazu kamen Seuchen und eine schreckliche Hungersnoth. Mit Wurzeln, Gras und Baumblättern stillten die Menschen ihren Hunger. Die schwedi- schen Ti'uppen drangen vor bis an die Lahn und trieben überall unter den gewohnten Gewaltthätigkeiten Kontributionen ein. — Worms, Mann- heim, Speier und viele pfälzische Orte wurden von den Schweden besetzt. Tilly zog nach der Niederlage mit seinen gesammelten Truppen nach Halberstadt, schlug bei Corvey in Westfalen eine Brücke über die AVeser und marschirte eilig über Fritzlar nach Fulda. Bei Miltenberg am Main, mit Herzog Karl III, von Lothringen vereinigt, machte er den von Gustav Adolf zurückgewiesenen Versuch, Würzburg zu entsetzen. Entmuthigt nahm er mit 40 000 Mann seinen Weg gegen Nürnberg und bedrohte diese Stadt, doch erfolglos. Plünderung ^ Noth und Seuchen bezeichneten die Richtung dieses Kriegszuges. Marktbreit verlor wieder 86 Einwohner durch die Pest (Matr.). — Viele Landleute hatten ihr Vieh nach Windsheim geflüchtet, wo es ohne Obdach und Nahrung verschmachtete. Auf dem Lande plünderten die Soldaten und brannten in allen Orten Häuser nieder; viele Leute hattei^ sich in die Wälder geflüchtet; Hunger, Nässe und Kälte war ihr Loos. Des Herzogs von Loth- ringen „Gesindel" suchte sie mit Hunden in den Wäldern auf und raubte ihnen, was sie gerettet. Viele dieser Unglücklichen erlagen Krankheiten, die sie sich unter solchem Elende zugezogen. Der Kaplan L. Röhl von Burgbernheim erzählt: „Bin ich mit den Verstorbenen mehrentheils bis zum Grab gegangen und haben wir niedergekniet und ein andächtig Vater unser gebetet. 0 Gott! Der Jammer war gross. Viele haben aus Kälte und Mangel die Erde käuen müssen. In diesem Jahre war auch die Pest und der ward glücklich gepriesen, der ohne Soldatenplag daran gestorben". — In dem von den Kaiserlichen ausgeplünderten Dorfe Nesselbach er- lagen 124 Personen der Pest. Der Pfarrer Litzheiraer meldet: „er habe bei Einschreibung der 96. Leich die Feder damit er geschrieben mit seinem Handbeil gemacht". — Tilly schickte einen Theil seiner Belagerungs- truppen vor Nürnberg über Sulzbach nach Böhmen, auf welchem Zuge den armen Leuten auf dem Lande gräulicher Schaden zugefügt worden ist. — In Bayern wie in Schwaben verbreiteten sich typhöse Krankheiten. So meldet eine handschriftliche Chronik von Oberammergau: „Anno 1631: Wegen dem noch fortdauernden schwedischen Krieg, theuren Zeiten und Kriegsunruheu haben die KJrankheiten sowohl in Bayern als in Schwaben eingerissen, so ist auch hier allenthalben ein hitziges Fieber oder Kopfweh entstanden, dass sehr viele Leute daran gestorben sind." In Höhenrain (Bez. Aibling) hielt die Pest von 1631—1636 an^). — Die Krankheit, welche im Vorjahre in Landsberg so viele Opfer gefordert hatte, nahm nun so überhand, dass oft in einer Nacht 7—8 Leichen in eigens dazu bereitete Gruben geworfen wurden. Weiber und Kinder flüchteten sich in die Wälder, wo sie bald eine Beute des Todes wurden. — Die Gegend von Neuburg a. D. litt durch eine Viehseuche. Am 8. Juli wurde in Neuburg befohlen, das Ross- und Kuhvieh, das stark umfällt, nicht mehr in die Donau zu werfen, wie dies bisher geschah, sondern dasselbe als- bald zur Verhütung anderer Ungelegenheit zu vergraben. In Niederösterreich scheint die Pest an manchen Orten geherrscht zu haben. Sie brach im Juli in Tuln aus; ein Taglöhner von da, welcher in Zwentendorf gearbeitet hatte, nahm statt des Geldes als Taglohn ein Kleid von einem an der Pest Verstorbenen an und verschleppte so die Pest nach Tuln, wo er selbst, Weib und Kind und noch 7 andere Personen starben. In Frankreich trat wieder die Pest auf. Namentlich hauste sie in Troyes 1631 und 1632 in verheerender Weise; ebenso von 1636 —1638. 1632. Nasser Frühling, der die Blüthe schädigt, nasskalter Sommer, späte Ernte, frostiger Herbst. Wenig und saurer Wein. Theuere Zeit. In Württemberg war man mit der Fruchternte zufrieden. Auf Befehl des Schwedenkönigs besetzte Hörn das Bisthum Bamberg, am 10. Februar die Stadt Bamberg. Tilly brach am 23. Februar mit 20000 Mann von Nördlingen auf, zog durch die Oberpfalz, traf am 9. März in Bamberg ein 1) Oberb. Arch. XXI 98, VU, 262. und vertrieb die Schweden, die 3000—4000 Mann verloren. Gustav Adolf verliess am 15. März Frankfurt, zog über Aschaflfenburg den Main entlang in Eilmärscben nach Franken, und hielt seinen Einzug in Nürnberg unter dem Jubel der Be- völkerung (31. März); Tilly wich der Uebermacht, zog durch die Oberpfalz nach Ingolstadt (3. April), dann über die Donau gegen Rain und Donauwörth imd, zur Abwehr des Uebergangs der Schweden, an den Lech; 15. April Schlacht am Lech, Verwundung Tilly's. Rückzug mit Maximilian nach Ingolstadt (18. April), Tilly's Tod 30. April. Der Schwedenkönig Hess in Augsburg, nach Kapitulation der Kaiserlichen, eine schwedische Besatzung zurück und wandte sich gegen Ingolstadt; nach Erfolglosigkeit der Belagerung zog er über Landshut nach Freising, von da nach München, wo er am 17. Mai über Gasteig einrückte. Drei Wochen später schlug er den Weg gegen Schwaben ein und nahm Memmingen. Allein Wallensteins Fortschritte nöthigten ihn zur Umkehr nach Nürnberg, das er am 18. Jimi erreichte. Wallenstein zog mit überlegenem Heere über Amberg nach Neumarkt, wo er ein schwedisches Regiment aufrieb, dann über Schwabach gegen Nürnberg, wo er am 16. Juli bei Fürth sein Lager aufschlug. Im November hauste die Pest zu Breisach am Rhein in verheerender Weise. — Die Gegend von Durlach wurde von einer Viehseuche heim- gesucht, während in Württemberg verschiedene Seuchen mit der Pest ein- drangen. — In der Grafschaft Hohenberg erlagen in Frühjahre viele tausend Menschen der Pest ^). — Ueber Hall am Kocher (Jagstkreis) ver- breiteten Theuerung und bösartige Seuchen Elend und Jammer. — Zu Künzelsau trat im November und Dezember die ungarische Kopfkrank- heit wieder auf; in einem Hause lagen 7 Personen krank. — In Weikers- heim a. T. herrschte grosse Sterblichkeit; man zählte in diesem Jahre 101 Todesfälle, manche Familie verlor 3—4 Angehörige. Auch in der Pfalz gewann die Seuche grosse Ausdehnung, Ende Juli brach in Speier eine pestartige Krankheit aus, welche bis in den Dezember dauerte und monatlich Tausende hiuweggerafft haben soll. Ebenso wurde Neustadt a. Hardt heimgesucht. Im Rheingau hatten die meisten Orte durch die Pest schwer zu leiden. So kamen über die Bewohner des Pfarrdorfes Kiederich bei Elt- ville am Rhein Angst, Hunger, Elend und die Pest; der Ort verlor über 172 Personen. In Lorch wüthete abermals (vgl. 1624) die Pest; sie tödtete 185 Einwohner und 40 Mann der schwedisch-hessischen Besatzung^). Auch viele Ortschaften an der Bergstrasse und im hessischen Main- gebiete litten wiederholt durch die Pest. So hielt sie namentlich in Darm- stadt eine reiche Ernte. — In Babenhausen zählte man 31 Geburten und 149 Todte; in Schaafheim und Schlierbach aber 37 Geburten und 308 Todte. — In Hanau grassirte 1632 die Pest, weshalb Krankenpfleger aufgestellt wurden. Der Pfarrer Leurelius, dessen Tochter an der Pest 1) Hassler, Rottenburg a. N. 157. 2) Rhein. Aiitiq. 10. B. gestorben war, wurde aus der Altstadt ausgewiesen und mit seiner Familie in einem Gartenhause der Neustadt isolirt. In Langenselbold starben 80, im folgenden Jahre 55 und im Jabre 1634 noch 14 Personen. Ebenso wurden im Dorfe Hüttengesäss (1632) 80 Personen dahingerafft (gewöhn- lieh starben gegen 20—30). Für Bayern wurde der 30jährige Krieg erst vom Jahre 1632 an besonders verhängnissvoll und von den schrecklichsten Folgen; er machte das Land zur menschenleeren Wüste, zumal er noch die Pest im Gefolge hatte. Wie die kaiserliche Armee unter Tilly im Herbste 1631, so hat die schwedische Armee auf ihren Zügen Alles aufgezehrt und überall, wohin sie kam, 1632 — 1635, den Hunger- und Kriegstyphus wie die Bubonenpest ausgestreut, so dass alle Orte am Maine mindestens die Hälfte ihrer Bewohner verloren. Was die schwedische Armee übrig ge- lassen, das zehrte die ihr nachrückende kaiserliche auf; das grüne Korn auf dem Felde wurde den Pferden verfüttert und Niemand mochte mehr für die Armeen säen. Weit und breit war kein Saatkorn, selbst nicht um gutes Geld, zu haben. Man nagte vor Hunger an verhungerten und gefallenen Thieren. Selbst der Spessart und der tiefste Odenwald wurden von den Horden nach Proviant durchsucht und Alles riss man an sich, was essbar war. Ueberall Hunger, Elend, Krankheit und Tod. Nur die Wölfe vermehrten sich, schlichen sich in die Dörfer ein und zehrten die verlassenen Kranken und die Todten auf. Ganze Ortschaften waren aus- gestorben. Stockstadt bei Aschaffenburg hatte vor dem 30jährigen Kriege 200 Nachbarn, nach demselben kaum noch 10. — In Aschaffenburg hauste wohl auch die Pest, da am 8. August der Kaplan Beruh. Kieser und am 12. September der Pfarrer ad B. M. V. Job. H. Eesch starben 1). Das nahe Dorf Nilkheim verlor fast alle Einwohner, die übrig gebliebenen zogen nach Grossostheim. Wenigumstadt, südlich von Gross- ostheim, starb im dreissigjährigen Kriege bis auf 3 Familien aus. Gross- wallstadt verlor nur im Monat August 1632 durch die Pest 32, im Ganzen Jahre 83 Menschen. „Seit dieser Zeit war fast aller Orten der Cent (Gross-) Ostheim keine Pfarrei besetzt. Die Pfarrei Grosswallstadt musste von 1636—48 von Kleinwallstadt aus oder von Jesuiten, die sich über- haupt um die Seelsorge ohne Bedenken der Gefahr verdient machten, versehen werden" ^j. Die östlich vom Maine gelegenen Orte Rossbach (Pf. Kleinwallstadt) und Oberschippach wurden durch die Pest entvölkert. Die Bewohner von Volkersbrunn (Pfarrei Heimbuchenthal) fasten heute noch in Folge eines zur Pestzeit abgelegten Gelöbnisses am Annatag bei 1) Arch. V. Unterfr. II. 2) Steiner, Bachgau 195. Wasser und Brod. Erlenbach bei Klingenberg lieferte 125 Personen auf den Friedhof im Pestjahre 1632. Die Leichen der in den Filialen Ver- schiedenen durften nicht durch den gewöhnlichen Eingang in den Leichen- hof an der Kirche gebracht werden, sondern durch eine eigene in die Kirchhofsmauer angebrachte Thür, wahrscheinlich um eine Begegnung der Kirchengänger mit den Leichen zu vermeiden. Jene Oeffnung ist nun durch einen Grabstein geschlossen. In Klingenberg a. M. starb 1631 bis 35 die Hälfte der Bürger an der Beulenpest. Ebenso wurden Roll- feld und Mechenhart heimgesucht. Wörth am linken Mainufer litt durch die Pest; das nahe Dorf Trennfurt soll bis auf wenige Familien ausge- storben sein. Eschau zeigte in der „Schwedensäule mit dem Schweden- kopf" noch vor einigen Jahrzehnten auf die damaligen Drangsale. Nach der Volkssage gruben die Leute daselbst, weil sie die allgemeine Sterb- lichkeit dem schlechten Brunnenwasser zuschrieben, verschiedene Brunnen, aber das Wasser zeigte überall eine bläuliche Farbe und war Pestwasser. Als sie in der Mitte des Dorfes einen fünften Brunnen graben wollten, fehlte es an Händen, denn die Pest hatte zu stark bereits aufgeräumt. Da kamen gerade die ersten Schweden ins Ort. Weil sie sich länger hier ins Quartier legen wollten, vielleicht auch, weil die Einwohner ihres I Glaubens waren, erboten sie sich bereitwillig zu helfen. Da gabs ein Wasser, klar und rein, wie nur jemals eines aus einem Boden gekommen. Man fürchtete jedoch sehr, dass dies Wasser wieder vergiftet sei. Der schwedische Hauptmann aber sagte: „Da will ich euch einen guten Rath geben. Lasst einen Schwedenkopf aushauen und am Brunnen anbringen, dann wird dies Brunnenwasser unvergiftet bleiben. Denn der Schwed wird von unserm Herrgott geliebt und vom Teufel gefürchtet". Die Leute thaten so; sie Hessen eine steinerne Säule neben dem Brunnen aufrichten und auf der Säule einen Kopf aushauen, der einen Schweden vorstellte. Diese Säule, an der die Schweden ihre Rosse beim Tränken anbanden, nannte man die „Schwedensäule" und den Kopf den „Schwedenkopf". Leider ist dieses Alterthum vor einigen Jahrzehnten zu Grunde gegangen ^). Gottersdorf bei Amorbach starb 1632 fast ganz aus. „Wenn morgen wieder eine Leiche vorübergefahren wird, sagte ein Knecht beim Mähen zu seinem Herrn auf der Seewiese, dann gehe ich fort von hier". Am anderen Tage wurde dieser Knecht selbst als Pestleiche vorübergefahren nach Reichertshausen. Ein junger Mensch von Gottersdorf suchte sich aus- wärts zu retten; er kam in die Neckargegend und hielt sich daselbst einige Monate auf. Als er vernahm, dass das Uebel ziemlich sich gelegt hätte, steuerte er wieder der Heimath zu. Jenseits des Ortes am Walldürner Weg setzte 1) Link, Klosterbuch 11, 370 ff. er sich nieder, angst- und wehmuthsvoll auf die stillen ausgestorbenen Fluren und Häuser blickend. Ganz todt hielt er noch nicht Alles, weil er auf einem Acker etwas Korn geschnitten sah, aber seine Freude, als in der Mittagsstunde endlich ein Fuhrwerk herabkam, das ein alter Mann leitete! „Ich bin noch der Einzige vom ganzen Ort, sagte der, und jetzt du dazu. Im Haus einer unchristlichen Weibsperson hat die Pest angefangen und in dem einer andern am Ende des Dorfes geendet." In den nahen an- grenzenden Odenwälder Ortschaften Glashofen und Reinhartsachsen blieben nur einige Kinder übrig, die ihr Brod in den nächsten Ortschaften mit noch bestehenden Herdstätten betteln mussten. In Kleinheubach („Heyden- bach") grassirte die Pest, so dass von 126 Bürgern am Ende des Krieges noch 9 übrig waren.— Miltenberg litt seit 1631 durch die Pest. Auf An- trag des Pfarrers beschloss der Rath am 6. September 1632, weil die An- steckung sehr um sich griff, die Abgestorbenen nicht mehr durch die Hauptstrasse, sondern durch die kleinen Gässchen an den Main zu tragen; es sollte nur ein einziges Leichentuch angewendet, die Todtenbahre erst um 12 Uhr in die Häuser gebracht werden; die Kerzenmeister durften die Kerzen nicht mehr in die Häuser tragen, sondern sollten nur damit vor'm Haus aufwarten. Die Schulen wurden eingestellt. Die zwei ersten Franziskanerpater starben an der Pest als Opfer ihres Berufes 1632. Ihre Leichen wurden in der Pfarrkirche beigesetzt. Gerade zwanzig Jahre zuvor hatte der Rath festgesetzt, dass jeder Fremde, männlich oder weib- lich , der sich in der Stadt ansässig machen wollte, ein Vermögen von 150 fl. besitzen müsse; jetzt und nach einigen Jahren gesteigerten Elends war der Rath froh, wenn nur Auswärtige in den ausgestorbenen Häusern sich niederlassen wollten. Die nahe Ortschaft Bürgstadt blieb, wie aus den Matrikeln erhellt, von der Pest auch nicht verschont. Eichenbühl bei Miltenberg büsste zur gleichen Zeit nur 43 Erwachsene ein, darunter am 9. März den muthvollen Pfarrer Nikolaus Göll, „der fünf Jahre zuvor die wegen Hexerei eingesetzte Schultheissin Maria Beck zur Treue gegen die Wahrheit im Kerker so trefflich ermuntert, dass dieselbe und viele Andere aus der peinlichen Haft nach standhaft ausgestandenen Folter- ungen später entlassen wurden" (Link). In Dorfprozelten nahm die Pest während vier Monaten 70 Personen, im Jahre 1635 in fünf Monaten 80 Personen hinweg, Kreuzwertheim wurde, der Sage nach, durch die Pest fast gänzlich entvölkert, nur 8 Personen blieben übrig; sie theilten das Eigenthum. Waren bisher in dem belebten und bevölkerten Flecken jährlich gegen 90 Kinder auf die Welt gekommen, so erschienen ihrer im Jahre 1637 und in den folgenden Jahren jährlich gegen 9, also nur ein Zehntel. Und so blieb es ein halbes Jahrhundert hindurch. In der nörd- lich von diesem Orte gelegenen Pfarrei Michelrieth muss die Trübsal gleich gross gewesen sein, weil in ihr Avährend der 4 Jahre von 1632 an nur 6, dann in den nächsten 4 Jahren bloss jährlich 11 Kinder geboren wurden. Unter der Bevölkerung des Spessart zwischen Aschaffenburg und Lohr a, M. richteten die Pest und die allgemeine Noth im Schwedenkriege grosse Verwüstungen an. In Hösbach Hess die Pest, der Sage nach, nur 5, in Wenighösbach nur 3 Personen am Leben. Rottenberg bei Sailauf schmolz bis auf wenige Bewohner zusammen. In Laufach sollen nur ein Bursch und ein Mädchen übrig geblieben sein. Die Bewohner von Wald- aschaff und Rothenbuch hielten im September wegen der Pest eine Wall- fahrt nach Hessenthal ab. Wiesthal wurde so stark heimgesucht, dass man, wie erzählt wird, nicht schnell genug Särge machen konnte. Die Leichen wurden daher in Stroh eingewickelt und in der Nachtzeit auf den Friedhof getragen. Ein Kind krabbelte noch an der entseelten Mutter herum und begehrte zu trinken an ihren Brüsten. Weil im ganzen Hause keine Nahrung für das arme Kind vorhanden war, so musste man einen Bien (-stock) abthun, damit das Kind an den Rosen „zullen" konnte. In Rechtenbach gedenken noch 30 Haushaltungen der Pestnoth, indem einzelne Familienglieder am Rochustage die Valentinuskapelle bei Lohr besuchen. Langen prozelten verlor, der Sage nach, seine Bewohner bis auf 8 Bauern; ohne Begleitung legte man gegen 6 Leichen in ein Grab. Die Schweden ermordeten hier 1631 3 Geistliche^). In Retzbach am Main erlagen nach dem Sterbebuche 70 Menschen der Pest. — In Würzburg fing die Pest im August zu grassiren an. Die Apotheker mussten zur Nachtzeit ihre Ge- schäfte offen halten und den Armen die Arzneien, wo nicht umsonst, doch billiger überlassen^). Marktbreit verlor 92 Personen durch die Pest, worunter der Pfarrer Blechschmidt, niit Fremden und Soldaten 193. Im nahen Obernbreit raffte die Pest 179 Menschen hin (Sterbregister). In Volkach starben 222 Menschen (sonst im Durchschnitte während eines Jahrzehntes 59). Schweinfurt erlitt einen Verlust von „vielen hundert Menschen" durch die pestartigen Rehflecken (Petechialtyphus), welche auch eine grosse Lücke in den Rath und die Bürgerschaft rissen. Man zählte 258 Geburten, 82 Trauungen, darunter 17 Soldaten und 1055 Todesfälle. — In Bamberg starben viele Menschen an der ungarischen Krankheit, welche die Truppen im Frühjahre mitgebracht hatten (Matr.). Nach dem Einfalle des Schwedenkönigs (Ende März) wurde auch der Gollach-, Aisch-, sowie Aurach-, Fembach- und Seebachgrund von einer pestartigen Krank- heit (Typhus) schwer heimgesucht. In Mainbernheim war wdeder „ein grosses Sterben, 213 Todte konnten nur ordentlicher Weise begraben 1) Link 1. c. 2) Gropp, 1. S. I, 472. werden." Die ungarische Seuche oder hitzige Kopfkrankheit raffte in Uffenheim 212 Personen hinweg, worunter auch einige fremde Flüchtlinge- Das nahe Dorf Gollhofen hatte einen Verlust von 62 Menschen durch die Seuche zu beklagen (Matr.) *). In Burgbernheim nahm dieselbe KJrank- heit 155 Personen hinweg, unter diesen den Kaplan L. RöP. Am 15. April erschienen die Schweden unter Gustav Adolf bei Rain am Lech, erstürmten dasselbe, verwüsteten das Kloster Scbönefeld und steckten es in Brand; Aebtissin und Frauen hatten sich nach Frauenchiemsee geflüchtet. Am 20i April empfing Gustav Adolf, der auch hier, wie in Norddeutscliland, als Er- löser begrüsst und von den schwäbischen Bauern als „Schwedevetterle" gefeiert wurde, unter der ungeheuren Linde vor dem Wertachbruckthor die Schlüssel Augsburgs, das er bald zur Hauptstadt seines neuen Reiches in Deutschland erkor (Augusta Gustava). Dillingen und Lauingen fielen in die Gewalt der Schweden; Nordendorf (Bez. Wertingen) ward in Brand gelegt. Am 24. Api'il fiel auch Günz- burg den Schweden zu und damit, wie ganz Schwaben, den Gräueln des Krieges in die Arme. Auf dem Zuge der Schweden gegen Ingolstadt hatte Schi'obenhausen Vieles zu erdulden; die Ortschaften Edelshausen und Sandizell gingen in Rauch auf. Neuburg a. D. fiel in diesem Jahre wechselweise dem Freund wie Feind in die Hände. Am 29. April erschienen die Vorposten vor Ingolstadt, am 4. Mai wurde jedoch das schwedische Lager wieder abgebrochen. Durch die An- häufung vieler Flüchtlinge und einer starken Besatzung brach in der Stadt das ungarische Fieber aus; im Jesuitenkollegium starben allein 14 Per- sonen, welche sieh dem Krankendienste gewidmet hatten, ebenso der Haus- arzt Prof. Alb. Menzel; die akademische Kongregation verlor 30, zwei bürgerliche Kongregationen beklagten den Tod von 180 Mitgliedern^), Auch in Neuburg a. D., das Gustav Adolf nach seiner 2. Invasion am 18. Okt. verliess, trat in den letzten Monaten dieses Jahres die ungarische oder soldatische Kopf krankheit auf, welche viele Soldaten und auch Ein- wohner hinraffte. In 8 Monaten sollen über 900 Personen, darunter 2 Aerzte und 2 Priester gestorben sein^). Neustadt a. D. ist von den Schweden rein ausgeplündert, Biburg und Siegenburg sind gänzlich ver- Avüstet, auch der nahe Markt Rohr und das dortige Kloster mit seiner reichen Bibliothek zerstört worden. Der Markt Rottenburg (n. v. Lands- hut), wie die Ortschaften Langquaid und Oberlauterbach, wurden auch von den Schweden hart bedrängt. Die Stadt Landshut selbst wurde am 10. Mai von Gustav Adolf eingenommen und durch Mord und Brand heimgesucht. Kaum vom Feinde befreit, bekam die Stadt die Einkehr einer ansteckenden Seuche zu verspüren. Es wurde eine Untersuchung der Häuser an- 0 Georgi, Nebenst., Lang, 28. 2) Mederer, 147. 3) Neub. Wochenbl. 1820. geordnet. Der Stadtphysikus erklärte die Krankheit als ungarisches Fieber, welches durch die in der Stadt untergebrachten Kroaten verbreitet worden sei. Am 15. Mai nahmen die Schweden den Markt Eggenfelden an der Rott und dann Ganghofen, welche beide mit bedeuten- der Brandschatzung belastet wurden. Moosburg an der Isar musste ebenso schwer den Schweden - Besuch empfinden. Nachdem sich Gustav Adolf am 15. Mai des bischöflichen Eigenthums in Freising bemächtiget, rückte er am 17. Mai in München ein, versprach den ihn um Schonung an- flehenden Bürgern Sicherung ihrer Habe vor Plünderung und Gewalt, legte ihnen aber eine Kontribution von 300000 Thalern auf. Drei Wochen hindurch hausten die Schweden in der Stadt, die Bürger drückend und beraubend, bis sie endlich unter Mitnahme von 42 Geiseln, da die Kontribution nicht ganz erlegt werden konnte, abzogen. Vom August bis Anfang des folgenden Jahres waren zu München im Kon- tumazhause vor dem Schwabingerthore, wohin sie sich vor den Verheer- ungen geflüchtet, 124 Bauersleute am Petechialtyphus gestorben^). Zur Belehrung erscheint „Bericht und Ordnung. Wie sich die an dem hitzigen Fieber und Kopfwehe erkrankte Personen insgemain zu verhalten. Ge- truckt zu München 1632." Hiernach war dieses herrschende ungarische Fieber nicht sehr ansteckend, erkrankten meist diejenigen, welche Mangel an Speise, Getränken und Pflege hatten, mit nicht immer gleich im An- fange eintretender Diarrhoe, rothen Flecken und anhaltendem Kopfweh und wurden dagegen der Aderlass, Abführ- und Schwitzmittel, Vesikatore und Umschläge von Hafnerlehm mit Salz und Weinessig oder von geriebenem Rettig mit Essig, Salz und Wasser an die Fussohlen als hilfreich em- pfohlen. Nach dem Abzüge der Schweden hatte München noch einige Jahre unter grossen Nachwehen zu leiden. Als nächste Folge jener Schreckensmonde erwies sich, da an keine Ernte zu denken war, wieder Hungersnoth, Hunderte verarmter Landleute kamen in die Stadt, wo doch auch viele Menschen aus der ärmeren Klasse Hungers starben. Von München aus hatte der Schwedenkönig starke Brandschatzungen ausgeschrieben. Seine Horden streiften bis in das Inugebiet. Der Markt Thann wurde am 25. Mai von den Schweden, auf ihrem Zuge von München her, überfallen und ausgeplündert. Wer nicht nach Braunau und über den Inn geflohen war, wurde aufs grausamste misshandelt. „Die Soldaten banden die Mädchen und Frauen an Händen und Füssen und trieben ihre viehische Lust; die Männer aber mordeten sie langsam unter ent- setzlichen Martern, indem sie ihnen heisses Blei oder Schmalz in die i) Suttner, München während des 30j. Kr. Oeffnungen des Körpers gössen, oder sie mit den Barten an die Ross- schweife banden und durch den Markt schleiften." Im Oberlande zündete der Feind allein gegen 100 Dörfer an; so wurde der Markt Ebersberg an der Ebrach genommen und geplündert; Gra- fing ging in Rauch auf; Tölz ward erstürmt und ausgeraubt; durch tapfere Gegenwehr der Einwohner und der Bauern von Lenggries und Hohenburg wurde der Markt wieder vom Feinde befreit. Dasselbe Schicksal wiederfuhr Wolfratshausen und Beuerbach. Die Klöster Beuerbach, Scheftlarn, Andechs wurden theils ausgeraubt, theils zerstört. Ebenso wurde Weilheim ge- plündert und gebrandschatzt. Nach Pähl wurde eine ansteckende Krank- heit durch die Kroaten gebracht; in einem Monat starben 7 Kinder und 27 Erwachsene. Die Pest wüthete neuerdings im Jahre 1632 und 1633 in Holzkirchen; im Jahre 1633 Avurde der Kurat Preinesser ein Opfer seines Berufes. Auch in der Umgegend griff die Pest um sich, so in Gmünd, wo nur 9 Personen verschont blieben, zu Miesbach und Pars- berg. Im Jahre 1634 gelobten die Besitzer des Taubenbergerhofes, eine Kapelle zu bauen und siehe da, sie wurden von der Pest befreit. Ein Tegernsee'sches Schreiben berichtet noch 1635, dass „wegen der grassiren- den laidigen Sucht" ein Abgang der Seelsorge zu Holzkirchen sei. — In Oberammergau riss abermals „das wilde Kopfweh" ein, dass die Leute ganz besinnungslos nackt aus dem Bette sprangen und Viele starben (handschr. Chron. 5). Im November hatte man 4, im Dezember 6 Leichen Erwachsener (Matr.). — Am 8. Dezember plünderten die Schweden im Markt Brück 12 Stunden lang und verwüsteten den Wohlstand des ge- werbreichen Marktes. — Die Seuche forderte auch in der Umgegend Lands- bergs zahlreiche Opfer, namentlich wurden die Ortschaften Ober- und Unterigling, Kaufering, Weil, Epfenhausen, Mühlhausen hart betroffen. Auf einem bei der Walpurgiskapelle unfern Kaufering gelegenen Fried- hofe fanden die Leichen der in diesen Orten an der Pest Gestorbenen ihre Ruhestätte. Auch Erpfting musste sehr Vieles leiden. Die Be- wohner wurden alles Viehes, der Pferde, des Getreides und aller übrigen Lebensbedürfnisse beraubt. Mehrere Personen wurden von den Schweden ermordet, andere grausam misshandelt. Noch in diesem Jahre folgte nach dem schrecklichsten Hunger die „Pest", welche lange währte^). Als Gustav Adolf nach der Einnahme von Memraingen sich eben anschickte, ganz Süddeutschland mit seinen Schaaren zu überziehen, da nöthigte ihn die Nachricht von den siegreichen Fortschritten Wallensteins in Sachsen zur Umkehr. Die von den Schweden besetzte Stadt Memmingen wurde von den kaiserlichen Völkern mit den Bayern unter Altringer in Accord 1) Oberh.Arcli. IX, 238, 343; X, 17; XII, 20, 57. bald zurückerobert. Auch Kaufbeuern fiel im Dezember den Bayern in die Hände. Die ehemalige Reichsstadt Kempten kam in die Gewalt der Schweden. Wie die Schweden hier gehaust, das erzählt uns die Kemptener Chronik von Dr. Ph. Jak. Karrer in einer Weise, die wiederzugeben die Feder sich sträubt. Wer wollte auch nur einen Augenblick verweilen an Stätten, an welchen der Mensch zur Bestie geworden ist! Frauen wurden die Brüste abgeschnitten; Mütter und Dienstmägde mit den Kindern auf den Armen sprengte man in die Hier. Nachdem sie einen Chirurgen todtgeschlagen hatten, schändeten sie dessen Tochter, stachen ihr die Augen aus und warfen sie zum Fenster hinaus auf die Strasse neben ihren Vater. In Gegenwart der Männer und Eltern, die hernach umgebvacht wurden, missbrauchten sie deren Weiber und Töchter; ein Mädchen von 12 Jahren wurde zu Tode geschändet, sogar eine alte fast 100jährige Frau. Einer Frau, die vor einem Kessel siedenden Wassers stand, hieben sie die Hände ab, tauchten sie etliche Male mit dem Kopf in das siedende Wasser und machten durch Abhauen des Kopfes ihrem Leiden ein Ende. Sechs kleine Kinder fand man in einem Keller getödtet, wovon das jüngste durch einen Stich entleibt war und beide Händchen bittend emporhob. Die unglück- liche Stadt gerieth am 13. Januar 1633 wieder in den Besitz der stürmen- den kaiserlichen Truppen. Die nun von den Eroberern verübten Gräuel, über welche sich Dr. med. Gabriel Furtenbach in seiner Oberländischen Straff- und Jammerchronik 1669 verbreitet, spotten aller Phantasie. Am 14. Juni erschien Gustav Adolf auf seinem Marsche gegen Nürn- berg Nachmittags auf dem Blumenberge bei Eichstädt und Hess die Stadt aufffordern, eine Brandschatzung von 90000 fl. zu erlegen. Und in der Stadt herrschten doch Noth, Theuerung und die Seuche! Es starben 494 Personen (gegen 178 im Vorjahre). Wegen Geldmangels war der Preis der Lebensmittel so gering, dass dort ein Ochs 5—6 fl., eine Kuh 1—2 fl., ein Schaf 20 kr. kostete (Gruber's Nachr. 95). In Nürnberg und seiner nächsten Umgebung war während der Bela- gerung eine ungeheuere Menge von fremden Flüchtlingen und Truppen zu- sammengepresst. Obwohl sich die Stadt über Vermögen angestrengt hatte, dieselben 11 Wochen lang zu ernähren, so versiechten endlich doch die Mittel, Dazu kam die Seuche. Der Petechialtyphus („ungarische Krankheit") und Skorbut bereiteten Tausenden im schwedischen Heere und unter der Bevöl- kerung den Untergang. Es starben „so an den Todtentafeln der Kirchen an- geschrieben worden", allein 4522 Personen, darunter 9 Rathsherren, 4 Aerzte, 15 Kirchen- und 10 Schuldiener; ausserdem starben Tausende in den Lazarethen. Die Nonne Mar. Anna Junius im Kloster zum heil. Grabe in Bamberg berichtet in ihrer Chronik unter dem November dieses Jahres: „War damals grosse Theuerung und Sterb zu Nürnberg, dass in 7 Wochen 29000 Menschen gestorben."— Das Auftreten des Skorbuts im Schwedenheere war eine Folge der Kriegsnoth, Strapazen der Krieger, der grossen Unreinlichkeit, feuchtkalten Witterung, dann der Genuss ver- dorbener , mangelhafter Nahrung ^). Nach dem von Gustav Adolf am 3. September gewagten, missglückten Sturm auf das feindliche Lager blieben beide Heere noch 14 Tage einander gegenüber gelagert, jedes in der Erwartung, das andere zum Aufbruche zu nöthigen. Je mehr mit jedem Tage der kleine Vorrath an Lebensmitteln schmolz, desto empfind- licher wuchsen die Qualen des Hungers, desto mehr verwilderte der Soldat; das Landvolk umher wurde das Opfer der thierischen Raubsucht der Sol- daten. Die steigende Noth löste alle Bande der Zucht und der Ordnung im schwedischen Lager auf. Nachdem alles Land auf sieben Meilen in der Runde aufgezehrt und verwüstet und alle Vorräthe zu Ende gegangen waren, musste sich endlich der König, dessen Schaar die grössere war, zum Abzüge entschliessen. Aber welch' ein Bild! Zertreten lagen alle umliegenden Felder, die Dörfer in Asche, das ausgeplünderte Landvolk verschmachtete auf den Strassen, Modergerüche verpesteten die Luft, verheerende Seuchen, durch die kümmerliche Nahrung, durch den Qualm eines so bevöl- kerten Lagers und den Geruch so vieler verwesender Leichname, unter der Gluth der Hundstage ausgebrütet, wütheten unter Men- schen und Thieren. In der Pfarrgemeinde Poppenreuth lebte nur noch der vierte Theil der früheren Bevölkerung. Viele Bauern der Umgegend wie auch Bürger und Soldaten holten sich noch dadurch Krankheit und Tod, dass sie sich in das verlassene kaiserliche Lager begaben, um die vielen Kriegsgeräthschaften, als Kugeln, Waffen, auch Proviantabfälle, wegzuführen. Die zahlreichen umherliegenden, mit Fliegen und Maden bedeckten Aeser von Pferden erzeugten ein gifthauchendes Miasma, so dass noch lange nach Abzug der Armeen Seuchen und Noth das Land drückten. Nachdem die feindlichen Heere bei Nürnberg Lager bezogen hatten, machten sie, wie bereits bemerkt, häufige Raubzüge in der weiten Um- gegend. Die Landbewohner suchten mit den Ihrigen und der beweglichen Habe Schutz und Rettung hinter den Mauern der Städte. So flohen Adel und Beamte aus der Nachbarschaft, selbst die Minister von Ansbach, nach Windsheim, das nun mit Menschen und Thieren überfüllt wurde. Wallen- steins Kroaten streiften bis an die Thore und raubten alle Dörfer aus. Hunger und Pest schwangen in der Stadt ihre Geisel, Menschen und 1) Roetenbeck et Hörn, Specul. Scorbuti etc. Norimb. 1633, Hoechstätter, Obs. med. rar. Pars, postb. Gas. X. Francof. 1674, 162. Thiere starben schaarenweise dahin. Alle Morgen luden die Todtengräber die in den Häusern oder auf den Gassen Gestorbenen auf einen Karren, täglich 30—40, und begruben sie in grossen Gruben, denn die Thore waren bis auf eines verschüttet. Das Elend steigerte sich, als der Schwedenkönig auf seinem zweiten Zuge gegen die Donau, um die Er- oberung Bayerns zu vollenden, nochmals in Windsheim einrückte. Die Schweden liessen bei ihrem Aufbruche (20. September) nichts zurück als Mangel, Jammer, Gestank und 450 Kranke. Man zählte in diesem Jahre in der Stadt 1654 Leichen').—Uffenheim und Markt-Bergel wurden, wie das schon im Vorjahre geschehen, auf den Streifzügen ausgeplündert. Viele Ortsangehörigen erlagen dem Hunger und der Pest; manche flüchteten und fanden die letzte Ruhestätte in Wäldern oder an fremden Orten. Ansbach verlor im Laufe des Jahres gegen 600 Personen, vom 30. Juli bis 21. August 129. — Auch der Aischgrund wurde zum Schauplatz von Verheerung, Brandschatzung und Gewaltthätigkeiten. Neustadt „musste bald die Herberge der kaiserlichen, bald der schwedischen Gäste sein, von welchen keine Partei viel übrig Hess, als sie wieder abzog." Sonntag, den 8. Juli, fiel ein Haufen Kroaten ein; sie begannen mit Plündern, Schänden und Rauben der Weiber, Morden von über 43 Personen und Schand- thaten jeder Art; 70 Häuser gingen in Flammen auf. Zu all der Noth kam, wie gewöhnlich, die Seuche; sie durchzog die ganze Gegend und forderte u. A. im nahen Stübach 101 und zu Oberhöchstädt 70 Opfer. Markt-Erlbach wurde von den Kroaten am 31. Mai in Asche ge- legt; Neuschauerberg, Fluchshof, Wilhelmsdorf u. a. 0. wurden zerstört. In gräuelvollen Scenen wurden auch hier Männer, Weiber und Kinder getödtet; an Feldarbeiten war nicht zu denken. Die Folge davon waren Hunger und Seuchen, welchen die Bewohner oft durch Flucht zu ent- rinnen suchten. — Die Pest forderte auch in der Gegend von Münch- aurach zahlreiche Opfer. Die Todten lagen auf den Strassen und Feldern umher; nur in den Gärten wurden sie der Erde übergeben, andere wurden ins Wasser geworfen. In der Pfarrei Vach starben 215 Menschen, dar- unter 59 Ehepaare (Matr.). Ganze Ortschaften verödeten oder waren nur von alten gebrechlichen Leuten und Kindern bewohnt. Anfangs Juli wurde Schwabach von den Kaiserlichen (auf ihrem Zuge gegen Nürnberg) 5 Tage lang ausgeplündert und aller Lebensmittel beraubt, so dass Hunger und Noth hereinbrachen. Eine Augenzeugin berichtet: „Auf diese grosse Hungersnoth rissen auch verschiedentliche Krankheiten, als die ungarische, die Ruhr, und sogar die Pestilenz ein. Die Leute fielen dahin wie die Mucken; viele mussten verschmachten, weil niemand sich ihrer erbarmen 1) Pastorius, 114. Schirmer 167 f. und ihnen etwas zubringen wollte. Arme Leute und Soldaten blieben oft einige Zeit in Häusern und Hütten liegen, wo sie vermoderten,, und hernach kaum ganz hin ausgebracht werden konnten. Männer trugen ihre Weiber und wiederum Weiber ihre Männer, Eltern ihre Kinder u. s. f. oder führeten auf Schubkarren auf den Gottesacker hinaus und begruben sie allda. Wurden einige noch etwas ehrlicher begraben, so durfte die Leiche mit keinem Leichtuche, noch die Leydtragenden mit einem Mantel angethan sein, weil man vor dem Thore alles dieses hinwegnahm." Erlangen, das im Vorjahre durch wiederholte Plünderung schwer hatte dulden müssen, wurde wieder am 15. Juni durch den kaiserlichen Kommandanten in Forchheim, Obersten Schlöz, ausgeraubt und bis auf 16 Häuser niedergebrannt. Um der Rohheit der Soldaten zu entgehen, hatten sich viele Weiber zu dem Pfarrer geflüchtet, allein sie fanden auch hier keine schützende Stätte, sie wurden vielmehr mit dem alten Pfarrer ermordet. Die durch die Kriegsnoth erzeugte Theuerung mehrte das Elend. Die meisten Bürger, aller Mittel entblösst, mussten sich mit den Ihrigen in Hütten im Walde aufhalten. — Die meisten Einwohner von Kalchreuth waren nach Nürnberg geflüchtet. Am 21. Juli hatte der Pfarrer M. Fröer noch den letzten Gestorbenen ins Todteni'egister einge- schrieben. Das Dorf wurde von den Kroaten in Brand gesteckt, die Zurückgebliebenen wurden ermordet. Die Pfarrei Kalchreuth zählte vor der Flucht der Bewohner nach Nürnberg 550 Personen. Von diesen starben in den Jahren 1632—34 durch Hunger und Seuche 329. Mehrere von ihnen waren von den Hunden gefressen worden; denn das Land lag schon so wüste, dass die herrenlosen Hunde sich in Sehaaren ansammelten, die einsamen Wanderer anfielen und aufirassen, Anfangs Oktober kehrten die Uebriggebliebenen nach Kalchreuth zurück. Thomas Kracker, markgräflicher Wirth und Vogt daselbst, sagt in seiner Lebens- beschreibung: „Als nun beede Armeen weg waren, hab ich neben meiner Mutter und gar wenig Nachbarn, so noch übrig blieben, mich nach Kalch- reuth gemacht, da denn die meisten gar gestorben; ich aber hatte zwar das Leben davon gebracht, doch mit grossem Elend und Kummer, Denn damals hat die Simmra Korn 50 fl. gölten und wir uns länger als Jahr und Tag mit Kleien- und Eichelbrod haben ernähren müssen, weil die Theuerung auch gar zu gross, auch Keiner Tag und Nacht sicher gewest Leibs und Leben vor den Völkern auf dem Rothenberg, zu Forchheim und zu Cunreuth. Als aber hernach anno 1636 Nürnberg sich neutral erklärt, hat man wieder handeln und wandeln dürfen." Nachdem Forchheim während der Belagerung durch den schwedischen Feldmarschall Hörn (im Dezember 1631) 29 Personen verloren, erlagen in diesem Jahre 578 Einwohner der Seuche, ohne die gestorbenen Soldaten; im nächsten Jahre zählte man nur 129 Sterbfälle gegen 45 früherer Jahrgänge. Zu gleicher Zeit wurde das Oberland durch die Kaiserlichen hart bedrängt.- Am 15. Juli wurden Streitberg und Muggendorf geplündert und in Asche gelegt. Rauben, Morden und Brennen war an der Tagesordnung. Zu Helmbrechts wurden 15» zu Naila 26 Mann getödtet. Hof ward am 10. August vom kaiserlichen Feldmarschall Heinr. Holck eingenommen und geplündert. Schlegel, Brandstein, Gottmannsgrün wurden geplündert, Köditz nieder- gebrannt. Wie klein diese Gemeinde war, geht daraus hervor, dass in 10 Jahren nur 30 Kindstaufen, 32 Beerdigungen und 12 Kopulationen vorkamen. — Wunsiedel wurde gebrandschatzt, ebenso Kirchenlamitz; Selb wurde von Eger aus dreimal geplündert. — Nicht besser erging es der Gegend von Kulmbach. Auf dem platten Lande war Niemand seines Lebens sicher. Das Dorf Kirchleus ward niedergebrannt. Am 19. September wurde Blindloth geplündert und wurden mehrere Einwohner getödtet. Unter dem heftigen Wüthen der Pest ist Bayreuth am 20. September vom spanischen General Grana gebrandschatzt, wie alles Viehes, aller Pferde und aller vom Lande dahin geretteten Güter beraubt worden. Dass es dabei ohne barbarisches Gemetzel, ohne rohe Misshandlungen des weib- lichen Geschlechtes nicht abging, bedarf kaum der Erwähnung. Am gleichen Tage wurde Mistelbach geplündert und in Brand gesteckt. In Gesees wurde alles Vieh fortgeführt und wurden die Einwohner misshandelt. Gleiches Schicksal hatte Mistelgau. Täglich fand man Todte auf der Strasse. Auch Creussen wurde von Freibeutern geplündert, dann aber der von den Schweden besetzte Ort am 16. März 1633 von dem berühmten bayerischen Reiteranführer Johann von Werth genommen und so gründlich zerstört, dass jedes Haus für sich in Brand gesteckt worden ist. Ebenso wurden Zwernitz und Casendorf geplündert und eingeäschert. Traurig war der Zustand des Landes am Schlüsse des Jahres 1632. Die meisten Ortschaften lagen in Schutt und Asche, alles frohe Leben schien erstorben, selten hörte man einen anderen Laut, als das Weh- klagen eines Unglücklichen, oder das Geräusch der Waffen. Die Felder waren meistens unbestellt und mit Gebüsch und Dornen bedeckt. Viele Einwohner waren geflohen, um in anderen Ländern die Ruhe und Sicher- heit zu suchen, die in der Heimat nicht zu finden waren. Andere ver- bargen sich in Höhlen und Felsklüften, aus denen sie, wenn der Hunger und das Elend sie trieben, gleich Schattenbildern oder wilden Thieren hervorkamen. Diejenigen, welche in ihren Wohnungen blieben, schwebten in steter Todesgefahr, ein rauschendes Blatt jagte Schrecken in ihre Glieder und trieb sie zur Flucht. Die redlichsten Männer wurden miss- handelt, erschossen, erstochen, ertränkt. Die Grausamkeit der Soldaten 9* ging so weit, dass sie die Unglücklichen, die in ihre Hände fielen, mit dem „schwedischen Trunk" traktirten. Hierüber belehrt uns der Soldaten- roman „Simplicissimus" Kap. 4. folgendermassen: „Den knecht legten sie gebunden auf die erde, steckten ihm ein Sperrholz ins maul und schütteten ihm einen melkkübel voll garstig mistlachenwasser in leib, das nanten sie einen „schwedischen Trunk". Viele starben davon; wer aber mit dem Leben davon kam, der hatte noch die Folgen der unmenschlichen Be- handlung zu erdulden, so lange er lebte. Niemand wurde geschont; von Mitleiden, von Erbarmen war keine Rede; Keiner konnte dem Anderen rathen, noch helfen. Das Land war entvölkert und verarmt, dass kein Amt die Abgaben mehr entrichten konnte. Zu diesem Nothstande kam noch die Pest, welche nun die Ort- schaften vollends entvölkerte. In Bayreuth waren in diesem Jahre 400 Personen gestorben. Selb hatte so wenig Einwohner, dass diese sich mit einander in einem verborgenen Gewölbe im Kirchthurme versteckt halten konnten. Nur Wunsiedel hatte noch seinen Pfarrer, die anderen Städte hatten die ihrigen verloren. Vernehmen wir, zu weiterer Beleuchtung des Zeitbildes, noch eine Stimme jener Leidensgenossen über die bestialische Raffinirtheit, mit welcher die schutzlosen Leute von den Mordgesellen gequält, geschunden und zum Tode gebracht wurden. „Zu dieser Zeit, berichtet eine hand- schriftliche Chronik von Redwitz, gieng jammer und Noth an in Unsrem Lande, vnd hat gewehret bis vfi" das 1637. Jahr, do man den baldt nichts änderst hörte, alss Rauben, stelen, Morden, brennen vnd sengen, die armen Leuth wurden niedergehauen, gestochen, geschossen, auch geraitelt, vielen die Augen ausgestochen, Arm und Beine entzwei ge- schlagen, Ohren und Nasen, auch Männliche Glieder und Säugende Brüst wurden ab- vnd ausgeschnitten, etliche von Ferne beim Feuer ge- bratten, theils im Rauchschloth vffgehenket vnd Fever vnter sie ge- schieret, ettliche in die Backöffen gestossen, stroh fürgemacht und an- gezündet, Khün vnd schweffei vnter die Nägel gestecket vnd angezündet, die Daumen geschraubet, spitzige Knöbel ins Maul gestecket, dass das Bluth hauffenweiss herauss geloffen, hernacher den gantzen leib, durch den Mundt, mit Urin vnd Mistwasser gefüllet, die Fuesssohlen aufge- schnitten, hernach Salz hinein gestreuet, Riemen auss den leibern ge- schnitten, vnd vielen die Rippen in den leib entzwey geschlagen, Jn Summa die grosse pein vnd vorhin unerhörte Martter (davon auch der teuffei in der höll mit Wissenschaft haben mochte) so sie den Menschen angethan, biss sie gestorben vnd verschmachtet oder presshaft worden, ist nicht zu schreiben, do hat manches Frommes hertz in solcher Marter vnd pein bekennen, hab und guth, Weib vnd Kind, auch wohl seines herrn oder neciisten Sachen, die lange Zeit verwahret gewesen, verrathen müssen. Da wurde weder alt noch jung. Edel vnd Unedel, Auch der schwangern und Sechswöchnerin mit sehenden uit verschont, vnd welches ja ein greuel anzuhören, 8Jährige Mägdlein, sowol auch 60 biss 80jährige Weibs- persohnen zu todt gemartert, hernach aussgezogen in die Teich geworfen, oder uff den Strassen liegen lassen, Zuletzt dorfft sich auch kein Mensch mehr in Wäldern Betretten lassen, den da war auch niemand mehr sicher, es war gleich im morast, oder in gebürgigen steinklüfften, den da hatten sie hundt, welche vff die Menschen abgerichtet, dass also Kein Mensch in Steinklüfften bleiben Kundte, Ach da sind viel Leuth in den Wäldern erschossen vnd niedergehauen worden, auch unbegraben liegen blieben" u. s. w. Wallenstein sandte den General Holk, einen Dänen, mit 6000 Mann aus dem Lager von Nürnberg als Vortrab des folgenden Heeres gegen Sachsen, um den Kurfürsten, der sich nicht in Güte zur Trennung von den Schweden und Niederlegung der Waffen verstehen wollte, mit Gewalt dazu zu zwingen. Auf dem Wege dahin hatten die armen Leute im Voigtlande und Erzgebirge von dem Wütherich Holk Unerhörtes zu leiden, wie ein Holk'scher Jäger in Schillers „Wallenstein's Lager", VI. Scene, trefflich schildert: „Wo wir durchgekommen sind, Erzählen Kinder und Kindeskind — Nach hundert und aber hundert Jahren Von dem Holk noch und seinen Schaaren." — Städte imd Dörfer wurden nieder- gebrannt, Häuser und Ställe ausgeplündert, was nicht fortgeschleppt werden konnte, wurde vernichtet. Noch grässlicher wüthete die entmenschte Sol- dateska an den Bewohnern: Männer und Jünglinge wurden gemartert oder hingeschlachtet, Weiber und Mädchen aufs Blut geschändet. Noch heute lebt in dortigen Gegenden die grauenvolle Erinnerung an jene Un- menschen. Verwüstung, Feuer und Blutvergiessen bezeichnete ihre Bahn, In den eroberten Städten Zwickau, Chemnitz, Oederan, Freiberg, Altenberg, Dippoldiswalde u. a. O. hausten die Kroaten furchtbar. Bis nach Dresden entsandte Holk seine Streifkolonnen. Bald rückte General G alias mit einer zweiten Division nach. Was den verwilderten Horden entgangen war, fiel als Opfer der bald ausbrechenden Pest. Coburg wurde von der „Hauptkrankheit" (Petechialtyphus) heimge- sucht; im Oktober starben daran 300 Menschen, — In Schleiz raffle die Pest gegen 600 Einwohner hinweg ^). — Wegen der in Zwickau grassireu- den Pest entwich der Schulrecktor Winter nach Glauchau, wo er im Dezember vom Feinde so traktirt wurde, dass er starb. — In Chemnitz wurden 1234 Leichen im Pfarrbuche verzeichnet; während der Belager- 1) Saxonia III, 62. ungswoche wurden allein über 200 Einwohner begraben. Alle Leichen blieben, so lange die Thore geschlossen waren, in der Stadt auf der Herrengasse liegen und wurden erst am 28. November hinausgeschafil. — Auch in Leisnig „hat die pestilenzialische Seuche abermals regiert und über 400 Menschen hin weggerafft; besonders in den Monaten Juli bis September wüthete sie vom Nieder- bis zum Bader-Thore. Gleich ver- heerend hauste sie noch im nächsten Jahre, wie Schneider S. 40 berichtet: „Im Herbst hat sich die Pestilenz noch unter den Leuten spüren lassen und ihrer viele aufgerieben." Im Plan-sprengel Leisnig starben in. dieser Zeit 443 Personen meist an der Pest, worunter 20 Ehepaare. Viel tausend Menschen starben auch auf dem Lande. — Die Pest trat im Herbste so heftig auf, dass in der Bergstadt Freiberg in kurzer Zeit einige Tausend Menschen erlagen, ja fast der dritte Theil der Bürger dem Würgengel zum Opfer fiel. Die meisten Leichen wurden heimlich begraben, etwa nur 3000 der Gestorbenen erhielten ein Grabgeleite. Die Pestseuche spann sich ins folgende Jahr fort; ohne die heimlich Begrabenen wurden noch 1632 Personen öffentlich bestattet. — Im Dorfe Forchheim bei Freiberg zählte man 193 Todesfälle^). Nach allen Richtungen ver- breitete sich das tödtliche Uebel. In Joachimsthal starben 800, in Breiten- brunn 145, in Marienberg 117 Personen^). Im Pfarrsprengel Dittmanns- dorf starben 131, im nächsten Jahre 46 Personen, meist an der Pest. Die Leichen wurden zuletzt nach dem Tode der meisten Hausbesitzer in den Gärten begraben ^). — In Dippoldiswalde (2 M. s. w. v. Dresden) hatte die Pest die EinAvohnerzahl bis auf 15 Hauswirthe herabgemindert; vom Rathe, welcher aus 18 Mitgliedern bestand, blieben nur 3 übrig. In der zweiten Hälfte des Juni trat in Leipzig die Pest auf. Sie griff all- mählich so um sich, dass das Lazareth in Stand gesetzt, ein Pfarrer, Arzt und Barbier aufgestellt und die öffentliche Wohlthätigkeit beansprucht werden musste. Im August wuchs die Seuche und brachte bis Oktober vielen Bewohnern und vier Lazarethgeistlichen den Tod. Während der von Wallenstein vollzogenen Blockade wurden die Todten bis 24. Nov. in der Stadt begraben. Man zählte bis Jahresschluss 1390 Pestleichen*). In Eilenburg wurden 100 Kinder geboren, dagegen 670 Personen be- graben, darunter 492 Pestopfer; im folgenden Jahre starben 334 Personen, hiervon 174 an der Pest; im J. 1634 zählte man 138 Geburten, 148 Verstorbene, mit 72 Pestleichen; im J. 1635 starben 116 Personen, dar- unter 3 an der Pest und im J. 1636 164 Personen mit 16 Pestopfern. — Die Stadt Beigern bei Torgau wurde am 25. Okt. durch die Truppen 1) Wilisch II, 316. 2) Lehmann 955. 3) KirchengaUerie V, 30. 4) Gesch. V. Leipzig 276, 317. Heidenreich 481. des kaiserlichen Generals Holk eingeäschert; dem Brande folgten Pest und Hungersnoth, so dass ganze Familien mit fast allen Bewohnern da- hinstarben. Dasselbe Schicksal traf die unglückliche Stadt im J. 1637^). — Die schändlichsten Rohheiten bezeichneten den Weg des Feindes, deshalb flüchteten alle auf dem Lande Ansässigen den Städten zu. Adelige Familien, Geistliche, Bauern aus weiter Ferne suchten auch in Delitzsch Schutz. Gefährliche Krankheiten, welche sie mitbrachten, griffen um sich und jagten ganze Familien auch hier in den Tod. Der epidemisch verbreitete Typhus hielt eine reiche Ernte; im Todtenbuch sind 301 Opfer eingetragen; doch wurden viele ohne Meldung still begraben. Im nächsten Jahre zählte man 435 Todte. In Vakerode bei Dessau grassirte die Pest stark; Dessau blieb verschont. — Durch schwedisches Militär wurde die Seuche in die Stadt Colditz verschleppt, weshalb man sie „Luem militarem, Sol- datensucht" (Typhus) nannte; sie befiel die stärksten Leute. Im folgenden Jahre trat an ihre Stelle die Pest, welcher 567 Personen erlagen. Viele Häuser standen leer; vom Stadtrathe waren nur vier Mitglieder übrig ^). Die Pest, welche das ganze Land beherrschte, hielt auch in Dresden eine ergiebige Ernte; sie raffte 6892 Menschen hin. Zahlreiche Familien starben aus und viele Häuser standen leer. Die Pest zeigte sich noch bis 1640. Auch im Dorfe Lockwitz fand sie Eingang. — In Ditters- dorf (bei Lauenstein) raffte die Pest 405, im Jahre 1639 weitere 134 Menschen dahin ^). — In der Umgebung der Stadt Stolpen wüthete die Pest ausserordentlich; namentlich wurden zu Altstadt vom Jahre 1632 bis 1634 viele Menschen ihre Beute, so auch eine Familie mit 7 Kindern — In der Kirchgemeinde Burkersdorf erlagen vom 4. Oktober bis 24, Nov. 25 Personen und 1634 vom 11. August bis Jahresschluss 37 Personen der Pest; manches Haus starb aus. — Im März nistete sich die Pest in Bischofswerda ein; sie wurde durch den 2. Kroaten-Einfall (Ende Juli) dermassen verbreitet, dass kaum die Bewohner von 3—4 Häusern übrig blieben. Wer gesund blieb, flüchtete sich in andere Orte, um oft dort dem gleichen Geschicke zu verfallen. Nach dem Kirchenbuche starben binnen Jahresfrist 660 Personen; mehr als der 3. Theil der Häuser stand leer; das Holz wurde von den durchziehenden Kriegshorden beim Wachtfeuer verbrannt oder zu Pallisaden gebraucht. — Auch Bautzen wurde von der Pest heimgesucht*). — In Oderwitz grassirte die Pest 1632—33 in erschreckender Weise. Die Befallenen erlagen gewöhnlich in 2 Tagen, oft schon binnen 24 Stunden der furchtbaren Krankheit, Fast in allen Häusern zählte man Pestkranke; Niederoderwitz soll ganz ent- 1) Petri, Nachbarstädte Torgau's 17. 2) Abr. Thammii Ann. 1, c. 11, 718. völkert worden sein. Die' Todesfälle häuften sich so, dass zuletzt Jeder seine Todten selbst begraben musste. In der ganzen Lausitz nahm die Pest so überhand, dass sehr wenige Orte von dem Uebel verschont blieben. Die Oberlausitz soll in den Jahren 1631 —1633 allein 40 000 Menschen durch die Seuche ver- loren haben. — Im Juni erhob sich in Görlitz die Pest, nachdem sie sich etwas gelegt hatte, von Neuem, und raffte besonders in der unteren Stadt sehr viele Menschen hinweg. In einer Woche, vom 3. bis 10. Oktober, starben 265 Personen aller Stände; am 7. Oktober forderte die Seuche allein 57 Opfer. Von jetzt ab Hess ihre Heftigkeit nach und kamen nur vereinzelte Erkrankungen vor. Im Laufe des Jahres starben 6105 Personen, unter ihnen 106 Soldaten. Noch im nächsten Jahre erlagen dem unheilvollen Gaste in und ausserhalb der Mauern 726 Personen, sowie 435 Soldaten. Selbstmorde aus Verzweiflung waren keine seltene Er- scheinung^). — Für die in Rothenburg an der Pest Verstorbenen wurde ein Todtenacker ausserhalb der Stadt angelegt. — In Steinigt-Wolmsdorf wüthete die Pest aufs Heftigste^). Am 12. Juni trieben kaiserliche Truppen von Hirschfelde alles Vieh hinweg, raubten, brandschatzten und Hessen beim Abzüge die Pest zurück. — Lauban musste sich mit der sächsischen Besatzung am 1. Juli ergeben. Die Stadt und Umgebung waren 10 Tage lang mit Truppen angefüllt. Alle Vorräthe an Lebens- mitteln wurden mit Beschlag belegt. Da man eine grosse Anzahl Rind- vieh und über 6000 Schafe schlachtete, die Ueberreste aber frei umher- liegen und verwesen Hess, so fand die bald darauf ausbrechende Pest ein grosses Arbeitsfeld; da starben nicht selten an einem Tage bis 40 Menschen. Vom Juli bis Dezember sollen bis gegen 1400 Menschen hin weggerafft worden sein. — Auch für die Stadt Zittau und Umgebung gestalteten sich diese Jahre verhängnissvoll. Bereits 1631 waren dort viele kaiser- liche und sächsische Soldaten nebst mehreren Einwohnern dem Typhus erlegen; im Jahre 1632 stellte sich auf das hitzige Fieber und Ruhr die Pest ein; in einer Woche des August kamen 100 Sterbfalle vor und der 8. Oktober schuf 30 Leichen. Die Zahl der Todten belief sich auf 1246, nach einer weiteren Angabe im Pfarrsprengel auf 1642 neben 240 Ge- burten. Im Januar 1633 verspürte man einen Stillstand der Seuche; indes erstieg bald eine neue Gefahr, indem das Petechialfieber und im Mai die Pest wiederholt anklopften ; letztere nahm im August und September 1633 an Heftigkeit so zu, dass an manchem Tage 30 bis 50 Personen, vom 11. bis 18. September 158, vom 18. bis 25. September 100, im Ganzen 1) M. Meisteri Ann. Gorlic. SS. rer. Lusat. I, 2. 88. Neumann 391. 2) N. Laus. Mag. 40. B. 267. 282. 1860 Personen starben; hiervon wurden 960 still dem Grabe übergeben. Ausserdem starben viele Golz'sche Soldaten an der Ruhr^). Auch in Schlesien fand die Pest Eingang; so in der Stadt Waiden- burg; wo von 99 Beerdigten gegen 40 der Pest erlegen waren. — Zur allgemeinen Noth gesellte sich auch in Steinau a. d. Oder die Pest, um in der Stadt und Umgegend mit grosser Heftigkeit zu wüthen. Am 13. Oktober berichtete die Gemeinde Thiemendorf, dass daselbst 234 Personen an der Pest gestorben seien. — Auch in Schippenbeil (Ostpreussen) stellte sich die Pest ein und forderte zahlreiche Opfer. — Ein kaiserliches Heer von 42 Regimentern stand den Schweden in Westfalen sechs Wochen gegen- über, ohne dass eine Entscheidung gefallen wäre. Endlich verzogen sich die Heere, Pest und Theuerung zurücklassend; in Bielefeld wurden 600, in der Grafschaft Ravensberg aber gegen 2000 Menschen eine Beute der Pest. Damals glich das Land, schwer darniederliegend, fast einer Wüstenei^). 1633, Vom 6. bis 20. Januar brachten bei anhaltendem Sturm und Regen Wasserfluthen grosse Noth ins Land. Frühjahr und Herbst waren kalt, Sommer reich an Hagel; kein Obst, wenig und sauerer Wein. Im Südwesten Deutschlands entfaltete die Bubonenpest von Neuem ihre verheerende Wirksamkeit. Mit den Truppen des Pfalzgrafen von Birkenfeld zog sie im Elsass ein; da fand sie besonders in dem von fremden Flüchtlingen überfüllten Strassburg einen empfänglichen Boden. „Im J. 1633 im Augustmonat, berichtet Andr. Goldmeyer's Strassburger Chronica, kam ein Sterbend nach Strassburg, der hielte sehr hart an, und werete bis auf den Frühling des 1634. Jahrs, also dass in 8 Monaten über 8000 Personen hinweg genommen wurden." Nach Friese's bist. Merkwürdigkeiten 207 „grassirte im Julius die Pest so stark, dass man- chen Tag auf einem Gottesacker 30—40 Leichen begraben wurden. Im Oktober starben in einer Woche 393 Menschen und vom 14. September bis 30. Dezember 4018 Personen. Es griflf die Leute plötzlich an, dass sie todt zur Erde fielen." Ueberhaupt erreichte die Sterblichkeit in diesem Jahre die enorme Höhe von 5546 Todesfällen, von welchen 1000 auf flüchtige Landleute und Soldaten kommen^). Nach dem Fragmente aus der Chronik von J. J. Walther starben „innerhalb 20 Wochen in der Stadt 4392 Personen; ausser diesen starb eine ziemliche Anzahl arnrer Leute im Spital, Blatternhaus und anderwärts; im ganzen Jahre zählte 1) Carpzov, Ann. V, 39. 309, N. Laus. Mag. 44. 2) Fricke, Bielef. 86. 3) Theatr. Eur. III, 129. man gegen 7000 Todte." — Ferner fand die Seuche in Oberehnheim, im Leberthal und in Zabern Eingang. Zu Anfang des Jahres mussten die Bewohner der Bodenseegegend all das Elend kosten, welches den verhängnissvollen Krieg begleitete. Ende Januar und Anfangs Februar wurden Weingarten, Wangen, Tett- nang von den Schweden besetzt. Kein Eigenthum wurde mehr geachtet, selbst das Leben der Bewohner wurde nicht geschont. Wer nur konnte, rettete durch die Flucht das nackte Leben. Hungersnoth und verheerende Krankheiten rieben die Bevölkerung auf Die Noth steigerte sich bis in die nächsten Jahre. Tettnang, welches im J. 1633 über 2500 Einwohner hatte, zählte 1636 noch 150, die übrigen waren theils durch den Feind, theils an Hunger und an der Pest gestorben. Die üeberlebenden nährten sich von den ekelhaftesten Dingen. — Zu Konstanz herrschte im Februar 1633 neben anderen Krankheiten besonders das ungarische Fieber; innerhalb weniger Stunden starben die Kranken an Eingenommenheit des Kopfes ^). Auch Freiburg im Breisgau wurde vom Kriegselend schwer heim- gesucht; so bemerkt Th. Mallinger in seinen Tagebüchern: „Die armen Leute (in und um Freiburg) kamen in solche Armuth, Angst und Noth, dass sie vor grossem Hunger und Kummer erkranket; erstlich das Haupt- weh, die abscheuliche Pest und andere Angelegenheiten bekommen, so dass viele tausend, und ich will nicht sagen, wie viele tausend vom Feind jämmerlich sind erschlagen worden, sodass noch kaum der halbe Theil übrig geblieben und davon gekommen sind." Im Herbste kam die Pest über die Stadt und führte einige Tausend Menschen dem Tode in die Arme. Die Bürgerzahl, welche bisher 1500 betragen, war nun zu- rückgegangen auf 400, ohne Weiber, Kinder, Knechte und Mägde. Der Seuche erlagen 8 Professoren und 11 Kapläne, welche zu dem damals in Freiburg residirenden Domkapitel gehört hatten^). Der ganze Schwarzwald war verödet; Dornhan zählte 1633 noch 4, Heubach 10 Bürger. Auch in Ehingen (O. A. Balingen) herrschte 1633—34 die Pest. — In Bächlingen (O. A. Gerabronn) rafTte 1633 und 34 die Pest 252 Menschen hinweg. — Im Bezirke des jetzigen Oberamtes Schwäbisch-Hall hauste 1633—34 ebenfalls die Pest. Im Pfarrsprengel Untermünckheim erlagen von 1633 — 34 ^/5 der Einwohner. — In Elters- hofen war die Pest eingekehrt und starb 1633 Hans Putz mit 3 Kindern. — In Ilshofen sanken 1633 binnen ll^/a Wochen bei 80 Personen ins Grab. Die Seuche erlosch indes noch nicht völlig, denn am 18. Oktober wurden noch 3 ihrer Opfer begraben. 1) Gaisser's Tagb. 1. c. 2) Mone, Quellens, d. bad. Landesgesch. II, 510, 545; Freib. Jalirgesch. Zejtschr. 1878. In Frankfurt a. M. machte sich seit der schwedischen Occupation eine bedeutende Sterblichkeit geltend. Während im Jahre 1630: 1131, 1631: 2900, 1632 nur 762 Todte verzeichnet sind, finden sich im Jahre 1633: 3512, 1634: 3421, 1635 sogar 6943, 1636: 3152, 1637: 1079, 1638: 948 und 1639: 1034 Gestorbene in den Registern eingetragen (gegen die jährliche Durchschnittszahl von etwa 744 im Anfange des Jahrhunderts). Die Zahl der Geburten bewegte sich in diesen Sterbe- jahren zwischen 450 und 950, jene der Eheschliessungen von 180 bis 340, ja bis 489. Im Laufe der und unmittelbar nach der Zeit des ärgsten Sterbens wurden die meisten Ehen geschlossen; die letztgenannte Anzahl fällt ins Jahr 1636 i). Auch über die bayerischen und fränkischen Lande schwang die Kriegsfurie, unterstützt durch ihre Gefährten, Noth und Seuchen, ihre Geisel. In Oberbayern erhielt sich zu Oberammergau noch der Typhus mit grosser Heftigkeit, so dass im Januar „dem wilden Kopfweh oder hitzigen Fieber" 8 Personen mit dem Pfarrer, im Februar 14, im März 20, worunter wieder ein Geistlicher, im April 13, im Mai 7 und im Juni 4 Personen erlagen; ebenso wüthete die Krankheit in der nahen Pfarrei Kohlgrub, wo „die Leute dermassen ausgestorben, dass nur zwei Paar Ehevolk aus der Gemeinde noch gesund war", indem viele Ehen getrennt und ganze Häuser entvölkert wurden. (Gedenkverse an der Empore der Rochuskirche.) — Auch in der Pfarrei Eschenlohe und in der Grafschaft Werdenfels sind „erschrecklich viele" Leute gestorben. Aus Anlass dieser Seuche errichtete man bei Kohlgrub und Eschenlohe sog. Pestkapellen 2). — Nachdem sich bereits 1632 Spuren der Krankheit aut der Au bei Traunstein gezeigt, grassirte sie nun in der bösartigsten Weise in der Vorstadt und Vorberg. — In Pähl (Bez. Weilheim) erneuerte sich die Seuche, so dass vom Januar bis April 55 Personen erlagen. — Nach dem Todtenbuche hauste in Weilheim die „Pest" bereits im Januar und starben vom 25. Januar bis 10. Februar 18 Erwachsene und vom 1. bis 7. März 7 weitere Opfer. — In Tölz rafi'te die „ungarische Krank- heit" im Mai und Juni 27 Erwachsene hin. Zu allem Unglücke stellte sich im Juni an vielen Orten eine Viehseuche ein, welche auch dem Kloster Andechs 18 Stück wegnahm. Ueberdies waren alle Vorräthe an Nahrungmitteln bereits verzehrt oder geraubt, und nun trat eine solche Hungersnoth ein, dass die Leute mit den schlechtesten und ekelhaftesten Dingen, halbfaulen Rüben, Kohlblättern, die sie auf den Dunghaufen aufhoben, Hunden, Katzen und stinkendem Aase ihren Hunger stillten. In München herrschte gleiche Noth; da sättigten sich Viele mit 1) Vgl. Dr. Kriegk im Arch. f. Frankf.Gesch. I, 268. 2) Cberb. Arch. Bd. 19. 21. Kräutern und Kleienbrod. Selbst das Hinausfahren des zu München theuer ei'kauften Getreides war wegen der zahlreichen, oft in grossen Banden herumschwärmenden Freibeuter mit grosser Gefahr verbunden. — Kach längerer Belagerung wurde das Schloss Dachau von den Schweden mit grossem Verluste für die Bayern erobert, so dass die Bewohner des Marktes hierbei wie in den folgenden Jahren durch Hunger, Pest und feindliche Verwüstung schwere Drangsale erleiden mussten. — Im Markte Geisenfeld (Bez. PfafFenhofen) herrschte „die, ungarische Krankheit". Von etwas über 2000 Pfarreiangehörigen starben 322 Personen; nach dem Sterbbuche wurden manche Leichen „extra oppidum" beerdigt^). — Am 22. Januar wurde Lechhausen bei Friedberg von den Schweden geplündert und zerstört. — In der grässlichen Nacht vom 9/10. April wurden die Kaiser- lichen und Bayern wieder aus Landsberg von den Schweden vertrieben; die Stadt aber wurde unter Verübung der üblichen Gräuelthaten von den nordischen Eindringlingen geplündert. Sie stiessen Bürger und Bauern nieder, und verstümmelten Jeden, der ihnen in den Weg kam. Manche wurden mit auf dem nackten Körper eingestreutem und selbst in den Mund gestecktem Pulver unter namenloser Marter verbrannt, oder auch mit dem schwedischen Trank traktirt. Die Kinder im Mutterleibe wurden nicht geschont und die Jungfrauen hart bedrängt. Der schwedische Name wurde fortan zum Entsetzen und zum ewigen Sprichwort in deutschen Landen. Einem wiederholten Erscheinen der Schweden am 27. September in Landsberg und einer abermaligen zweitägigen Plünderung folgte wieder die äusserste Noth und Pest, welche unter der übrig gebliebenen Bevölkerung arg aufräumte. — Laufen an der Salzach ging zur Hälfte in Flammen auf. Die kaiserlichen Truppen, welche Ende November die Gegend von Starnberg und Perchtiug überschwemmten, hausten in derselben Weise, wie die Schweden. Den schlechtesten Ruf aber genossen die Spanier, welchen Alles willkommen war; — kein Wunder, wenn sich die von Freunden wie Feinden äusserst misshandelten bayerischen Unterthänen (am 1. Dezember) zwischen dem Inn und der Isar racheschnaubend er- hoben. Im Zustande der Verzweiflung übte das Volk schauerliche Ver- geltung an seinen Peinigern, überfiel einzelne Kriegsknechte, verstümmelte sie, stach ihnen die Augen aus, schickte sie mit gebrochenen Händen, abgeschnittenen Nasen und Ohren in das Lager zurück oder tödtete sie unter grossen Qualen. So war die ganze Gegend zwischen Isar und Lech durch die ununterbrochenen Kriegszüge der bayerischen und schwedischen Truppen zur Einöde geworden. Schwaben erduldete in gleicher Weise alle Drangsale des Krieges. 1) Oberb. Arch. 1878. 158. Am 3. Januar wurde Kempten von dem Korps des kaiserl. Generals Altringer nach IStägiger Belagerung mit Sturm genommen, und dann über 450 Menschen theils ermordet, theils verbrannt, die Stadt ausgeplündert und hernach die ganze Vorstadt mit 140 Gebäuden abgebrannt. Am 23. Januar wurde Kauf heuern von den Schweden erstürmt; noch in demselben Jahre besetzten es die Kaiserlichen; das gleiche Schicksal er- litten die Stadt Mindelheim wie der Markt Thannhausen (Bez. Krumbach). Der Markt Babenhausen an der Günz hatte auch viel zu leiden. — In Memmingen herrschte grosse Noth und forderte die Pest 1200 Opfer. — Ebenso räumte in Neuburg a. D., wo Herzog Bernhard von Weimar Mitte April ein Lager aufschlug, die „ungarische oder soldatische Kopf- krankheit" nicht nur unter den Soldaten, sondern auch unter den Ein- wohnern auf. Innerhalb acht Monaten erlagen 900 Menschen der Seuche. Unter den Todten befanden sich zwei Stadtärzte, deshalb weigerte sich der dritte, die Kranken zu besuchen. Auch zwei Jesuitenpatres starben als Opfer ihres Pflichteifers. Die Stadt glich einem Friedhofe, denn in allen Strassen lagen Leichen, und die Lebenden sahen aus, als wären sie aus dem Grabe erstanden. Zu diesem Elende gesellte sich Mangel an Lebensmitteln und Hunger. In einer Schupfe in der unteren Vorstadt fand man einen Kohlenbrenner aus einem benachbarten Walde mit Weib und sieben Kindern verhungert. Von Neuburg a. D. wandte sich Herzog Bernhard von Weimar mit seinem Heere, dem Laufe der Donau folgend, gegen Regensburg, das Bollwerk Bayerns. Der Oberst Tupadel, vom Volke insgemein Duc Bartel oder Raubbartel genannt, besetzte am 20. September Kelheim und plünderte es, und verübte in wenigen Tagen ein Gleiches an Stadtamhof. Regens- burg ging nach lOtägiger Belagerung am 15. November durch Kapitu- lation in den Besitz der Schweden über. Von Regensburg entsandte Herzog Bernhard schon am 7. November einen Trupp schwedischer Reiterei gegen Straubing, welcher die Umgegend ausplünderte. Nach dem Falle Regensburgs folgte Bernhard mit 6000 Mann stromabwärts, allenthalben sengend und brennend. Am 23. November musste sich Straubing ergeben; die Bürger und besonders die Geistlichen wurden auf's Grausamste behandelt. Die der Stadt auferlegte Brandschatzung von 50,000 Thalern konnte erst im März 1634 entrichtet werden. — Deggendorf und das nahe Kloster Metten wurden von den Schweden ausgeplündert; das- selbe Schicksal erlitten Vilshofen und der Markt Pleinting an der Donau. Der Markt Plattling hatte während des Krieges dreimal durch Brand zu leiden; Dingolfing a. d. Isar wurde am 22. Juli ausgeplündert. Der Markt Eggenfelden an der Rott, der im Vorjahre die Kriegsnoth durch- zumachen hatte, ward nun von der Pest arg heimgesucht; nach über- standerier Gefahr im nächsten Jahre wurde die Frauenkirche, sowie 1638 aus gleichem Anlasse die Mariahilfskirche gestiftet. Auch der bayerische Wald ist von den Schweden im November mit roher Faust angetastet worden. Nachdem sich Tupadel am 18. No- vember mit seinem Regimente in Cham festgesetzt hatte, begann er die benachbarten Märkte und Schlösser auszuplündern. Fürth wurde fast ganz in einen Schutthaufen verwandelt, das Schloss zerstört; am 29. No- vember litt der Markt Kötzting durch Raub, Mord und Brand. Dasselbe Schicksal theilten die Märkte Eschelkam, Neukirchen bei hl. Blut, Zwiesel und am 10. Dezember Regen. In gleicher Weise unternahmen die schwedischen Horden von Regensburg aus Raubzüge an die Naab hinauf. Am 18. November wurde die Burg zu Lengenfeld vom Oberst Reinhold von Rosa genommen und ein grosser Theil der Stadt verbrannt. Ebenso wurde Schwandorf gegen Ende des Jahres genommen und geplündert. Hasswert erlitt dasselbe Schicksal. Für Hemau waren der 24. und 25. November Tage des Schreckens, da eine schwedische Reiterschaar hier scheusslich hauste und selbst Weibspersonen mit unsagbarer Grausamkeit marterte. Wie das gebetzte Wild wurden die Bürger auf offener Strasse verfolgt, die Wehrlosen wurden niedergeschossen und selbst die an der eingeschleppten Seuche Darniederliegenden aus den Wohnungen vertrieben, nachdem man ihre armseligen Decken in frevelhaftem Uebermuthe verbrannt hatte. — In Amberg rissen neben grosser Theuerung eine typhöse Seuche und die Ruhr ein; durch Abschluss der infizirten Häuser, Aufstellung eigener Krankenwärter und Beischaffung der nöthigen Hilfsmittel suchte man den Krankheiten zu steuern; sie verloren sich beim Eintritt des Winters. — In Vilseck, wo man sonst jährlich 8—12 Todte zählte, erlagen nun- mehr 198 Menschen vorzugsweise dem Kriegstyphus, im Pfarrbuche bald Morbus hungaricus, bald Pestis genannt. — Im Pfarrdorfe Michelfeld bei Auerbach wurden 144 Personen eine Beute der Pest; viele Gestor- benen sind in's Todtenbuch nicht eingetragen; auch zwei Michelfelder Pfarrer fielen 1633 und 1634 der bösen Krankheit zum Opfer. — Den Markt Pressat legten die Schweden am 15. Mai in Asche; zwei Tage später ging ein Theil des Städtchens Tirschenreuth durch einen kaiserl, Soldaten in Flammen auf. Auch die fränkischen Gaue erfuhren im gleichen Jahre die Kriegs- und Seuchennoth in empfindlichster Weise. Eichstädt fiel am 4. Mai in die Hände des Herzogs Bernhard. Zwar wurde am 25. Oktober die schwedische Besatzung vom Reitergeneral Johann von der Werth ver- trieben, allein am 7. Dezember fielen wieder 600 Schweden, ohne auf Widerstand zu stossen, ein; sie verübten viele Grausamkeiten, bis sie bei einem Ausfalle aus dem Schlosse getödtet oder verjagt wurden. In der Stadt erlagen 827 Personen der herrschenden Kriegsseuche. In Auern- heim (Bez. Heidenheim) forderte diese Krankheit 48 Opfer. — Herzog Bernhard nahm am 2. April die Stadt Herrieden im Sturm und Hess nun Alles, ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht, niedermachen (136 Bewohner und 5 Geistliche, Sax 241). Ebenso massakrirten die Schweden gegen 300 Personen, welche sich in's Schloss geflüchtet hatten, und in der Badstube allein 60 Menschen. — Auch die Stadt Eschenbach wurde gestürmt und jammervoll zugerichtet. Als die Feinde ihre Wuth befrie- digt hatten, da gelang es Johann von der Werth, welcher mit 500 Kroaten von Weissenburg her erschienen war, die Schweden zu vertreiben. — In Weissenburg erlagen 298 Pestkranke, in Forchheim aber starben 129 Per- sonen, also viel weniger als im Vorjahre, da die Schweden gegen Ende März abgezogen waren. — Auch in Schwabach und seiner Umgebung verzehrte noch, vom Hunger wesentlich unterstützt, die Seuche, was im Vorjahre das Schwert übrig gelassen hatte. — Die Dörfer, wie Pfraun- feld u. a., waren meist vom. Feinde verbrannt worden, die Einwohner gestorben oder vertrieben; deshalb blieben die Felder unbestellt. — In Nürnberg breitete sich der Skorbut, welchen das Volk den Schweden zuschrieb, noch weiter aus. — Fürth wurde in der Nacht vom 18. bis 19. November abermals von einem kaiserlichen Streifkorps überfallen und geplündert, alle Rinder, Pferde und Schafe wurden weggetrieben, viele Einwohner gefangen mitgenommen. — Am 15. Oktober wurde Lehrberg bei Ansbach von den Schweden ausgeplündert. — Meinheim, bei Hohentrüdingen, wurde von einem Korps bayerischer Völker und Kroaten, und bald nachher auch von den Schweden, überfallen und geplündert, die Einwohner wurden grausam misshandelt. — Die Bewohner von Diespeck entwichen und Hessen sich im nähegelegenen Neustadt a. A. nieder. Nach dem Frieden kehrten nur Einige in ihre beschädigten Wohnungen zurück, so dass der Ort, welcher vor dem Kriege 115 Ein- wohner gezählt, nun ihrer noch 7 aufzuweisen hatte. — In Burgbern- heim wüthete die Pest von Neuem; so fand auch der im Oktober nach Ipsheim angewiesene Pfarrer Joh. RufF dort nichts als Jammer, Hunger und Pest^). Gross war das Elend, welches die zügellosen kaiserlichen Schaaren über das Fürstenthum Bayreuth gebracht hatten, und noch immer war das Ende dieses Elendes nicht abzusehen. In Kulmbach hatten zu An- fang des Jahres Pest und Hungersnoth eine bedeutende Höhe erreicht. Im Januar erlagen der Seuche allein 70 Personen. Viele Bürger hatten t) Lehnes, Riedfeld 273. die Stadt und selbst das Land verlassen. Die Landleute wurden von den Kroaten misshandelt, verwundet und getödtet, — Wirsberg wurde (1. Februar) geplündert und angezündet. Himraelskron, Trebgast und Gössenreutb wurden geplündert. Gefrees, Rehau, Münchberg, Berneck und Bischofsgrün hatten gleichfalls viel zu leiden, da die Feinde Ende August und September überall das Vieh und die Pferde mitgenommen hatten. Der Markt Redwitz ward sehr g-eängstigt. Fast überall waren die Einwohner verjagt, verarmt, ohne Wohnung, ohne Geld und Vieh. Die Geistlichen und Beamten waren grossentheils weggeführt worden. — Am Sonntag vor Fasten überfielen die Holk'schen Kroaten Ahornberg, machten den Pfarrer und Schullehrer, zwei hochbetagte Männer, nebst 64 Einwohnern mitten im Dorfe nieder und legten den Ort bis auf die Kirche in Asche. Ebenso wurden Hohendorf und Tiefenbach nieder- gebrannt. Die unausgesetzten Plünderungen von Seiten der rohen Horden brachten über das ganze Land unsäglichen Jammer. Nichts war vor ihrer Raubgier sicher. Der Gemeinde Waldau im Amte Kulmbach wurden 20 Pferde und 107 Stück Vieh geraubt, anderer Hausthiere nicht zu gedenken. Am 10. März wurde Creussen (Bez. Pegnitz) von baye- rischen Reitern und Polen geplündert und eingeäschert. Gleiches Loos traf die Ortschaften Gottsfeld, Lindenhard, Schnabelwaid, Haidhof und Hörleinsreuth, ebenso Neustadt am Kulm (7. Mai) und das Dorf Schön- brunn (7. Juni). Bayreuth wurde am 19. Juni geplündert, wobei viele Leute das Leben verloren und die Umgegend hart heimgesucht wurde. Aufsees wurde von den Kroaten geplündert und in Brand gesteckt. Wer nicht entfloh, musste über die Klinge springen. Wunsiedel wurde am 31. Juli von den Schweden ausgeraubt. Am 3. September wurde Naila von den Kroaten angezündet, am folgenden Tage Streitau gebrandschatzt und grösstentheils sammt Schule niedergebrannt; überdies war hier die Pest ausgebrochen, so dass bis in's nächste Jahr grosse Sterblichkeit zu verzeichnen war. Am 6. März, 13. Juni und am 9. September wurde Hof durch Plünderungen arg mitgenommen, viele Einwohner wurden getödtet oder weggeführt. — Schrecklich waren die Verheerungen, welche Krieg und Seuche in diesem Jahre angerichtet hatten. Li Münchberg wurden in diesem wie dem folgenden Jahre viele Menschen eine Beute des Todes. — Zu Bayreuth waren 360 Personen der Krankheit erlegen, zu Hof eine noch grössere Zahl, darunter die angesehensten Männer, täglich starben 10 Personen an der Pest. — In Kulmbach war die Zahl der an der Pest Gestorbenen so gross, dass nicht alle daselbst beerdigt werden konnten, sondern ein Theil derselben nach Melkendorf zur Bestat- tung gebracht werden musste. Auf Befehl des Markgrafen wurde ein Ueberschlag gemacht, welchen Schaden Krieg und Pest im Amte Kulmbach angerichtet haben mochten. Es fand sich, dass 116 Frohnhöfe, 210 Söldengüter und 264 Häuser sammt Nebengebäuden niedergebrannt oder verlassen waren und 71 Grundstücke öde lagen. Zu Cesendorf und Wirsberg waren 93 Häuser eingeäschert. — Auch aus dem Bambergischen vernehmen wir nur Zeugen des Elendes. So be- richtet die Nonne Junius in ihrer Chronik: „Unter dem Volke Bambergs wütheten Hunger und Krankheiten. Wie das unvernünftige Vieh sind die Leute sterbend nur so hingefallen. Das Simra Korn kostete 3, der Weizen 4 fl., waren nicht zu haben, oder die Leute hatten kein Geld; der Bauer hatte kaum Kleienbrod, darüber wurde heisses Wasser gegossen, um etwas Warmes zu haben. In- vielen Dörfern war nicht ein einziges Küchlein. Auf 3 und 4 Meilen Weges trugen Bauersleute auf dem Rücken Heu und Gras in die Stadt, um etwas Brod dafür kaufen zu können. Bäcker vom Lande hatten schwarzes Brod feil und sassen auf dem Markte, einer an dem andern vom schönen Brunnen bis hinaus. Waren Brode zu 3, 6 und 12 Pfennige zu haben; diese kauften die armen Leute. Oft war Mittags keines mehr zu haben. Die Fässleins-Leute (Hacker) sassen in der Langgasse, oft 200, gaben die Mass Wein um 5, auch 6 Kreuzer; aber die Leute hatten kein Geld." — Wie an der Aisch, so sah es auch am Ebrachflüsschen, ja im ganzen Lande sehr traurig aus. Von 1633 bis 1639 war häufig fast keine Spur von Ansiedlungen, noch von Men- schen mehr zu finden; wer fliehen konnte, verliess die Heimat. Am Fastnachtsmontage wurden 200 Bewohner Stafielsteins von den Schweden niedergemetzelt. Im Dorfe und Kloster Michelfeld bei Bamberg richtete die Pest grosse Verheerungen an. Ebenso lagen in Preppach und Vorbach im Baunachgrunde fast alle Leute „an der Haubtseuche krank"; die Gesunden gingen betteln. — In Schweinfurt riss die Pest im Dezember wieder ein, weshalb wie früher „ein Patienten-Schreiner", auch etliche Träger und Wärterinnen angenommen und den Trägern zwei Hütten hinter den Mauern eingeräumt wurden. Auch die Umgegend von Volkach wurde von der Seuche ergriflTen, so dass sich viele Leute aus den benach- barten Orten nach Volkach flüchteten. Auch in Kitzingen forderte die Pest zahlreiche Opfer. Auf dem norddeutschen Kriegsschauplatze setzten die Seuchen in gleich verheerender Weise ihre Thätigkeit fort. In Gera, wo sich die Pest bereits im J. 1630 fühlbar gemacht, verbreitete sich die Seuche, durch die Truppen des Genei-als Holk eingeschleppt, sehr schnell und raffte hier 211, im nahen Dorfe Untermhaus aber gegen 600 Menschen hin. Im Orte Roben fielen 65 Pestopfer; gleichzeitig wurden Steinbrücken und einige andere Orte von der weimarischen Einquartirung und der Pest 10 heimgesucht') — In Langenberg starben 150, in Kraftsdorf 34, Ronne- burg 40, Gangloff 14, Pohlitz 10 Personen. In Altenburg erlagen im J. 1631: 10, im J. 1632: 39 Personen der Pest. Ende November 1632 wurde die Stadt unter Herzog Bernhard von den Schweden besetzt. Am 12. Januar 1633 zog die Besatzung ab und hinterliess der Bevölkerung eine pestartige Krankheit, die längere Zeit unter den Sol- daten geherrscht hatte; diese Krankheit nahm im Juni einen besonders heftigen Charakter an und forderte bis Weihnachten 2104 Oj)fer, worunter manche fremde Flüchtlinge. — In der Stadt Schmölln erhob sich die Ki-ankheit Mitte Juni und raffte bis Weihnachten 747 Menschen hin- weg^). Ebenso hauste sie in Roda fürchterlich^). — Die unmittelbare Kriegsnoth, welche für das Voigtland im August des Vorjahres mit dem ersten Einbrüche des kaiserlichen Generals Holk begonnen hatte, steigerte sich im Sommer 1633, bei Holk's nochmaligem Einfalle, durch Wiederausbruch der Pest, und zwar zunächst in Plauen, wo sie bis zvmi folgenden Jahre wüthete. Von 24 Rathsherren starben 9, im Ganzen zählte man 1748 Todesfälle, wogegen die Zahl der Geburten 70 betrug, — Holk starb am 30. August, von seiner Konkubine angesteckt, bei Adorf im Voigtlande an der Pest, welcher über 1000 Mann seiner Truppen auf den Strassen erlagen. Sein Epitaphimn lautet: Quis neget hie meritis precimn par reddere divos? Qui tua pestis erat, Misnia peste erit*). Die Stadt Pausa verlor gleichfalls viele Leute durch die Seuche. Zu Oelsnitz erlagen von 325 in diesem Jahre Gestorbenen 217 Personen der Pest. — Im kleinen Dorfe Wohlbach stellte sich die Pest im August ein; im Sterbbuche sind 78 Opfer eingetragen, ohne jene, die im Walde starben. — In Reichenbach i. V. und den eingepfarrten Dörfern grassirten sowohl Pest als Ruhr sehr stark und fielen 785 Personen diesen Seuchen zum Opfer und zwar in der Stadt 602 und in der Nachbarschaft 183; im Allgemeinen starben 904. Anfangs nannte man die Krankheit „Sol- daten-Krankheit", „bis endlich die helle Pest sich zeigte, an welcher auch der General Holken mit einem guten Theil seines Kriegsvolks auf dem Rückmarsch aus Sachsen nach Böhmen crepiren mussten." — Im September und Oktober raffte die Pest zu Stolpen einige Hundert Personen, überdies sehr viele Kinder hinweg. Ebenso erlagen zu Helmsdorf viele Leute. — Im Kirchspiel Lössnitz mähete die Pest 400 Menschen hinweg; im August erlag der Diakon und am 10. Oktober der Schulmeister. — In Zwickau erhob sich die Pest zu Anfang des Jahres; sie nahm so zu, dass vom 9. Juni bis H. August 1500, darunter viele angesehene Personen erlagen; 1) Hahn I, 501, Zopf 111. 2) Lobe 46; J. Vulpius, Altitudo Altenb. s) Zorn 17. 4) Kamprad, Leisnig. am 5. August wuiden allein 153 Leichen begraben. Die Stadt lag voll von Kranken und Todten, zu deren Unterbringung die Kauf- und Fleiscb- läden um den Markt benützt werden mussten. In diesem verhängniss- vollen Jahre wiu'den überhaupt 1897 Todesfälle angemeldet; die Zahl der Todten soll aber ohne Soldaten 6000 betragen haben; ganze Strassen waren durch den Tod und die Flucht vieler Einwohner verödet. Gegen Michaelis liess die Seuche nach, um in den umliegenden Ortschaften sich geltend zu machen; da starben viele dahin geflüchtete Zwickauer Bürger. Das Sterben übertraf jenes von 1582—83, welches man bereits das grosse genannt hatte ^). — In der Stadt Würzen forderte die Pest mehrere Opfer, ohne jedoch grosse Verbreitung zu finden. — In Crimmitzschau starben wieder 409 Menschen an der Pest. Mit dem Kantor Dan. Lehnig, der die sämmtlichen Leichen hinaus gesmigen hatte, machte der Würgengel den Schluss; 92 Häuser starben ganz aus. In Neukirchen erlagen 99 und m Lauterbach 53 Personen der Seuche. In Werdau forderte die Volksplage 700 Opfer, es wurden an manchen Tagen 12 bis 18 Leichen hinaus getragen; m Steinpleiss starben 300, m Königswalde 150 Menschen^). Für Glauchau und Umgegend war das Jahr 1633 das schlimmste. Li Waidenburg starben bmnen etlichen Wochen 392 Personen, ui Lichten- stein 370, worunter emige 30 Bürger von Penig mid Glauchau; in Thurm starben 400 Personen, ni Glauchau aber 964, darunter 3 Prediger, 119 Bürger, 66 Paar Eheleute, dann 188 einzelne Ehegatten. Am meisten wüthete die Seuche vom August bis in den November, da 899 Menschen starben. Viele Leichen fand man unter freiem Hiimnel, von den Hmiden angefressen. Von der guten Ernte blieb Vieles auf den Feldern, weil die Besitzer gestorben waren. Die Zahl der Geburten in Glauchau, die früher etwa 80 betrugen, sank auf die Hälfte herab. Die Pest dauerte 1634 fort; nachdem sie erloschen, fanden viele Trauungen statt, da sich 20 Wittwen und 17 „hinterlas sene Töchter" verheiratheten. Die Pest grassirte im ganzen Erzgebirge und ui der Nachbarschaft, wo man ihre Verbreitung vielfach den feierlichen Beerdigungen zuge- schrieben hat. In Schneeberg verloren 2300 Personen das Leben; Neu- städtle zählte 157 Opfer. — In der Bergstadt Geyer wüthete die Pest so heftig, dass 273 Eüiwohner weggerafft wurden ^j. — In Marienberg (3 St. von Annaberg) raffte eui typhöses Fieber über 1000 Einwohner hm weg; im Jahre 1640 war die Zahl der Bürger, welche beim Begmne des 30jähr. Krieges gegen 600 betragen hatte, bis unter 70 herabgesunken^). — Zu Mittweida smd 19 Paar Eheleute, 33 einzelne Männer, 28 emzelne Frauen, 1) Wilhelm 148, 249; Herzog II, 433. 2) Göpfert, Pleissengrund 171 f. 3) Mitth. d. Sachs. V. f. Gesell. 15. Heft 131; i) Saxon. III. 10* 15 Junggesellen, 23 Jungfrauen, 27 Knaben, 19 Mädchen, 47 kleine Kinder, 13 Dienstmägde, zu Kösschen, Kokisch und Zschöppichen aber 46 Personen, im Ganzen 243 Personen vom 29. Juni bis Jahresschluss von der Pest mitgenommen worden; der Sachsenburger Pfarrsprengel zählte 166, das Dorf Mühlbach 180 Pestleichen ^). — Im Zellreviere wie in der Parochie Langenhennersdorf blieb nichts von der Pest verschont. Man ver- misste am Ende der Pestperiode (von 1632—35) 6000 Personen, von denen etwa 800 ordentlich begraben, die übrigen aber verscharrt oder un- beerdigt der Verwesung überlassen, zum Theil auch von den Hunden gefressen worden waren. In Rosswein starben 244 Personen an der Pest; dort hauste sie noch im nächsten Jahre, "wie auch 1637^). — In Dippoldiswalde starb u, A. der ganze Rath, aus 18 Personen bestehend, bis auf 3 Mann aus. — Gross- und Kleinhartmannsdorf verloren den grössten Theil der Bewohner^). Clausnitz zählte 428 Opfer; nur 5 Schorn- steiae rauchten noch; in Auerswalde sollen über 300, in Taura 500 Per- sonen gestorben sein; Röllingshain büsste die Hälfte der Bewohner ein*). Bei allgemeiner Hungersnoth griff die Pest in Chemnitz imFebruar furcht- bar um sich; in 43 Tagen begrub man 540 Leichen aus allen Ständen; in der zweiten Jahreshälfte hatte die Pest fast jedes Haus ergriffen; man gab die Zahl der (1633) Verstorbenen rund avif 2500 an. Der Pfarrsprengel Zschopau verlor gegen 3500 Menschen, es blieben in der Stadt nur 6 Ehepaare am Leben. — Wie in Leisnig, so hauste auch im Pfarrsprengel Altleisnig die Pest; es starben von Ende August bis Ende des Jahres 110 Personen, unter ihnen 78 an der Pest. Besonders arg wüthete die Seuche zu Marsch- witz, Dörfchen, Doberschwitz, minder schlimm zu Poldwitz, Seidewitz, Alt- leisnig und Korpitsch. — In Colditz starben 567 Personen an der Pest. Viele Häuser verödeten gänzlich. Der Rath starb aus bis auf 4 Personen. Oschatz verlor vom 15. Juni bis 1. Oktober 1633 und vom 4. August bis 13. September 1634 gegen 481 Einwohner durch die Pest. Im Kirch- spiel Zschaitz starben 136 Personen an der Seuche. Aehnliches erfuhren die Ortschaften Ottewiz, Goselitz, Trebanitz, Noschkowiz, Kattnitz, Mer- schitz, Wutzschwitz und Niedersteina. Oft lag die ganze Gemeinde krank, so dass die nächsten Angehörigen ihre Verstorbenen in Gärten, auf Dorf- plätzen selbst begraben mussten^). — Um Freiberg blieb fast kein Dorf verschont, überall fand man Pestleichen. — Auch zu Gross - Schirma starb am 28. März der Pfarrer mit seinem Sohne an der Pest. Im Lommatz'schen Pflegamte wüthete die Pest ebenso von 1631 bis 1633. Auch im Städtchen Nossen hauste, im November v. J. von den Schweden 1) Bahn 291. a) Knauth VII, 194. 3) Wiliscli II, 316. 4) Hermann 524; Eckard, Glauchau 470. 5) J. Kamprad, Leisnig, 322. 586; Hofmann I, 210; Hingst, Mitth. d. Gesch. V. zu Leisnig 1878, 24. eingeschleppt, die Pest; am 15. Januar erlag ihr der Pfarrer. Die Dörfer standen öde und verlassen. — In Rochlitz kehrte die Pest wieder ein; es erlagen ihr von den ini St, Petri-Kirchspiele Eingepfarrten 79 Personen. Zu Grimma, wo 1631 und 1632 Pestfälle vorgekommen waren, fielen in diesem Jahre zahlreiche Einwohner der Seuche zum Opfer. — In Borna, wo die Pest wieder einkehrte, starben 300 Menschen. Eüier dritten Anfangs August erfolgten Blockade Leipzig's folgte abermals rasch die Pest, um bis in den Dezember zu währen und 761 Opfer zu fordern. Hatte die Stadt 1623 noch 17000 Einwohner gezählt, so fanden sich in diesem Jahre nur 12 000 vor. — Zu Merseburg wurden im Kirchspiel St. Maximi 293 Personen, Einheimische und Fremde, be- erdigt. — Halle wurde Anfangs Oktober von der Pest ei'griffen-). — In Schweiuitz (3^/2 M. v. Wittenberg) soll die Pest von der Herbstzeit bis zum Dezember 2500 Menschen hingerafft haben 2). — Auch in Frank- furt a. 0. hausten Hunger und Pest. In Westfalen erhob sich die Pest zu neuer Thätigkeit. — Wie der ganze Landstrich, so hatte die Stadt Werl (Arnsberg) durch Kriegsnoth besonders zu leiden. Nach der Besetzung durch die Hessen (27. Okt.) trat Hungersnoth ein. Hierzu schlug sich die Pest, welcher die noch üebriggebliebenen zur Beute fielen^). In Beigern an der Elbe fand sich die Pest ein, nachdem schon am 10. Mai gemeldet worden war, dass die Infektion auf den Dörfern der Umgegend ziemlich grassire. Ein Diakon und ein Pastor wurden Opfer der Pest. — Zu Mühlberg wüthete 1633/34 die Pest. Auch in den Dörfern der Umgegend herrschte sie, weshalb der Montags übliche Wochenmarkt eingestellt wurde. — Im Städtchen Lauenstein (s. v. Dresden) hatte man 1633 und 1634 zahlreiche Pestopfer zu beklagen. Ebenso litt das Berg- städtchen Aue durch die Pest, — Die Stadt Kirchberg verlor sehr viele Einwohner durch die Pest, so dass damals nur noch 16 Ehepaare am Leben blieben, — Vom August bis in den Winter erlagen in Sebnitz wieder Viele der Pest, ebenso wüthete sie dort im J. 1637, am stärksten aber 1640. — In Friedland führte die Pest im Winter 1633 530 Per- sonen dem Grabe zu; der Sterbensgefahr wegen wurden die Wochen- märkte bald eingestellt^). Höchst verhängnissvoll gestaltete sich dieses Jahr auch für die Lausitz, namentlich für Zittau, welches sich in den Händen der Kaiser- lichen befand. Bei der starken Einquartirung herrschte Mangel an Lebens- mitteln, ao dass den unglücklichen Bewohnern nur das nackte Leben 1) Sturm, Chr. v, Querfurt. 2) Theatr. Eur. III, 149. 3) Seibertz' Quellen I, 84 -i) Hallwich, Reichenb. 188. blieb; gegen 300 Hausbesitzer sollen entflohen sein. Um sieh vor der wieder wüthenden Pest zu schützen, Hess sich der kaiserliche Oberst Golz eine besondere Wohnung bauen. Vom September an mordete die Pest in entsetzlicher Weise. Im Kirchspiele Zittau zählte man in d. J. bei 286 Taufen 1860 Todesfälle. In Görlitz starben ausser 435 Soldaten noch 726 Einwohner. Selbstmorde aus Verzweiflung kamen vielfach vor ^). Im Frühlinge erschien Wallenstein mit einem starken Heere in Schlesien, um die Sachsen und Schweden zu vertreiben. Zu den Ver- wüstungen, welche die wilden Schaaren im Lande anrichteten, kam bald die Pest, welche so entsetzlich wüthete, dass manche Orte ganz ausstarben und die Armeen ziemlich aufgerieben wurden. Die einst so wohlhabenden und glücklichen Landschaften Schlesiens wurden durch die Pest- und Kriegsfurien in das äusserste Elend gestürzt. — In der Ortschaft Alt- Jäschwitz (Bunzlau) starb die Hälfte der Einwohner an der Pest^). — In Greifienberg erlagen 112 Einwohner einer pestartigen Seuche. Dem- selben Schicksale erlagen wieder im nächsten Jahre 170 Personen und, wie der Chronist Knörich bemerkt, im Kirchspiele noch 137 Personen.— Im September grifi" zu Friedeberg die Pest um sich, weshalb die ein- quartirten Mannschaften das Weite suchten. Der Seuche erlagen bis in den Dezember 70 Einwohner; im folgenden Jahre stellte sie sich im Oktober wieder ein und raffte noch 172 Personen weg. — In der Stadt Hirschberg arii Bober fand eine pestartige Krankheit (Petechialtyphus) bereits um Michaeli 1632 Eingang; sie forderte gegen 500, im J. 1633 aber gegen 2600 Opfer, worunter auch der Physikus Emrich und 2 Raths- männer, und hielt noch im J. 1634 au. Die angesteckten Personen sollen sehr roth, etwa wie Betrunkene, ausgesehen haben und plötzlich gestorben sein. Einmal sollen 60 unbegrabene Leichen auf dem Friedhofe gelegen haben. — Zu Lahn am Bober starben die meisten Bürger, die nicht in die Bergdörfer geflohen waren, an der Pest, wie die Chronik meldet, 250 Per- sonen. — Landshut am Bober wurde so durchseucht, dass nur 2 Bürger übrig blieben. — In der Stadt Jauer erlagen 1000 Einwohner, so dass man nur noch 60 Bürger zählte^). Nachdem schon im J. 1630 in Folge von Miss wachs eine schreck- liche Hungersnoth eine grosse Anzahl Menschen dem Tode zugeführt hatte, erhob sich 1633 bei Schweidnitz die Pest, an welcher allein im Lager der Verbündeten von etwa 25000 Soldaten gegen 12 000, dagegen im kaiserlichen Lager von über 30 000 Mann gegen 8000 gestorben sein sollen. Von den vor der Stadt lagernden friedländischen und schwedi- 1) N. Laus. Mag. B. 44, 361. 2) Dewitz, Bunzlau 130. 3) Fischer II, 145. Betkius, Exidium Germaniae. scilen Truppen wurden nachNaso, Phoenix redivivus 119, gar 30000 Mann eine Beute des Todes. — In der Stadt Schweidnitz selbst, wo viele flüchtige Landleute Schutz gesucht hatten, trat neben Hungersnoth die Pest in verheerendster Weise auf, so dass sich bald alle Strassen mit Kranken und Leichen anfüllten; wegen Mangels an Todtengräbern blieben die Leichen mehrere Tage liegen. An manchem Tage starben 150 — 200, und am 25. August über 300 Personen. Durch Trommelschlag wurde den Soldaten des Lagers befohlen, die Stadt wegen des grossen Sterbens und Gestanks fernerhin zu meiden. Aus dem Rathe starben 9 Personen. Die Zahl der Leichen wurde von den Todtengräbern bis 1. Januar 1684 auf 14000, mit jenen aber, welche heimlich in Gärten vor und in der Stadt, wie in den Schanzen eingescharrt wurden, auf 16—17 000 Einwohner und Fremde geschätzt; gewöhnlich wurden die Leichen mit zwei Karren weg- geschafft. {Nach Kundmann, Heimsuch. 111, soll in der Stadt nicht der dritte Theil der Menschen übrig geblieben sein)^). Die Stadt Patschkau mit Umgebung wurde schwer geprüft. Die Todes- ernte sollhier so gross gewesen sein, dass man zur Unterbringung der Leichen von 40 Arbeitern eine Grube ausserhalb des Friedhofes herstellen lassen musste. Im Dorfe Alt-Patschkau blieben nur einige Hauswirthe übrig; ein in der dortigen Kirche aufgehängtes Bild trägt die Umschrift: „Anno 1633 hat Gott der Allmächtige das Land Schlesien mit der Infektion der Pest sehr heimgesucht, und das wenige Völklein, welches Gott durch seine väter- liche Gnade erhalten, hat es Gott und dem heil. Rocho dessen Fest feier- lich zu halten gelobet." Die Uebung besteht noch. — Auch in Glogau forderte die Pest eine Unzahl von Opfern, wenn auch nicht in jener Höhe, wie dies Schweidnitz erlitt. In Breslau, welches gegen 40 000 Seelen zählte, nistete sich die Pest im September ein; am 17. September begrub man im Spitalgarten der Neustadt bei St. Clemens die ersten Pestleichen; am 30. September wurde wegen überhandnehmender Infektion das Stadtrecht eingestellt. Nach einer von der Stadt Breslau gestifteten Gedächtnissmünze starben in diesem Jahre 13 231 Personen aus den protestantischen Pfarrsprengeln, während 1416 die Krankheit überstanden und 1066 Kinder getauft wurden. Die katholischen Parochien verloren auch über 4800 Angehörige durch die Pest; viele Aerzte, u. a. die Physici Dr. Job. Creutzmann und Dr. Casp. Conradi, wie die Pestärzte Dr. Christoph Eiring und Paul Müntzer wurden Opfer ihres Berufes. Um die Leichen unterzubringen, musste der Fried- hof zu St. Christoph erweitert werden, ebenso wurde der grosse Platz bei 1) Schultz 54, Schmidt II, 69. St. Barbara benützt; 1400 Leichen wurden bei St. Clemens in der Neu- stadt und ebenso viele auf dem Mühlberg gegen die Oder zu begraben ^). In Liegnitz, der zweitvolkreiehsten Stadt Schlesiens, wurden bei der St. Peter-Pauls-Kirche 767 Personen, worunter 186 Kinder, an der Lieb- frauenkirche 853 Personen (mit 224 Kindern), an der Johanniskirche 141 Personen (mit 58 Kindern), zusammen 1761 Personen, darunter 468 Kinder, feierlich begraben. Vom 14. August an bis 22. Dezember be- grub man still aus der Stadt 2027, aus den Vorstädten 2006, zusammen 5794 Leichen. Anfangs September trat grosse Sterblichkeit ein, am 2. zählte man 9 Leichen, am 5. wurden die feierlichen Begräbnisse abgestellt und bald fehlte es an Todtengräbern. Auf dem Hospital-Kirchhofe wurden 13 tiefe und weite Gruben gemacht, in die man 100 — 200 Leichen legte und Vs Elle hoch mit Erde bedeckte. Erst im Winter 1639 grub man dieselben theilweise aus und bettete sie anderwärts ein, um einer Weiter- verbreitung der Krankheit durch den Pestgeruch vorzubeugen. — In die Stadt Goldberg (3 M. von Liegnitz), welche am 4. u. 5. Oktober von der Wallensteinischen Horde unter Verübung teufelischer Gräuelthaten aus- geplündert worden war, schickte am 10. Oktober, um das Elend voll zu machen, der Oberst Sparre 200 kranke Soldaten ins Quartier, „welche denn voller Pestilenz gewesen und vollends, die vom Schwert und den Martern übrig geblieben, mit der Seuche ansteckten"^). Die Anzahl der Pestopfer ist nicht angegeben, — In Neumarkt (zwischen Breslau und Liegnitz) sanken von Johanni bis Martini 1400 Menschen durch die Pest ins Grab^). — Am 31. Mai kam der gefürchtete Feldherr Wallen- stein mit einem Theile seiner Armee nach Glatz; nichts wurde im Lande geschont. Dazu kam eine furchtbare Pest, die in Glatz 4284, in der Pfarrei Wünschelburg 309, im Reinerzer Kirchsprengel 384, im Pischko- witzer 294, im Mittehvalder 379, im Oberschwedeldorfer 250, im Ober- Langenauer 106 und im Niederhannsdorfer 350 Menschen hinraffte. Zu Neurode und in den Dörfern Walditz, Kunzendorf und Buchau erlagen 990 Menschen. In Neurode befanden sich 1645 nur noch 187 Bürger, nämlich 86 in und 101 ausser der Stadt^). — In der Stadt Brieg, welche von 1633 bis zum Prager Frieden 1635 eine schwedisch - sächsische Be- satzimg hatte, Avüthete die Pest und schickte im Ganzen 3439 Personen ins Grab. Das Gymnasium wurde am 25. Juni geschlossen; der Herzog Georg Rudolf begab sich am 18. August nach Bernstadt. Im Januar 1634 liess die Pest nach. — In Nimptsch (6 M. s. von Breslau) blieben von 183 Bürgern nur 10, in Ohlau 20, in Münsterberg 22 Bürger übrig^). 1) Pol. Hemerolog.; Kundmami, Heims. 107, 119. 2) M. Casp. Wenzel, in Sturm's Gesch. 187. 3) Heyne; Naso, Phoenix rediv. 119. 4) Wedekind, Griatz 395. 5) Schönwälder, Brieg HI, 108. 186. Durch Hungersnoth und Ansammlung vieler Flüclitlinge in der Stadt Streblen, hauptsächlich aber durch den Missstand, dass viele Leichen hier, namentlich aber um Schweidnitz in diesem Sommer lange unbegraben umherlagen, wurde allda eine so verheerende Pest erzeugt, dass manchen Tag 40—50, ja 90 — 100 Menschen dahinstarben, mehrere Hundert unbegraben in den Gärten liegen blieben, und zmn Theil von Hunden aufgezehrt wurden. Es blieben in Strehlen nur einige zwanzig Paar Eheleute am Leben, im Ganzen aber starben 2393 Personen. Auch die Stadt Neisse wurde nach grosser Kriegsnoth von der Pest („grosse Pest") schwer heimgesucht, Li der Parochie starben allein 5272 Personen, welche in dem Kirchenbuche verzeichnet waren, ohne jene, welche nicht angezeigt wurden; es sollen 6000 und mehr umgekommen sein. (So Pedewitz in der Series parochorum.) Wie Henel's Scholiast in Silesiographia renovata Cap. 7 p. 372 mittheilt, erlag der Neisser Jesuit Daniel Mennich am 30. Oktober durch den Krankendienst. Nach Fuchss (Stenzel's SS. rer, Siles. H, 415) wurden alle Brüder des Kreuz- stiftes bei S. Peter und Paul ein Opfer der Pest, nur der Propst über- wand die Krankheit. — In der schles. Bergstadt Reichenstein wurden ausser 897 Einwohnern 394 fremde Flüchtlinge ein schnelles Opfer der Pest. Die strenge Kälte um die Jahreswende setzte der Seuche ein Ziel. In Ober-Glogau wüthete die Pest. Zu ihren Opfern zählten auch viele Priester des Minoritenklosters. — Ebenso wurden Rosenberg und Um- gegend durchseucht. — In Neustadt in Oberschlesien starben (bei 115 Geburten) 405 Personen (Matr.). — Aus dem Lager von Schweidnitz wurde durch Soldaten die Seuche auch nach Peterswaldau verschleppt; über 2000 Menschen fielen zum Opfer, so dass ganze Besitzungen ver- ödeten. Nach dem.kathol. Kirchenbuche starben 1816 an Einheimischen und Fremden, ohne jene, welche heimlich oder bei Nacht begraben wurden. In Gärten wurden, soweit bekannt, 564 begraben. Vor Ausbruch des Krieges zählte der Ort gegen 4000, nach demselben noch 1500—1800 Einwohner. — In der Stadt Weidenau (österr. Schlesien) erreichte trotz der zahlreichen Flüchtlinge, welche Haus und Hof verlassen hatten, die Sterblichkeit 201 Leichen (gegen 94 vor 1618). Viele Mensehen starben in Folge von Blattern, die Mehrzahl durch die Pest, welche in der ganzen Gegend, wie in Jauernig, Barzdorf, wo der Sage nach nur 13 Personen übrig blieben, ihre Macht in entsetzlicher Weise fühlbar machte *). Böhmen musste die Drangsale des Krieges durch Heerlager, Brand- schatzung, Theuerung und verheerende Seuchen tief empfinden. Die Stadt und Herrschaft Tachau wurde schwer von der grassirenden Infektion 1) Schauer, Programm. und Sterblichkeit lieimgesuclit, so dass von den im J. 1631 gezählten 287 kontributionsfähigen Unterthanen im J. 1634 noch 201 verblieben. In der Bergstadt Graupen zeigte sich abermals die Pest, vor Allem in der niederen Vorstadt aufräumend; sie griff immer mehr um sich und zog sich bis ins nächste Jahr hinein, in welchem allein 390 Personen ihr zum Opfer fielen, ohne jene „in Obergraupen und Eosenthai". — In Karlsbad war die Sterblichkeit so gross, dass von Januar bis Februar in dem noch kleinen Orte über 100 Menschen starben. — In Wien zeigte sich abermals eine ansteckende Seuche, weshalb die öffentlichen Schulen einige Zeit gesperrt wurden. 1634, Der Jahrgang machte sich durch einen trockenen heissen Sommer und grossen Wassermangel bemerkbar; eine einzige Woclie im Juli brachte Regen mit Schnee. Die Ernte an Getreide, Obst und Wein war frühzeitig und in den mit Kriegszügen und Mäusefrass verschonten Gauen ausgiebig. Bereits im November trat empfind- liche Kälte ein, um bis Ende Februar des folgenden Jahres anzuhalten. Die Pest, welche im Vorjahre in Franken keine besondere Ver- breitung gefunden hatte, gewann nun auch hier festeren Boden. Obwohl aus den unteren Maingegenden die Nachrichten spärlicher fliessen, so be- rechtigen doch die wenigen Andeutungen zu dem Schlüsse, dass dort die Seuche besonders überhand nahm. In Frankfurt a. M. starben 3512 Personen und lagen auf einmal 750 Kranke im Hospital und Lazareth. — In Babenhausen bei Seligenstadt a. M. führt die Liste 50 Geburten und 105 Todte an. — Auch die Bewohner des mittleren Maingebietes seufzten tief unter der Geisel des Krieges und der Seuchen, — In Würz- burg brach Ende Juli eine bösartige Seuche aus, welcher in der Dom- pfarrei allein 489 Personen erlagen. Mangel, Theuerung, Standquartiere des Kriegsvolkes steigerten die Krankheit trotz aller Vorsichtsmassregeln zu einer Heftigkeit, die erst im September nachliess. — In Volkach hauste die Seuche gleichfalls fort, sie forderte 258 Opfer, während man sonst jährlich 59 Leichen zählte; ebenso herrschte in Schweinfurt eine unge- wöhnliche Sterblichkeit, da die Kirchenbücher neben 291 Geburten 1085 Todesfalle, und zwar meistens als Pestopfer, anführen. — Die Kriegsnoth hatte auch in Neustadt a. S. eine schreckliche Höhe erreicht; die Aecker waren verwildert, die Lebensmittel flössen spärlich und hatten für den Bürger unerschwingliche Preise; der Laib Brod kostete 1 fl., 1 Thaler. Man holte sich die Nahrung vom Schindanger. „Es war mit Jammer anzusehen, wenn ein todtes Pferd von den Soldaten ausgeschafft wurde, so sind 40—50 Menschen um den Schinder gestanden rmd haben sich um das Fleisch geschlagen; viele Menschen haben sich zu todt gekümmert, wegen des grossen unleidlichen Hungers assen die Menschen das Gras auf dem Felde wie das Vieh." Pest und Ruhr kamen dazu und rafften die Menschen hinweg. „Es werden an 800 Menschen an Hunger und in der Pest gestorben sein." (Rathsakten.) — Auch in die Rhön drang das Uebel; so ereilte in Gersfeld Viele ein jäher Tod. Der Baunachgrund fühlte wiederholt das Elend des Krieges, der Hungersnoth und der Theuerung; was diese verschonten, fiel der Seuche anheim; der Ort Sendelbach war bis auf einen Mann und einen Ankömmimg ausgestorben. — Im Herbste fand die Seuche auch in der Nähe von Würzburg allgemeine Verbreitung. So herrschte sie in Ochsen- furt, wie aus dem Tagebuche des Karthäuserklosters Tückelhausen her- vorgeht: „Interea ist P. Prior (Sebastian Boxberger) zu Ochsenfurt mit der Pest, welche allda sehr grassiret, auch im Haus überhand genommen gehabt, angegriffen worden. Und dieweil er solches anzuzeigen zu lang ver- zogen, hat er die gemeine Todesstrasse wandern müssen den 17. Oktober"^). — Wegen der herrschenden Krankheit erliess der Rath in Frickenhausen a. M. am 8. Oktober die Anordnung, „dass diejenigen, so Sterbenslauf im Hause, die Todenwäsch nicht uf freier Gasse auswaschen, noch sonsten das Todenstroh uf die Mistung, sondern anders wohin verschaffen in Main — bei Busse 5 fl." — Bereits im Sommer nahm in Marktbreit die Pest in Folge des Krieges und bei den vielen aus der Nachbarschaft dahin geflüchteten Personen in solchem Masse zu, dass bald kein Haus mehr war, in welchem nicht ein Todter gelegen hätte. Die Kranken starben in 2 — 3 Tagen. Ehegatten mussten, aus Mangel an Trägern, ihre kaum erkalteten Frauen hinaustragen helfen, denn Niemand wollte einen Todten lange im Hause behalten. Im September und Oktober starben täglich 12—15 Personen, Hierzu kam, dass der Ort am 10. September von den Truppen Piccolomini's ausgeplündert wurde. Der Tod hatte so vollständig aufgeräumt, dass viele Wohnungen Jahre hindurch leer standen. Am Jahresschlüsse zählte rri'an 806 Todte, 385 aus der Gemeinde, die übrigen aus der Fremde. Oft erfasste die Pest ihre Opfer auf der Strasse, am Tische beim Essen oder im vollen Genüsse des Vergnügens; täglich wur- den Leute sterbend oder schon verschieden gefunden. Viele Heimathlose wurden an der Stelle, wo sie geendet, in ein Grab geworfen; am schlimm- sten erging es fremden Pestkranken an Orten, wo sich kein Pesthaus befand. Jeder floh sie aus Furcht, das Gift einzuathmen und angesteckt zu werden; selbst Blutsverwandte kehrten sich den Rücken. — In dem nahen Obernbreit stieg die Zahl der Verstorbenen auf 336. — In Main- 1) Arch. V. Unterfr. XIII. bernheim wurden 398 Pestleichen in üblicher Weise beerdigt, ohne jene, welche ohne Anzeige auf den Leichenacker kamen. — In Röttingen a. T. herrschte im Juni und Juli ein bösartiger Husten unter Jung und Alt, „so hart, dass den Jungen etwan das Blut zu Maul und Nasen aus- scheust." Darauf begann die Pest zu wüthen, so dass im Oktober täglich 7 — 9 Sterbfalle vorkamen; vom Oktober bis Jahresschluss zählte man 316 Leichen; das Spital starb aus. Auch von den seit Oktober daselbst stationirten kaiserlichen Soldaten erlagen im Spitale viele der Pest. In Uffenheim raffte die Pest fast die Hälfte der Einwohner weg; die Anzahl der Leichen belief sich auf 142, worunter viele Fremde. — In Gollhofen wurden abermals 64 Menschen begraben. Im November erlag der Pfarrer Codomann der Pest ^). Markteinersheim blieb verschont (Matr.). (Wie wir sehen werden, trat die Pest, besonders nach der Schlacht von Nördlingen, auch in dem benachbarten württemb. Franken verheerend auf.) — Burgbernheim hatte der Pest, die noch aus den Vorjahren nicht hatte weichen wollen, 165 Leute zu opfern; im Herbste begrub man gegen 70 Leichen ohne Begleitung. Ueberdies wurden von 1630—1635 aus dem Orte gegen 40 Bürger erschossen. — Windsheim, welches noch eine schwedische Besatzung hatte, wurde am 12. Oktober vom kaiserl. Feldmarschall von Suis belagert. Diese Belagerung endete mit dem freien Abzüge der Schweden am 23. Oktober. Während derselben raffte die Pest 360 Personen weg; täglich starben damals 60 — 70 Personen; die Zahl der Todten betrug überhaupt im Jahre 1600, worunter viele auswärtige Flüchtlinge. So starb dort auch der Pfarrer Ruff von Ipsheim sammt seiner Frau am 3. Sept. nach 3wöchentlichem Krankenlager, und nach- dem sie 14 Tage vorher ein Kind an der Pest verloren hatten^). Dabei trat gegen Ende des Jahres eine furchtbare Theuerung ein; das Malter Dinkel kostete 15 bis 16 fl. Eine Einquartierung folgte der andern, so dass vom 23. Oktober bis Jahresschluss gegen 20 000 Mann daselbst verpflegt wurden. — Auch für Illesheim zog der Krieg die gleichen traurigen Folgen nach sich; die Mühlen wurden am 1. August von den Schweden eingeäschert; fast ganz Külsheim wurde von ihnen abgetragen, um Holz zu Bivouakfeuern zu erhalten; die Landbewohner, welche in den Wäldern Schutz gesucht hatten, wurden mit Hunden aufgehetzt, Frauen und Mädchen wurden entehrt. — Im Dorfe Kaubenheim erlagen 94 Einwohner der Pest. — In Wilhemsdorf fielen in der 2. Jahreshälfte wieder zahlreiche Opfer der Pest; wer der Krankheit entrann, unterlag den grösseren Qualen des Hungers und Elendes. Ebenso wüthete in Cadolz- burg die Pest unter den armen von Hunger ausgemergelten Menschen- 1) Lang, Uffenheim. -') Lohnes, Riedfeld 273. gestalten. Der Pfarrer Hohenberger bemerkt im Leicbenregister, dass er öfters verschmachtete Leute angetroffen, die noch Erde und Koth vor Hunger im Munde gehabt. — In Lehrberg erlagen der Seuche 141, in Ans- bach auch zahlreiche Kranke. — An der in Herrieden herrschenden Pest starben die Kanoniker Leonh. Hedel und Martin Miltner, welche die Pfarrei versehen hatten. — Im Frühjahre begann in Auernheim (Bez. Heidenheim) das Sterben. Im April starben 11 Personen, im Mai 24; am 5. Mai 5 Menschen, im ganzen Jahre 75, ohne jene, welche aus- wärts in Elend umkamen. — In Weissenburg hielt die Pest so stark an, dass von 642 Leichen nur 262 nach der herkömmlichen Uebung be- stattet, die übrigen aber vom Todtengräber auf einem Wägeichen, dessen Räder mit Filz belegt waren, hinausgeführt wurden; 10 und mehr starben täglich, so dass die Stadt ganz leer wurde. — Auch Eichstätt wurde hart mitgenommen; vom 6. bis 12. Februar wurden in der Stadt, welche Johann von Werth vertheidigte, durch die Schweden 444 Häuser und 7 Kirchen in Asche gelegt, so dass nur 127 Häuser übrig blieben. Der Seuche erlagen 982 Menschen; dieses Jahr brachte nur Noth und Elend und vereitelte durch Mäusefrass die Ernte für Stadt und Land. — Nach Abzug des Feindes wüthete auch in Beilngries die Seuche in ent- setzlicher Weise. — Schwabach war so entvölkert, dass das Feld brach lag, weshalb das Korn auf 24 fl. und Dinkel avif 30 fl. zu stehen kam. — Was von der Verwüstung im Jahre 1632 in Fürth übrig geblieben war, wurde am 8. und 9. September bei einem neuen Einfalle der Kroaten vernichtet; die noch erhaltenen Wohnungen wurden rein ausgeplündert und bis auf die als Stall benützte Synagoge und ein Haus am Markt von Grund aus zerstört. Am verheerendsten hauste die Pest in Nürnberg. Nach der Chronik starben „11 Rathsherren, 4 Handwerksherrn, 14 Pfarrer, 7 Schuldiener, 850 so an die Leichtafel geschrieben waren, 9160 im Lazareth, 8664 wurden Nachts auf dem Karren hinausgeführt, in Allem, so genau nicht gerechnet, über 18 000 Personen. Viele Men- schen haben ihre Todten selbst hinausgetragen und begraben, so z. B. ein Rothschraied mit Hilfe seiner Gesellen die eigene Frau auf einer Leiter; die Weiber trugen ihre Todten im Tragkorb auf den Kirchhof. Die so man mit Prozession besang, trug man auf den neuen Bau, bis 6 oder 18 Leichen zusammenkamen, dann sperrte man das Hallerthürlein auf, da wurden die Leichen hintereinander hinausgetragen, draussen mochten die Leute die Leichen tragen, auf welchen Kirchhof sie wollten." — Be- deutungsvoll für die Hygieine ist das am 6. Juli erlassene Dekret des Rathes, wie man sich dieser Zeit in Sterbensläufften mit dem Federwerk, alten Lumpen, Kleidern und Leinentüchlein, auch wegen der Miststätten und Rinnen verhalten solle. Die Stadt Nürnberg, welche im J. 1625 noch gegen 50 000 Einwohner zählte, soll nach der Schrift „Christliche Lebens- und selige Sterbenskunst" von Johann Kissling, Nürnberg 1674, in den Kriegsjahren 29 406 Personen verloren haben, ohne jene, welche in der Nähe der Stadt, auf den Wiesen und in den Gärten starben und begraben wurden. (Diese Summe dürfte den Verlust in den Jahren 1632 bis 1634 umfassen; die von der Nonne Junius 1632 gemeldete Todten- ziffer (s. S. 128), welche auch die Zahl der in der Stadt gestorbenen Flüchtlinge umfasst, stützt sich wohl auf Gerüchte.) — Auch in der Um- gegend von Altdorf herrschte die Pest; als vermeintliches Schutz- oder Heilmittel wandten die Landleute das grosse Schöllkraut an. — In Hers- bruck raffte die dort grassirende Pest den PfaiTer M. Job. Leonh. Weiss dahin; auch hauste die Pest im nahen Artelshofen; Kalchreuth (Bez. Er- langen) verlor in den Jahren 1632 bis 1634 von 432 Einwohnern 291 durch die Pest; in Kässwässer starben von 49 Menschen 43, zu Röcken- hof von 56 Einwohnern 36 an der Seuche. — Fast schien es, als ob auch jede Spur von Erlangen vertilgt werden sollte; denn am 16. August wurden die noch übrig gebliebenen 16 Häuser von der Forchheimer Besatzung vollends niedergebrannt. Hierzu gesellte sich die Pest, wodurch den zerstreuten Bürgern die Aussicht, ihre zerstörten Wohnungen wieder aufbauen zu können, wesentlich getrübt wiirde. Ein gleiches Loos war Bayersdorf beschieden. — Als die Schweden Ende Juni vor Forchheim erschienen, nahm die Sterblichkeit zu; im Juli zählte man 16, August 18, September 42, Oktober 71, November 15, Dezember 9, im ganzen Jahre 184 Leichen. Mit dem Rückgang der Kriegsnoth in Franken (1634) standen in Forchheim 40 Häuser ganz leer; die Bevölkerung war, wie aus den Matrikeln hervorgeht, durch Seuchen und Auswanderung bedeutend zu- sammengeschmolzen; im J. 1635 starben nur 19, im folgenden Jahre 18, und 1637 nur 17 Personen. — Im August fing die Seuche im Pfarrdorf Eitersdorf (am Ludwigskanal) xmd Umgebung zu wüthen an; viele Leute flohen nach Nürnberg. — In Schlüsselfeld (Bez. Höchstädt a. A.) hatte die Seuche die meisten Bewohner hingerafft. Ueber das Elend in Bamberg erzählt die mehrgenaimte Nonne Junius Folgendes: „Anfangs Januar plünderten die Forchheimer Soldaten in Franken Vieh und begingen sonstigen Unfug. Die Schweinfurter Be- satzimg begehrte von Bamberg wiederholt Brandschatzung. Die Theue- rung war ausserordentlich. Niemand konnte dem Andern helfen, weil Alle verderbt waren. Die Leute wohnten in den Kellern; aus einem solchen zog man auf einmal sieben Personen todt heraus. Am 22. Februar kamen wieder Schweden nach Bamberg; allein sie fanden nur Noth und Elend, welche im März unbeschreiblich wurden; die Soldaten verlangten Geld, die Büi-ger halten kein Brod; die Leute lagen auf der Gasse, mussten verzagen und verhungern; den letzten Bissen musste man den Schweden geben. In der Gärtnerei wvirde Brod in den Dungstätten ver- graben, um es zu retten. Manchen Tag lief man in die Stadt aus und konnte nicht für einen Pfennig auftreiben. Leute, welche Güter hatten, assen kleine Kuchen. Im Mai war die Verwüstung so gross, dass der Feind selbst Jammer und Elend nicht mehr ansehen konnte. Wenn Eines über die Gasse ging, hingen sich die armen Leute haufenweise an ihn. — Halbtodt, auch ganz, lagen Menschen vor den Häusern imd auf den Dungstätten. Die Ausgehenden mussten über sie steigen. Nicht 20 langten manche Woche, welche todt auf den Gassen gefunden wurden. Häuser, wie die Tradition erhalten, wurden um einen Laib Brod verkauft. Die Noth der zwei vorhergehenden Jahre war lange nicht so gross, als in diesem. Im Sommer herrschten wunderliche Eä'ankheiten und ungemeines Sterben unter den Menschen. Auf dem Felde hatten Mäuse das Getreide ganz abgefressen. Erst in der Oktav vor Maria Himmelfahrt (15. August) regte sich wieder Freude unter den Menschen. Als wäre Ostern, sah man in Häusern und auf Strassen allgemeines Fegen und Kehren. Wer noch Geld hatte, kaufte sich ein Pfündlein Fleisch und sagte: „Morgen halte ich Ostern! Am folgenden Tage, am Sonntage, in aller Frühe war hier ein grosser Markt von allerlei Sachen, als wäre gar kein Krieg gewesen. In der Zeit, als die Schweden diesmal im Lande waren, 25 Monate, hat man zu Bamberg mehr als 1600 Menschen begraben." Im Anfangs des Jahres wurde das Land durch Streifparteien in Schrecken versetzt. Bald begann wieder allgemeines Rauben, Plündern und Brennen. In Oberröslau, welches durch Hunger, Pest und Krieg ganz aufgerieben war, wurde in diesem Jahre ein Kind geboren und im folgenden gar keines. Im März wurden Göpfersgrün, Sichersreuth, Tiefenbach imd Seussen von den Kroaten eingeäschert. Viele andere Orte gingen auch in Flammen auf; so Lichtenberg, Ober- und Untersteben, Helmbrechts, Lauenstein, J^Taila, Mistelbach. In Schauenstein an der Selbitz hauste die Pest; der Bürger Förtsch wurde scheintodt der Grube übergeben, aus welcher wiedererholt er zum Schrecken der Seinen nach Hause ging^), — In Thiu-nau starben gegen 263 Personen an der Pest; es blieben nur zwei Bürger übrig, da die Einwohner theils durch die Kriegsbeschwerden vertrieben wurden, theils an der Seuche gestorben, die Güter aber gänzlich verödet waren. — In Kronach folgten der Hungers- noth seuchenartige Krankheiten (Faulfieber, Lazarethfieber), dann die Pest Vom Juli bis Ende November starben 263 Personen (Matr.). Nach einer alten 1) Arch. V. Oberfi-. Bayreuth 1882, 20Ö. Chronik wüthete daselbst die Pest vom Sommer bis gegen Weihnacbten, so dass gegen 1100 Menschen erlagen und nicht mehr als ein Haus in der Stadt und Vorstadt von dieser giftigen Seuche verschont blieb — eine Diiferenz, welche mit den pfarrlichen Angaben nicht auszugleichen ist, es müssten denn zu letzteren die vielen hundert brodlosen Flücht- linge gerechnet werden, welche sich glücklich schätzten, ihr Leben durch Aas noch einige Zeit fristen zu können. — Weismain wurde zur gleichen Zeit drei Monate lang von der Pest heimgesucht, so dass viele Menschen starben. Am 19. August wurde Bayreuth von den Bayern unter Feld- zeugmeister von der Waal genommen und, trotz der Pest, welche, auf ihrem Höhepunkt angekommen, an einem Tage in einem Hause 4 Per- sonen hinraffte, sogleich geplündert; viele Einwohner verloren hierbei das Leben. Vom Juli bis Oktober erlagen daselbst von etwa 7000 Ein- wohnern allein, 1927 (im Juli 99, August 135, September 229) der Seuche. Von den also Verstorbenen wurden nur 128 ordentlich beerdigt, 928 auf Karren hinausgeschaiFt und eingegraben. Vor dem Ausbruche der Pest waren jährlich nur 167 Personen durchschnittlich gestorben. Auch auf dem Lande hauste der Feind schrecklich. Viele Dörfer wurden geplündert, alles Vieh, gegen 700 Stück, und alle Pferde mitgenommen. — Am 18. Oktober nahm der in der Maingegend übelberüchtigte General Lamboy nach kurzem Kampfe das wehrlose Kulmbach, wo seit Frühjahr die Pest so wüthete, dass in einer Nacht 60 Leichen begraben wurden und kaum vierzig wehrhafte Männer übrig blieben; er Hess die ganze Nacht plündern, so dass der hierdurch erwachsene Schaden nicht mit zwei Tonnen Goldes zu bezahlen war. — Nach der Schlacht von Nördlingen überschwemmten die Kroaten von Neuem auch diese Gegend und begingen unerhörte Grausamkeiten. Heiligenstadt und fast alle umliegenden Dörfer wurden geplündert und eingeäschert. — Bei Gefrees herrschte die Pest. Am 14. November wurde die Gegend von Martin- lamitz und am 16. Hof von Neuem durch Brandschatzung und Plün- derung heimgesucht. Die Soldaten vom Regimente Bourneville leerten alle Häuser aus, beraubten die Kirchen und begingen, besonders an Frauen, die gräulichsten Gewaltthaten. Am gleichen Tage wurde Kedwitz ge- plündert, obschon der Markt von der Pest befallen war. Am Ende des Jahres waren alle Städte und Dörfer durch die Seuche entvölkert. In Gesees starben 115 Menschen; dabei hauste der Haupt- mann Zweifel von Amberg mit solcher Härte in der Umgegend, dass Niemand seines Lebens sicher war, und Alles, was fliehen konnte, sich in Wälder und Höhlen verkroch. Die meisten Häuser waren zu Schutt- haufen geworden. Nach Mistelbach, wo 138 Menschen erlagen, hatte der _ 161 — 1634 Meierbauer Rother die Pest in einem warmen Brode von Busbach mit- gebracht. Acht Schnitter, welche von diesem Brode assen, starben auf der Stelle. In das Haus des dortigen Schlossbauern wurde die Pest durch Kleidungsstücke verschleppt; die ganze Familie starb aus. In der kleinen PfarreiHimmelskron starben 130 Personen; ein gleiches Ver- hältniss ergab sich in den anderen zum Kloster gehörigen Ortschaften. — In Pegnitz, das 1072 Einwohner zählte, herrschte Hungersnoth und Pest; im Pfarrsprengel starben gegen 800 Personen; ebenso wurde in Creussen der Rest der Bevölkerung gelichtet^). In vielen Gegenden waren die Felder und Wiesen mit Gesträuchen und Rohr überwachsen, und manche Ortschaften blieben öde liegen. Wollte man ein Grundstück besäen, so mussten die Menschen aus Mangel an Vieh den Pflug ziehen, 14 —16 Personen spannten sich zusammen an den Pflug und ackerten; oft konnte man nicht so viele Menschen aus zwei und drei Dörfern zusammen bringen, als zum Ziehen des Pfluges nöthig waren. Vom Pfarrer Buchka in Gesees (1635 —1644) erzählt Pfarrer E. Teichmann in Stammbach: „Da durch den langwierigen Krieg alles herum öde und wüste lag, drang ihn die Noth, sich selbst mit Je- mand der Seinen an den Pflug zu spannen und etwas von seinem Feld- bau zu bestellen, um nur dadurch wieder zur Besamung seiner Felder zu gelangen. Er hatte nicht genug rauhes Kleienbrod, um sich und den Seinigen damit kümmerlieh den Hunger zu stillen." Die Feldmäuse hatten so überhand genommen, dass die Sommer- und Winterfrucht fast ganz von ihnen verzehrt wurde und man zufrieden war, wenn man den Samen wieder erhielt; als aber der ausgestreute Samen im Herbste grünte, da frass ihn das Ungeziefer wieder ab; in manchen Gegenden fürchtete man Letzteres mehr, als den Krieg, Viele mussten Monate lang ihren Hunger mit Kleie, Eicheln, Hanf- und Leinkuchen stillen. Die Noth stieg so hoch, dass die Menschen nicht selten in die Ställe schlichen, um aufzulesen, was die Pferde übrig gelassen (Vgl. Arch. v. Oberfr. III. 2. IV. 2. 28 ff".). Im Januar d. J. unternahmen die Truppen des Pfalzgrafen Chri- stian von Birkenfeld unter Generalmajor Johann Vitzthum von Regens- burg aus einen Zug in die Oberpfalz. Schwandorf wurde drei Monate lang gebrandschatzt. Nabburg wurde am 22. Januar von ihnen einge- nommen und mit einer Brandsteuer belegt, — dagegen am 2. April von dem Kaiserlichen Oberst Wildberg wieder erobert und geplündert. — Herzog Bernhard zog Ende Februar von Regensburg nach Weiden, wo er am 4. März ankam. Sulzbach, Vilseck, Hirschau fielen in Feindeshand. 1) Crusiae lubis . . . Hist. a M. J. Willen. Baruthi 1691. Nach der Ermordung Wallensteins knüpfte sich für lange Zeit der Sieg wieder an das österreichische Banner. Gegen Ende März brach ein kaiserliches Armeekorps unter General Gallas von Böhmen her in die Oberpfalz. Am 20. März wurde unter General Graf Piccolomini Cham wieder erobert; dann die schlecht besetzten Städte Waldmünchen, Kötz, Neunburg v. W., Schwandorf genommen und die Schweden gezwungen, die Oberpfalz zu räumen. — Der Markt Kohlberg bei Weiden wurde von einer Abtheilung Kroaten mit Feuer und Schwert vernichtet. Der rohe Soldat begnügte sich nicht damit, Heu und Gras als Futter zu be- nutzen, sondern er mähte auch noch das unreife Getreide vom Felde oder zertrat es muthwillig. — Diesen allgemeinen Drangsalen des Krieges gingen allenthalben verheerende Seuchen zur Seite. Den besonders durch die Truppen des Herzogs von Weimar herbeigeführten Verwüstungen der ganzen Umgegend von Hemau folgten der KriegstyjDhus und die Pest in schrecklicher Weise. Nachdem in Hemau schon im Vorjahre bei grosser Noth „die böse Seuche" (Typhus) Viele auf das Krankenlager geworfen, brach in diesem Jahre die Beulenpest aus, welche die halbe Bevölkerung dahinraffte. In diesem Jahre zählte man 30, im folgenden nur 13 Ge- burten. — Während in Riedenburg die Seuche hauste, legte man, wie die Sage meldet, neugebackenes Brod auf den Strassen aus, das Pestgift zog hinein und machte die Rinde ganz blau. Doch hielt sie sich noch in den Häusern in den Nägelplatten; als man aber einmal ein Zimmer neu herstellte und die alten Nägel wieder ausriss, brach sie wieder aus'). — Seit März richtete die Pest wieder in Hilpoltstein ihre Verwüstungen an. Von Monat zu Monat sind im Pfarrmatrikel die Todten summarisch ohne nähere Bezeichnung aufgeführt. Im ersten Monat raifte die Seuche gegen 200 Personen weg; im Juli 1635 hören die Einträge auf, um erst im Jahre 1636, wo die Seuche nachliess, wieder zu beginnen. — In Frauen- zell bei Wörth a. D. erlagen der Pest 200, und im nahen Brennberg 800 Menschen; auch in Bruckbach fielen zahlreiche Opfer. Im Bene- diktinerkloster Frauenzell starben vom 25. Juni bis 3. September fünf Konventualen. Am 17. Juli hat P. Macharius Rasp während der Pest zu Wörth sein Leben gelassen. — In Amberg verschlimmerten sich die Krankheiten im April in schrecklicher Weise, Bald stellte sich die Bu- 1) Der Pestnagel hatte schon bei den Römern eine symbolische Bedeutung. Im alten Rom musste der Prätor maximus jährlich in der zweiten Hälfte des September einen Nagel in die rechte Wand des kapitolischen Jupitertempels ein- schlagen; so auch beim Ausbruche der Seuche in Rom (365 v. Chr.) musste ein eigens dazu ernannter Diktator im Tempel des Jupiter gegen den Tempel der Minerva hin den Schicksalsnagel einschlagen. Auch bei den nordischen Völkern war der „Noth- und Pestnagel" in Uebung. bonenpest ein, und mit ihr steigerte sich die Sterblichkeit erheblich, so dass man an einem Tage 15—20 Leichen zählte; weil der alte Leichen- wagen den schauerlichen Zuwachs nicht mehr fassen konnte, ward ein neuer in Form eines Rüstwagens angeschafft, dessen Räder mit Filz über- zogen wurden, und die Bespannung mit Ochsen unternommen, um die in Todesfurcht schwebenden Einwohner durch das Rasseln des Wagens nicht noch mehr zu ängstigen. Im Juli und August schien alle Hoff- nung auf Rettung schwinden zu wollen; man zählte täglich mehr als 40 Leichen, Das Franziskanerkloster, das Spital, Seelhaus, verschiedene Strassen und Häuser starben ganz aus. Das allgemeine Elend wurde noch durch den Mangel an Lebensmitteln vermehrt. In dieser Noth be- schlossen Regierung und Rath, den in den Häusern Eingesperrten zu gestatten, die Stadt zu verlassen, um frische Luft geniessen zu können. Viele errichteten unterhalb des Kalvarieuberges Strohhütten für die Kranken. Nachdem auf den Rath des Jesuitenrektors P. Hell das Ge- lübde abgelegt worden, zu Ehren Maria's eine Kapelle auf dem Berge zu bauen, liess die Seuche nach. — Zu Anfang April wüthete die Pest auch in Sulzbach, und zwar bis in den Winter hinein. Es zeigten sich an den Leibern Pestflecken und Beulen als sichere Vorboten des Todes; die Krankheit raffte in neun Monaten 1200 Einwohner hinweg. — Nach- dem im Frühjahre zu Weiden der Flecktyphus herrschte, wüthete daselbst späterhin die Bubonenpest so sehr, dass vom 17. August bis 6. November 1800 Menschen starben. An manchem Tage zählte man 40—50 TodtC; Wie in Amberg, so wurden auch hier die Leichen gleich Holzscheitern eingeschlichtet, allnächtlich haufenweise in den Garten eines Bürgers neben dem schon überfüllten Friedhofe (200—300 in einer Grube) ein- gebettet und dann mit Mauerschutt bedeckt. — Im Sommer und Herbste wüthete auch in Auerbach die Seuche, so dass der Leichenacker über- füllt wurde und die Todten in den Gärten u. a. O. bestattet werden mussten. Die Seuche raffte 1700 Menschen hinweg. Ein trauriges Ge- denkstück aus jener Zeit wird noch unter dem Kirchdache daselbst auf- bewahrt, nämlich zwei Räder von jenem Pestwagen, auf welchem die Leichen hin avisgefahren wurden. Auch in dem benachbarten Michelfeld wurde der Friedhof zu klein und musste man die Leichen auf dem nahen Felde bestatten. Ausser dieser Noth traf die Auerbacher und Michelfelder noch das Elend des Krieges. Schweden und Kroaten hieben Alles nieder. Ein gleiches Loos traf die dortige Benediktinerabtei, Avelche 1633 und und 1634 durch Brand und Pest heimgesucht wurde. — Noch ärger als im Vorjahre wüthete die Seuche in diesem Jahre zu Vilseck. Von Februar an nahm sie stetig zu, so dass im Juli 128, im August 144 Menschen starben, wovon zwei Drittheile der Stadt Vilseck angehörten. An einem 11* Tage wurden oft 8 bis 10 Leichen bestattet. In der Pfarrei starben (in diesem Jahre) 652 Menschen. — Wie in Waldmünchen gesellte sich auch in Neustadt a. d. Waldnab zur Qual der Einquartierung die Pest. Wie das Kirchenbuch meldet, hat am 6. August „die Seuche der Pestilenz an- heben zu grassiren, und erstlich eingerissen in den kleineren Häusern hinter der Kirche am Schulbühl, wo in einem Häuschen 5 Personen starben. Im Allgemeinen erlagen 261 Personen, von welchen die Mehrzahl, 218, in den tiefer gelegenen Stadttheilen starben, während in der hochgelegenen oberen Vorstadt und Stadt nur 43 Personen der Seuche erlagen. Die Thore waren 16 Wochen lang geschlossen. — Als man merkte, dass sich die verheerende Seuche allmählich den Mauern Tirschenreuths nähere, wurden am 11. Juni die zahlreichen dahin geflüchteten Landleute aus- gewiesen, um der Ausdehnung der drohenden Seuche vorzubeugen. Bald darauf hielt die Pest in der Stadt, und zwar von August bis November, eine sehr reiche Ernte. Desgleichen wüthete in Waldsassen die Krank- heit in furchtbarer Weise. — Unzweifelhaft wurden auch die Bewohner des bayerischen Waldes von der Pest schwer betroffen. Von dieser Zeit stammen wohl die zahlreichen Pestfreithöfe, d. i. Gräber im Walde, und nicht aus dem Jahre 1713, wo auch in diese Gegend die Bubonenpest verschleppt worden ist. (Beglaubigte Nachrichten fehlen, da die meisten Matrikel im Schwedenkriege und jene von Cham im Jahre 1742 bei der Einäscherung der Stadt durch die Panduren unter Trenk zu Grunde gin- gen.) — Am 26. Juli eroberten die Kaiserlichen die seit 4. November 1633 von den Schweden besetzte Stadt Regensburg. Einige Tage zuvor hatten die österreichischen Kriegsschaaren das Lager zu Schwandorf ver- lassen. Nach deren Abzug ward die Noth unbeschreiblich gross. Dazu hatte sich gleichfalls die Pest „mit Beulen und grossen unbekannten Blattern" eingenistet. Das Uebel wirkte schnell und heftig. In der Zeit von zwei Monaten wurde fast ein Drittel der Einwohner Schwandorfs hingerafft. Ganze Familien starben aus. — Kelheim a. D. wurde im Juni von den Bayern und Kaiserlichen unter Graf Altringer ausgeplün- dert; daselbst herrschte wohl die Pest; am 11. September musste der dortige Pfarrer, erst 45 Jahre alt, ihr erliegen. — Auch in Abbach hatte man viele Pestopfer zu beklagen. In der Umgegend wurden Abensberg, Neustadt, Biburg, Rohr, Abbach, Riedenburg, Altmannstein, Essing, Brunn, Heimbau, Saal, Winzer ganz ausgeplündert, Randeck in Asche gelegt. — In Neustadt a. D. wüthete die Pest gräulich; der Pfarrer Ant. Bal- sterer liess das silberne Bildniss des hl. Sebastian, gegen 300 fl. werth, giessen und trug es unter Begleitung des Volkes in den Strassen herum, um der Seuche Einhalt zu thun. — Auch zu Regensburg gesellten sich in der zweiten Jahreshälfte zu den da vorhandenen Krankheiten die wirk- liehe Pest. Sie raffte trotz getroffener Vorkehrungen — Handhabung der Strassenpolizei, rasches Beerdigen u. s, w. — im Herbste zwei Drittel der Bürgerschaft oder nach anderen Quellen 3125 Personen hinweg, so dass die Bürgerschaft bis zum Jahresschlüsse auf 800 zusammen ge- schmolzen sein soll. Wegen fortgesetzter Ausbreitung der Pest musste sogar der Kapuzinergarten zum Begräbnissplatze benützt werden. Mit Jahresschluss Hess die Seuche an Heftigkeit n^-ch. Auch in der Um- gebung von Regensburg raffte „ein grosser Sterb" eine bedeutende An- zahl Menschen dahin. Nach der Blockade der Stadt Straubing durch die Kaiserlichen unter Altringer und von der Werth (Ende März 1634) trat ein grosses Sterben ein, welches vom Juli an durch die Pest neue Nahrung fand. Hatte schon im Vorjahre 1633 erhöhte Sterblichkeit mit einem Verluste von 294 Menschen geheri-scht, so stieg die Summe der Todten im Jahre 1634 in der Pfarrei St. Jakob auf 681, ohne die Verluste in der Pfarrei St. Peter und des Spitals, deren Vormerkungen fehlen. Ihre Höhe er- reichte die Pest im genannten Sprengel im August mit 159 Todten; sie dauerte noch bis ins nächste Jahr. Nach dem Straubinger Wochenblatte 1824, S. 450, erlagen alle dortigen Jesuiten der Pest. Nach Merian, Topograph, bavar. soll die Pest von Stadt- und dahin geflüchteten Land- bewohnern gar 18 000 Menschen verschlungen haben. Nach dem Theatr. Eur. III. 391 starb die Stadt fast ganz aus. — Auch in Deggendorf brach im Dezember 1633, bald nach Abzug der Feinde, die Pest aus. Alle infizirten Häuser wurden gesperrt, die Todten aber wurden nicht im Friedhofe bei der Pfarrkirche, sondern ausserhalb in jenem von Schaching beerdigt, welcher deshalb auch „Brechfreudhof" genannt wurde. Ein eigener Feldscheerer wurde als Brechbader aufgenommen, und ein abge- sondert wohnender Priester für die Pestkranken bestellt. Die Thore wurden gesperrt und bewacht, und wer nicht eidlich betheuern konnte, dass er mit der bösen Krankheit nicht behaftet sei, der wurde nicht ein- gelassen. Ferner richtete man vor jedem Thore ein eigenes Haus zur Quarantaine ein. — Der vorjährigen Plünderung der Abtei Metten folgte die Pest, welche nun die Bevölkerung dezimirte und 10 Konventualen des Klosters hinraffte; ebenso starben im Kloster Oberalteich 24 Reli- giösen ; von 40 Klostergeistlichen blieben überhaupt nur 4 übrig. — In Kirchdorf bei Osterhofen starben täglich 3—7 Personen an der Pest; es sind nur ll5Todte im Matrikel eingetragen, allein die Zahl derselben belief sich auf etwa 200 Personen. Die Seuche erhielt sich noch in den folgenden Jahren, — Im Orte Balling (Bez. Hengersberg) war man genö- thigt, einen abgelegenen Pestfreithof anzulegen, wo Viele begraben wurden. ■— Im Markte Untergriesbach (Bez. Wegscheid) starben vom September bis Jahresschluss gegen 40 Menschen an der Pest; in den angrenzenden Dörfern hatte sich die Sterblichkeit verdoppelt. Mit der eintretenden Winterkälte trat ein Nachlass der Seuche ein. — In Ortenburg (Bez. Vilshofen) war die Sterblichkeit überaus gross; 275 Personen wurden begraben, sechsmal mehr denn sonst. Manche Kranken empfanden Kopf- schmerzen, Mattigkeit in den Gliedern, eine das Bewusstsein betäubende Hitze; bei anderen zeigten sich Ausschlag und Beulen; bei manchen Durchfall und Erbrechen; fast immer trat nach 2—3 Tagen der Tod ein. — Auch durch Passau ging der Vernichtungszug der Pest. In der Pfarrei Ilzstadt starben innerhalb vier Monaten bei 15—1600 Seelen 187 Individuen (Juli 10, August 46, September 73 — am 5. September in einem Hause drei —, im Oktober 45, November 23 und Dezember 7 Personen). (Für die übrigen Pfarreien fehlen nähere Angaben, da die Matrikel 1662 bei dem grossen Stadtbrande zu Grunde gingen.) Man veranstaltete in allen Kirchen öffentliche Gebete und liess die Reliquien der hl. Patrone Maximilian und Valentin in feierlicher Prozession in der Stadt herumtragen. Die Trübsal wurde erhöht durch anhaltende Truppen- durchzüge und masslose Erhöhung der Steuern. Auf der Wiese bei Lindau wurden viele Verstorbene beerdigt, weshalb dort im Jahre 1859 ein Ge- denkstein errichtet wurde. — Neuburg wie Schärding am Inn wurden von Hunger und Seuche schwer heimgesucht. In Schärding und Um- gebung brach in Folge der häufigen Truppenzüge und Einquartierungen „die böse Sucht" (Typhus) aus, welcher viele Personen erlagen. Am 30. August wurde strenge Untersuchung und Ueberwachung der zurei- senden, „vertriebenen, vagirenden Leuth" angeordnet. Trotz der traurigen Zeitlage machten sich doch unter den Wohlhabenderen bei festlichen An- lässen ein wahrer Galgenhumor geltend, dem sie durch „Zechen, Tanzen, und Springen" in den Wirthshäusern Luft machten. Kurfürst Maximilian verbot am 13. November diese unzeitigen Lustbarkeiten. — Simbach am Inn wie der Markt Thann litten ebenso schwer durch Hunger und Pest. In Thann lebten am Jahresschlüsse nur 300 Einwohner; die Leichen lagen oft längere Zeit in den Häusern unbeerdigt, zersetzten sich und steckten an; ganze Familien der ärmeren Bevölkerung starben aus. Die wenigen Einwohner gingen nur vermummt aus, während der beherzte Todtengräber an den Opfern der Pest noch nach Lohn suchte für seine Arbeit. Der Pfarrer, der am Neujahrstage 1635 in seiner Rede zum muthigen Ertragen solchen Elendes ermahnt hatte, wurde selbst von der Seuche ergriffen, überstand sie aber und wanderte aus. Auch die um- liegenden Ortschaften litten durch die Seuche und verödete die Gegend. An den Strassen und Wegen lagen die Leichen; Raubvögel hielten hier schaarenweise ihr Mahl. Dingolfing an der Isar und die Umgegend war vom 22. Juli 1633 bis zum Juni 1634 von den Schweden besetzt und als sie abzogen, grassirte die Pest, so dass es schien, als wolle das Städtchen menschen- leer werden. — Ergoldsbach wurde wegen Kriegsgefahr von vielen Ein- wohnern verlassen. Indes behauptete sich unter den Zurückgebliebenen neben Hungersnoth eine Kontagion bis Jahresschluss, die 873 wegraffte; nur 349 Personen blieben am Leben ohne die Flüchtigen (Sponsalien- buch der Pfarrei). — Als die Schweden Landshut am 10. Juli erobert hatten, Hess Herzog Bernhard von Weimar 13 Tage lang plündern, sengen und brennen ; die Wohnungen wurden ausgeraubt, die Apotheken mit aller Einrichtung zerstört, die Brunnen mit todten Körpern angefüllt und die Bewohner unmenschlich behandelt. Namentlich mordeten die Soldaten alle Wundärzte, die sie in ihre Gewalt bekommen konnten. So gingen gegen 1000 Menschen elend zu Grunde. Auf der sog. Kapuzin erwiese wurden Gräben ausgehoben und die Leichen eingescharrt. Die Todten, welche man während der schwedischen Gräuelzeit auf den Strassen fand, musste der Schinder in die Isar werfen. Nach dem Abzüge der Schweden (22. Juli) fing überdies die Pest zu wüthen an; sie nahm den dritten Theil der Einwohner, in der einzigen Pfarrei Jodok allein 448 Personen (gegen die jährliche Normalzahl 65), sowie eine Menge Klostergeistlichen, unter diesen 8 Franziskaner, dahin. Laut eines gerichtlich hergestelten Ver- zeichnisses wurden 738 Personen, darunter 215 Eheleute, Opfer der Seuche; hierbei fehlte jene grosse Anzahl von Todten, mit deren geringem Nachlasse sich die Obrigkeit nicht zu befassen hatte. Ordentliche Be- gräbnisse konnten nicht stattfinden; auf den sog. Pestkarren führte man die Leichen haufenweise zu den Friedhöfen und diese reichten nicht mehr aus. Eine eigene Pestwache wurde aufgestellt für die Häuser und Strassen, in welchen Kranke lagen. Die Wohnungen der Pestkranken sperrte man ab. Ein besonderer Prechenbader wurde aufgestellt, um in die Häuser zu gehen und die Kranken zu besichtigen. Wiederholt wurde allgemeine Säuberung der Wohnungen und Strassen angeordnet. Auch Oberbayern litt schwer unter den Gräueln des Krieges. In Ingolstadt verbreitete sich bei einer starken Besatzung „das ungarische Fieber" mächtiger als jemals; bis Ende November starben 1039 Personen; 32 Häuser wurden gesperrt. Zu Anfang des nächsten Jahres Hess die Seuche nach. Unerschwingliche Getreidepreise vergrösserten die Noth; der Scheffel Weizen galt 59 fl., Korn 46, Gerste bis 18 fl. — Im Markte Geisenfeld hielt die Seuche noch eine grosse Ernte, starben doch in 11 Monaten 460 Personen! In den ei'sten Monaten des Jahres starben nur Kinder, bis es mit dem Monate August an die Erwachsenen in immer sich steigendem Masse heran kam. Erst mit dem Beginne des folgenden Jahres Hess die Seuche nach, nicht aber die Noth und das Elend, welche der Krieg mit sich brachte (Trost). — Auch Schrobenhausen litt durch Hunger und Pest. — Aichach wurde am 11, Juni von den Schweden erstürmt, geplündert, angezündet, die meisten Einwohner fielen unter den Schwertstreichen der Schweden; am 17. Juli wurde Moosburg a. d. Isar hart mitgenommen. — Freising wurde von denselben (16. Juli) ganz aus- geplündert; die Pest brach aus (Meichelb. II. 389). Wie es in Freising und Umgebung mm diese Zeit überhaupt aussah, schildert der Eingang einer Urkunde vom 6. Mai 1645, worin es heisst, dass „durch ander- maligen schwedischen Einfall in Bayern, so durch Herzog Bernhard be- schehen, wie nit weniger die darauf gefolgte gräuliche Pest und erschreck- liche Hungersnoth, darinnen sich auch die vornehmsten Bauern des Kleyen- brodes nit zu ersättigen gehabt, sondern Hunde, Katzen und allerlay an- dere unnatürliche Speisen gegessen und häufig Hungers gestorben, die Güter und Bauernhof meistens verlassen, die Felder öde gelegen, ver-, wachsen und verwüstet worden, und alles leyden ein solches Ansehen gehabt hat, dass Niemand vermuthen noch glauben könnte, dass einmal nach langen Jahren alles wieder zu Bau gebracht sollte werden können, dahero denn alle Stuck Grund und Güter in solchen Abfall gekommen, dass man ganze Bauernhof um 20, 30, 40 oder aufs Höchste um 50 fl. verkauft und dannoch die Zahlungsfristen auf viele Jahre hinaus be- dingt hat". Im Juli wurde spanisches Kriegsvolk gegen 4000 Mann stark von Tölz und Weilheim nach München berufen, als Herzog Bernhard von Sachsen- Weimar und General Hörn die Stadt bedrohten. Die Truppen, der grössten Unreinlichkeit ergeben, brachten den PeststoflT mit und Hessen nach kurzer Anwesenheit in München über 150 Todte zurück. Im August trat bei allgemeinem Nothstande die Krankheit, die man nicht für an- steckend hielt, vereinzelt auf, bis endlich im September die wirkliche Pest mit solcher Heftigkeit ausbrach, dass man vier Lazarethhäuser und einen Garten vor der Stadt zur Aufnahme der Kranken herstellen musste. Als hauptsächlichste Zeichen werden äusserlicher Frost bei innerer Hitze, hef- tige Kopfschmerzen, gänzliche Ermattung, mannigfache Blutergiessungen und bei dem höchsten Grade Pestflecken und Beulen angegeben. Am furchtbarsten wüthete die Pest im Oktober und November, so dass im Oktober in einer Woche 500 Menschen zum Opfer fielen und oft in einer Woche 200 bis 250 Wohnungen gesperrt wurden. Nach Adlzreiter, da- mals Hof kanzler und Polizeivorstand, sollen 15 000 Menschen, die Hälfte der Einwohner, hingerafft worden sein; die Flucht schützte nicht vor dem Tode, da der eingeathmete Gifthauch plötzlich wirkte (Annal. boic. III. 326). Aller Verkehr, alle Geselligkeit des Lebens waren zerstört, selbst die Familienbande gelöst. Die Zahl der Todten häufte sieh so, dass man die Leichen ohne Eintrag des Namens auf den Strassen und in den Häusern auflas und je 40 in eine Grube legte, und dass man die Zahl der Todtengräber um 20 erhöhen musste. Manche Häuser starben ganz aus und wurden zum traurigen Gedächtnisse mit T bezeichnet. Die Polizei ordnete strenge Sonderung, Reinigung und Räucherung der infi- zirten Wohnungen an, verbot alle Gemeinschaft mit den Kranken, sowie den. Gebrauch ihrer Kleider bei Strafe an Leib und Leben. Kleidungs- und Bettstücke der Angesteckten, welche 1635 gegen 340 Fuder betrugen, wurden vor den Thoren verbrannt. Um die Ausführung der Anordnungen mit Nachdruck handhaben zu können, errichtete man auf öffentlichen Plätzen Galgen. Grosses Verdienst erwarb sich damals durch seine Aus- dauer in Bekämpfung der Seuche der Goldschmied und äusserer Raths- verwandte Ferdinand Schock, der Oberaufseher der Pestanstalten, der von allen seinen Amtsgenossen allein übrig blieb. Im folgenden Frühlinge machte die Seuche einige Ruhepausen, um im September ihre giftige Ar- beit von Neuem aufzunehmen. Nach einer Dauer von 2 Jahren und 7 Monaten erlosch sie erst im Februar 1637 gänzlich. Die Umgegend Münchens bot dasselbe Bild allgemeinen Jammers. Die Noth war im Frühjahre so hoch gestiegen, dass Viele ihre Heimath ver- liessen und die Felder unbestellt blieben. Viele Bauern nährten sich kümmerlich durch Zufuhr des Proviants zur Armee. Auch dieser Erwerb hörte bald auf, weil die Armen durch streifende Freibeuter die Pferde verloren. Des- halb schrieb der wackere Richter Ulrich Haid zu Seefeld (Bez. Starnberg) an seinen Herrn, den Grafen Fei'dinand von Torring in Braunau: „Men- niglich hat zu Gott ein Hoffnung geschöpft, weile der Wallstain, der es vor diesem möchts verbeugt haben, hingorlcht worden, Es möcht an Jetzt in Bayern bösser Regiment und dem armen Pauersmann zu wider er- pauung der Felder etwas bösserer schütz gehalten werden. Weilln aber solche Hoffnung auch in Pronnen feit vnd jetzt die arm Leuth schier ybler tractirt werden, ist die grosse Beysorg, es werde das Glickh auch dar- nach hergehn. Gott wolle, dass ich nit wahr hab." Das Schicksal der Hauptstadt theilten die meisten Städte, Märkte und Dörfer im weiten Umkreise. — So wurde die Pest in das von Wald um- gebene Dorf Grünwald und ehemalige herzogliche Jagdschloss verschleppt; am 21. Oktober starb der dortige Förster Kolb an der Pest; ja fast das ganze Dorf soll ausgestorben sein. — Erding (4 M. nö. v. München) wurde von den Schweden wiederholt in Asche gelegt; was hierbei vom Schwerte verschont blieb, wurde eine Beute der Pest. — Ebenso trat die Pest im Markte Buchbach (Bez. Neumarkt), in Altötting und im Markte Haag verhee- rend auf. — In Burghausen an der Salzach konnte am 16. Oktober der Gallimarkt wegen der Epidemie, das „ungesunde Kopfweli" genannt, nicht abgehalten werden. Auch unter den schwedischen Soldaten, welche der nach der Schlacht von Nördlingen (7. Sept.) gefangen genommene und nun im Schlosse Burghausen bis März 1642 verwahrte Feldmarschall Hörn mitbrachte, riss die „laidige Sucht" ein. Mehrere Jesuitenpatres standen den Kranken in der Stadt bei. Die Regierung von Burghausen machte indes ihren Untergebenen von Zeit zu Zeit die infizirten Orte bekannt. So waren nach Signat von 1634 folgende Orte zu bannisiren : Klugham, Thalham, Aicher (Ger. Mermosen), Holzgaden, Adelzham, Wörmetsham (Ger. Kling); zu relaxiren : Prieler und Pucher, Räuchering etc. Der Markt Kraiburg blieb durch seine sanitären Vorkehrungen ver- schont. Um den Verkehr mit jedem Verdächtigen möglichst abzuschneiden, reichte man den armen Kriegsleuten und Bedrängten das Almosen von einem hölzernen Stuhle aus mit einem langen „bemaleuen liöfFel" (Marktsrech- nung). Dass man es dort überhaupt mit der Durchführung der sanitären Massregeln ernst nahm, ersehen wir noch im Jahre 1644, wo man den Handelsmann und Rathsherrn Angermeier von Kraiburg um 3000 Steine (6 fl.) und den Tuchscheerer Stempfei um 1000 Steine (2 fl.) bestrafte, weil sie lange Zeit in Wien, wo damals die Pest grassirte, sich aufhielten und bei ihrer Rückkehr die Quarantaine nicht hielten. — In der Pfarrei reichten (Burghausen) starben an „der rothen Ruhr und an der unga- rischen Krankheit" 112 Personen. Deshalb wurden zu Brunnthal und bei Gramham Pestfreithöfe errichtet. Im folgenden Jahre Hessen diese Krankheiten nach, so dass nur 75 daran starben; mit dem Jahre 1636 erloschen sie. Ebenso herrschte die Seuche im Filiale Kirchweidach, wes- halb auch hier in einer Wiese bei Oberleiten ein Pestfreithof angelegt wurde. — Vom Jahre 1634 bis 1639 traten in der Stadt Laufen „hitzige Fieber" epidemisch auf; sie hatten die Erbauung des Altars zu Ehren des hl. Sebastian in der Stiftskirche 1639 zur Folge; noch heute wird das Fest des Heiligen gefeiert. — In diesem und in den beiden näch- sten Jahren herrschte in Traunstein die Seuche, nachdem sie sich schon im Vorjahre eingeschlichen, mit grosser Heftigkeit. Es wurde ein Prech- haus (Lazareth) im Sparzer Graben sowohl, als ein Pestfreithof jenseits der Traun hergestellt, doch hielt die Seuche an. — Auch der Markt Trostberg litt im November sehr durch die allgemein verbreitete Pest, so dass man jenseits der Alz einen Pestfreithof anlegen musste. — In der Pfarrei Obing wüthete die Pest schrecklich und wurden die Opfer eine Viertelstunde von Obing im Walde begraben. — In gleicher Weise wurde Wasserburg am Inn in diesem und dem folgenden Jahre durchseucht, weshalb auch hier noch der Sebastianitag besonders gefeiert wird. — Die meisten Bewohner von Söllhuben (Rosenheim) wurden ein Opfer der Pest. Rosenheim verlor 500 Menschen durch dieselbe. — Nach dem Abzüge der Schweden brach in Aibling die Pest aus, so dass in kurzer Zeit der Markt um zwei Drittel der Bewohner entvölkert ward; auch hier erinnert die damals erbaute Sebastianskapelle an die Pestzeit. — Ebenso hauste die Krankheit mit Hungersnoth im nahen Dorfe Au, wo auch der Pfarrer als Opfer fiel. — Auch Miesbach hatte viele Pestopfer zu beklagen. In Irschenberg hatte die im März ausgebrochene Seuche schon im folgenden Monate einen so ausgeprägten Charakter angenommen, dass vom 21. bis 27. April 7 Erwachsene, am 28. aber 5 Personen starben. Von da an forderte sie so zahlreiche Opfer, dass man deren Namen nicht mehr eintrug. Auch in der Umgegend trat die Krankheit heftig auf. In der Pfarrei Neukirchen starben — die Filiale Gotzing und Pienzenau nicht eingerechnet — 391 Individuen, worunter 2 Geistliche. In der Pfarrei Feldkirchen erlagen vom 14. August bis 27. Dezember 723 Per- sonen der Ansteckung (Catalog. Relig. Weyarens). In Niklasreuth be- zeichnet ein in der Nähe des Furtnerhofes am Wege errichtetes Feld- kreuz die Begräbnisstätte der seit 1634 von der Seuche Dahingerafften. Nachdem die Pest in Bichl bei Benediktbeuern Einkehr gehalten hatte, besuchte sie Tölz, wo schon im Mai, Juni und Juli hundert erwachsene Personen erlagen; vom Juli an enthalten die Pfarrbücher keine Einträge mehr; die Angesteckten, mit schwarzen Beulen behaftet, hatten meist nur wenige Stunden zu leben. Wie Meichelbeck berichtet, erreichte hier die Seuche im August den Höhepunkt. Bald überraschte sie Königsdorf, ent- völkerte das Dorf Wackersreuth, nach der Sage, bis auf 5 Familien, ebenso Beuerberg an der Loisach, und fand noch im gleichen Monate, trotz aller Vorsichtsmassregeln, Eingang im Bezirke Wolfrathshausen und m den nächsten Gebieten. Besonders schnell und heftig wurden die Gemeinde Buchen und die umliegenden Ortschaften von der Pest erfasst. Auf der Anhöhe von Oberbuchen stand damals eine kleine Feldkapelle; hier "Wurden die Leichen, da man deren Bestattung im Friedhofe zu Königs- dorf verbot, begraben. Nach Meichelbeck sollen hier gegen 300 Leich- name ruhen. — Im Dorfe Gmünd am Tegernsee sollen sämmtliche In- wohner bis auf 9 der Pest verfallen und im Holz begraben worden sein. An dieser Stelle baute man nach einem Gelübde bei Nachlass der Seuche die Kapelle Mariahilf — Im Februar mehrte sich der Krankenstand in Andechs durch Ruhr, typhöse Fieber und rheumatische Leiden; man zählte 40 Leichen. Bald folgte auch die Beulenpest, welche am 27. Juli in Erbing eingeschleppt wurde und bis November anhielt. In dem Dorfe, welches früher mehr denn 500 Einwohner zählte, erlagen über 200 Men- schen der Beulenpest, Ruhr und bösartigen Fiebern. Am Jahresschlüsse waren noch 190 Einwohner und von 87 Ehepaaren noch 20 übrig. Wegen Furcht vor einer neuen Kontagion mussten am 2. April des näch- sten Jahres die nachlässig verscharrten Opfer mit grünem Wasen bedeckt werden. — In Weilheim zählte man wieder von Anfang August bis Ende November d. J. 84 Pestleichen und „andere mehrere". Im Dezember liess die Plage nach. In der nahen Pfarrei Unterhausen tödtete die Pest bereits im Vorjahre 9 Personen; in diesem Jahre starben bis August 8, und vom September bis Jahresschluss 25 Erwachsene. — Auch über das Kloster Benediktbeuern brachen verhängnissvolle Tage herein; die feind- lichen Einfälle verwüsteten die Gegend, Kunst und Wissenschaft lagen darnieder, die rühmlichen Schulanstalten zerfielen. — Der Markt Murnau wurde von Hungersnoth und Ende August von der Pest heimgesucht, so zwar, dass oft ganze Häuser ausstarben und man, um der weiteren Ansteckung zu begegnen, die Wohnungen mit den Todten verbrannte. Da es an Todtengräbern fehlte, so gewann man von auswärts zwei Männer, welche 13 Wochen lang als Todtengräber und Krankenpfleger wirkten. Die Seuche dauerte bis zur kalten Jahreszeit, nachdem sie zwei Dritt- theile der Bevölkerung hingerafft. Obgleich seit 1631 im bayerischen und schwäbischen Oberlande die Pest wüthete, blieb Oberammergau, als 1633 in der Umgegend schon zahlreiche Opfer gefallen wai'en, noch längere Zeit durch fleissiges Wache- halten verschont bis zum Kirch weihfeste. „Da ist, meldet die Chronik, ein Mann von hier, nennend Caspar Schuchler, bei dem Mair in Eschen- lohe (Bez. Werdenfels) Sommermader gewesen. Dieser hat bei sich be- schlossen, er will nach Haus in die Kirchnacht (25. September) zugehen, um einmal zu sehen, was sein Weib und seine Kinder thun. So ist er über den Berg herumgegangen und hinten hinein, weil da keine Wacht gewesen und sein Haus zunächst an der Laine gestanden. So ist er schon am Montag nach der Kirchweih eine Leiche gewesen, weil er Pest- zeichen an sich mit ihm herumgetragen. Alsdann sind am selbigen Montag bis auf Simon und Judä Abends (28. Oktober), also binnen 33 Tagen 84 Personen gestorben." Also vermuthlich mehr als der 5. Theil der schon im Kriege heruntergekommenen Bevölkerung. „In diesem Leid- wesen, fährt der Chronist fort, sind die Gemeindeleute sechs und zwölf zusammengekommen und haben die Passionstragödie alle 10 Jahre zu halten verlobt und von dieser Zeit ist kein einziger Mensch mehr ge- storben, obwolen noch Ettliche die Pestzeichen von dieser Krankheit an ihnen hatten"^). — 1) Ein solches Gelöbniss kann um so weniger auffallen, als ja schon bei den Römern zu den Gelübden Schauspiele gehörten, deren manche alle 5, 10 oder 20 Jalire aufgeführt wurden, daher vota quinquennalia etc. Auch im Mittelalter waren religiöse Vorstellungen (De representatione ludi Christi) vielfach üblich. In dem schwer geprüften Erpfting (Landsberg) starben über 100 Personen an der „Ruhr"; dieselbe soll 10 Jahre gedauert haben und als sie zu Ende war, fand man daselbst noch fünf lebende Ehepaare. Der Pfarrer Süssmayr bemerkte im Pfarrbuche, dass er allein vom J. 1632 bis 1634, innerhalb welcher Zeit Pest, Hunger und Krieg Alles aufge- rieben hatten, 5 Pfarreien: Waal, Emenhausen, Bronnen, Haunfolgen, Ellenkofen nebst Erpfting pastorirt habe. Er erlag 1650 seiner schweren Amtspflicht. Im Herbste wüthete die Pest im Dorfe Peiting (Schongau); der Pfarrer Lehner fiel ihr am 2. November zum Opfer. Sie währte bis 1636; das Dorf aber wurde mehrere Monate hindurch, wegen des rasch ansteckenden Charakters der Seuche, abgesperrt. Nach der Verwüstung Bayerns wandte sich das schwedische Heer den schwäbischen Gauen zu. In Neuburg a. D. und Umgebung richteten Pest und Hungersnoth während dieses und des folgenden Jahres grosse Verheerungen an. Es befand sich daselbst ein grosses Feldspital, in dem an einem Tage 17 Verwundete amputirt wurden. Der Pflege der Pest- kranken unterzog sich der frühere Beichtvater Tilly's, Jesuit Christ. König, bis er selbst ein Opfer seiner Pflichttreue wurde. Es starben 139 In- dividuen männlichen und 197 weiblichen Geschlechtes, und zwar die Mehr- zahl an der Pest, unter ihnen viele Flüchtlinge und eine Menge Kinder. Nach den Aufzeichnungen des Pfarrers Dr. Leonh. Mayer ist „die leidige Seuche im September eingetrofien und hat bis auf S. Sebastian continuirt, 130 Häuser angegriffen und 200 Personen hinweggenommen." Die Stadt Nördlingen musste bei dem dort am 7. September ausgefoch- tenen Kampfe, wie auch die nahe gelegene Stadt Wemding vieles erdulden. In Haarburg am Ries starben vom 15. März bis 27. September 464 Menschen; 230 Ortsangehörige fielen in der Schlacht bei Nördlingen. Die Gesammt- summe der Todten betrug während des Jahres gegen 800. Oettingen an So wurde am Pfingstfeste 1298 zu Cividale im Palaste des Patriarchen von Oester- reich eine Vorstellung ,des Spieles Christi", nämlich des Leidens, der Auferstehung u. s. w. durch den Klerus aufgeführt; ebenso vom 17. bis 19. Mai 1304. (Pertz, M. G. SS. XIX. 208, 211 Ann. Foroiulienses.) Am 15. Mai 1323 wurde in Königsberg das Spiel der hl. Katharina auf dem Markte aufgeführt (Canonici Sam- biensis Ann. M. G. SS. XIX 702, 705). In Zwickau stellte man 1463 am Pfingstfeste drei Tage nach einander auf dem Marktplatze die Passion Jesu Christi dar. Eine tragische Berühmtheit hat das „Spiel zu Bahn" in Pommern 1498 erlangt, einPassions- spiel, welches mit dem Todtschlag der Darsteller des Heilandes, der Maria und des Longinus endete und den Johannes aufs Rad brachte (Kantzow's Pomm.). Wie in Oberammergau, hatten auch andere Gemeinden solche Schauspiele gelobt. So hielt man in Hall am Inn bereits 1511 „ain trefflichs spil, nämlichen den passion Christi." Waldens im Pusterthale in Tyrol hatte versprochen, alle 7 Jahre das jüngste Gericht zu spielen „von wegen der Hochgewitter in dieser Zeit und der Donnerwetter in der Ewigkeit." der Wörnitz Hess Johann von der Werth plündern. Wallerstein wurde am 18. August von den Kaiserlichen gebrandschatzt und in Asche gelegt. Um diese Zeit pflegten die Mütter im Ries ihre Kinder zu mahnen: „Bed Büebli bed, — morge kommt der Schwed, — morge kommt der Oxesteere, — wurd des Büebli bede leere!" — Nachdem bereits in den Vorjahren die Hälfte der Bewohner von Rain durch Hunger umgekommen war, wurden die Reihen der Ueberlebenden durch die Pest noch mehr gelichtet; überdies fielen über 100 Pferde als Beute einer Seuche. Wegen Mangel an Arbeitskräften verödeten die Felder. Die im Bezirke gelegenen Orte Thierhaupten und Niederschönenfeld wurden von den Schweden ausge- plündert, letzteres aber zerstört. Höchstädt a. D. erduldete am 22. und 23. August die grössten Grausamkeiten von Seiten der Kroaten. Das zu diesem Bezirke gehörige Dorf Ammerdingen wurde nach der Schlacht bei Nördlingen von den Horden des Herzogs Bernhard theilweise in Asche gelegt. — In Dillingen kam zum Hunger die Pest und die ungarische Krankheit; die zahlreichen Todten wurden still beerdigt. Nach der Nörd- linger Schlacht holten die Kroaten nicht nur, was die Schweden übrig gelassen, sondern sie blieben auch noch von Weihnachten bis Ostern 1635. — In der mit Flüchtlingen angehäuften Stadt Lauingen wütheten Hunger und Seuchen bis ins nächste Jahr. Dem Rathsprotokolle von 1635 zufolge war die Noth so gross, dass an etlichen Orten Menschen einander selbst aufzehrten, was „erschrecklich zu hören". — Die Bewohner Riedheim's (Günzburg) kamen in diesem und dem folgenden Jahre durch Hunger und Pest grösstentheils um, Leipheim wurde von den Kaiser- lichen und Bayern verheert. Illertissen erlitt dagegen grosses Ungemach durch die Schweden. — Die Jahre 1633 — 35 brachten über Mindelheim unsägliches Elend durch Hunger, Seuchen und Kriegsnoth. — Memmingen hatte abermals einen Verlust von 1400 Menschen zu beklagen. In Aga- wang (Zusmarshausen) erreichte der Hunger in diesem und dem nächsten Jahre einen solchen Grad, dass im Februar 1635 vier Weiber die Leichen von fünf verhungerten Menschen aufassen^), — Vom Markte Türkheim an der Wertach forderte die Pest im Februar und März gegen 60 Opfer, die Niemand begraben wollte; die Seuche hielt noch im folgenden Jahre an (Zacher 339). Keine Landschaft seufzte um diese Zeit mehr unter den Kriegs- qualen, als die schwäbische. Die ausgesuchtesten Gräuel verübte das dem Schwedenheere zugelaufene Gesindel. So meldet die Augsburger Chronik 1) Der Plebanus Mich. Lebhardt setzt seiner Mittheilung bei: „quarum una nempe Apollonia Gregorium Thüringer maritum &uum devorare non exhorruit. Ich fragte darüber, wie es ihnen geschmeckt und vorgekommen wäre: sie ant- worteten : es habe ihnen wohlgeschmeckt und sei das Beste an ihnen gewesen das Hirn, Horz und die Nieren. (Goldene Chron. von Hohenschwangau.) am 17. Mai 1634: „Die speerreiterische Soldaten liaussen in Schwaben sehr tyrannisch, tractieren die bauren mit köpff Reitlen, wasser eingiessen, die Mäuler bis auf die Ohren aufschneiden u. dgl." In Augsburg hatte während der Occupation durch die Schweden unter dem Befehle des Hans Georg aus dem Winkel vom 20. April 1632 bis 28. März 1635 die vorwiegend protestantische Bevölkerung eine schonendere Behandlung erfahren, als die katholische. Trotz hoher, vom Klerus geleisteter Schutzgelder trieben die Soldaten unter den Augen ihrer Obersten ihr rücksichtslosestes Wesen, das oft in offene Plünderung und Handlungen rohester Brutalität ausartete. Mit Schaudern erzählt Ana- stasius Vochetius, Konventual zum hl. Kreuz in seinem Tagebuche die Misshandlung eines Geistlichen, den schwedische Soldaten vor der Stadt aufgriffen, und unter einen Wagen banden, dass er wie ein Hund mit Händen und Füssen sich mitbewegen musste, bis er am Stadtthore ohn- mächtig zusammenstürzte und alsbald verschied. — Zu allen Erpressungen durch Kontributionen und Einquartierungen, die den bürgerlichen Wohl- stand auf lange Zeit hinaus erschütterten, kamen, um das Maass des Elendes voll zu machen, Hunger und Pest, welche, während der Belagerung der Stadt durch die Kaiserlichen (vom September 1634 bis März 1635) sieben Monate lang unter der Bevölkerung wütheten, und zwar entsetz- licher, als Kugel und Schwert. Die Hungersnoth erreichte in der ein- geschlossenen Stadt eine Höhe so grausig, wie sie die Geschichte nur in wenigen Beispielen vorführt. Als alle gewöhnliche Nahrung aufgezehrt war, verkaufte man auf öffentlichen Fleischbänken das Fleisch von Pferden, Eseln, Katzen und Hunden. Ein Pfund Pferdefleisch kostete 3 Batzen, Eselfleisch 2 Batzen, ein Kalb 18 ü. Am 1. Dezember 1634 wurde das Pfund „Hundtsfleisch per 18 kr. verkaufft" (Cod. germ. mon. 4905. 203). Die Armen kochten Leder und Häute, speisten Ratten und Mäuse; Stroh wurde kleingehackt, mit wenig Mehl geknetet und gebacken. Im Januar 1635 starb „bei einer Wittib ein soldat in dem quartier, sie schnitte als- balden das brettige (bratbare) Fleisch von seinem Leib, kochte es und gab es ihren Kindern zu essen" (Cod. 1. c. 218). Dass dieser Fall nicht ver- einzelt vorkam, ist aus den Augsburger Jahrbüchern ersichtlich; hiernach dienten die unbegrabenen Leichen in den Häusern und auf den Strassen den Ueberlebenden zur Stillung des nagenden Hungers. Menschenfleisch wurde sogar roh verschluckt; man traf „an unterschiedlichen Orten Eltern, welche ihre eben verstorbenen Kinder und hinwieder Kinder, welche ihre verstorbenen Eltern verzehrten." Unbeklagt starb der Vater unter den verschmachtenden Kindern und die Mutter legte ohne Thi'änen den verhungerten Säugling von der Brust in die Erde. Als der grösste Theil der unglücklichen Einwohner durch Hunger und Pest den Tod gefunden und die Soldaten zum weiteren Kampfe zu matt waren, über- gab der Schwede die verödete Stadt. Krankheit tmd Noth hatten in ihr eine schreckliche Verheerung angerichtet, hatten von der im Jahre 1624 gegen 70—80 000 Menschen zählenden Bevölkerung gegen 60 000 hingeraift, so dass diese am 12. Oktober 1635 auf 16 422 Einwohner zusammengeschmolzen war. Die Stadt Kauf heuern litt ungemein, zuerst durch die Besatzung der Schweden und dann durch die Kaiserlichen; ebenso wurde die Bene- diktinerabtei Ottobeuern von den Schweden bis ins nächste Jahr hart mitgenommen. — In Kempten stieg die Hungersnoth zu solcher Höhe, dass man zu der unnatürlichsten Nahrung Zuflucht nahm; ein Malter Korn galt 46, Roggen 40 fl., ein Ochs 250 fl., eine Kuh 150 fl., ein Pfund Butter 1 fl., ein Pfund Pferdefleisch 30 kr. Bald brach eine Seuche aus. — Die Bodenseegegend erfuhr dasselbe Schicksal. Die Leute gingen wie der Schatten an der Wand umher und der bittere Tod sah ihnen aus den Augen. Hunde und Katzen wurden dem Wildpret gleich- geachtet. Seuchen und Krankheiten rafilten aus dem Gebiete der Stadt Lindau am Bodensee 800 Menschen weg. Die Hungersnoth währte im folgenden Jahre noch foTt. Dieses Jahr setzte dem unseligen Kampfe einen Hauptwendepunkt, durch welchen die Leiden des Krieges und zugleich der Hauptkriegsschau- platz nach der am 7. September geschlagenen, für die Schweden verhäng- nissvollen Schlacht bei Nördlingen in die Gegenden des Ober- und Mittel- rheins, wohin sich die protestantischen Streitkräfte zurückzogen, verlegt worden. Von den Wellenschlägen des Krieges wurden zunächst der Südwesten Deutschlands wie die Nachbargebiete berührt. Das Elend fand in Vor- arlberg und namentlich in der Schweiz Eingang. So herrschten in Feld- kirch neben Hungersnoth auch „allerley Krankheiten, die Haupt-Sucht, der Rothe Schaden und die leydige Pest". — Als im Jahre 1632 das Kriegsgetümmel sich der Schweizer Grenze näherte, flüchtete bereits eine grosse Menschenmenge und der grösste Theil des benachbarten Landadels nach Basel. Mit dem Elende dieser Flüchtlinge, ^256 an der Zahl, zogen ansteckende Krankheiten ein, welche eine Unzahl Menschen hin- rafften. Während in früheren Jahren in der Stadt die Todtenzahl etwas über 200 betrug, stieg sie 1633 auf 556. Im J. 1634 gewann die Pest durch badische Flüchtlinge, welche nach der Schlacht von Nördlingen hier Schutz suchten, eine solche Ausdehnung, dass im September täglich 40 Menschen starben und die Sterbezifier auf 2545 stieg. Man musste deshalb auf Herstellung eines Todtenackers zur Aufnahme der innerhalb und ausserhalb der Strassen gesammelten Leichen fremder Bettler Bedacht nehmen. In den folgenden fünf Jahren schwankte die Zahl der Ge- storbenen zwischen 650—400. Durch den Misswachs im J. 1635 stieg die Noth, um im J. 1636 ihren Höhepunkt zu erreichen^).— In Liestal (s. ö. von Basel) forderte die Pest wieder über 80 Opfer; im nächsten Jahre zählte man 83 Sterbefälle bei 63 Geburten, im Jahre 1636 gar 156 Gestorbene gegen 48 Geburten; noch 1638 und 39 hielt der Tod eine reiche Ernte. — Die Gemeinde Horgen am Zürichersee brachte der Pest abermals viele Opfer. Auch imElsass entstand im Spätherbste grosse Theuerung, der sich eine verderbliche Seuche anschloss. In Zabern raiFte dieselbe Bürger und Soldaten hin; sie wurde durch die starke Besatzung und häufige Ein- quartierungen gefördert. Ebenso herrschte sie in Mühlhausen und Geb- weiler 2). Auch die benachbarten badischen Bezirke wurden von der Epidemie heimgesjicht. — Zu Sulzburg (Kreis Lörrach) herrschte „die hitzige Haupt- krankheit", welcher bis zum 5. August 108 Personen erlagen. Die Meisten waren von auswärts und dahin geflohen. Noch im nächsten Jahre hielt die Seuche an^). — Mit der Besetzung des baden-durlachischen Gebietes, wie des Breisgaues durch die Kaiserlichen, hatten auch hier, wie die Akten melden, die Preise der Lebensmittel eine solche Höhe erreicht, dass dieses Land, dessen Kraft ohnehin durch die vielen Kriegssteuern und Brandschatzungen so sehr erschöpft worden, eine Menge von Be- wohnern zählte, welche entweder betteln oder ihren Hunger auf wider- natürliche Weise stillen mussten. Dieser Umstand erzeugte aber viele Krankheiten und so konnte man ja wohl sagen, dass „die Theuerung den Tod sehr wohlfeil gemacht habe"^). Württemberg musste den Leidenskelch, welcher ihm von der Kriegs- furie, zumal nach der Nördlinger Schlacht, gereicht wurde, bis auf die Neige leeren. In Roth (O.A. Leutkirch) brachten Hungersnoth und an- steckende Krankheiten viele Lebensmüde ins Grab ^). — In der Gegend von Ochsenhausen erlagen mehrere Hundert Menschen dem Hunger und der Pest. Man stiess nicht selten auf Wiesen, in Gärten und Wäldern auf Leichname, die noch Gras im Munde hatten; oft gebrach es an Le- benden, um dieTodten zu begraben. — Gross-Schaff hausen (O. A. Laupheim) wurde von den Schweden verwüstet; wer da nicht durch die Waffen um- kam, Avurde von der Pest weggerafft. Der Pfarrer, seiner Pfarrkinder und Einkünfte beraubt, floh nach Oesterreich. Auch die Gemeinde 1) Vgl. A. Häusler, Mitth. aus d. Basler Rathsbüchem. 2) Mieg, Dömini- kanerchr. 275. 3) Zeitschr. f. Geschiclitsk. Freib. 1880. 4) Bader II, 103. 5) Egg- mann, lUerthal. 12 Illerrieden wurde von der Pest schwer heimgesucht. — In Ulm kam noch im Jahre 1634 die Pest zum Ausbruche; es wurde angeordnet, dass man in den Kirchen weit auseinander sitze, die Verstorbenen ruhig bestatte u. s. w. Nach Zeiller's kl. Chr. S. 147 starben in diesem Jahre 1871 Personen. Auch im nahen Dorfe Altenstadt herrschte die Pest; der Pfarrer Guggelen flüchtete sich mit seiner Familie nach Geislingen, starb aber nichtsdestoweniger an der Pest. — Auch Geislingen wurde von der Kriegsnoth betroffen; in der Stadt plünderten, mordeten und schändeten die Kaiserlichen; 300 Personen wurden geschädigt. — Die meisten Be- wohner von Böhmenkirch wurden entweder durch die Pest aufgerieben oder entflohen. In Donzdorf wurden gegen 700 Menschen eine Beute der Pest. — Ebenso brachen in der Stadt Göppingen, welche vom 5. Sep- tember an mit kaiserlichen Soldaten, sowie mit Bewohnern der benach- barten verödeten Orte angefüllt war, Seuchen aus. Die Zahl der Todten von hier und Bartenbach betrug vom 1. Oktober bis Jahresschluss 656. In der zweiten Hälfte des Jahres 1635 nahm das Sterben noch mehr zu; die Zahl der Gestorbenen stieg in diesem Jahre auf 904; im fol- genden Jahre fanden viele Menschen den Hungertod. — Im Pfarrdorfe Gruibingen starben 90 Menschen an der Pest und 1635 wieder 86. Das Pfarrdorf Heiningen litt nach der Nördlinger Schlacht durch die Kaiser- lichen, Spanier und Bayern entsetzlich; Manche wurden zu Tode gemar- tert. Hunger stellte sich ein; Pferdefleisch war zum Leckerbissen geworden. Die Pest wüthete so, dass man die Opfer kaum begraben konnte. Noch steht auf dem Kirchboden die schwarze Truhe, in welcher sie auf den Friedhof getragen wurden. Im Schwarzwaldkreise fand mit der Kriegsnoth die Seuche Eingang; im Oktober trat im unteren Theile des Uracher Amtes die Pest auf. Zu Sundelfingen hielt dieselbe vom 4. Oktober bis 28. August 1635 an^). — Zu Nürtingen fielen von 1634—35 der Krankheit 1154 Personen zum Opfer; vom 6. September 1634 bis 20. Oktober 1635 raffte die Pest ^li der Einwohner des alten Amtes Nürtingen hinweg. Nach der Nörd- linger Schlacht gehörte die Gegend zu jenen, welche von den Kaiser- lichen am schlimmsten behandelt wurde. Das Herrschaftsgebiet Obern- dorf hatte 1634—35 ebenfalls schwer durch die Seuchen zu leiden. In Herrenberg herrschten von 1634 bis 1639 ansteckende Krankheiten. — Nicht minder wurde der Neckarkreis von der Seuche betroffen. In Sindel- fingen (O.A. Böblingen) zählte mau von 1634 bis 1637 709 Opfer. — Esslingen beklagte in diesem und dem folgenden Jahre einen Verlust von 9000 Menschen. In Ober-Esslingen mit Hegensberg starben vom 28. Aug. 1) Gratianus, Achahn II, 316. 1634 bis 26. Oktober 1635 theils an der Pest, theils durch Mord und aus anderen Ursachen 268 Personen, „und haben noch in Allem 184 Per- sonen gelebt". Stuttgart, welches im Jahre 1631 8327 Einwohner zählte, ver- lor 1634 „an allerlei Krankheiten, als Kopfweh, Pest", auch durch Ver- wundung bei dem Einfall der Soldateska, 936 Personen (ll,3^/o), iiie^'von vom August an 672 durch die Pest; es wurden aber nur 341 geboren. — In Waiblingen zeichneten sich die Kaiserlichen am 18. September aus durch Raub, Mord und Brand; viele Bewohner fanden den Tod in den Flammen; der Stadtschreiber wurde bei lebendigem Leibe geschunden. Noth und Pest folgten, so dass von 500 Bürgern, die vor dem Brande da waren, im Jahre 1652 noch 15 gezählt wurden; in Stadt und Land überlebten von 2350 Männern nur 145 diese Jammertage ^). — Beinstein hatte vor der Nördlinger Schlacht 130 Bürger, im Jahre 1638 noch 16. — Das Städtchen Heimsheim (O. A. Leonberg) kam durch Hunger und Pest so sehr herunter, dass von einer Seelenzahl von mehr als 2000 Ein- wohnern nur noch 85 übrig blieben. Die Kaiserlichen legten es fast ganz in Asche. Die Stadt Markgröningen (O. A. Ludwigsburg) musste durch Plünderung, Erpressungen, Gewaltthätigkeiten von Seite der Kroaten namenloses Elend erdulden. Hunger und Pest tödteten im Jahre 1634 166 Personen, im folgenden 579, 1636 185 und 1637 173 Personen, worunter manche Flüchtlinge. Im Jahre 1657 fehlten drei Viertel der Bürger und lagen 1011 Häuser in Trümmern. — In Neuenstadt am Kocher herrschte nach der Schlacht von Nördlingen bei Truppendurchzügen und Einquartierungen grosse Sterblichkeit, und zwar bis ins nächste Jahr. Man zählte in diesem Jahre 170 und im folgenden 460 Todesfälle. Die Schweden verhängten über Giengen (0. A. Heidenheim, Jagst- kreis) Brandschatzungen und brachten ansteckende Krankheiten, nament- lich die ungarische Krankheit, mit, wodurch die Stadt viel zu leiden hatte. — In Neresheim „sahen die wenigen Menschen vor Hunger und Schwachheit fast nicht mehr wie Menschen aus, fingen Katzen und Hunde, aber auch Luder nahmen sie reisender Weise, suchten Wurzeln und Gras zur Nahrung u. dgl." (Chron.) In Bopfingen und Oberdorf folgte im Herbste auf Huugersnoth die Pest, welche über 400 Personen hinraffte. — In Aalen kehrte, in Folge der häufigen Durchzüge, Einquartierungen und Erpressungen, Noth und Theuerung ein, so dass Boss-, Hunde- und Katzenfleiscli gegessen, Nes- seln als Gemüse gekocht, Kleien- und Leinbrod gebacken wurde. Das 1) Sattler, 3, 89. Württ. Jahrb. 1847. I, 140. 1-2' gewöhnliche Gefolge dieser Schrecken, eine verheerende Seuche, nahm ihren Todesgang auch durch die Bevölkerung auf dem Lande, In Heuch- lingen starben 1634 nur 38, im folgenden Jahre aber vom Januar bis 8. September 55 Menschen und schon dies war viel. — In der Gemeinde Lorch bei Welzheim wurden ganze Familien theils durch Hunger und Pest hingerafft, theils vertrieben. — In Bühlertann (0. A. Ellwangen) gingen während der „Pestilenz" 1634—35 viele ältere Männer zu Grunde. — In dem zur Pfarrei Rosenberg gehörigen Flecken Hummelsweiler herrschte wohl auch die Pest, denn das Todtenbuch zählte unter den 430 Todten der ganzen Pfarrei für dieses Oertchen innerhalb weniger Wochen 80 Todte auf, darunter vorwiegend solche weiblichen Geschlechtes; manchem Namen ist die Bemerkung beigefügt: „im Garten hinter dem Haus begraben." — Nach einer Plünderung durch die Kaiserlichen (13. bis 18. September) brach zu Oehringen die Pest mit grosser Heftigkeit aus. Bis zum Jahre 1635 erlagen ihr 1131 Personen; ferner starben in Neuenstein 1100, zu Waidenburg 452, zu Pfedelbach 164, zu Eschel- bach 246, zu Kirchensall 558, zu Baum-Erlenbach 149 und zu Sind- ringen 271 Personen an der Pest. Ebenso haben Pest und Kriegsnoth die Einwohnerschaft in Zweiflingen bis auf einige Familien herunter gebracht; noch heute ist auch hier ein Sarg in der Kapelle aufbewahrt, in welchem die Pestleichen zu Grabe gebracht wurden, — Crailsheim wurde abermals von 1634-35 von der Pest, jedoch in geringem Grade, heimgesucht. In der zerstreuten Gemeinde Honhardt (0. A, Crailsheim) raffte die Pest 430 Personen hin. Am 1. Oktober wandte sie sich nach Altenmünster; da starben 32 Menschen; der Pfarrer verlor Gattin und vier Kinder. In Mariäkappel nahm die Pest 80 Personen mit dem Pfarrer hinweg. Auch in Satteldorf brach sie aus und leerte 3 Häuser vollständig; das Dorf verödete ganz. In Triensbach zählt man 120 Pestopfer. Im Bezirke Künzelsau zeigte sich Ende August die Pest aufs neue; sie errreichte ihren Höhepunkt im Oktober und November. Das aus- gehungerte Volk, welches zur ungesundesten Nahrung greifen musste, hatte alle Widerstandskraft gegen die Krankheit verloren; man verscharrte die Todten in den Gärten. In der Pfarrgemeinde Künzelsau starben 718, im Ganzen, Monat September ausgeschlossen, bei 900 Personen. Nach der Nördlinger Schlacht sah man überall Brand, Plünderung und Flucht. — In Crispenhofen erlagen 134 Personen der Pest (Kirchenb.); noch im nächsten Jahre hielten Pest und Hungersnoth an, so dass die Gemeinde in beiden Jahren 230 Menschen verlor. — In Eberbach, un- weit der Jagst, begann im September die Pest; die Todten wurden in einem Garten begraben. — Niedernhall wurde (1634—38) von Hunger, Pest und Plünderung heimgesucht. — Zu Ober-Kessach fielen 120 Pest- opfer; am Jahresschlüsse erlahmte die Seuche. In der Herrschaft Gaildorf folgten den Verwüstungen Hunger und Pest, die bis 1637 fortwütheten. In diesem Bezirke betrug im Jahre 1634 die Zahl der Gestorbenen 2612. In der Pfarrgemeinde Gaildorf starben in vier Jahren (1634—37) 678 Menschen; 1645 starben ebenda 64. — Braunsbach verlor 115 Personen. — In Ingelfingen und den Filialen Criesbach, wie den Höfen Lipfersberg und Kocherstein starben 241 Personen, hiervon 163 an der Pest. Von 1634 — 1639 zählte man 532 Todesfälle. — In Nagelsberg gesellte sich zur Noth die Pest, und raffte vom 1. August bis 31. Dezember 35 Personen dahin. Noch in den nächsten Jahren zeigte sich die Pest; 1637 starben 29 Personen. — In Westernhausen erlagen derselben 113 Personen, darunter 3 Pfarrer; im Jahre 1635 starben 56 und im Jahre 1637 52 Menschen (Kirchenb.) — In Bieber- feld (O.A. Hall) forderte die Pest viele Opfer; in Ilshofen nahm sie in 11^/2 Wochen 80 Menschen hinweg. —In Ober-Stetten (O.A. Gerabronn) starben 127 Menschen an der Pest; ebenso wurden Ruppertshofen und Raboldshausen heimgesucht. — In Creglingen a. d. Tauber (O.A. Mor- gen theim) raffte eine ansteckende Seuche 294 Personen weg. Im Dorfe Lichtel starben von Jakobi bis Martini 105, in Rimbach 113 Menschen. Nachdem in Weikersheim im Jahre 1632 101, im Jahre 1633 253 Per- sonen gestorben waren, zählte man in diesem Jahre 343, und an man- chem Tage 8 Todesfälle; das folgende Jahr forderte noch 113 Opfer. Der Verlegung des Kriegsschauplatzes in die Rhein- und Maingegend folgten Hunger und Seuchen auf dem Fusse nach, um auch dort ihren gewohnten Antheil an Menschenopfern zu fordern. Durch anhaltende Truppenzüge, Einquartierungen und Drangsale aller Art brachen über Hessen-Darmstadt, die Pfalz, Chur-Mainz und die Wetterau eine solche Hungersnoth herein, dass eine grosse Anzahl Menschen der Noth erlag. Alle Vorräthe waren aufgezehrt oder vernichtet und das Feld blieb un- bestellt, so dass auch der Feind durch Hunger aufgerieben wurde. In Saarbrücken schlich sich die Pest ein und nahm viele Menschen weg. In St. Johann trat sie so stark auf, dass Niemand mehr in die Kirche ging und der Gottesdienst im Freien gehalten werden musste. Viele Kranken wurden in das Lazareth in Aschbach gebracht, von wo die Halbgenesenen sich in den Koden von Tiefenthal begaben, um dort Hütten zu bauen. Im Kirchenbuche von St. Johann sind in der zweiten Jahreshälfte 172 Sterbefälle und 10 Geburten vorgemerkt. Die Infektion hielt noch im Jahre 1635 an. — Auch Andernach a. Rh. wurde 1634 bis 1635 von der Pest heimgesucht. Nach den Rathsprotokollen Hess der Kurfürst durch seinen Leibarzt Dr. Reid dem Stadtrathe Rezepte über „medicamenta contra pestem grassantem" zugehen. Am 8. Sept. bestellte darauf die Stadt auf ihre Kosten Arzneimittel für etwa 20 Per- sonen. Am 1. März 1635 wurde beschlossen, sofort ein Thor zu eröff- nen, um aus der Stadt „die grosse Wüst usszubringen und mehreres Sterben zu verhüten" ^). — In Bonn trat die Pest mit erneuter Kraft 1634 bis 1636 auf; bald brach sie in dem Spitale des Kassiusstiftes und den dazu gehörigen Häusern aus. Die sonst üblichen Prozessionen nach dem Kreuzberge unterblieben, weil man einsah, dass aus den mit der Pest behafteten Orten täglich Leute dorthin wanderten, welche den Krank- heitsstoff in sich trügen. In der Nähe der Stadt litten die Dörfer Rheidt, besonders aber Kessenich und Dottendorf sehr hart. Die Angst herrschte in solchem Grade, dass die Leute nicht wagten, das Getreide einzuheimsen. Die Pfarrer dieser beiden Dörfer unterlagen in Ausübung ihrer Pflicht gleichzeitig (1636) der Pest, Bald nachher erlosch die Seuche^), — Die Stadt Werden a. d. Ruhr (Rheinprovinz) hatte durch Einquartierungs- lasten viel zu dulden; im Herbste erhob sich noch die Pest, um in der Stadt und Umgebung bis über den Winter hinaus auf eine furchtbare Weise zu wüthen. Im Hanauer Lande war die Pest, welche im Dezember 1629 von den Soldaten des kais. Oberst Witzleben eingeschleppt worden war,.nicht erloschen. In Oberissigheim machte sich dieselbe noch bemerkbar. So berichtet das Kirchenbuch: „Am Ende Augusti ist Arnold Pflüger an der Pest, davon er ein Schenkel gehabt, wie eine Wagennabe zu Oberissig- heim todtkrank gelegen. Als nun das kaiserl. Kriegsvolk ankommen, ist Jedermann davon geloffen, als dass er Arnold ohne Zweifel verschmachten müssen, sein Körper ist ganz verwest im Haus gefunden worden." — Im Herbste wurde die Wetterau von den Kroaten, Ungarn und Polen verheert. Viele Dörfer gingen in Flammen auf, das Vieh wurde geraubt. Dazu kam die Seuche, die sich überall hin verbreitete und zu Friedberg täglich 7 bis 8 Menschen, wie auch die beiden Bürgermeister und Geist- lichen hin wegraffte; sie spann sich in's nächste Jahr fort. In den letzten vier Monaten starben 91 Menschen, während im ganzen Jahre nur 17 Kinder geboren wurden. Ebenso grassirte die Pest in Lieh u. a. O. Manche Orte verloren die Hälfte der Einwohner. So bemerkt das Kirchen- buch des Dorfes Garbenheim: „Seidhero ao. 1634, 1. Advent die Mans- feld Armee das Land hierumb verderbet, sind bis anjetzo peste Garben- heimer leut gestorben 75, lebqn noch 78^)." In Coburg erhob sich die Pest, diesmal von der Steinheid einge- 1) Dr. Terwelp, Andernach. 2) Ann. d. bist. Ver. f. Niederrhein, 1876, 128. ■^) Dieffenbach 218, Wetterfeld. Chr. 92. schleppt, auf's Neue, weshalb man bestimmte Todtengräber aufstellte. — Thüringen hatte abermals unter den Kriegsdrangsalen und der Pest viel zu dulden. In Hildburghausen herrschte im Juni die Pest. Das Kirchen- buch bemerkt: „Dieses Jahr hat die Pest allhier ziemlich regieret, kam die Leute an mit Frost oder Hitz, nam den köpf ein und trieb jezuweilen auch beulen, doch kamen auch etliche wieder auf und wurden gesund, sahen aber gar gelb und übel aus. Nach Kraus? (Antiquit. 48) starben in den ersten 5 Monaten 106, hernach im Juni 215 Personen an der Pest. Humann's Chron. S. 30 verzeichnet 303 Todte, nämlich 206 Er- wachsene und 97 Kinder. — Das Städtchen Lehesten (Meiningen) ward von der Pest schwer heimgesucht. Der Pfarrer entzog sich der Gefahr durch Flucht^). Die Bergstadt Suhl, welche am 16. Oktober durch Iso- lani's Horden in Asche gelegt wurde, hatte durch Hunger und Seviche zu leiden. Die Pest forderte hier wie in Themar zahlreiche Opfer. — In Eisenach starben 1800 Menschen^). — In Lobenstein wurden vom Juli bis Oktober 88, im Kirchspiel Dorna 26, Mielesdorf 13 Personen eine Beute der Pest. Die Seuche kehrte auch in der Stadt Eckartsberga (Sachsen) und dann in der Vorstadt Mallendorf ein ^). — In Leipzig trat die Pest noch vereinzelt auf; es erlagen ihr nur 24 Personen, an anderen Krankheiten aber starben 228; geboren wurden 229 Kinder. Gegen Jahresschluss wurden hier die Lebensmittel ziemlich billig. — Bei allem Elende, welches der Krieg auch über Dresden verhängte, wie Einquartierungs- und Ab- gabenlast, Theuerung und Hungersnoth, wüthete die Pest um so zügel- loser fort, als der Krieg die Anwendung der gewöhnlichen Vorsichtsmass- regeln vereitelte. Im J. 1634 war der Seuche bereits die Hälfte der Ein- wohner zum Opfer gefallen ; vor dem Wilsdruffer Thore, in der Poppiger-, Gerber-, Viehweider-, Fischersdorfer- und Hinterseeischen Gemeinde war kaum noch der 15. Hauswirth am Leben. Im folgenden Jahre konnte man schon ringsum aus der Stadt ins freie Feld sehen, weil die durch die Pest verödeten oder von den verarmten Einwohnern verlassenen Häuser von der Besatzung niedergerissen und als Brennmaterial verwendet worden waren ^). — In der befestigten Stadt Luckau in der Niederlausitz entstand durch die grosse Menge flüchtiger Landleute, welche in niedrigen und feuchten Häusern Zuflucht suchten, eine bösartige Krankheit, welche so um sich griff*, dass bis zum Jahre 1636 559 und bis zum Jahre 1637 mehr als 1000 Menschen Aveggerafll wurden. Zur Verbreitung der Seuche trugen insbesondere die zügellosen Soldaten dadurch bei, dass sie 1) Brückner.: 2) A. Toppii Eist. 116. 3) J. Olearii Syntagma 19. 4) Vgl. Lindau IL 91 die verlassenen und verschlossenen Wohnungen der Verstorbenen auf- brachen, und mit dem Raube den KrankheitsstofF verschleppten. — Die Ruhr, welche in Sachsen hin und wieder auftauchte, forderte in Bischofswerda 30 Opfer. — Pirna soll (nach den Angaben des Kirchenältesten Melchior Rauffuss in der Abendroth'schen Sannnlg.) durch die Pest von 1632—1634 4000 Menschen verloren haben ^). — Nachdem der Marktflecken Hirsch- felde bei Zittau schon im J. 1632 viele Leute dm"ch Krankheit verloren gehabt, erlagen von November bis Dezember 64 Personen der Pest. Die sächsischen und brandenburgischen Truppen bezogen nach ihrer Rückkehr aus Böhmen vom Oktober bis Dezember in und bei Zittau Quartiere und ei'richteten ein Lager am Kmmnersberge. In demselben brachen bald Krankheiten aus; Hunderte starben und fanden dort ihr Grab; Manche blieben sogar unbegraben liegen. Bald wüthete unter den Be- wohnern der ganzen Gegend die Pest. Ausserhalb der Dörfer wurden, um Ansteckungen zu vermeiden, Pesthütten errichtet^). Dem Kriegselende folgte auch in Reichenberg (Böhmen) die Pest, welche von der Mitte November 1634 bis tief in den Sommer des nächsten Jahres im ganzen weiten Kirchspiel reiche Ernte liielt. — Auch in Prag herrschte die Pest^). In Preussen kam die Pest nur vereinzelt zum Ausbruche. So er- lagen in Thorn an der Weichsel wieder Viele der Pest in jähem Tode. Auch Oesterreich wurde von der Pest heimgesucht. — Im September riss die Pest zu Steyer (Oberösterreich) ein; es sind bis Neujahr und „mehristens im abnehmenden Mond bey 200 Persohn an disser Sucht gestorben". Ebenso fasste die Pest in Niederösterreich festen Fuss. Nach- dem sie schon im Voijahre in der Umgebung von Rust aufgetreten war, herrschte nun in diesem Jahre „die Infection" in Neusidel, Ried, Eis- bach; im August tauchte sie in Tuln auf, beschränkte sich jedoch nur auf einzelne Fälle. Ebenso grassirte sie im benachbarten Freundorf und in Michelhausen^). — Auch nach Wien wurde die Pest, wahrscheinlich aus inficirten Orten, eingeschleppt. Gegen Weiterverbreitung wurden zwar polizeiliche Vorkehrungen getroffen; allein trotzdem erhob sich die Pest später nochmals mit solcher Wuth, dass wöchentlich gegen 600 Leichen begraben wurden. Die Seuche dehnte sich bald fast über ganz Oester- reich aus ^). In Steiermark trat die Pest in verschiedenen Orten auf. So wurde die Gegend von St. Gallen in den Jahren 1634—36 von einer Epidemie 1) Beil. z. Pirnaer Anz. 1876. 45. 2) N. Lausitzer Mag. 44. B. 363. ?-) Theatr. Eur. III, 153. 4) Kersckbaumer, Tuln 58. &) Theatr. Eur. 350. 391. so hart bedrängt, dass viele Häuser abgesperrt werden mussten ^). — In Graz zeigte sich die Seuche in der Murvorstadt zur Frühlingszeit, nahm anfangs Juli in der inneren Stadt zu und artete endlich im August in einen mörderischen Charakter aus. In 5 Monaten starben über 1000 Menschen, ohne die im Lazareth Verstorbenen, deren Zahl auf 729, nach Anderen auf 1018 berechnet worden ist. Im November konnte die Stadt wieder aufathmen. Gleichzeitig herrschte die Pest in den Nachbarorten, so in St. Peter. — Im Oktober trat die Infektion auch in Untersteier- mark gefährlich auf. 4. Schwedisch-französisclier Krieg 1635—1648. 1635. Einem grimmig kalten Winter, während dessen viele Menschen, besonders Soldaten auf dem Marsche in Böhmen, erfroren, folgte ein rauher Frühling; die Weinblüthe verdarb durch Nässe. In der Pfalz wie in Franken kostete im Mai das Malter Korn 18 Rthlr., ein Malter Mehl 24 Königsthaler (Pfalz). Wälirend des heissen und trockenen Sommers nahm die Hungersnoth so zu, dass man in Würzburg am 25. Juli die Getreideausfuhr wie auch das Abschneiden und Stehlen der Kornähren auf dem Felde verbot. In Württemberg und in der Pfalz wuchs wenig und saurer, in Franken jedoch guter Wein. Die Schweiz hatte durch Ausbreitung der Seuchen wie durch an- haltendes Zuströmen zahlreicher Sehaaren ausgehungerter und verwahr- loster Leute andauernd zu leiden, welche in der vom Kriege nicht un- mittelbar berührten Schweiz Rettung vor dem Hungertode suchten. Auf einen Tag erschienen 1440 Leute aus Schwaben vor dem Seelhause in Schaff hausen und schrieen nach Brod. Trotz der gebotenen Hilfe starben die meisten der Unglücklichen. Am 14. Juni liess Zürich alle fremden Bettler aus seinem Gebiete mit Gewalt austreiben. Ihre Zahl war so gross, dass an selbigem Tage nicht weniger als 7400 über die Brücke von Eglisau gejagt wurden. Am folgenden Tage kamen von diesen armen Vertriebenen etwa 2500 nach Schaffhausen und lagerten sich allda, unter Bitten und Jammern nach Brod, auf der Holzwiese. Man schickte dem Bettlerheere Lebensmittel in Menge hinaus, freilich für Viele zu spät. Ein grosser Theil der Aermsten war dem Hunger und Elende durch den Tod enthoben worden. Man fand viele Todte noch mit dem Grase im 1) Wichner IV, 281. 8 Munde, zu dessen Genüsse sie durch den wüthenden Hunger getrieben worden waren. Die Pest hatte indes in der Schweiz verheerende Ausdehnung ge- wonnen; auf der Höhe der Alpen, in den entlegensten Thälern bis hin- unter zur Rhone und zum Rhein hielt sie eine reiche Ernte. Im Lande Appenzell warf man die Leichen in tiefe Gruben zusammen ; in Freiburg starben in einem Jahre 3000 Menschen. Nach St. Gallen brachte im Mai eine schwäbische Bettlerschaar eine Seuche, „Hauptsucht" genannt (Hungertyphus), welche auch viele Bürger hinraffte. Später gesellten sich hierzu noch Ruhr und Pest, so dass in fünf Monaten 427 Kinder und 611 Erwachsene, zusammen 1038 Menschen in der Stadt mit Umgriff in's Grab sanken. Im Herbstmonate starben allein 368 Menschen. Die grosse Theuerung steigerte auch dort das Elend in furchtbarer Weise. In Zürich schien der Hungertod alles Leben ersticken zu wollen; zu allem Unglücke wurde noch die Ruhr durch Bettler eingeschleppt. Vor- nehmlich erlagen viele Prediger, so dass man Kandidaten aufs Land schicken musste. In Kerenzen trug der Pfarrer, nachdem die ganze Ge- meinde ausgestorben war, sich selbst als letztes Opfer in das Todtenbuch ein. — In Toggenburg wiederholte die Pest ihre Verwüstungen^). — In Lenzburg (Basel) hauste die Pest. Vom 25. September bis 31. Dezember erlagen, bei einer Bevölkerung von kaum 1500 Seelen, 181 Personen, einmal 6 an einem Tage. — Nach Schaffhausen hatten die Bettler im Juli die Ruhr mitgebracht, so dass in der Stadt gegen 200, zu Beringen 102 Personen an dieser Krankheit dahinstarben. In Schaffhausen folgte noch die Pest. „Unter den in der Stadt 4200 Gefallenen wurden 1400 Jungfrauenkränze gezählt, die man auf den Särgen der ledigen Töchter jeden Alters auf den Friedhof trug." —■ Im Städtchen Stein am Rhein forderte die Pest 256 Opfer. In der Gemeinde Burg begrub man im September 34 Leichen, im Oktober 33, im November 44, im Dezember 31. Namentlich hatte es die Seuche auf die jungen Leute abgesehen. Die Pest wüthete auch in Tyrol, wo sie die Gebirge zwischen Bozen und Meran an manchen Orten ganz entvölkerte. In Bozen war die Sterb- lichkeit so gross, dass alle Spitäler überfüllt waren; erst 1637 wich die Seuche. Diese Gegend empfing die Pest durch einen Theil des Heeres, welches Mitte Juli 1634 der Kardinal - Infant Ferdinand von Spanien dem Kaiser über das Wormser Joch, Meran, Bozen zugeführt hatte und welches die Schlacht von Nördlingen entschied. Im Vinstgau raffte die Pest so viele Menschen hinweg, dass die wenigsten Felder angebaut werden konnten. Der Pfarrer von Mals und bischöfliche Vikar von Obervinst- 1) L. Vulliemin, Gesch. d. Eidgenossenschaft; Naef, St. Clallen 899. gau schrieb an den Abt von Pfäifers: „In meinem Vikariate sind in diesem Jahre (1635) 32 Priester gestorben, von den Pfarrkindern nicht der vierte Theil übrig geblieben." Die Pest hatte das ganze obere Etschthal durchzogen. Meran litt weniger; es verlor vom 22. September 1635 bis 20. August 1636 nur 95, im Ganzen "ll7 Menschen durch den Tod. — Man berechnet den ganzen Verlust von Bozen bis Nauders auf 16 000 Personen ^). Zu Donaueschingen rafften Hunger und Pest vom Oktober bis Dezember 75 Menschen hinweg. — Die Gegend von Radolfszell wurde unter der Geisel der Pest zur Einöde; ebenso fiel um Bartholomei (24. Aug.) die Pest in Allensbach (zwischen Radolfszell und Konstanz) ein und raffte bis Lichtmess 1636 viele Leute hinweg^). Auch in Konstanz herrschte neben grosser Theuerung eine Epidemie, welche gegen 2000 Menschen mitnahm. Ebenso wurde Meersburg von der Pest heimgesucht^) Württemberg hatte fortwährend entsetzliche Verluste durch Seuchen, Kriegs- und Hungersnoth zu erleiden. Tettnang wurde 1633 von den Schweden verheert und geplündert, zum allgemeinen Elend kamen Hunger und Pest, so dass von etwas über 2500 Einwohnern im J. 1636 nur 150 übrig blieben. — Mit überhand nehmender Hungersnoth verband sich auch in Ravensburg eine heftige Seuche, welcher täglich gegen 40 Menschen erlagen. Sie erreichte ihre Höhe im September; man zählte in wenigen Monaten über 2000 Leichen, so dass endlich nur 16 Haus- haltungen und nicht über 100 Personen übrig waren. Die protestan- tische Schule besuchten nur 4 — 5 Kinder, da überdies Schulmeister und Provisor, wie auch zwei protestantische Prediger erlagen. Der Seuche verfielen in 6 Monaten 3100 Personen. — In Dürmentingen existirten am Jahresschlüsse noch 16 Personen, alfc und jung. — In der Scheer (O.A. Saulburg) liessen Hunger und Pest in den Jahren 1635 und 1636 von 800 Einwohnern kaum noch 300 am Leben. — Gross - Eislingen (O.A. Göppingen) verlor wieder 230 Einwohner. Im Kloster Zwiefalten brach am 29. August die Pest aus, da wurden innerhalb dreier Monate 18 Mönche im kräftigsten Alter des Todes Raub. Von Schrecken ergriffen floh der grösste Theil der Conventualen aus ihrer verpesteten Heimstätte. Mit Eintritt der Winterkälte Hess die Krankheit nach. Auch in Zwiefaltendorf herrschte die Seuche. — Die Stadt Ehingen unfern der Donau erlitt Noth und Elend, bald durch Freunde, bald durch Feinde. Die Folge war Theuerung, Hungersnoth und Pest; überall fand man dem Hunger erlegene Menschen. Auch in dem 1 ^U St. entfernten 1) Beda Weber, Bozen. 2) Allensb. Chron. v. Zerabrotli in Mone II, 572. 3) Schrift, d. V. f. Gesch. d. Bodens. 1879, 87. Marktflecken Rottenacker raffte die Pest fast alle Bewohner hinweg; was nach dem Kriege da wohnte, waren zum Theil Schweizer. — Das Pfarr- dorf Bihlafingen (bei Laupheim) starb durch die Pest bis auf einen Mann aus, dieser zog nach Hüttisheim; 14 Jahre lang blieb der Ort öde. Ebenso starb die halbe Einwohnerschaft Wiblingen's innerhalb sieben Monaten, „Die Luft war in manchen Orten so von der Pest inficirt, dass Baumblätter neben den Häusern, wo Pestkranke lagen, schwarz Avurden". — Auch Wangen wurde von der Seuche heimgesucht ^). Zu Isny kam zur Hungersnoth die Pest; sie vernichtete zwei Drittheile der Bevölkerung, nämlich 1800 Menschen. — Anfangs Juni kehrte die Pest nach Leutkirch und Umgegend zurück. Unter den Protestanten starben 269 Kinder und 413 ältere Leute, zusammen 681. Als man die Schule wieder öffnete, fanden sich nur noch 19 Kinder ein. Hiebei ist der Ver- lust der Katholiken nicht gerechnet; es starben 26 Familien und 52 Ehen aus, so dass nach der Pest nur 37 Ehen übrig waren. Ueberdies wollte der Todtengräber während der Pestzeit über 500 dem Hungertode ver- fallene Bettler jeden Alters begraben haben. Der Pleban (kath. Pfarrer) hatte vor der Pest 1500 Kommunikanten, nach derselben nicht volle 100 mehr. Manche umliegenden Orte, wie Bettelhofen, Kimratzhofen starben ganz aus, Tautenhofen, "VVillerazhofen, Heckelbach bis auf 2—4 Leute. Im Frauenkloster zu Leutkirch blieben von 17 Schwestern 4 übrig. — In Engeratzhofen riss die Pest den grössten Theil der Ortsangehörigen in's Grab, so dass Graubündtener und andere Ansiedier die verlassenen Stätten einnahmen. — Im Pfarrdorfe Aitrach raffte sie 124 Menschen hinweg. — Ln ganzen Ochsenhauser Gebiete war nicht ein Laib Brod aufzutreiben. Widernatürliche Nahrung wurde auch hier genossen, wie Mäuse, Ratten, Katzen, Baumrinde, Tannenreis, Gras, selbst Aas und Menschenfleisch. Viele Orte der Umgegend starben ganz oder halb aus, so Tannheim, Kronburg, Kirchdorf u. a. Einzelne Orte, wie Oy, Batzen- hofen, Wielands verödeten vollständig ^). In Wiblingen starben vom 1. April bis 1. November 326 Personen, unter ihnen 6 Mönche, an der Pest. Im Bezirke Blaubeuren wurde fast die ganze Bevölkerung durch Hunger und Pest aufgerieben; überdies ging der grösste Theil der Ortschaften in Flammen auf. Der Stadtbezirk Blaubeuren zählte nach dem Frieden noch 304, das Klosteramt noch 89 Menschen. Wie die ganze Blaubeurer Alp, so litt auch Machtolsheim; die Einwohner erlagen den Seuchen oder flohen. ■— In Ulm hatten sich Tausende von Flüchtigen zusannnenge- gedrängt, um Schutz gegen die Gewaltthätigkeiten der Kriegsknechte zu suchen. Da brach im Juni neben allgemeiner ISToth und Theuerung die 1) Unold, Memmingen 108. 2) Eggmann, lUerth. 184. Pest aus; täglich starben 100 bis 124 Menschen; morgens fand man viele todt auf den Strassen, vor den Thüren, vor den Bäckerläden. Der Pestwagen, die Kader mit Filz umwickelt, fuhr dann umher, um die Opfer wegzuführen; eine allgemeine Verkehrsstockung trat ein, man sperrte sich gegenseitig ab, kein Haus ward mehr geöffnet, nur Geistliche und Aerzte sah man im Dienste. 15 000 Menschen wurden im Laufe von 8 Monaten durch den Tod vom Elende erlöst; hierunter befanden sich 5672 Arme und Bettler, sowie 4033 Fremde und Flüchtlinge. Noch im Jahre 1635 wurden nach der Pesternte 60, im folgenden Jahre aber 479 Ehen geschlossen, hierunter am 9. Februar allein 24; hingegen wurden im J. 1636 nur 496 Personen, darunter Dr. med. Gregor Horst, begraben, und 554 Kinder geboren^). — Zu Wurmlingen und Weilheim wurde durch die Truppenzüge eine pestartige Seuche eingeschleppt. Kein Tag verging, an welchem nicht Pestleichen zu Grabe getragen worden wären. — Im Schwarzwaldkreise wurde der grösste Theil der Bewohner ebenso durch Kriegsnoth und Seuchen vom allgemeinen Elende befreit. — Um die Mitte des Jahres wurde Tuttlingen von schwerer Todespein heimge- sucht. Am 5. Oktober wurden 14, im ganzen Jahre aber 546 Personen begraben. Ebenso wurde Schörzingen (0. A. Spaichingen) von der Pest hart betroffen. — Ueber Rottenburg am Neckar lagerte bittere Noth und die Pest. In 4 Monaten starben in der Stadtpfarrgemeinde 505 Menschen; vom 12. Oktober bis 22. Januar 1636 starben 4 Geistliche. — Zu allem Unglücke, welches durch Hunger, Plünderungen und Erpressungen in und um Urach, insbesondere in den Alporten, den höchsten Grad erreicht hatte, gesellte sich noch die Pest, um besonders in diesem Jahre ihre finstere Arbeit zu verrichten. Im Dorfe Böhringen raffte sie vom Juni bis September 500 Menschen hinweg. In der Pfarrei Dettingen an der Erms erlagen ihr vom 4. Juli bis 18, September 538 Menschen, nachher aber starben täglich noch 8 bis 10 Personen, die nicht mehr verzeichnet wurden. Die Einwohner des Dorfes Hengen kamen meist durch Pest und Hunger um, was übrig blieb, das floh2). In Tübingen hatte sich die Pest bereits im Jahre 1634 gezeigt; den Bewohnern infizirter Häuser wurde befohlen, sich eingeschlossen zu halten oder sofort die Stadt zu räumen und frische Luft zu suchen. In Folge der Hungersnoth griff nun die Pest 1635 furchtbar um sich und raffte gerade die kräftigsten Personen im besten Alter hinweg; die Universität verliess die Stadt, wer konnte entfloh der drohenden Lebensgefahr. Im August starben 243 Personen, meist im Alter von 17—40 Jahren, im September 426, im Oktober 389, im November noch 128, oft an einem 1) Zeiller, kl. schwäb. Chr. 150. Fischer 419. 2) Höslin, schwäb. Alp 295. Tage gegen 50. binnen Jahresfrist 1485 Menschen. Während der Jahre 1634—38 fielen 14 Professoren als Opfer der Seuche. — Nachdem Calw am 20./21. Sept. vom Feinde grösstentheils in Asche gelegt Avorden Avar, starben 1635 von den zumeist obdachlosen Einwohnern 772 durch an- steckende Krankheiten; die Zahl der 602 Bürger sank auf 400 herab. — Gleich verheerend griff die Pest in Neuenbürg um sich. — In der Stadt Sulz nahm die Seuche allein 591 Menschen hinweg. — Nachdem Freuden- stadt im Vorjahre durch die Kroaten ausgeplündert und zum Theil in Asche gelegt worden war, tödtete nun die Pest 434 Personen. — In Neuneck starben die meisten Einwohner an der Pest. — Auch im Be- zirke Nagold wüthete die Seuche. Nachdem Stuttgart im Vorjahre an 672 Menschen durch die Pest verloren hatte, steigerte sich dieselbe in diesem Jahre, be- günstigt durch schlechte Nahrungsmittel und den Zudrang vieler Flüchtigen, in so hohem Grade, dass 4379 und vom Januar bis Ende Juli 1636 noch 319, sohin in 2 Jahresläufen 5370 Pestopfer gezählt wurden^). Man stellte grosse Gruben für je 100 Leichen her. Soldaten starben weniger. Wegen Zunahme der Sterblichkeit durfte nur Nachts begraben werden; im November trat Nachlass der Epidemie ein. Ebenso räumte die Seuche auf dem Lande auf; man zählte im J, 1635 nur an gestorbenen Predigern und Stipendiaten 354. — Cannstadt verlor 1300 Einwohner. — Bereits zu Ende des Jahres 1632 hatte die Pest in Esslingen Eingang gefunden, weshalb im nächsten Jahre das St. Clarakloster zum Lazareth eingerichtet und ein „Pestbarbier" aufgestellt wurde. Im J. 1635, avo die umher- streifenden Horden und Weglagerer nur von Plünderung, Raub und Mord lebten, suchten viele 1000 Flüchtlinge Schutz in der Stadt und vermehrten dadurch noch die hier ohnehin schon herrschende Noth. Jene Unglück- lichen, deren Zahl auf 12000 angegeben Avird und die meist nur das nackte Leben gerettet hatten, füllten alle Plätze und Strassen, lagerten dichtgedrängt in Scheunen und Ställen oder kampirten unter freiem Himmel. Kunmier und Hunger rafften sie schaarenAveise hiuAveg; fast jedeu Morgen fand man Todte auf den Strassen, auf Miststätten u. a. 0.; manche hatten noch Gras im Munde, mit dem sie gegen den Hungertod ankämpften. Die schon längere Zeit herrschende Seuche stieg nun auf den höchsten Grad; sie raffte in einem Vierteljahre 9000, im Ganzen aber 12 000 Menschen weg. Von Tausend Bürgerii starben 600, A^on Jakobi bis zum September allein 9 Mitglieder des Rathes, obgleich mau alle Vorsichtsmassregeln ge- troffen, die übermässige Menge Kothes und anderen Wustes aus der Stadt geschafft, auf dem Markte grosse Feuer angebrannt, die Reinhaltung der 1) N. Smelin, württ. kl. Chronika 1610, 449 f. Strassen eifrigst betrieben und viele Fremde aus der Stadt gewiesen hatte. Zu Weil der Stadt forderte die Seuche von Pfingsten bis Weihnachten 671 Opfer (Familienchronik). — In Degerloch (O.A. Stuttgart) wurden 140, zu Plattenhardt vom Juni bis November 372 Personen eine Beute der Pest. — In Kornwestheim (O.A. Ludwigsburg) erlagen 316 Personen der Seuche; kaum milder ist Bittenfeld (O.A. Waiblingen) von der Pest heimgesucht worden, — Nachdem in Vaihingen im J. 1631 nur 48, im J. 1634 schon 265 gestorben waren, erlagen in diesem Jahre 1802 Menschen der Epidemie; im Juni begann die Sterblichkeit zu steigen, zuerst unter den Kindern, sie nahm dann weiter zu bis November; da sank endlich die Sterbeziffer von 102 schnell auf 25. — In dem Städtchen Grossbottwar, wo sich viele Flüchtlinge aufhielten, herrschte die „Kopfkraiikheit"; dazu kam noch die Ruhr und zuletzt die Pest. Vom Juli bis Jahresschluss fanden 629 Personen den Tod. Das vorzugsweise in Folge der Hungers- noth anwachsende heftige Sterben dauerte bis 1637. — In Laufen am Neckar unterblieb Avie anderwärts, wegen steter Unsicherheit und Ein- quartierung, die Bestellung der Felder. So kam es, dass die Menschen sich mehrentheils mit wilden Kräutern, z. B. Schmalzblumen und Mus- disteln nährten und, sobald ein Pferd fiel, dasselbe verspeisten. Diese schlechte Kost verursachte Krankheiten, ja eine grosse Anzahl von Menschen ver- fiel dem Hungertode. Man zählte 775 Todte binnen Jahresfrist. Nach dem 30jährigen Kriege waren von 244 Bürgern noch 100 übrig; 196 Gebäude lagen in Asche. — Im Dorfe Enzberg (0. A. Maulbronn) starben von 500—600 Einwohnern 99, 1636: 46, 1637 bis Juni 34; dann liess die Sterblichkeit nach, so dass von 1639—50 nur ganz wenige starben, ein Beweis, dass der Ort verödet war. —■ Anfangs Juli brach die Pest in Brackenheim mit Macht aus. Nachdem im Jahre 1634 zu Bönnig- heim 135 Personen, wovon 93 allein auf den September kamen, gestorben waren, erlagen dort 1635: 1019 Personen, unter ihnen viele Fremde der Noth und der Pest; im Jahre 1636 zählte man 171, darunter viele aus- wärtige Bettler, 1637: 205 und 1638: 112 Todte. In Heilbronn starben oft täglich 40—50 Personen, im September 963, Oktober 78 und im Ganzen bis zum nächsten Jahre 1609. Der Kaiser, der am 26. Juni in der Stadt angekommen war, flüchtete sich deshalb am 12. August in die Festung von Philippsburg, dann nach Hornegg, von da nach Heuchlingen und endlich nach Ellwangeu. Weiter- hin wurden in Flein, Frankenbach und zu Obereisesheim viele Ein- wohner von Pest und Hunger dem Tode überantwortet. In Folge von Hungersnoth brach über das mit Flüchtlingen aus der Umgegend überfüllte Weinsberg die allgemein herrschende Seuche herein, um in diesem Jahre von 1416 übrig geblie1)enen Einwohnern noch 646 ins Grab zu legen. Im ersten Halbjahre starben monatlich 19—35, im Juli 75, August 119 (oft 6 — 9 an einem Tage), Sept. 147, Okt. 124, Nov. 26, Dez. 6 Personen; der Todtengräber war eines der letzten Opfer. — In Aalen entwickelte sich im Spätjahre in den mit Einquartierung dicht be- setzten Häusern und bei grosser Theuerung eine heftige Seuche (Typhus), Der Hunger trieb auch hier zum Genüsse ganz unnatürlicher Nahrung. — In der Pfarrei Welzheim erlagen in diesem Jahre 938 und noch dazu im Amte Waidelhub 212 Menschen. (Die Pfarrei verlor von 1611 bis 1620 ingesammt nur 458 Personen.) Im Pfarrdorfe Wäschenbeuren starben während der Monate September und Oktober 121 Menschen; im Frühlinge 1636 erlagen 19 dem Hungertode. Oefters fanden 9 Leichen in einem Grabe Aufnahme. — Die Pfarrgemeinde Ober-Roth (O.A. Gail- dorf) verlor 218 Personen durch die Pest. — Zu Münster (nahe am Kocher) wird unter dem Kirchendache ein Todtenwagen aufbewahrt, der zur Pest- zeit 1634 — 37 gebraucht wurde und daher Pestwagen heisst. — Auch Nieder-Stetten (O.A. Gerabronu) wurde von der Pest schwer betroffen, — In Bieringen (O.A. Künzelsau) starben 63, 1636 59 Personen (Kirchenb.). — Nachdem zu Sulzbach am Kocher bereits im Vorjahre 94 Personen, mehr als das Dreifache gegen früher, der Pest erlegen waren, stieg 1635 die Zahl der Todten gar auf 218, das Siebenfache, darunter 132 über 20 Jahre. Den Höhepunkt erreichte die Seuche im September, wo fast täglich 6 — 7 Personen begraben wurden; auch im folgenden Jahre starben noch 72 Personen, namentlich Erwachsene. Den Befallenen fuhren „grosse braune Beulen auf"^). — In und um Crailsheim herrschte 1635 — 36 die Pest. In Erkenbrechtshausen, Pfarrei Triensbach, erlagen am 1. und 12. Januar 1636 zwei Geschwister der Seuche (Matr.). Auch Baden zahlte der Kriegsnoth einen schweren Tribut. Ueber das ehemalige badische Hanauer Ländchen brach ebenfalls eine grosse Hungersnoth herein, die dem Tode eine reiche Beute zuführen sollte. Im Marktflecken Willstett an der Kinzig, Kreis Offenburg, zählte man im Jahre 1634 bei 27 Geburten 36 Todte, im Jahre 1635 bei 12 Geburten 71, 1637 bei 6 Geburten 38, 1638 bei 1 Geburt 20, 1639 bei 1 Geburt 18 Todte ^). — Pforzheim verlor von 1634—1636 durch Hunger und Pest mindestens ein Drittel seiner Bewohner. Im nahen Weilerstadt rafften Hunger und Pest von Pfingsten bis Weihnachten 621 Personen weg. Zu Dietlingen wurden im gleichen Jahre 143 Leichen bestattet^). Auch in der Neckar-Pfalz gesellten 1635—37 zur Kriegsnoth sich Hunger und Pest, wodurch namenloses Elend über diese Gegend aus- 1) Württ. Vierteljahrshefte 1883. 2) Schaible, Gesch. d. bad. Hanauerlandes. 3) Pflüger 406. gegossen ward. — In Sinsheim herrschte auch und zwar bei grauenvoller Theuerung, grosse Hungersnoth. Dazu starben viele Leute eines jähen Todes durch die Pest; neben dieser wüthete die Ruhr. Viele Orte verödeten. Unter allen deutschen Gauen wurden wohl in diesem unheilvollen Jahre die Pfalz, Elsass und Lothringen, die Landstriche um den mitt- leren Rhein, um den ganzen Lauf des Maines, die Wetterau und ein Theil des übrigen Hessenlandes am ärgsten durch die Hungersnoth heim- gesucht. In der Rheinpfalz, deren Drangsale schon 1632 einen beson- deren Höhegrad erreicht hatten, stieg mit der Besetzung durch die Kaiser- lichen die Noth aufs höchste. Die Bewohner mussten beispielloses Elend, Mord, Raub, Plünderung, Zerstörung und Schändung erdulden. Zum allgemeinen Jammer gesellten sich Hunger und Pest, welche nun, von 1635 bis 1639, über die Pfalz und Nachbargebiete ihre Geisel schwangen. Wie der Jesuit Laguille in seiner Geschichte der Provinz Elsass (IL 131) mittheilt, war der Südosten der Rheinpfalz dem grössten Elende preis- gegeben. Der kaiserliche General Gallas war, nach seiner durch die verbündeten Schweden und Franzosen erlittenen Niederlage, im traurigsten Zustande zwischen Weissenburg und Landau angekommen,.^ und zog sich nun von da bei Selz über den Rhein zurück. Die Felder und Strassen waren mit den Leichen seiner von Elend, Hunger und Kriegstyphus auf- geriebenen Soldaten bedeckt; die Ueberreste derselben aber wurden von den Hunden gefressen, welche, nun von Wuth befallen, ebenso sehr zu fürchten waren, als die Pest. Zu den Erpressungen und Plünderungen kam auch in Landau und Umgegend die Pest, welche die Menschen so schnell hinraffte, dass man 1635 ausserhalb der Stadt eine Begräbniss- stätte herrichten musste. An der Arbeit der Pest, welche viele Ort- schaften ihrer Einwohner beraubte oder kaum ein Drittheil oder die Hälfte derselben übrig liess, betheiligte sich die Ruhr, indem sie Viele dem Grabe zuführte. Der Hunger steigerte sich so, dass die Leichen aus den Gräbern gestohlen und verzehrt wurden. Deshalb musste zu Neustadt a. H. der Friedhof bewacht werden. „Auch Lebende wurden hin und her erschlagen und verzehrt; so schlachtete eine Frau ihr eigenes Kind, salzte es ein, verzehrte es; sie starb darüber im Gefängniss." Nicht minder schwer als andere Orte wurde auch die Umgegend Zwei- brückens von dem Hungergespenst gepeinigt. Allenthalben ertönten Klagen und Jammerrufe von Menschen, die dem Verhungern nahe waren. Haarsträubend ist die Mittheilung, dass eine Tochter die ausgegrabenen Körpertheile ihrer tödten Mutter, oder, dass zu Nünschweiler ein Bruder die Ueberreste seiner verlebten Schwester gebraten und verzehrt habe. 13 Nahe bei Zweibrücken stritten zwei Weiber um den Besitz eines von Würmern bedeckten Stückes Aas, wobei eine die andere erwürgte. Eine andere Frau, welcbe ein Kind getödtet und dessen Fleisch gekocht uad gegessen hatte, wurde zu Zweibrücken hingerichtet. (Bei Phil. Kasimir Heintz „Das Fürstenthum Pfalz - Zweibrücken während des 30 jährigen Krieges, Zweibr. 1810," S. 154 fF., findet sich noch eine Anzahl solcher grässlicher Vorfälle angeführt.) Zu Zweibrücken hatte sich die Ein- wohnerzahl, welche vorher aus 3000 Seelen bestanden, ganz bedeutend vermindert. Vom 1. August 1635 bis 1. April 1636 starben 250 ver- heirathete Personen, und im Jahre 1638 wurde nur ein Kind, im Jahre 1639 wurden drei Kinder geboren, während nach zehnjährigem Durch- schnitte damals 88 auf ein Jahr kommen sollten. Die Noth war so gross, dass kein Mensch seinem Freund oder Nachbarn auch nur mit einem Bissen Brod oder mit Geld hätte beispringen können. Das ganze Land lag verödet. In vielen Dörfern befanden sich zuletzt keine Men- schen mehr, oder doch nur wenige, welche in den Ruinen ihrer Häuser ihr Leben fristeten. Rudelweise durchzogen die Wölfe Elsass und Kui*- pfalz und die sonst blühenden Landstriche hatten das Aussehen verödeter Kirchhöfe. Gleiches Schicksal erfuhren Hornbach und Frankenthal. Die von den Schweden besetzte Stadt Kaiserslautern wurde am 17. Juli von den Kaiserlichen unter General Hatzfeld erstürmt, das schwedische Regiment niedergemetzelt und unter der unglücklichen Einwohnerschaft ein furcht- bares Blutbad angerichtet. An ehiem Tage wurden über 1500 Menschen beiderlei Geschlechtes hingeschlachtet mid dann die Stadt drei Tage lang geplündert. Nach diesem Verhängnisse wurde, wie die Chronik meldet, die Stadt so menschenleer und öde, dass Gras in den Strassen wuchs. Auch in Worms hielt der Hunger eine reiche Ernte; viele ver- loren durch die Noth das Gesicht, das Gehör, ja den Verstand; viele stürzten auf den Strassen plötzlich todt nieder. Jeden Morgen fuhren zwei Karren durch die Stadt, um die vom Hunger Getödteten fortzu- bringen ^). Der Rektor Gottfried Andrea erzählt in seiner Lebens- beschreibung, dass sich die Leute vor den Bäckerläden einander todt gedrückt haben und dass der Magistrat auch hier den Kirchhof mit einer Wache hat versehen müssen; zur selben Zeit sah genannter Rektor vor dem Thore ein todtes Pferd liegen, „dabei sich eine Weibsperson befand, welche das Fleisch abschnitt, in ihr Fürtuch nahm und zugleich roh davon ass, dabei etliche Hunde, welche an der Mitte des Pferdes frassen und auf dem Kopfe desselben unterschiedliche Raben". In der Stadt 1) Forts, d. niederl. Chron. v. Meteren IV, 559. hauste noch die Pest. In Meisenheim (3 M. v. Kreuznach) erlagen in einem Monate 47 Personen der Pest. Auch an den Ufern der Saar hausten Hunger und Pest; unter dem kaiserlichen Heere wüthete der Typhus, dem täglich Hunderte fallen mussten. In Saarbrücken und Umgegend erreichte die Pest vom Jahre 1635 bis 1640 die höchste Stufe; sie raffle den grössten Theil der Ein- wohner hinweg. "Was den Seuchen entging und dem Schwerte entrann, erlag dem Hungertode oder suchte sein Leben durch die Flucht in andere Gegenden zu retten; bald war das Land eine Einöde und blieben von manchen Ortschaften nur noch Trümmer übrig ^). Ueber den dortigen Zustand berichtet am 6. Dezember 1635 der nassauische Rentmeister Joh. Georg Klicker aus Saarbrücken: „In dem Städtchen Ottweiler sind nicht mehr als 10 gesunde und 7 kranke Bürger, die übrigen nebst einem grossen Theile der Unterthanen vom Land, an der Pest und andern in- fizirenden Schwachheiten verstorben, auch kein einziger Bürger Brod, noch das Geringste an Früchten in Vorrath hat. Die Dorfschaften, zu diesem Amt gehörig, sind bis auf 5 Dörfer, darinnen aber keine Unter- thanen, hin weggestorben und abgebrannt" u. s. w. Hiermit stimmt über-. ein, was Abt Philipp Gretsch von Wadgassen notirt: „Die meisten Ein- wohner sind tempore belli et maxime A. 1634—35—3^ im höchsten Aufruhr, was sich nicht anderswohin salvirt hat, peste, fame, hello ge- storben." Derselbe erzählt in seiner Kirchenrechnung von Einem, Namens Hans aus Werbein, „der weilen er nit wollen in der Bedräng-niss mit andern aus dem Land weichen, ist dahin gerathen, dass er die Menschen todtgeschlagen und gefressen hat, tanta fames erat. Ich sah mit eigenen Augen die Eingeweide und Gebeine erschlagener Menschen. Und habe eine Frau aus Fürstenhausen beerdigen lassen, welche bei ihm (dem Menschenfresser) zum Uebernachten (mit ihrem Manne) eingekehrt war, denn sonst war aus jener Gegend ausser ihm Niemand in Werbein — die er todtgeschlagen hat. Der Mann der Erschlagenen hatte zwar einige Streiche im Schlaf erhalten, er hatte sich aber aufgerafft und ent- floh." — Die grauenvollste Beschreibung des Elendes giebt Graf Johann von Nassau-Saarbrücken in seinem Schreiben an Kaiser Ferdinand. Er sagt aus eigener Erfahrung, dass er in Städte, Flecken und Dörfer ge- kommen sei, da nicht ein Haus gefunden worden, darin nicht ein vor Hunger verschmachteter Körper gelegen wäre. „Ja, ich habe gesehen, dass die Leut vor Hunger nicht allein allerhand unnatürliche Speisen und sich untereinander selbst aufgefressen, sondern rasend Avordeu, wie die unvernünftigen Thiere, die Sprach verloren, dagegen als Hund und 1) Köllner, Gesch. d. vormal. Nassau-Saarbrück. Landes 1841, 330. 13* Wolf geheult, nicht mehr aufrecht, sondern auf allen Vieren gelaufen. Auch an den Weibsleuten die langen Haupthaare gerade über sich, als ob es Spiess wären, gestanden. . . ." Elsass und Lothringen hatten ihr gut Theil am Unheile der be- nachbarten Unglücksstätten zu tragen. So bemerkt die Chronik von Thann im Elsass: „Das grosse Elend und Übel der leydigen Pestilentz grassiret noch allezeit in Unter-Elsass." In Strassburg hielten sich viele adelige Familien auf; ingleichen hatten sich aber auch mehrere Tausend Bettler und Armen aus allen Gauen Deutschlands angesammelt, welche Tag und Nacht auf den Gassen vor den Häusern lagen, und den Bür- gern zur Last fielen. Unter solchen Umständen erreichten die Preise der Lebensmittel eine unerhörte Höhe. — Zabern wurde belagert; da war Eauben und Brennen auf dem Lande an der Tagesordnung; überall sah man rauchende Dörfer und Gehöfte. Die Noth hatte so zugenommen, dass die Armen in Stadt und Land zu den unnatürlichsten Dingen, ja zu Aas grifien, um das Leben zu fristen. Es starben viele Leute aue dem Lande Hungers, welche 50—100 Acker besassen; ein Acker wurde um einen Laib Brod gegeben. Die kaiserliche Armee lag um Strassburg; viele Soldaten starben Hungers oder entliefen ^), Nach Metz, wo ohnehin unerhörte Theuerung und Hungersnoth herrschend war, brachte die halbverhungerte, aus Deutschland heimkeh- rende Armee des Kardinals Valette noch die sog. peste suedoise. Es starben täglich bis 300 Soldaten, im Ganzen 6000 Bürger und Militär in kurzer Zeit. Die von Gallas kommandirte kaiserliche Armee, welche die Truppen des Kardinals Valette verfolgte, litt gleichfalls furchtbar durch diese Krankheit; Gallas soll in seinem Kantonnement bei Dieuze etwa ein Viertel seiner Mannschaften verloren haben; die Leichen der Verstorbenen wurden in die dort befindlichen grossen Teiche geworfen. Die Mühe, Todte zu begraben, gab man sich selbst in Metz kaum noch, man warf die Leichen in die Mosel oder Seille. Vor den Thoren der Stadt waren Strassen und Felder mit verwesenden menschlichen Leich- namen und Pferdekadavern besäet, welche die Luft verpesteten. 1636 entstand iii Folge dieser Luftverpestung eine Epidemie im Metzer Lande, welche ein Viertel der Bevölkerung hinrafifte^). Calmet in seiner Ge- schichte von Lothringen berichtet aus dieser Zeit zum Jahre 1638: Der Hunger war so gross, dass die Menschen Aas, und zuletzt sich selbst aufzehrten. Der Sohn vergriff" sich an der Leiche des Vaters, der Vater an jener des Kindes, die Mutter an der Leiche der Tochter, der Eeisende ij Strassburg im 30jähr. Krieg. Fragment d. Chron. v. J. J. Walther, 32. 2) Westphal 1. c. schlief nicht sicher neben seinem Eeisegef ährten, aus Furcht, dass er ihn todtschlage, um an ihm den Hunger zu stillen. Das Land blieb unbe- baut und hin und wieder sah man Menschen am Pfluge, aus Mangel an Zugvieh, die Bevölkerung bestand aus in Lumpen gehüllten ausgehun- gerten Bettlern. Auch in der Mainzer Gegend nahm das allgemeine Elend zu. Herzog Bernhard von Weimar, der sich nach der Niederlage von Nörd- lingen in Kreuz- und Querzügen dem Main zugewandt hatte, bezog im Juli 1635 ein befestigtes Lager zwischen Hochheim, Kostheim und Kastei, welches er erst am 23. September wieder verliess. Ihm folgte mit der fränkischen Armee unter Herzog de la Valette die kaiseri. Belagerungs- armee, die sich in ihrem Treiben wenig von den Schweden und ihren Verbündeten unterschied. Was noch übrig geblieben, pressten diese Truppen heraus. Theuerung und Hungersnoth erreichten eine solche Höhe, dass nach Khevenhiller (Annal. Ferdinandi) der arme Landmann, wenn er nicht Hungers sterben wollte, sich von Gras, Kraut, Wurzeln, Blättern ohne Brod, Salz und Schmalz ernähren musste. „Sie mussten sich", heisst es da, „auch sättigen von Häuten und Fellen der Thiere, von Ochsen, Pferden oder Schafen; Hunde, Ratten und andere Thiere wurden gegessen und die, so viele Wochen an den Wegen in Pfühlen und Wassern gelegen und weggeworfen waren. Um das Pferdefleisch haben sich die Menschen gerupft, geschlagen oder gar gemordet, in Summa war eine solche Noth, dass kein Mensch des anderen verschont, sondern einer den anderen mit Vortheil todtschlug und verzehrte. Die Gottes- äcker haben sie durchsucht, die Gräber aufgebrochen, die Hochgerichte erstiegen und die Todten zur Speise genommen. Ein Bruder hat die todte Schwester, eine Tochter die tudte Mutter angcAvendet und davon verzehrt." Sogar in Mainz, wo die Vorräthe vom Militär aufgespeichert waren, bezahlte man 1636 noch, lange nach dem am 9. Januar erfolgten Abzüge der Schweden, für ein Maass Butter 3 Reichsthaler, für ein Pfund Speck 1 Königsthaler u. s. w. Die Folge der allgemeinen Noth waren verheerende Krankheiten, die unter dem Namen „Pest" im ganzen Lande wütheten. Der kalte Winter 1634—35, die Plünderungen und Misshandlungen, Hungersnoth, typhöse Seuchen und Pest richteten auch in Nassau grosse Verheerungen an. Nach einer Anfangs Mai stattgefundenen Mansfeldi- schen Invasion kam die Pest ins Land und trat wieder in Dillenburg in verheerender Weise auf. Während sonst die Zahl der Todten im Jahre durchschnittlich 30 betrug, starben nun 209 Menschen. Am 31. Mai schleppten zwei arme Waisenknaben aus Thüringen die Pest in die Stadt; bald starben der Pfarrer mit Frau und 8 Kindern. Doch wusste sich der leichte, gegen das Schreckliche allmählich abgestumpfte Sinn bald zu trösten. Während sonst jährlich im Kirchspiel gegen 20 Paare heiratheten, Hessen sich nach den Pestjahren 1627: 73 und 1636: 63 Paare trauen. — Ebenso wurde Herborn von der Pest heimgesucht; noch im Frühjahre grassirte sie. Auch im Amte "Wehen und Idstein wurden die Reihen der Bewohner bedeutend gelichtet; manche Orte waren zuletzt menschenleer ^). Nachdem im Dorfe Patersberg schon in den zwei Vorjahren wegen „der wüthenden Pest" die Konfirmation ausgesetzt worden war, erhob sich im J. 1635 „die äusserste Kriegs-, Hungers- und Sterbe- noth". Im Monate Juni begann das grosse Landsterben, da starben bis Dezember 369 Personen. Ausser dieser Anzahl starben viele Leute an den Strassen, in Hecken und Büschen, wo man sie auch begrub. Unter den Gestorbenen befanden sich viele Flüchtlinge, welche die Noth in das ziemlich geschützte Dorf getrieben hatte ^). Auch an der Lahn herrschte die Pest; es erlag ihr u. A. am 20. Mai auch die Meisterin des Klosters Altenberg bei Ober-BieP), — In Stadt und Kreis Wetzlar brach eine ansteckende Krankheit aus, pestis, welche bis 1637 anhielt und wovon kein einziges Dorf, ja beinahe keine einzige Familie, verschont blieb. Wetzlar verlor in diesem und dem folgenden Jahre mehrere Hundert Einwohner. Zudem herrschte eine drückende Theuerung. — Die Stadt Trarbach an der Mosel, in der Graf- schaft Sponheim, litt anhaltend durch Pestilenz und Hunger. Am Rhein entstand in Folge der Kriegsdrangsale gleichfalls grosse Hungersnoth; ein Malter Korn kostete 240 fl.; für gefallenes Vieh, Ratten und Mäuse zahlte man hohe Preise. Dazu kam die Pest. In der Ortschaft Kiederich bei Eltville wurden abermals 89 Einwohner eine Beute der Pest. Nachdem die Stadt St. Goar durch Belagerung und nachfolgende Plünderung (1626) schweren Schaden erlitten, rafi'te in diesem Jahre die Pest in wenigen Sommermonaten 200 Menschen hin. Im J. 1613 zählte man 1134 Einwohner und 1654 noch 616. Ebenso erlitten die hessischen Lande rechts des Rheins namenloses Elend durch Verheeruogen, Hunger und Seuchen. Gebeugt von schweren Kriegslasten, sah die Stadt Wimpfen am Neckar auch die Pest in ihren Mauern. Vom 12. August bis 31. Dezember, also in 4 Monaten 19 Tagen, starben 494 Personen; am heftigsten wüthete die Seuche im September und Oktober; am 15. September starben 15, am 4. Oktober 11, am 13. Oktober 10 Menschen. Im folgenden Jahre starben 89 und 1637 ij Cuno, Siegen 165; Roth, Wiesbaden 161. 2) Ann. f. Nassau. Alter- thumsk. 1883. 3) Rhein. Antiq. 1858, 82; 1853, 798; 1870, 266. noch 96 Personen, während von 1638 —1688 die Sterbeziffer im jähr- lichen Durchschnitt sich auf 31 beläuft. Die Geburtsziffer sank im Jahre 1638 und 39 auf je 22. Auch Bensheim wurde von der Pest heim- gesucht, es erlag ihr der kath. Pfarrer Reinhard. — In Zwingenberg am Neckar sollen binnen zwei Tagen 152 Menschen an Hunger und Krank- heit gestorben sein. Man erzählt, es seien in jenem Jahre überhaupt 6000 Leichen von Einheimischen und dahin Geflüchteten auf dem dortigen Friedhofe beerdigt worden ^). Die Aemter Gernsheim wie Dornheim wurden in dem kurzen Zeiträume von 1634—1636 gänzlich verheert. — Hatte sich in Darmstadt bereits im J. 1633 erhöhte Sterblichkeit mit 212 und 1634 mit 220 Todten eingestellt, so hauste in diesem Jahre die Seuche fürchterlich; wurden doch an manchem Tage 30—50, einmal 67, im ganzen Jahre aber 2200 Leichen begraben, während 1636 nur 73 Per- sonen starben. Retter berichtet darüber in seinen hess. Nachrichten I, 110: „In zwischen und neben der Kriegsruthe schickte Gott hinter uns her die Pestilentz, die erregte sich im Anfang des 1635. Jahres als eine Haupt-Schwachheit, daran viel stürben, gegen den Frühling aber besagten Jahres, da die Hitze sich zu mehren begunnte, da wuchs das Gift ge- waltig und verwendete sich vorige Haupt-Seuche in eine giftige Pestilentz, davon die Leute schnell und haufenweise dahin fielen, dass man nicht genug begraben konnte. Solche Pest währte bis Herbst, eine zwar nicht gar lange Zeit, riebe aber dennoch viele tausend Menschen im Lande weg. Da durch den Tod so vieler Leute die Ueberlebenden grosse Erb- sehaften zu machen glaubten, so rüstete sich Jedermann zur Ernte und hoffte den erlittenen Schaden reichlich zu ersetzen, da dieselbe gut stand; allein General Gallas fiel während der Ernte ins Land ein, nahm alles Geti'eide weg, so dass in wenigen Tagen keine Frucht mehr zu bekommen war. Darauf folgte eine sehr grosse Theuerung. Ein Malter Korn kostete 15 —18 fl., 1 Fuder Wein 130 fl., 1 Sr. Salz 10 fl. 20 alb., 1 Kumpf Hotzeln 22 alb. 4 Pfg., 1 Ei 5—6 alb., 1 Huhn 2 fl., 1 Maas Butter 4 fl. — Auf diese Theurung folgte eine grosse Hungersnoth, die von 1635—1638 währte. Es trieb der Hunger die Leute so hart, dass sie das Schind-Aass wegfrassen, wo sie dieselbe auch antreffen konnten, als ich dem gar viel mit meinen Augen gesehen, die kamen denselben wohl eine ganze Meil nachgelaufen und zankten sich noch darzu ums Aass" v;. s. w. — Auch in Dieburg erreichte das Elend durch Hunger, Pest und Kriegsnoth den höchsten Grad; in den wildbewachsenen Strassen konnte kaum der Soldat Unterkunft finden. In Babenhausen zählte man in diesem Jahre 942 eingetragene Todesfälle und 54 Geburten, im folgenden Grimm, Bergstrasse 79. Jahre 113 Todte und 54 Geburten. In Seligenstadt a. M, hauste die Pest; ihr erlag auch der Pfarrer Osterling. In Frankfurt a. M. erreichte Theuerung und ISToth eine bedenkliche Höhe. Die Getreidepreise stiegen bis zur gesegneten Ernte des Jahres 1638. Trotz aller Fürsorge des Rathes zum Schutze der Einwohner der Stadt vor Hungersnoth, mehrte sich 1635—37 das Elend, besonders in Folge des Zuflusses vieler Auswärtiger, w^elche dahin flüchteten und auch nicht wenig zur Verbreitung der Pest beitrugen. Die auf den Strassen und in den Winkeln der Stadt lagernden armen Leute fingen alle Hunde und Katzen auf und verzehrten sie; sie holten sich sogar aus den am Maine befindlichen Schindkauten das Aas und kochten es auf offener Strasse, um den Hunger zu stillen^). Der Frankfurter Arzt Lotichius erzählt, die vielen auf den Strassen liegenden Dorfbewohner hätten ihre Nahrung theils an den Hausthüren erbettelt, theils, wenn sie zum Gehen noch Kräfte.genug besässen, auf den Schindangern und Friedhöfen ge- holt. Er setzt sogar als ein in Frankfurt verbreitetes Gerücht hinzu, dass manche von ihnen Nachts nach Art der Spinnen Schlingen gelegt hätten, um die vorübergehenden Menschen gleich Fliegen zu fangen und dass man halbverzehrte Körper von Kindern gefunden habe. In Hüsgen's artist. Magazin S. 165 wird berichtet, Matthäus Merian der Jüngere, Schüler Sandrart's, sei eines Abends auf der Strasse von Hungrigen überfallen worden, der Strick sei ihm bereits um den Hals geworfen gewesen, er sei aber den Mördern noch glücklich entkommen. Auch Khevenhiller (12, 2978) berichtet über dieses Einfangen von Menschen durch ausgeworfene Stricke als ein in Frankfurt vorgekommenes Factum. — Nachdem die Stadt in den fünf vorausgegangenen Jahren 1630 mit 1634 nicht weniger als 11726 protest. Einwohner, — die katholischen und israelitischen nicht gerechnet — verloren hatte, stieg im Jahre 1635 die Zahl der Sterbfalle in Frankfurt mit Sachsenhausen auf 6943 nach dem Todtenbuche des Kastenamtes, in welchem wieder die Katholiken noch Israeliten verzeichnet sind. Auf Frankfurt entfallen 6086 und auf Sachsenhausen 857. Der schlimmste Monat war der September, in w^elchem 1112 Menschen starben; die durchschnittliche Zahl der täglichen Todesfälle dieses Jahres ist 19, am 24. Januar starben 92 und am 5. Oktober 52 Menschen^). Von 1635 auf 1636 starben von dem Gymnasimn über 80 Schüler und zum Theil die Exempti, die übrigen zogen hinweg. Das Lazareth und Hospital beherbergte schon am 1. Dezember 1634 nicht weniger als 750 Kranke. Die Pestseuche (Kriegspest) zog sich ins nächste Jahr und forderte 3152 prot. Einwohner. Der Arzt Lotichius sagt von ihr: „Febres maligni, 1) Theatr. eur. III, 771. 2) Vgl. Dr. Kriegk I. c. 259—269; Lersner I, 2. alias nuncupati sive militares sive uiigarici, quotannis per exercituum castrorumque translatione varias induentes formas." Nach dem Frank- furter Arzt Hörnigk („Würgengel" S. 195) trat die entscheidende Wendung zum Guten oder zum Schlimmen wo nicht am 5., doch am 6. Tage ein; er machte an den in Frankfurt grassierenden Pestilenzen die Beobachtung, dass Mancher nicht bloss einmal, sondern sogar siebenmal davon ergriffen wurde. In der Stadt Hanau, welche am 2. Oktober 1634 von General Eamsay mit schwedischen und hessischen Truppen besetzt wurde, stellte sich neben Theuerung, Hungersnoth und Geldmangel gegen Ende 1634 ungemein grosse Sterblichkeit ein, so dass täglich 70—100, im Ganzen rund 21000 Menschen der Pest zum Opfer gefallen sein sollen. Diese Ziffer ist wohl übertrieben. Am 19. Juni 1635 wird des Ausbruches der eigentlichen Pest in der von Flüchtlingen angehäuften Stadt gedacht. Im Juli nahm mit der steigenden Sommerhitze die Seuche in rapider Weise zu und hielt der Tod unter den armen, allen Entbehrungen preisgegebenen Flüchtlingen die reichste Ernte; von jenen aus Oberissigheim erlagen in diesem Jahre 88 und im folgenden fast ebensoviele. Die Seuche erreichte in den Hundstagen den Höhepunkt und hatte im August so überhand genommen, dass sich die Soldaten weigerten, die Leichen ihrer Kameraden zu bestatten. Im September begann die Krankheit nachzulassen, mit Ein- tritt der kälteren Jahreszeit, bis Schluss des Jahres, erlosch sie erst fast gänzlich, nachdem Hekatomben unglücklicher Opfer hatten gebracht werden müssen. In der Neustadt erlagen im Juni 68, Juli 75, August 101, im September 76 Bürger; die Opfer der Alt- und Neustadt, der Garnison, der zahlreichen Flüchtlinge aus den Landgemeinden der Graf- schaft und endlich der gleichfalls stark vertretenen „Fremden" sind in den lässig geführten Todtenlisten nicht verzeichnet. Obgleich die Pest vor Ablauf des Jahres 1635 fast erloschen war, blieb im folgenden Jahre bei der herrschenden Hungersnoth die Zahl der Erkrankungen (besonders Typhus und Skorbut) und Sterbfälle noch andauernd hoch. Das Elend hatte seinen Gipfel erreicht. Es kam dahin, dass gekochtes Pferde-, Esel- und Hundefleisch seinen Platz unter den zu Markt gebrachten Ess- waaren erhielt. „Katzen estimiret man vor Wildbret," sagt Behagel (in Gg. Friedr. Dheins Chron.: „Meraorabilia Hanovia" Aul. 1, I. 7). Ratten und Mäuse wurden auch nicht verschmäht. Manche Arme Hessen sich nicht abhalten, dem „Meister" (Nachrichter) selbst „gedörrtes Schindfleisch" abzuhandeln ^). 1) R. Wille 177 f. Im Kinzigthale, wo Herzog Bernhard mit seinen Truppen lagerte, wüthete die Pest. In Gelnhausen wurden viele Familien, sowie säiiunt- liche Pfarrer ihre Beute; der letzte derselben starb im September 1635. In Schlüchtern legte die Pest von August an viele Leute in's Grab. Am 9. September starb der Pfarrer Mai, im Oktober der Pfarrer Feilingen. Nach dem Todtenbuche erlagen in diesem Jahre 474, im folgenden 146, im J. 1637 wieder 94 und 1638 noch 42, im Ganzen 757 Personen der Pest^). Auch die Stadt Hersfeld an der Fulda wurde von der Pest furchtbar heimgesucht. Nach einem Verzeichnisse des noch unvollständig erhaltenen Kirchenbuches starben vom 20. August bis 3. Oktober, sohin in 45 Tagen, nicht weniger als 425 Menschen, den Tag also im Durchschnitte fast 10, von einer Bevölkerung von höchstens 3000 Köpfen; in mancher Familie kamen 6 Todesfälle vor. Auch Oberhessen ward zum Schauplatze grosser Verheerungen durch Hunger und Pest. Im August drang Colloredo mit 15 Regimentern in die Wetterau ein, um schrecklich zu hausen. Viele Orte gingen in Flammen auf, das Vieh wurde geraubt. Zur Noth kam die Pest. So wurden in Friedberg nur 17 Kinder geboren, während in den letzten vier Monaten 91 Menschen starben, darunter die beiden Bürgermeister und der Rektor Alb. Ott. Freust; ebenso wüthete die Pest in Niederweisel bei Friedberg, in Hohenlinden und Umgegend. Aus den Gemeinden Rödges und Wetter- feld starben bis zum 30. November 90 Personen, hierunter nach der Be- merkung des Pfarrers Joh. Corvinus im Wetterfelder Pfarrbuche im Juni dessen Frau mit sechs Kindern und Marg. Pitzen in wenigen Tagen. — In der kleinen befestigten Stadt Lieh starben vom 1. Januar bis 27. August 635 Personen aus der Stadt. Ausserdem erlagen der furchtbaren Krank- heit 549 Menschen, die sich „von den Dorfschaften" nach der schützen- den Festung geflüchtet hatten. Das Todtenbuch zählt noch „22 Soldaten sampt den Weibern und so man tod gefunden" sowie 18 Juden; zusammen 1225 Personen. — In Laubach raffte die Pest im Juli 77, August 238, im September 46 und binnen Jahresfrist 449 Personen hin. Nach dem Pfarrbuche in Grünberg ist „damals die Pest so stark gewesen, dass sie allenthalben über die Hälfte der Leut weggenonnnen und einmal zu Grünberg 27 Leichen in einer Prozession getragen wurden." Im August starben 334 Personen und von Juni bis Ende September j 224 Menschen, die Hälfte der Einwohner, hierunter 3 Bürgermeister nach einander, 8 Rathsschöffen, 170 Bürger und der Pfarrer Armbrüster. Die Zahl der Todten häufte sich so, dass man sie nicht begraben konnte und manche mehrere Tage lang unbeerdigt in den Häusern blieben, bis der Geruch 1) Zeitschr. für hess. Gesch. Kassel 1876. unerträglicli wurde. Hierzu kam furchtbare Hungersuoth. Ein Achtel Kleie kostete in Grünberg 100 fl., eine halbe Meste (= 7 Kilo) Mehl 60 fl. Man griff auch hier zu den ungeniessbarsten Dingen, als Grras, Leder, um den Hunger zu stillen; die ekelhafteste Kost wurde mit Gold aufgewogen; eine „Rattemaus" bezahlte man mit 4 fl. und auf dem Lande schlug man sich um gefallenes Vieh (Hess. Arch.). — In Giessen, wo man 1618: 540 Bürger zählte, hauste die Pest in gleicher Stärke. Im Juni starben 85 Personen, im Juli 147 (am 23. Juli wurden 23 begraben), im August starben 304 (am 13. August trug man 18 zu Grabe); im September 311. Nach Angabe des Todtengräbers starben bis zum 17. Oktober 1280 Personen, die nicht alle im Register verzeichnet sind; darunter befanden sich 129 Bürger und 154 Bürgersfrauen. Bis zum letzten Dezember zählte der Todtengräber 1503 Leichen (Kirchenb.). In Allendorf an der Lumda riss „die gifftige Pestilentz" 380 Personen fort^). Die Unterthanen des Amtes Rotenburg (an der Fulda) Avurden durch die Truppen des Bönninghausen und Götz hart bedrängt. Nach ihrem Abzüge riss ein solches Sterben ein, dass der dritte Theil der Be- wohner der Erde übergeben werden musste; die Seuche „der Pestilenz" grassirte noch im Oktober des nächsten Jahres, wo sie auch alle Dörfer heimsuchte^). Treysa hatte zahlreiche Pestopfer zu beklagen. Nachdem Ziegenhain im Vorjahre nur 40 Gestorbene zählte, kam in diesem Jahre die Zahl der Beerdigten auf 224, darunter waren 4 Glieder der Familie von Boyneburg, die alle im März gestorben waren; die Sterblichkeit hielt an, da im nächsten Jahre noch 218 Personen starben. Ebenso hauste die Pest in Cassel von 1635 bis 1637 verheerend. In der unteren Maingegend setzte die Pest ihren Verheerungszug fort. Von Hanau und Seligenstadt aus fand sie Eingang in das sogen. Freigericht. In Alzenau und Michelbach hatten die Kaiserlichen im J. 1634 Quartiere bezogen. Am 31. Dezember 1634 wurden dieselben vom Grafen Ludwig von Nassau-Saarbrücken und dem Kommandanten von Hanau, Generalmajor Ramsai, überfallen und wurden zwei Regimenter vernichtet. In Alzenau hauste überdies die Pest, wie in den übrigen drei Pfarreien gar heftig. Schimborn starb bis auf einen Mann (Glaab) aus. Auch Aschaffenburg wurde wieder in schrecklicher Weise durchseucht. Es wollte um diese Zeit kein Stiftsvikar mehr die verwilderte und ent- völkerte Pfarrei annehmen, bis nach zwölfjähriger Abwesenheit der alte Pfarrer Boden wieder zurückkehrte. — Die Seuche verbreitete sich wieder- holt im Spessart. Eichenberg bei Sailauf starb bis auf einen Mann aus; 1) Jahresber. d. Oberh. Ver. f. Lokalgesch. 1881, 86; Wetterf. Cliron. 91. 2) Zeitscbr. f. hess. Gescb. X, 210. 1635 — 204 — es wurde deshalb „der Hellfeiertag" („Hell" d. i. heilig) auf Montag nach Michaelstag gelobt. Rottenberg wurde so entvölkert, dass die Uebrigge- bliebenen in dem nach Aufhören der Pest am Wege nach Sailauf erbauten Kapellchen Platz hatten. Rothenbuch theilte das gleiche Schicksal. Der in Obernburg am Main herrschenden Seuche erlag auch der Pfarrer Kieser. Trennfurt soll bis auf fünf Familien ausgestorben sein. Schaippach zählte früher 110, nach der Pest im J. 1635 noch 57 Per- sonen, und selbst diese wurden nach fünf Jahren noch vermindert. In Sommerau zählte der Baron Fechenbach von seiner Burg aus die täg- lich rauchenden Schornsteine; am Schlüsse der Pest rauchten im ganzen Orte nur noch drei ^). Amorbach verlor in der Erntezeit über 1000 Menschen, auch den Abt und 8 Konventualen. In der Stadt Buchen (bei Amorbach) starben von Einwohnern und Flüchtlingen von Juli bis Oktober 1300 Menschen an der Pest^). In Dorfprozelten a. M. nahm die Pest in fünf Monaten 80 Menschen hinweg. — In AVertheim trat die Pest wieder heftig auf; Wohnhäuser wurden menschenleer. Die Lateinschule, deren Schüler- zahl sich im Anfang des Jahrhunderts auf 254 belief, hatte noch 15 Schüler ^). Neustadt a. M. wurde von der Pest heimgesucht; in der Benediktinerabtei wurde der grösste Theil der Priester ihre Beute; ebenso hauste sie in der Umgegend. — Lohr a. M. wurde von der Seuche schwer betroffen. Eine Urkunde meldet: „War ein Haus infizirt, so wurde es zugeschlagen. Die Nothwendigkeiten wurden an einer Stange zum Fenster hineingereicht. War einer gestorben, so wurde er von den noch Lebenden zum Fenster hinaus auf die Strasse geworfen; der dreimal alle Strassen passirende Leichenwagen nahm die Leiche auf. Die Pest regierte 6 Wochen und 3 Tage. Es starben daran 860 Menschen; der höchste Stand an einem Tage waren 45 Todte. Nach dem ersten Pestfall wurde von den Doktoren ein Stück Fleisch an einem Seil über die Strasse ge- hängt und in drei Stunden war es faul. Nur 12 Häuser waren frei; von 12 Rathsherren lebten noch 4, diese Herren und je eine Person von diesen Häusern gelobten auf dem Marktplatze, eine Kapelle auf dem Valentinusberge zu bauen und den Rochustag streng zu feiern. Es wurde sofort das Fundament gegraben und der Stein für die Urkunde her- graben; sogleich war die Pest weg." Auch Frammersbach wurde heim- gestellt. InRieneck beerdigte der Todtengräber 300 Leichen; am 21. Dez. starb er selbst; es blieben nur noch 260 Menschen übrig. Das Dorf Fellen verlor in diesem Jahre und 1640 die Hälfte seiner Einwohner, nämlich 108 Personen; Rengersbrunn beklagte 26 Opfer. — Orb hatte 1) Link, Klosterbucli 1. c. 2) Jahrbuch des Joh. Kiser bei Mone II, 660. grosse Drangsale zu erdulden; die Schweden überfielen die Stadt und er- schlugen, was sich widersetzte. Die armen Einwohner litten den bittersten Mangel; hierbei wüthete die Pest dergestalt, dass Orb bis auf 10 Familien ausstarb. Die Leichen mehrten sich so, dass sie haufenweise auf dem Marktplatze lagen; man begrub wegen üeberfüllung des Friedhofes noch 900 Leichen in einem Felde, das bis heute „Pestacker" heisst. Im Dezember 1635 fing unter der Besatzung der Feste Marienberg bei Würzburg „die Pest" (wohl Typhus) zu regieren an; den Ursprung der Seuche glaubte man in der Verlegung der Soldaten von der infizirten Stadt Schweinfurt dorthin zu finden. Nach Abhaltung einer Andacht schwand nicht nur diese Seuche, sondern auch lange darnach wurde Nie- mand von einer anderen Krankheit befallen'). — Volkach verlor bei erhöhter Sterblichkeit 116 Einwohner. — Im August erhob sich auch in Schweinfurt die Pest, darum wurde am 28. August Hans Babel, „gewe- sener Patienten-Barbier", besonders für die Kranken im Waisenhause, an- genommen. Gegen Ende September griö" die Krankheit bedenklich um sich und wurden zahlreiche Leute, darunter viele Rathsglieder, ihr Opfer. Wegen Raummangels errichtete man anfangs Oktober einen neuen Be- gräbnissplatz ausserhalb der Stadt. Die Krankheit hielt noch Ende Dezember stark an und raffte viele und wackere Bürger hinweg. — Auch zu Königsberg in Franken nistete sich die Pest ein; am 29. August starb der Rektor J. Hertrich. — In der Rhöngegend kam gegen Ende August zu schwerer Kriegsnoth Hunger und Pest. Gersfeld wurde von „der gif- tigen Sterbensseuche" schwer heimgesucht. Während die Bevölkerung im Vorjahre noch 404 Personen zählte, befanden sich 1635 dort „nur 12 leibeigene Unterthanen" ^). — Ebenso hauste die Pest in Bischofsheim bis ins nächste Jahr. In diesem Jahre wurden auch der Pfarrer Joh. Gilg und 1636 sein Nachfolger Barth. Krämer ihr Opfer. In Nordheim kamen im Frühjahre viele Leute durch Hunger um; im Herbste folgte die Pest, so dass in zwei Monaten von 600 Einwohnern 250, meist jün- gere Leute, starben. Härter wurde das Dorf Sondheim (Weimar) mit 800 bis 1000 Einwohnern, welche in engen Gassen und Wohnungen mit einer Dorfmauer eingezwängt lebten, mitgenommen. Nachdem bereits im Januar 36 Personen der Seuche erlegen waren, und da dieselbe fast täg- lich neue Opfer forderte, so war man im Juli gezwungen, einen abgele- genen Beerdigungsplatz, noch jetzt die Pestecke genannt, zu eröfinen, wo dann an manchem Tage 5—7 Leichen in ein Grab gelegt wurden. Im Oktober 1) Gropp, 1. S. II, 846. In der Feste herrschte in der Neuzeit unter den Soldaten wegen unreinen Trinkwassers wiederholt Typhus. 2) Hdschr. Chron. v. Sandberg. und November zählte man 196 und während des Jahres 399 Todte. Der Ueberlieferung nach ist die Seuche fast regelmässig von Haus zu Haus bis zu einer bestimmten Gasse am oberen Dorfende vorgeschritten und scheint mit Eintritt der grimmen Winterkälte im Dezember ihren Ab- schluss gefunden zu haben. In der Umgegend hauste auch die Seuche in hohem Grade. Zu Stetten starben 199, in Ostheim 344, in Helmers- hausen 349, in dem weit grösseren Kaltennordheim 481 Personen. Zu gleicher Zeit starben in Simmerichshausen auf der hohen Rhön mehr als hundert Personen an der Pest; hierüber bemerkt das Pfarrbuch; „annus 1635 omnium saeculorum annorum fuit bello, fame et peste infeli- cissimus." Auch über das Grabfeld war grosses Elend gekommen. Die Be- wohner vieler Ortschaften wurden theils verjagt, theils von der „Haupt- krankheit" hin weggerafft, theils an den Bettelstab gebracht. In Walters- hausen starben in diesem Jahre allein 65 Personen; nur die Hälfte der Opfer ist im Kirchenbuche namhaft gemacht. Ebenso viele Einwohner starben auf der Flucht, ausserhalb des Wohnortes. — Die Hungersnoth war allenthalben so gross, dass im Hennebergischen gefallenes Vieh ge- funden wurde, an welchem auf der einen Seite die Hunde, und auf der anderen die Menschen nagten. Im benachbarten Rothhausen fand man hinter dem Altare ein verhungertes Mädchen, das noch zwei Dukaten unter ihren Haarzöpfen verborgen hatte und nicht im Stande gewesen war, Brod dafür aufzutreiben. — Wie der Rittergutsbesitzer Adam Albrecht von Erthal zu Leuzendorf im Baunachgrunde 1656 schreibt, war daselbst im Jahre 1635 „Krieg, Theuerung und die dritte göttliche Strafe — die grassirende Pest gewesen"^). Die in der ersten Jahreshälfte in Franken herrschende Theuerung, während welcher die armen Leute Brod aus ge- mahlenen Leinkuchen und Trestern bücken, trieb viele Leute in Gegenden, welche von der Noth noch weniger heimgesucht worden. So berichtet Heim's Henneb. Chronik 254: „Es kam zu dieser Zeit ein Sterben unter das Vieh,, dass 1400 Stück in Salzungen fielen; so kamen auch gegen 600—700 meist arme Leute aus Franken, hielten sich Hungers halber hie auf, nahmen das geschundene Vieh aus des Schinders Händen, machten es mit Salzwasser ein, räucherten es an den Zäunen und fristeten hiemit ihr Leben, oder verkauften auch die elenden Bissen in anderen Orten, wo der Hunger die Menschen hart druckte." Theuerung und Hmiger hatten im Sommer auch zu Bamberg eine ansteckende Seuche (Typhus) zur Folge, welche in kurzer Zeit so viele Menschen auf das Krankenlager streckte, dass nur zwei Häuser in der 1) Arch. Unterfr. II, VII. Stadt und Vorstadt verschont blieben. — Die Durchmärsche, Einquartier- ungen und Plünderungen, das Brennen und Morden, sowie die das Land bis aufs Mark aussaugenden Erpressungen und Kontributionen dauerten auch in diesem Jahre im Bayreuther Lande fort. Am 4. April wurde Untersteinach von den Kaiserlichen geplündert; in Schwarzenbach an der Saale standen schon im Februar 30 Häuser leer, da viele Menschen in Folge der verübten Grausamkeiten auswanderten oder der Pest erlegen waren. Das ganze Amt Thierstein bestand mit dem Amtmann Nürn- berger nur noch aus 8 Männern. Der Markt Thurnau verödete durch die Pest bis auf 2 Männer. Dies ermöglicht einen Schluss auf die Be- wohnerzahl der übrigen Aemter. Hof und Wunsiedel verarmten durch Brandschatzungen völlig; Zwernitz wurde zum zweiten»Male ausgeplün- dert und die neuerbauten Häuser abermals niedergebrannt. Nach Ver- kündigung des am 16. August dem Lande ausgestellten kaiserlichen Schutzbriefes erholte sich dasselbe einigermassen wieder. Die Pest forderte noch immer ihre Opfer. An ihr starb in Kulm- bach am 20. Juli der Rektor. Zu Münchberg taufte der Diakon Solger in diesem Jahre zwei Kinder, welche von zwei an der Pest darnieder liegenden Weibern geboren worden waren, und zwar das eine Nachts im Hause, das andere unter freiem Himmel auf einer Wiese, wo der Todten- gräber das Kind hielt. — In Bayreuth starb am 9. September der SujDer- intendent M. J. Sambstag an der Pest. — In Schlüsselfeld starben mehr als 40 Personen Hungers. Wie die Pest in Marktbibart zahlreiche Opfer forderte, so wurde auch das Amt Neustadt a. A. neuerdings von der Seuche heim- gesucht; ebenso erreichte die Noth schreckliche Höhe; in Gutensteten starb der Pfarrer Joh. Brey vor Hunger und Kummer. — Windsheim, an dem dieser Würgengel vorübergegangen zu sein scheint, hatte dagegen durch Einquartierung alle Drangsale zu erdulden. Bald gebrach es an Lebensmitteln. Der kurbayerische Oberstwachmeister Joh. Rab von Dersch liess nämlich in die Stadt weder etwas aus- noch einbringen ohne Ab- gabe. Um Kleinigkeiten willen sperrte er die Thore und hinderte den Feldbau. Die Bürger mussten das Samengetreide in den Taschen auf die Felder tragen, weil alles Ausführen desselben strenge verboten war. Da nur noch ein einziges Pferd hier wai', mussten sich die Menschen selbst vor den Pflug spannen oder den Samen einhacken. Die Ernte wurde mit Hinterlassung des Strohes in Körben und Tüchern nach Hause getragen. Viele Leute verfielen dem Hungertode; das Aas diente zur Nahrung. Am Ende des Jahres waren noch 50 Bürger hier. Kupfernes, zinnernes und silbernes Hausgeräthe wanderte meistens zum Verkaufe nach Nürnberg und wurden in ein paar Jahren gegen 6000 Pfund dahin verkauft. — In Lichtel bei Rothenburg a. T. lud sich die Pest wieder um Jakobi zu Gast und weilte allda bis 14 Tage nach Martini; daselbst erlagen allein 105 Menschen, in Rimbach 113, zu Wolkersfelden 22 Men- schen. Das Dorf Hausen bei Langenzenn wurde durch die Pest ganz entvölkert; in Neidhardswinden war noch ein Mann mit seinem Sohne übrig. In Hersbruck erlagen der Pest 734 Opfer. In Schwabach stiegen Hungersnoth und Theuerung fortwährend, so dass das Simra Korn 32 Reichsthaler kostete, und viele Leute Kleie, Hutzeln, Eicheln und Haberbrod essen mussten; meist genoss man grünes Kraut. Bei all dieser Noth lagen noch 11 Wochen lang drei Kompagnien Soldaten vom Pappenheimer Regiment in Quartier. Viele Bürger flohen mit Weib und Kind, um der Noth zu entgehen, so dass kaum 20 Bürger zurück blieben. Beim Abzüge der Soldaten war kein Stück Vieh mehr da, ja nicht einmal ein Hund oder eine Katze; das Gras wuchs in den Strassen der ver- ödeten Stadt. Auch das Pfarrdorf Ki'onheim bei Gunzenhausen wurde von dem härtesten Schicksale betrofien, als die Kriegsfurie diese Gegend berührte. Viele Einwohner wurden eine Beute der Pest, viele verliessen den noch aus Kirche, Pfarrhaus und einigen Hütten bestehenden Ort. Zwei Drittheile der Einwohner von Dinkelsbühl erlagen ebenfalls der Pest und Hungersnoth. — Nachdem die Bevölkerung des Eichstädter Gebietes im Vorjahre durch Seuchen, Hunger und Flucht auf etwa 10 Mann zu- sammen geschmolzen war, lagen Feldbau und Viehzucht gänzlich dar- nieder, und quälten Hungersnoth und schreckliche Theuerung die Be- wohner der zerstörten Stadt. Das Fleisch von Hunden, Katzen, ja von Leichnamen war die Nahrung der Armen. Ueber 100 Menschen starben in einer Woche, und unter ihnen Viele auf den Strassen, am Hunger- tode elend dahin ^). Gaimersheim bei Ingolstadt ward durch die Pest und Misswachs heimgesucht; der Pfarrer Strohmair meldet, dass er mit seinen Leuten Kräuter auf dem Felde suchte, um dem Hungertode zu entgehen, da er aus Armuth sein Feld nicht bauen könne ^). Die Bewohner der Oberpfalz litten ebenfalls die bitterste Noth und grifien, wie das anderwärts geschehen, nach den ekelhaftesten Dingen und Leichen, um das Leben zu fristen. Das masslose Elend der Stadt Weiden sollte noch in diesem Jahre durch die Schrecken der Belagerung und Plünderung vermehrt werden. Um die ohnehin durch Hunger und Pest aufgeriebene schwedische Besatzung zu vertreiben, begann am 10. März der kaiserliche Generalfeldzeugmeister von der Waal mit zwei Regimen- tern und bayerischen Truppen die Stadt zu beschiessen, so dass binnen vier Tagen 200 Stück Kugeln und 150 Granaten in dieselbe geworfen 1) Strauss, Eichstätt. 2) Bay. Ann. 1834. — 209 — 1635 wurden. Auf die Erstürmung folgte eine allgemeine Plünderung unter den schauderhaftesten Gräuelthaten. Gegen 200 Bürger wurden tödtlich verwundet, selbst die in die Kirche geflohenen Frauen wurden von den Kriegsknechten entehrt. Die schwedische Besatzung ward niedergemetzelt. Da auch in Regensburg immer noch Pestfälle vorkamen, so traf man wiederholt polizeiliche Vorkehrungen in Bezug auf Leichenbestattung und Reinlichkeit der Strassen, Im Januar wurden daselbst die öffentlichen Leichenbegängnisse auf den Friedhöfen und der Besuch der Schulen wieder angeordnet. Nach überwundener Gefahr entschlossen sich Viele zur Ehe; es wurden in diesem Jahre 445 Eheleute, in der Neupfarrkirche am Sonntage „Esto mihi" allein 51 Paare „Ehe-Volkes" getraut. Obgleich die Pest im Vorjahre, sowohl in Nieder- als Oberbayern, wie in Schwaben, die weiteste Verbreitung gefunden hatte, flackerte sie doch, besonders in der Herbstzeit, an manchen, meistens von der Seuche bisher verschonten Orten von Neuem auf. So litten die Hofmark Buch bei Landshut, sowie der ganze Bezirk Erding (nö. von München) durch Hungersnoth und Pest furchtbar. — In Traunstein erlagen der Pest abermals vom 20. August 1635 bis 2. Januar 1636 123 Menschen, darunter zwei Priester. Manche Familien starben ganz aus. — Die schon im Jahre 1631 in Höhenrain (Bez. Wolfrathshausen) zum Ausbruche ge- kommene Pest verlangte dort noch viele Opfer; der Aushilfsgeistliche Weinberger, Konventual von Fürstenfeld, bemerkte im Taufbuche, er habe wegen der Menge der Pestkranken eine eigene Wohnung eingerichtet, allein am 28. April 1635 sei das Pesthaus sammt einer Anzahl Kranker und dem Mortuar verbrannt, deswegen müsse er die Todten zu den noch Lebenden schreiben, was er für ein böses Zeichen halte. Am 20. April 1636 starb dort der letzte Pestkranke. Die lang andauernde Hungersnoth erzeugte wiederum die Ruhr. Dieselbe rafile in Pähl (Weilheim) allein 147 Erwachsene dahin. In Erling bei München wüthete die Ruhr in so bösartiger Weise, dass sich in diesem Dorfe Niemand mehr fand, welcher die Kranken gepflegt und die Todten begraben hätte; nur ein Hüter von Vorderfischen erbot sich hierzu, freilich unter lästigen Bedingnissen. Am 13. März verloren die Schweden nach 7 monatlichem Besitze Augsburg; nunmehr kehrte in die ausgehungerte, verödete Stadt Ruhe zurück. Da noch manche Leute an der Pest starben und dies der Un- reinlichkeit in den Häusern zugeschrieben wurde, so befahl am 7. Juli die städtische Behörde, den Unrath aus der Stadt zu schaffen. Zur Unter- bringung der Kranken wurden mehrere Häuser in Stand gesetzt; die Wochenmärkte, welche nur gesunde, mit Erlaubnissscheinen versehene, Leute besuchen durften, wurden vor das Jakobsthor verlegt. Noch .am 22. November stellte man einen Arzt an und verpflichtete die Chirurgen, die Neuerkrankten anzuzeigen; der Trödelmarkt wurde abgeschafit und die Leichenwäsche durfte nur beim äusseren Lazarethe an der Sinkel ge- waschen werden. Durch diese Vorsichtsmassregeln, mehr aber durch die eintretende Kälte ward die Seuche gegen Jahresschluss lahmgelegt, so dass die Lazarethe wieder gesperrt werden konnten ^). Nach Abzug der Schweden war es um die Landwirthschaft schlecht bestellt. Keine Lebensmittel, kein Vieh, kein Samengetreide, nicht ein- mal die nöthigen Ackergeräthe besass der ausgeplünderte Landmann mehr; Vielen fehlte ein Obdach, da eine Menge Wohnungen niedergebrannt oder verwüstet war. Neben der grossen allgemeinen Theuerung fehlte wegen der gering bestellten Felder die Aussicht auf ergiebige Ernte. In manchen Gegenden herrschte noch grosse Hungersnoth; so starb in Untermediingen bei Gundelfingen ein armes Mädchen Hungers; die Leute assen Pferdefleisch. Noch im nächsten Jahre hielt das Elend an und wurde zu Peterswörth ein Jauchert Acker aus Hunger um 3 fl. und einen Laib Brod verkauft (Gundelfing. Notiz). Die Pest machte sich noch überall geltend. Im Kirchsprengel Babenhausen (so. von Illertissen) starben 942 Menschen an einer pest- artigen Krankheit; doch fehlen im mangelhaft geführten Kirchenbuche viele Einträge^). In Türkheim (bei Mindelheim) Avurde im Februar und März eine grosse Zahl Einwohner von der Seuche hingerafil. Die Furcht vor Ansteckimg vermehrte das Uebel, weshalb es an Krankenpflegern und Todtengräbern fehlte ^). In Oberschwaben reichten sich Krieg, Hunger und Pest die Hand. An den meisten Orten wurden barbarischerweise die Mühlen von den Soldaten zerstört. Die Felder waren verödet, das Vieh geraubt, unerhörte Theuerung war die Folge. — In Memmingen kostete das Malter Korn 46 fl., Roggen 40 fl., ein Ochs 250 fl., eine Kuh 150 fl., 1 Pfund Pferdefleisch 1 fl., 1 Pfund Butter 1 fl.; es wurden auch hier mehrere Morgen Gründe für einen Laib Brod gegeben. Nachdem die schwedische Besatzung die erschöpfte Stadt am 23. Juli verlassen hatte, brach wenige Tage darnach die Pest mit bisher unerhörter Wuth aus. An manchen Tagen starben 30—40 und bis Dezember 2000, im ganzen Jahre 3000 Menschen. Durch diese Verluste und den Wegzug vieler Bürger verödete die Stadt. Ebenso herrschte solch schreckliches Sterben bis Dezember in den umliegenden Dörfern und benachbarten Städten. In Westendorf (Bez. Kauf heuern) herrschte ein bösartiges Nervenfieber (Pest genannt), weshalb den Bewohnern der Zutritt in Kaufbeuern bis zum 1) Adlzreitter III, 333; v. Stetteu II, 429. 2) Steiner, Umstadt u. Babenh. 288. 3) Zacher, Scliwabeck 339. Aufhören der Krankheit verboten wurde ^), Aucli in Wiedemannshof hauste noch die Pest. — In Kempten erlagen der Pest und der Hungers- noth über 3000 Personen, so dass die Stadt von 1633 an die Hälfte der Einwohner verlor. In der Umgegend wüthete die Seuche so stark, dass manche Ortschaft menschenleer ward. — In Füssen forderte die Pest ein Opfer von 1600 Menschen, sohin über ein Viertel der Einwohner. In Immenstadt wollte es Niemand mehr wagen, die Todten zu begraben. Da redete der Pfarrer einem armen Weibe, des Geishirten Frau, „Geisanna" genannt, zu, doch dies Werk der Barmherzigkeit zu üben. Sie ant- wortete : „Ich will es wagen"; so verrichtete sie des Todtengräbers Dienst, bis die Pest aufhörte. Heute noch sagt man, wenn es einen harten Ent- schluss gilt: „Ich will es wagen, Geisann' hats auch gewagt," Auch in Pfronten wüthete die Pest, so dass nach dem „Sterbet" keine ganze Ehe mehr zu finden war. In Breitenwaug bei Reutte (Tirol), wo bereits 1611 eine verheerende Krankheit viele Einwohner hingerafft hatte, wüthete eine den Kriegsschrecknissen sich anschliessende grässliche Seuche. Vor die Wohnungen der Pestkranken wurde zum Avarnenden Zeichen für die Vorübergehenden ein langer Pfeil aufgehängt. Sachsen - Meiningen theilte das Schicksal der angrenzenden fränki- schen Gaue. In Meiningen erlagen gegen Ende dieses und zu Anfang des nächsten Jahres gegen 500 Menschen und wurden im November allein 106 Leichen begraben. — Saalfeld verlor in diesem Jahre 115, im folgen- den 85 Einwohner durch die Pest, — Nachdem Salzungen die Kriegsdrang- sale durch die kaiserlichen Truppen (nach der Schlacht von Nördlingen) mit Mord, Schändung und 13 maliger Plünderung erduldet gehabt, erlagen in diesem Jahre gegen [1600 Menschen der Pestseuche. Das Kirchdorf Hümpfershausen verlor, nachdem auch hier im Vorjahre die Kroaten ge- wüthet, 150 Menschen durch Hunger und Pest; im Pfarrdorfe Herpf tödtete die Seuche von 1635 bis 1637 421 Personen. In der Gemeinde Behlrieth herrschte im August die Ruhr. Im Pfarrdorfe Vachdorf im Werragrunde und Umgegend hatte Ende 1634 bis zum April 1635 Isolani sein Winterquartier. Darauf kam die Pest und forderte 300 Opfer; ebenso trat sie im Dorfe Neubrunn auf Das Dorf Dingsleben zählte zur selben Zeit noch 2 Inwohner. Der Markt Streufdorf (2 St. von Hildburghausen), in dem die Kroaten hausten, hatte 169 Pestopfer zu verzeichnen^). — Hildburghausen litt grosse Noth, so dass selbst vermögende Leute kaum Kleienbrod zu essen hatten. Andere fristeten ihr Leben mit den ekelhaftesten Dingen, Es starben 534 Menschen, 1) Jahresbei-. v. Schwaben u. Neub. V. '-) Brückner, Mein. Landesk. 14* worunter 338 Erwachsene, sowie 7 Fremde, die, am Hunger oder an der Pest gestorben, in verwüsteten Häusern vorgefunden wurden. Wegen Mangels an Vieh spannten sich die Leute selbst an die Pflüge zum Feld- bau, wozu noch der kaiserliche Oberst seine Leute kommandirte. — Poppenhausen bei Heldburg ward gleichfalls verwüstet und die Einwohner wurden bis auf 9 vernichtet. Ebenso litt das Pfarrdorf Lindenau, so dass 1640 hier nur noch 11 Personen lebten. Die Einwohnerzahl von Ummerstadt, welche im Jahre 1632 noch 800 Köpfe betrug, sank bis zum Jahre 1640 durch KJrankheit und Kriegsnoth auf 100. — Nachdem die Stadt Eisfeld 1632 durch die wallensteinischen Truppen zum grossen Theile niedergebrannt worden war, litt sie in diesem Jahre durch Plünde- rung, Hunger und im Oktober durch Pest die furchtbarste Noth und hatte sie dieselbe bis zum Jahre 1642 auszuhalten. Am Schlüsse des Krieges waren nur wenige Bürger noch übrig. Im gleichen Jahre wurde das Dorf Brattendorf „ganz wüst und ott". — Das Dorf Gefeil wurde 1634 und 35 durch die Kronacher und Kroaten bis auf 6 Hütten gänz- lich verwüstet, die Bevölkerung aber durch Krieg und Pest fast ganz aufgerieben (Brückner). Auch das Koburger Land wurde durch Einquartierungen und Brand- schatzungen furchtbar ausgesaugt, so dass Viele Haus und Hof verliessen. Die Aermsten suchten ihr Leben mit Baumrinde, Kleie und Staubmehl- brod, Leinkuchen, Hunden, Katzen, ja Aas zu fristen, Manche starben den Hungertod. Im August und September herrschten die Seuche, Ruhr und giftige Fieber so in den Städten und auf dem Lande, dass in manchem Dorfe nicht zwei oder drei gesunde Männer übrig waren und das Volk haufenweise dahinstarb. In Koburg wurden in diesem Jahre 809 Erwachsene und 334 Kinder begraben, unter ihnen viele Opfer des Hungers und der Pest. — Im goth. Dorfe Güntersleben starben 249 Personen an der Pest; im nächsten Jahre waren nur noch 46 Ehepaare in dem vorher volkreichen Orte zu finden; im Markte Herbsleben erlagen 511, im nächsten Jahre weitere 180 Personen. Zu Lauterbach starben 75 Leute an der Pest, am 27. September wurden 6 Leichen begraben. In der Stadt Ohrdruf erlagen 1065 Personen der Pest. In Siebleben bei Gotha fielen ihr in diesem und den folgenden Jahren über 400 Personen zum Opfer und waren zwei Jahre später von 600 Einwohnern nur noch 197 anzutrefien. Im Dorfe Warza bei Gotha verfielen bis zum Jahre 1637 121 Personen der Pest; der Ort schmolz von 570 Einwohnern auf 240 zusammen. Im Dorfe Wechmar bei Ohrdruf wurden an manchem Tage 10 bis 12 Leichen auf den Kirchhof geschafft; 503 Menschen fielen der Pest zum Opfer. — In Tambach erlagen 250 Personen. Grossbehringen verlor 94, Meuselbach 127 Personen durch die Pest. Anfangs Oktober wurde Tiefurt von derselben heimgesucht i). — In Arnstadt starben 464 Per- sonen (Toppius), zu Nazza vom 4. August bis Jahresschluss 175 und in 10 Jahren gegen 500 Personen. Am 11. November 1635 begrub man 10 Leichen zugleich. — In Ruhl erlagen 406 Personen der Pest, worunter viele Fremde. — In Hallingen sah ein Vater am 7. November 4 Söhnen ins Grab (Brückner). In Schlotheim, wo Pest und Ruhr herrschten, zählte man 102 Todesfälle^). Auch Schmalkalden wurde von der Pest schwer betroffen; in der Stadt und den Dörfern zählte man 519 Todte. In Eisenach starben in diesem Jahre 1600 Menschen bei 231 Geburten, im folgenden Jahre verlor die Stadt 405 Einwohner bei 228 Geburten, 1637 619 bei 273 und 1638 340 bei 146 Geburten^). In Erfurt schlich sich, wie aus einem an den Rath der Stadt gerichteten Dankschreiben der medizinischen Fakultät hervorgeht, „die giftige Seuche nur vereinzelt" ein ^). In Weimar starben gegen 1600 Personen, worunter 500 Brodlose aus Franken, welche dort wegen der in ihrer Heimath herrschenden Theue- rung haufenweise Zuflucht und Unterkunft gesucht hatten. Im Oktober starben täglich 18—22 Personen; im Februar 1636 hörte die Pest auf — In Cöllcda (w. von Weissenfeis) herrschte eine ansteckende Seuche, „rothe Ruhr", an welcher von 1635— 36 256 Personen starben. In der völlig verarmten, von Noth und Elend bedrängten- Stadt Mücheln {sw. von Merseburg) brach die Pest aus; todtenstill lag die wüste Stadt. In Lockwitz bei Dresden stellte sich neuerdings die Pest ein. — Bös- artige Seuchen hatten sich 1635—37 über die Lausitz verbreitet. — Auch in Calau (13 M. so. von Berlin) war die Pest eingedrungen; besonders ver- heerend aber in Betschau und Drebkau, indem beide Orte fast ganz aus- starben. Nur Sorau blieb verschont. Westfalen wurde der Schauplatz grosser Kriegs- und Pestnoth. In Arnsberg herrschte die Pest abermals und zwar so fürchterlich, dass Alles, was fliehen konnte, die Stadt verliess. In der nahen Prämonstra- tenser Probstei Wedinghausen waren, als die Seuche auf ihrem Höhe- punkte stand, nur 2 Konventualen zurückgeblieben. Die Krankheit ver- breitete sich auch über die Ruhrdörfer. Für die Pestkranken wurden auf dem Felde an der Haar und auf der Schlachtweide Hütten hergerichtet. Auch Soest wurde von einer mördeiischen Seuche heimgesucht ^). In die Stadt Neheim wurde die Pest durch hessische Soldaten eingeschleppt; zu den Kriegsnöthen kamen hierdurch grosse Verheerungen über die Ein- wohner 6). — Die Stadt Unna verlor in diesem und dem folgenden Jahre 1) Krügelstein, Ohrdruf; Beck, Gotha, III. 2) Irmisch. 3) PauUini, Syn- tagma 204. -i) Motsclimaim, Erf. lit. 32. 5) Seibertz, Quellen II, 107. «) Blätter zur Kunde "Westfalens v. Tücking 1879. 1635 ^ 214= — durch die Pest gleichfalls viele Einwohner, — In der Gegend von Coes- feld verband sich mit dem Elende des Krieges ebenso die Pest. Dieselbe erhob in der Umgebung wiederholt ihr Haupt. — Ein Einwohner von Laer spricht in einer Obligation vom Jahre 1635 von der „betrübten Pestzeit". In Steinfurt starb die Bürgerschaft an der Pest bis auf 50 Per- sonen aus. In Horstmar soll in den 30er Jahren die Pest ^/e der ganzen Bevölkerung weggerafft haben. Auch unter dem Rindvieh wüthete gleich- zeitig eine verderbliche Seuche^). In Geldern (Reg. Düsseldorf) gewann eine Seuche, „schouwenden sieckte", welche sich bereits im Oktober 1634 dort gezeigt hatte, im Herbste 1635 allgemeine Ausdehnung. Die Zahl der Opfer ist nicht be- kannt. Die Stadt musste dem Apotheker für Kuren contra contagium im Jahre 1635 16 fl. zulegen, die Lateinschule wurde 2 Monate lang geschlossen. Die Seuche währte bis 1637, es erlagen ihr u. A. 6 Kar- melitengeistliche. — Im Kirchspiele Straelen (an der niederländischen Grenze), wo die Pest am 23. August 1635 begonnen hatte, starben bis Ende Dezember 389 Personen. Im Kirchspiel Nieukerk (so. von Geldern) erlagen vom 29. Juli bis Jahresschluss 256 (gegen jährlich 40 bis 50) und vom 1. Januar bis 23. August 1636 63 Personen. In der Kirchen- gemeinde Lobberich starben 700 Personen an der Pest^). In den Niederlanden, namentlich in der Provinz Holland, herrschten in vielen Orten bösartige Fleckfieber und dann die Pest, In Leyden er- lagen vom 7. Juli bis 12. November über 12000, im ganzen Jahre 20000 Menschen. Die Seuchen nahmen zu, als das vereinigte Heer der Fran- zosen und Holländer, nach der Belagerung von Löwen, Nymwegen an der AVaal mit 10 000 Mann Truppen einschlössen. In dem ungewöhnlich heissen Sommer erlagen in zwei Monaten über 3000 Menschen verschiedenen Krankheiten, namentlich der Ruhr und dem Typhus. Beiden folgte im November die Bubonenpest, welche sich allmählich ausbreitete und vom April 1636 bis Ende Oktober aufs furchtbarste wüthete. Am 5. April wurden 62 Leichen beerdigt. Wöchentlich starben 178, 200 und 270 Menschen. Mehrmals trug man 3—4 Leichen aus einem Hause; beinahe kein Haus blieb von der Seuche verschont. Vom 1. August 1635 bis 1. August des folgenden Jahres starben in der Stadt 6009 Menschen. Erst zu Anfang März 1637 begann die Seuche zu schwinden^). Hingegen fand sie Verbreitung in der Umgegend von Nymwegen, besonders in Monfort, dem Geburtsorte des berühmten Arztes Isbrand van Diemerbroek 1) Zeitschr. f. vaterl. Gesch. Münster 1883, 106. 2) Nettesheim, Geldern 401. 3) Sraetius, Chronyk van Nymegen p. 179 f. (13. Dezember 1609 bis 17. November 1674), wo 1636 die Hälfte der Einwohner erlag. Die im Alterthume gehegte Vermuthung, dass unsichtbare Lebe- wesen (Contagia animata) Erreger und Verbreiter der Volksseuchen seien, fand auch in dem gelehrten Polyhistor Athanasius Kircher (1601—1680) in seinem Scrutinium physico-medicum pestis S. I, C. 8 einen Vertreter. Professor Isbr. v. Diemerbroek fasst die Hypothese seiner Zeitgenossen über die Ursachen der Pest in seinem verdienstvollen, an Beobachtungen reichen Werke: Tractatus de Peste, Amstelodami 1665 p. 24 in folgende Sätze zusammen: „Venenum pestilens est congeries minimarum bestiolarum, seu animalculorum invisibilium, per aerem volitantium, quae corpora humana per inspirationem aut porös subeuntia, eorum partes corrodunt ac corrumpunt, ex iisque ad alia corpora evolitantia, seu ad alia quo- cunque modo delata, et quasi contagio propagata, etiam illa inficiiuit, corrodunt et corrumpunt, sicut priora e quibus exiverunt" etc. Schliess- lich erklärt er diese Anschauungsweise als eine unhaltbare und als eine jeder Begründung entbehrende Träumerei. Als die bedeutsamsten Pestsymptome bezeichnet er nach seinen Er- fahrungen: „Maculae purpureae, nigrae, violaceae vel rubeae, modo paucae, modo multae, modo angustae, modo latae, at fere semper exactae rotundae, modo in una corporis parte, modo in alia, saepe in toto corpore apparentes". „Tumores in emunctoriis". „Carbunculi in variis corporis partibus". Hierzu bemerkt er: „Tumores in emunctoriis frequen- tissimi, et inter omnia symptomata pestis certiora signa erant, sicut etiam carbunculi et exanthemata, ac proinde vulgares his tribus indiderunt nomen pestis." — Während der Pest beobachtete Diemerbroek häufige Fehlgeburten. Blutiger Auswurf, Nasenbluten und Durchfall galten ihm als gefährliche Zustände von schlimmer Vorbedeutung. Während des Voll- mondes trat Verschlimmerung ein. Der Genuss von Schweinefleisch ist zur Pestzeit schädlich; Aderlass und Abführmittel sind keine Schutzmittel gegen die Pest; nutzlos sind alle abergläubischen Amulete; mehr Schutz gewährten Tabakrauchen und Musik! Vögel sterben zur Pestzeit; nament- lich werden die Hühner leicht Träger des Giftstoffes. Im Lager des Königs bei Heilbrunn in Ungarn grassirte die Pest (Typhus) so stark, dass viele höhere Offiziere abzogen und der König nach Wien reiste^). 1) Ludolf, 1. c. II, 469. 1636. Einem frühzeitigen Frühjahre folgten viele Gewitter mit Hagel; der Sommer über- traf an Hitze seine beiden Vorgänger; Brunnen trockneten aus, Wälder fingen zu brennen an. Durch die Hitze litt das Getreide. Es wuchs guter und viel Wein. Das Elend wuchs von Tag zu Tag in entsetzlicher Weise, so dass man auch in diesem Jahre an manchen Orten Leichname verzehrte. — Im Elsass, in der Pfalz, am Rhein herrschte unbeschreibliche Noth. „Eine grausame Hungersnoth, sagt der Augenzeuge Wencker, hat in unserem Elsass überhand genommen; daher unzählich viele Menschen auf dem Lande elendiglich verschmachten mussten. Auch wir in der Stadt (Strassburg) haben den Mangel an Nahrungsmitteln hart genug empfunden. In Strassburg assen die Armen Hunde- und Pferdefleisch. Am 4. April schaffte man mehr als 1000 Bettler aus der Stadt, gab ihnen Brod und Geld mit." In Zabern lag zu Anfang des Jahres noch der General Gallas und litt seine Armee ausserordentlich durch Hunger und Krank- heit; viele Soldaten starben hinweg „wie das Vieh"^). In Württemberg herrschte noch die Pest, auch nahm in manchen Gegenden die Hungersnoth in bedenklicher AVeise zu. In Mühlheim (O.A. Tuttlingen) waren im Vorjahre viele den Hungertod gestorben. Am 28. September 1636 zählte man wieder 36 Bürger. Da kam die Pest. B. Kindler verlor in wenigen Tagen seine acht Kinder, deren zwei in einen Sarg gelegt wurden. — Im Schwarzwalde suchten die meisten Leute mit Eicheln, Oelkuchen, Hunden, Katzen, dem Luder auf dem Felde ihr Leben zu fristen. Zu Böringen auf der Alp starben wieder vom Februar bis zum 8. Juli d. J. über 40 Personen Hungers. Die Alpflecken verödeten beinahe und die Mannschaft in Stadt und Amt Urach verminderte sich auf den achten Theil (Gratianus). — Im Pfarr- dorfe Würtingen (bei Urach) wüthete der Hunger und bald darauf die Pest; es blieben nur noch 58 Einwohner übrig. — Baltringen (Laup- heim) war durch die Pest fast ganz ausgestorben. Zu Bussmannshausen wurden die Einwohner bis auf 40 Erwachsene, sowie drei Pfarrer nach einander eine Beute der Pest. Zu drückenden Einquartierungslasten und Abgaben gesellten sich in Stuttgart Noth und Krankheiten. Mit der zunehmenden Wärme nahm auch die Seuche wieder zu und am 23. Juli 1637 berichtete der Hof- 1) Franci Relat. 1636. 85; Theatr. Eur. III, 617: Bericht d. Todtengräbers V. Ruffach in Oberelsass v. 2. März; Wencker, Chron. oberrhein. Städte, Strassb. I. 71; Walther, Strassb. 1. c. 82. prediger Weinmann, die Hälfte der Bewohner Stuttgarts liege am Fieber krank, von den Geistlichen seien noch drei gesund und von den vom Herzog hinterlassenen Kanzleiverwandten sei der 50. am 20. Juli begraben worden. Haufenweise fielen die Pestopfer. Erst 1639 hörte die Pest ganz auf, nachdem sie 1635: 4379, 1637: 945 und im Ganzen von 1634 bis 1638: 8810 Personen, unter denen sich jedoch viele fremde Flücht- linge befanden, hingerissen hatte. Auch Baden fühlte die Drangsale dieses Hungerjahres. In Durlach verband sich mit der Pest die Noth; um nicht Hungers zu sterben, ent- völkerte man weit herum die Sümpfe und verzehrte Frösche und Kröten ohne Unterschied mit Heisshunger. Dasselbe Schicksal erfuhren Russheim bei Karlsruhe und viele andere Orte. Ebenso litt Pforzheim während der Gräuel des Krieges Hunger. „Das war die Zeit, wo man an den Ufern des Rheins, des Neckars und der Elz Verhungerte liegen sah, mit Gras und Wiu:zeln im Munde." — In Mannheim wie in der ganzen Umgegend richteten die Pest und Noth unter den verarmten Bewohnern in diesem und dem folgenden Jahre eine grosse Niederlage an. So brach auch über den Markt Viernheim grosses Elend herein. Der Pfarrer Hub. Weiss- kircher bemerkt 1651 im Tauf buche: „Viele hundert Menschen sind er- schlagen worden und ums Leben kommen, theils durch-Schwert, theils durch Hunger, theils durch die Pest und andere giftige Krankheiten, deren zu geschweigen, welche in den Wäldern von wilden Thieren zerrissen und gefressen, dann viele sich etliche Jahre in den Wäldern aufgehalten, woher es geschehen, dass dieses Dorf in etlichen Jahren gar nicht be- wohnt worden, und dieweil die Kirch sammt dem mehrsten Theil der Häuser durch französ. Truppen eingeäschert." Am Rhein wie an der Bergstrasse hausten Hunger und Pest; ebenso ergoss sich unaussprechliches Elend über die Pfalz, Alle Gewerbe lagen darnieder, der Landbau stand verödet, ganze Dörfer waren ausgestorben; man musste die Kirchhöfe mit Soldaten umstellen und hungernde Menschen schmachteten begierig nach den halb vermoderten Leichen ihrer Mitbürger, kein Gesetz galt mehr, rücksichtslos überliess man sich jeder angeflogenen Neigung, nährte sich vom Plündern, Rauben und Morden. Bei all diesem grenzenlosen Elend stritt man sich fort, mit abwechselndem Glücke, um Dörfer und Städte, fortwährend tummelten sich Spanier, Bayern, Oester- reicher, Sachsen, Schweden u. A. in der Pfalz herum. Nahe hei den Städten und Dörfern der Pfalz und am ganzen Oberrheiu zeigten sich zahlreiche Wölfe und machten, neben Gaunern und Marodeurs, den Ver- kehr im ganzen Lande unsicher. Die sittliche Verwilderung ging in Folge des allgemeinen Nothstandes auch hier so weit, dass die ausge- mergelten Menschen einander mordeten, um das Fleiscli ihrer Opfer zu verzehren ^). Wie in Speier, so herrschten in Neustadt a. H, Hungersnoth und Pest, Hier kostete 1 Pfund Butter 4 fl., 1 Pfund Pferdefleisch V2 fl., Hundefleisch 1 fl.; auch Menschenfleisch von in Treffen Gefallenen ward verzehrt, und dennoch starben viele Menschen vor Hunger. — In der im Vorjahre schwer geprüften Stadt Kaiserslautern und Umgegend forderten Seuchen, Pest und Hunger zahlreiche Opfer. — Gleichzeitig trat die Ruhr epidemisch auf; so herrschte sie, Avie Andrea meldet, in und um Worms in verheerender Weise unter den armen Leuten. — Zweibrücken war im Vorjahre dem Oberst Moriame als Quartier an- gewiesen worden. „Keine Schandthat, keine Grausamkeit lässt sich denken, die dieser Verworfene und sein Bruder Pallantius Moriame nicht ver- übt hätten. Seinen Soldaten erlaubte er alle Verbrechen." Dass alle Vor- räthe aufgezehrt waren, dass auch für künftige Zeiten nichts zu erwarten war, da es an Arbeitskräften, Vieh und Saatfrüchten mangelte, alles dieses kümmerte die Unmenschen nicht, sie verlangten stets dasselbe, als wäre Ueberfluss, statt Mangel an allen Enden. Die Pest, als stete Be- gleiterin von Hunger und Elend, hauste denn auch im Zweibrückischen fort. Auch in Saarbrücken Hess man „die armeLeut" (d. h. Unterthanen vom Lande) nicht in die Stadt, damit die Infektion, an welcher die Leute innerhalb 24 Stunden starben, nicht weiter verbreitet werden^). — Ebenso hauste im Trierer Lande die Noth. Das Fleisch der Hunde, Katzen und Mäuse war auch dort ein gesuchter Leckerbissen^). — Gleichzeitig hatte das Luxemburger Land unter der Geisel des Krieges furchtbar zu leiden. Die Franzosen als Feind, und die Kroaten, Ungarn und Polen als Vertheidiger richteten auf ihren Durchzügen schreckliche Verwüstungen an. Mangel,- Noth und eine wüthende Pest vollendeten das Elend. Ganze Dörfer starben aus; in der Stadt Luxemburg fassten die Kirchhöfe die Leichen nicht mehr und es mussten innerhalb der Festungswerke Begräbnissplätze angelegt worden. In der ganzen Provinz verloren 11 000 Menschen, ein Drittel der Bevölkerung, ihr Leben. Die Theuerung erreichte im Winter 1635/36 auch in Nassau eine ungewöhnliche Höhe. Sie wurde noch dadurch gesteigert, dass die Sol- daten das Getreide auf dem Lande selbst ausdroschen und den Erlös davon beim Spiel und Trunk vergeudeten. Ueberdies räumten Hunger und Pest in erschreckender Weise auf; überall auf dem Felde fand man Leichen, denen Hunde oder Füchse ganze Körpertheile abgenagt hatten. 1) Remling, Maxburg 117. 2) Köllner, Saarbr. 281 f. 3) Bosserus, Annal. Trevir. U, 520. Nach dem Tagebuche des Pfarrers Plebanus Völker von Mieblen, im Amte Nastätten, war die Bevölkerung von Miehlen mit 130 Haushal- tungen bis auf 20 Familien zusammengeschmolzen, in Jahresfrist waren 21 Ehen ausgestorben und 21 Frauen Wittwen geworden. — In Endlich- hofen waren noch ein Mann und zwei Weiber übrig geblieben. — In Ruppertshofen und Castorf waren alle Männer gestorben Die Kuhhirtin in Ruppertshofen „hat von ihrem todten Manne gerissen und geschnitten, solches gekocht und mit ihren Kindern gegessen; auch ihrem Vater die Schenkel abgehauen, gewaschen, gekocht, dergleichen den Kopf aufgethan, gesotten und gefressen. Als sie gefragt worden, wie es geschmeckt, hat sie geantwortet, wenn sie nur ein wenig Salz dazu gehabt hätte, hätt' es gut geschmeckt". Der Kommandant von Rheinfels, Junker Georg Phil, von Buseck, hat dies nach genauem Erforschen wahr befunden. Dergleichen Jammerscenen sollen auch in anderen Gegenden, am Rhein, Main, an der Lahn, Dill und Sieg vorgekommen sein. In Wiesbaden hielten Hunger imd Seuche eine reiche Ernte, so dass 1647 nur noch 51 Bürger vorhanden waren. — Gleiche Verwüst- ungen richteten Pest und Hunger in der Gegend von Hadamar an. Auch hier hatten ansteckende Seuchen in dem Grade geherrscht, dass in Kirch- spielen von 600 Seelen kaum 20 Menschen übrig blieben; im Dorfe Lahr war die Sterblichkeit so gross, dass es an Händen fehlte, die Todten zu begraben. Entsetzlicher als die Pest, wüthete der Hunger, und es kamen hier Gräuelscenen vor, gegen deren Schilderung die Feder sich sträubt. Auch hier dienten nicht nur Gras und Blätter zur Speise, wurde nicht nur das Fleisch der Pferde, Hunde, Katzen und Ratten ver- schlungen, sondern es wurden auch Leichname verzehrt, ja sogar geraubte Knaben zur Stillung des Hungers geschlachtet. — Auf den eisigen Höhen des Westerwaldes hatten Hunger und Pest Orgien gefeiert. Hier war der Jesuit Rutgerus Hesselmann, trotz der bittersten Kälte und des tiefsten Schnee's, der Helfer und Tröster der Kranken wie Nothleidenden, der auch die unbestatteten Todten in das Grab bettete, bis er selbst am 30. April 1637 der Pest erlagt). Am Niederrhein trat die Pest an einzelnen Orten mit Heftigkeit auf. Im Dorfe Mayschoss an der Ahr hielt man, nachdem 187 Ein- wohner der Pest erlegen waren, am 16. August einen Bittgang. Ebenso hauste die Pest noch in Bonn und der Umgebung (vgl. S. 182). In Xanten nahm die Pest den dritten Theil der Einwohner hinweg; viele verliessen die Stadt ^). In Emmerich fielen zwei Pastoren als OjDfer ihres Pflichteifers. 1) Keller 266 f., Roth, Wiesb. 568. 2) Nettesheim, Geklerii 402. In Holland wüthete die Pest fort; so in Rotterdam, wie zu Amster- dam, wo man binnen Jahresfrist 17 193 Opfer zählte; gleich heftig in der Stadt Haarlem, welche in vier Monaten einen Verlust von 5723, oder in 25 Wochen einen solchen von 7000 Personen zu beklagen hatte. — Brüssel wurde abermals von der Pest arg und bis 1638 andauernd heimgesucht. Nach einigen Chronisten entstand die Pest dadurch, dass man die Leichen unbegraben liess^). Ohne Unterlass hielt das Pest- und Hungergespenst die dünn ge- wordene Bevölkerung der Maingegend, der fränkischen und bayerischen Gaue mit ungeschwächter Kraft umfangen. In Frankfurt a. M, wurde wegen fortdauernder Noth und Theuerung die Getreideausfuhr verboten. Wegen der herrschenden Sterblichkeit schloss man die Badstuben. — In Seligenstadt hauste immer noch die Pest, so dass selbst im Jahre 1638 einzelne Erkrankungen vorkamen. Hatte die Stadt 1631 gegen 350 Fa- milien aufzuweisen, so zählte man jetzt nur 50. — Im nahen Klein- krotzenburg bestanden früher 34 Familien, jetzt 9; in Froschhausen statt 30 nur 2; Mainflingen statt 36 noch 3. — Kleinwelzheim, bis auf drei Hütten eingeäschert, hatte statt 16 noch eine Familie; Zellhausen, zur Hälfte abgebrannt, zählte statt 44 Familien noch 5 Familen. Güter und Hofreithen waren auch hier im Werthe so gesunken, dass man für einen Laib Brod, eine Seltenheit, einen Morgen Acker, für 50 fl. eine ansehn- liche Hofreithe erhalten konnte. Im Odenwald herrschte in diesem und dem folgenden Jahre so grosser Mangel an Getreide und allen Dingen, dass sehr Viele, welche, wie in Buchen, die Pest verschont gehabt, jetzt durch Hunger zu Grunde gingen. Das Malter Weizen kostete auch dort 25 fl. Manche, die sich kein Brod kaufen konnten, verzehrten, wie die Schweine, Eicheln; andere machten sich aus Kleie und Lein Kuchen^). — Dieselbe Theuerung er- streckte sich auf die Taubergegend und über Franken. Deutlich spricht eine am 13. Januar 1636 vom Rathe in Frickenhausen a. M. erlassene Verordnung: „Wegen des abgestandenen Viehes, hiezu sich die Leut aus Armuth und Mangel unterfangen stückweis zu ihrer Unterhaltung abzu- holen, weilen daraus nichts nit anders und besseres als ein Infection zu befahren, soll solches hiemit abgeschafft und demjenigen salva venia Un- geziefer, deme es ohnedem angehörig, überlassen werden." Die Rhönbewohner litten gleichfalls bitteren Hunger; so gab man in Gersfeld oft ein Grundstück um etliche Laib Brod dahin. 1) Histoire de la Ville Brux. 1. c. II, 61. 2) Kiser's Jahrb. 1. c.; Gropp, Hist. Amorb. In Obernbreit wurden, wegen Mangels an Trägern, zahlreiche Pest- opfer in den nächstgelegenen Wiesen oder Feldern eingegraben; viele Einwohner, welche sich geflüchtet hatten, starben auswärts. In Burgbern- heim, wo dem Hunger und der Pest 107 Menschen erlagen, konnte bei dem allgemeinen Jammer Niemand dem Nächsten Hilfe leisten. — In dieser Gegend, wie auch im Bayreuther Lande, hatten die Wölfe sehr überhand genommen, sie richteten namentlich im Winter grossen Schaden an; man sah Rudel von 6 bis 10 Stück, die Hirsche, Ochsen und Pferde nieder- rissen und auffrassen. Auch Menschen fielen sie hie und da an. In diesem Jahre brach überhaupt das Unheil in allen Gestalten von Neuem über das Land herein. Erpressungen und Plünderungen hatten die Ver- armung in bedenklichem Grade erhöht. Die Stadt Wansiedel musste allein 30 000 Reichsthaler erlegen. Dabei waren die Nahrungsquellen versiegt, das Hospital und die übrigen Stiftungen erschöpft. Die Bürger waren auf 12 zusammen geschmolzen und diese waren zumeist verarmt. Auch in der Oberpfalz machte sich noch die Hungersnoth in der schreck- lichsten Weise geltend. Im benachbarten Böhmen herrschte um diese Zeit dasselbe Elend und unbeschreiblicher Jammer. Die Dörfer und meisten Städte waren ganz öde und wüst, das Land in manchen Gegenden auf mehr als neun Meilen unangebaut ^). In der Gegend von Simbach am Inn brach am Ende des Jahres abermals eine verheerende Seuche aus, welcher aus der Zahl der Unter- thanen des Klosters Ranshofen allein über 100 Menschen erlagen. — In Salzburg erhob sich im August die Pest, hielt 36 Wochen an, und rieb fast den dritten Theil der Einwohner auf. Seit dieser Zeit aber blieb Salzburg mit schweren Seuchen verschont^). In den norddeutschen Landen verband sich mit dem Schrecken des Krieges ein grosses Pest- und Todtenjahr. In Sachsen - Meiningen trat die Pest noch in manchen Orten verheerend auf. Im Pfarrdorfe Jüchsen wurden in diesem und dem folgenden Jahre 172 Personen von der Pest getödtet. — Das Pfarrdorf Schmiedehausen, auf der Höhe der Thüringer Saalterrasse, wurde ebenso von der Kriegswuth und der Pest in diesem Jahre stark heimgesucht^). — Im Salzunger Amte wurden 1636 und 37 in Scheunen, auf Misthaufen, viele verhungerte Menschen todt aufgefunden*). — In Goldbach zählte man 189 Pestopfer; ebenso Avurde Brüheim von der Seuche schwer heimgesucht. In Hildburghausen starben im Jahre 1636 nach einer Notiz bei Schultes, Cob. Saal. Landesgesch. 1.121: 648 Menschen an der Pest, während 1) Theatr. Eur. III, 885. 2) Meichelbeck. 3) Brückner. 4) Henneb. Chr. das Kirchenbuch nur 106 ausweist. Es dürfte die Angabe von Schultes auf das Jahr 1635 Bezug haben. — Viele Bewohner der Stadt Gotha wurden wieder eine Beute der Pest^). — In der Gemeinde Burgtonna starben in diesem und dem folgenden Jahre 146 Personen. Durch die Hungersnoth wurden im Dorfe Eberstedt 40 Personen aufgerieben. Von 270 Einwohnern waren noch 85 vorhanden. Ebenso wurden im Dorfe Eckardsleben von Michaelis 1635 bis Martini 1636 von der Pest 154 Men- schen hingerafft und es blieben nur noch 75 am Leben, welche theils bald starben, theils verzogen, so dass im November 1642 noch 17 Per- sonen übrig waren. In Friemar erlagen 378 Personen der S.euche. Zwei Jahre später waren von 1140 Personen nur noch 392 geblieben und von 217 Wohnhäusern noch 125 vorhanden. In Gera wurden im Januar 31 Personen ein Opfer der Pest; in Hochheim von 1636—1639 über 456 Menschen; desgleichen wüthete die Pest in Liebenstein; ferner in Neu- ku'chen, wo wohl die Hälfte der Einwohner, nämlich 101 Personen, zum Opfer fielen; dann in Nordhofen in diesem und dem folgenden Jahre. In Sättelstedt starben 153, zu Seebergen aber von Ostern bis Martini 500 Menschen an der Pest. In Sonneborn wüthete die Pest so, dass viele Menschen nur verscharrt wurden ^j. — In Herbsleben zählte man 180, in Wechmar 59, im Kirchspiel Saalfeld 85 Opfer. Zu Butt- städt kehrte die Pest im August ein. — In Jena raffte die Pest 691 Ein- wohner hinweg, ausser den vielen Flüchtlingen und vertriebenen armen Leuten aus Franken. Im September wurde die Universität nach Kahla verlegt^). — In Langensalza tödtete die Pest 1142 Personen. — Zum allgemeinen Elend gesellte sich auch im ünstrutthale die Pest. In dem kleinen Langenrode starben im Laufe des Jahres 36 Personen, in dem mit Schutzmannschaften belegten Gehofen 89, „wovon viele starben, — wie das Allerstedter Kirchenbuch bei manchen Sterbefällen anmerkt, — ahn der roten Ruhr, ahn der Seuche, ahn der Noth, peste"*). — In Orla- münde erlagen 113 Personen der Pest. Superintendent Gaudich floh nach Heilingen; ebenso eine grosse Anzahl Einwohner; die Neuanlage eines Friedhofes wurde nothwendig. Um den Transport der Leichen durch die Stadt zu vermeiden, wurde ein Pestweg hinter der Stadt angelegt. Auch im folgenden Jahre hielt die Pest an. — In Volkstedt bei Rudolstadt kehrte die Pest wieder ein. In Frankenhausen starben 832, in Gross- Vargel 124, in Sömmerda 563, in Gebesee 185, in Grünstedt 89, im nächsten Jahre 213 Personen^). 1) Rudolph, Gotha diplom. 2) Dr. A. Beck, Gotha III. 3) Geogr. Jenens. 83. Ver. f. Gesch. in Kahla 1876. 4) Nebe, Unstrutthal 131. 5)Toppius; v. Hagke Weissensee 246 f. General Banner fiel in Sachsen ein und bezeichnete jeden seiner Schritte mit Untergang und Verderben. Mord, Brand und unsägliche Frevelthaten wurden von den Schweden verübt. Zu Tennstedt (bei Erfurt) war „das grosse Sterben." — Im Dorfe Plenschitz bei Weissenfeis raffle die Euhr viele Leute hinweg. — In der theilweise zerstörten Stadt Leipzig herrschte unter den zahlreichen obdachlosen Familien und den dahin ge- flüchteten Bewohnern der Umgegend Noth und Elend, wozu die Pest kam, um unter den ausgehungerten, abgezehrten Leuten bis 1638 fortzuwüthen i). Zu Mittweida und auf den Dörfern grassirten vom Juli bis Weihnachten die Blattern, und die Ruhr. Die Bewohner Frankenberg's hatten mit den kaiserlichen Soldaten durch Pest, Ruhr und Pocken zu leiden. — In Grossenhain starben 300 Personen an der Pest. In östlicher Richtung fand die Seuche auch in Schlesien Verbreitung. In Kreuzburg raff'te die Pest den grössten Theil der Einwohner hinweg. In Merseburg a. d. S. nahm die Pest 651 und im nächsten Jahre 291 Personen in der Pfarrei St. Maximi weg; dazu kommen noch die Todten in den beiden anderen Pfarrspielen. Ebenso verursachte die Pest überall in den Dörfern grosse Verluste. — Halle und Umgegend wurden zuerst vom exanthematischen Typhus, der „Fleckfieber mit Bauchflüssen" genannt wird, dann im Sommer von der Pest und zwar in grosser Aus- dehnung heimgesucht; es starben 3440 Personen (nach v. Hagen I. 279 3333 Menschen). Sondershausen verlor 180, im folgenden Jahre 160 Personen, worunter viele dahin geflohene Fremde, und im Jahre 1639: 195 Personen. Nach dem Kriege zählte es kaum 600 Einwohner, Im Eichsfeld trat die Pest verheerend auf; so kam sie in Heiligenstadt zum Ausbruche. — Zu Eisleben starben in diesem Jahre in der Alt- und Neustadt von Einwohnern und fremdem Volke 1598 Personen, mehren- theils an der Pest (Chron. Isleb.). Nach dem St. Andreaskirchenbuche starben bei St. Andreas 339, St. Peter 281, St. Nikolaus 509, St. Anna 339, Heiligen Geist 121, im Ganzen 1589 Menschen. — In Aschers- leben brach die Pest am 2. April wieder aus, erreichte ihre Höhe im November mit 217 Opfern und endete mit dem Jahre; es waren 1125 Menschen erlegen, worunter 499 Fremde, Soldaten und Flüchtlinge. Noch in den nächsten Jahren herrschte ungewöhnliche Sterblichkeit; es starben 1637: 120, 1638: 182, 1639: 120 Individuen2). Zu Groningen bei Halberstadt trat die Seuche im Juni auf und forderte 500 Opfer. In Schlanstedt raff'te die Pest viele Einwohner weg^). In Quedlinburg er- lag am 6. November der Pastor Meissner der Pest. 1) Grosse, Gesch. II, 256 f. 2) Gramer, Zittwitz 352. 3) Kunze, Oschers- leben 446. Die Umgegend von Wittenberg wurde weit und breit von den Schweden unter Banner verwüstet. Viele Dörfer wurden bis auf die letzte Spur vernichtet. Ganze Gemeinden flohen nach der Stadt Witten- berg. Was das Schwert des Krieges nicht traf, das erlag der Noth und im September der Wuth der Pest, welche bis zum Herbste des nächsten Jahres unzählige Opfer forderte, Ueberhaupt befand sich der Kurkreis (das 1815 von Sachsen an Preussen abgetretene Herzogthmn Sachsen) mit dem Meissener Lande 1636 in grossem Nothstande; dazu kamen Ruhr, Typhus, Fleckfieber und im Herbste die Pest, welche bis 1640 anhielt und gegen 200 000 Menschen wegraff'te. Zerbst verlor in diesem und dem nächsten Jahre zahlreiche Pestopfer; die Infektion wurde durch Einquartierung erkrankter Kriegsleute, Zufluss vieler Fremden, wie den Mangel an gesunden Nahrungsmitteln wesentlich begünstigt. In dieser Zeit entriss der Tod gegen 1500 Fremde ihrem Elende^). — Durch Krieg, Hunger und Pest ward das sonst so frucht- bare, volkreiche Magdeburgische und Halberstädtische Gebiet so entvölkert, dass die ergiebigsten Felder weit und breit wüste und unbestellt lagen. Mangel und Hunger wurden zu Magdeburg in diesem und dem folgenden Jahre endlich so gross, dass die armen Leute das Aas vom Schindanger verschlangen. Zu den ansteckenden Krankheiten gesellte sich die Hunger- pest, Avelche viele Menschen wegraff'te. Hilflos stand der Rath dem Elend gegenüber, welches überdies durch die Besatzung noch gesteigert wurde ^). In den südwestlich von Magdeburg gelegenen Ortschaften fasste die Pest neuerdings Fuss und hielt sie in der ohnehin entvölkerten Gegend eine reiche Ernte. Schon im Frühjahre verloren in Osterweddingen manche Familien 3—4 Angehörige. Ende Mai flohen viele Bewohner nach der Stadt Wanzleben. Im August brach wieder die Pest aus und hielt bis Jahresschluss an. — Die schlimmste Zeit für Gross-Salze war auch dieses Jahr, wo sowohl von den Inwohnern als von den dahin Geflüchteten Hunderte durch Ruhr und Pest hingeraff't wurden. 701 Todesfälle sind verzeichnet, darunter 329 Fremde. Das Sterben begann im Mai mit 27 Opfern; im nächsten Monate wüthete die Seuche und zählte 129 auf- gezeichnete Leichen, 46 Einheimische und 83 Fremde. Im Juli starben 162 Personen, worunter 56 aus der Gemeinde, zum grössten Theile Kinder. Am verhängnissvollsten waren die vier Wochen vom 19. Juni bis 16. Juli, in welcher Zeit 163 Personen, die meisten in der Woche vom 23. bis 29. Juli, nämlich 47 erlagen. Im August starben 26 aus der Gemeinde und 53 Fremde, besonders Frauen und Kinder; im September 44 aus 1) Beckmann, Anhalt III, 304. 2) Rathmann, IV, 112. der Gemeinde und 17 Auswärtige, im Oktober starben 80 Einheimische und 16 Fremde. In Egeln, wo sich viele Flüchtlinge aufhielten, trat die Pest im Mai auf und fand sie im Juni epidemische Verbreitung. Es fielen ihr 164 Opfer, worunter 134 Fremde; im Juli starben 147, hiervon 84 Aus- wärtige; am schrecklichsten wüthete die Seuche im August, mehr unter den Einheimischen, besonders gegen Ende des Monates, indem vom 26. bis 31. August 82 Personen erlagen; von Auswärtigen sind im Jahre 66 Todte verzeichnet. Im September Hess die Seuche nach. Das Pfarrdorf Dracken- stedt bei Magdeburg zählte unter 102 Leichen 101 Pestopfer, darunter zwei Soldatenjungen und ein Soldatenweib ^). — In Wolmirsleben, dessen Bewohner vielfach nach Egeln geflohen waren, begann die Seuche im April, um Mitte September mit einem Verluste von etwa 130 Personen zu enden. — Die Bewohner von Unseburg waren mehrentheils entflohen, es wurden auswärts 107 und in der Gemeinde 46 derselben begraben. — In Stassfurt, wo sich zahlreiche Flüchtlinge aus den Dörfern aufhielten, starben viele vor Hunger und Gram. Aus Atzendorf wurden hier über 100 begraben. Im Frühjahre stellte sich das Fleckfieber und dann die Pest ein. Im April war die Sterblichkeit eine grosse; es starben 71, wovon 32 Auswärtige, im Mai erlagen 116 Personen (mit 64 Fremden), im Juni 85, wovon 31 Fremde, im Juli 57 mit 31 Auswärtigen, im August 37, worunter 27 Fremde; im September 90, wovon 13 Auswärtige, im Oktober 88 mit Einschluss von 25 Fremden. Es starben im ganzen Jahre 617 Personen, Einheimische und Fremde. — In der Stadt Wanz- leben lag ein Regiment Dragoner. Was Menschen und Pferde nicht ver- zehrten, wurde auf dem Felde verwüstet. Dadurch entstand eine solche Theuerung, dass ein Pfund Brod einet) Groschen galt. Etliche hundert Menschen starben durch Hunger, an Hunger und Pest aber 900. (JSTach Häverker's Chron. forderte die Pest 600 Opfer) 2). — In der Stadt Neu- haldensleben, in welcher eine grosse Menge flüchtiger Landleute mit ihren besten Habseligkeiten und ihrem Vieh eine Zufluchtsstätte gesucht hatten, riss unter der grossen darbenden Menschenmasse im Mai die schon in der ganzen Umgegend hausende Pest ein. Anfangs stai'ben an ihr meist nur Kinder, Frauen und Bauern, bald aber Menschen jeden Alters und Standes dahin wie die Fliegen. Im Mai zählte man 60, Juni 106, Juli 205, im August an 300, — an manchem Tage 13—19 Leichen; im September nur 33; im Ganzen hat das mangelhafte Kirchenbuch im Jahre 778 Todesfälle verzeichnet, dabei jedoch bemerkt: „unt uf Bericht des 1) Geschichtsbl. f. Stadt u. Land Magdeb. 1876, 157. 2) ibid. 1878, 136 f. 15 Kulengräbers hat er insgesampt, die beleutet und besungen und nicht be- leutet und besungen seint 2240 uf seinen Kerbholz befunden, aber es seint wohl mehr gewesen." Trotz der Ansteckungsgefahr wurden zwei an der Pest gestorbene Kirchenräthe in der Kirche begraben. Nach dem Tagebuche des Konrektors Cuno „sind in der Pest hier an die 2560 Personen gestorben, theils vor Hunger, theils an der Pest. Viele, meisten- theils aber die Soldaten, verzehrten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch, aber selbst das konnte man kaum bekommen." In der Mark Brandenburg räumte die Pest in entsetzlicher Weise auf, so dass viele Ortschaften fast verödeten. In Königsberg in der Neu- mark trat ungewöhnliche Sterblichkeit ein; 170 Personen, besonders Kinder, sanken in's Grab. Im folgenden Jahre starben wieder 321, und im J. 1638 bei Kriegs- und Hungersnoth im Mai 127 und im Juni 117, in Allem aber 492, wovon 250 an der Pest. Im Herbst Hess die Kriegsfurie die Altmark Brandenburg ihre ßuthe in entsetzlicher Weise fühlen. Die Stadt Gardelegen, in welcher Banner mit seinem Heere Quartier genommen hatte, wurde nochmals von der Pest schwer mitgenommen. In der Pfarrei St. Nikolai erlagen 500, in St. Marien aber 1205 Personen der Pest und anderen Krankheiten. Unter den Verstorbenen befanden sich 195 Soldaten. Alle Personen der Küstereien bei St. Marie und St. Nikolai, wie alle Predigerhäuser waren infizirt ^). — In Tangermünde, wo die ganze kaiserliche und sächsische Artillerie lag, trat die grösste Noth ein; mit hastiger Begierde wurden die unflätigsten Dinge verschlungen. Die Menschen starben wie Fliegen dahin und überall auf den Strassen, wie auf dem Felde, fand man vor Hunger umgekommene Personen. Verheerende Seuchen und selbst die Pest folgten diesem Elende auf dem Fusse nach und der grösste Theil der Altmark war als ein grosses Lazareth zu betrachten. — In Stendal wie in den umliegenden Orten riss die Pest in mörderischer Weise ein; viele Gemeinden starben ganz aus. In Stendal erhob sich die Pest im Juli und nahm so zu, dass ihr täglich 30 bis 40 Personen plötzlich er- lagen und man am 1. September von Vormittags 10 Uhr bis in die Nacht Todte zu begraben hatte. In St. Niklas zählte man 605, in St. Marien 678, in St. Jakob 474, in St. Peter 233, im Ganzen wurden die Namen von 1992 Leichen in die Register eingetragen (gegen 120—130 der jähr- lichen Durchschnittszahl). Hierbei fehlen die Namen der verstorbenen Bürger aus den öde stehenden Nachbarstädten Osterburg, Werden, Seehausen, wie jener, die auch theilweise in Salzwedel und Gardelegen Zuflucht gesucht hatten, sowie die Namen flüchtiger Bauern; die Gesammtzahl der 1) Beckmann, Brandenb. Verstorbenen wurde (s. S. 91) auf 5000 geschätzt^). — In Salzwedel erlagen wieder 193 Menschen der Pest. — In der Stadt Werben fand durch Einquartierung die Pest Eingang, um bis in's nächste Jahr anzu- halten. In Arendsee erhob sich neben anderen Krankheiten die Pest vor Johannis und dauerte bis Weihnachten; sie raffte hier und in den eingepfarrten Dörfern über 200 Menschen hin. In Bismarck starben 163 Personen. — Wittstock, in dessen Umgebung die kaiserliche und sächsische Armee am 4. Okt. eine schwere Niederlage durch die Schweden unter Banner erlitten hatte, wurde von der Pest heimgesucht; ihr erlagen von Oktober bis Dezember 101 Personen; im ganzen Jahre zählte man 305 Leichen. Nach jenem Siege des schwedischen Feldherrn fielen Pommern, Thü- ringen und Sachsen in die Gewalt der Feinde. Die fruchtbaren mit blühenden Ortschaften gesegneten Fluren zwischen Oder und Elbe wurden in menschen- leere Wüsteneien umgewandelt, Hungersnoth und Seuchen entvölkerten ganze Städte. Osterburg, Seehausen und Tangermünde wurden von den Schweden zweimal und von den Kaiserlichen einmal ausgeplündert; wer nicht fliehen konnte, der verfiel dem Hunger und der Brutalität der Soldaten. Unsäglicher Jammer lastete auf der deutschen Nation. Der lange Krieg hatte mit seinen blutigen Thaten und schauerlichen Gräuel- scenen in der wilden Soldateska alle Regungen der Menschlichkeit und Nächstenliebe erstickt; die Schweden brachten es durch Grausamkeit und thierische Gräuel dahin, dass ihr Name fortan in Deutschland nur mit Entsetzen genannt wurde. Auch in Pommern trat die Pest auf; in Neu-Stettin forderte sie 750 Menschenleben. — In Hannover kehrte die Pest, und zwar nun zum letztenmale, ein. In der Grafschaft Bentheim wüthete neben den Kriegsdrangsalen die Pest^). Niederhessen wurde im Herbste der Schauplatz jener furchtbaren Verheerungen, welche Graf Otto von Schaumburg vom 20. September bis 23. Oktober an dem armen Lande verübt hat; er zerstörte die Wohn- ungen, nahm die Ernte weg oder vernichtete sie und gab das Volk dem Hunger und der Kälte preis. Zu diesem Unglücke kam die Pest. Zu Rinteln an der Weser starben der Rektor und 60 Schüler der Stadt- schule. Das Kirchenbuch von Olderndorf gedenkt der grössten Sterb- lichkeit im Winter 1636—1637 3). Westfalen wurde auf's Neue von der Pest heimgesucht; ihr Auf- treten hier stand wohl mit jenem am Niederrhein in Berührung. — In Medebach an der Orte grassirte die Pest vom Anfang Juli bis Ende 1) Götze 477; Beckmann II, 252. 2) Görges 1. c. III, 201. 3) Piderit, Schaumburg 129. Zeitschr. f. Hess. Kassel 1865. 15* Oktober so stark, dass 322 Menschen erlagen. Im folgenden Jahre flohen viele Einwohner vor den kaiserlichen Truppen in den "Wald, allein da trat die Pest wieder auf^). — In Altena nahm die Pest binnen vier Monaten 687 Menschen hinweg. Iserlohn wurde durch die Pest so ent- völkert, dass die meisten Häuser leer standen. In Hamm herrschte die Pest heftig, so dass man einen Begräbnissplatz ausserhalb der Stadt an- legen musste. Ferner starben in der Stadt Camen 213 Personen an der Pest; nach geendigtem Kriege war nur die Hälfte der Einwohner übrig. 1637. Einem sehr kalten Winter folgte bald ein der Vegetation günstiger Frühling. Im Sommer verursachten häufige Hagelwetter grossen Schaden; doch wuchs viel und guter Wein. In der Rheinpfalz und in Württemberg blieben wegen Unsicherheit und Aussterbens ganzer Familien viele Weinberge wüst liegen. In Franken kostete das Malter Korn vor der Ernte 16 Thlr., nach derselben 7 11. Die allgemeine Hungersnoth war noch in Zunahme begrifien; es mangelte an allen Lebensmitteln. Das Geld fehlte gänzlich. Die Armuth wurde unter den Leuten so gross, dass man an den Thüren um einen Bissen Brod oder um für das Vieh zugerichtete Trestern bat, um nur nicht Hungers zu sterben. Viele ernährten sich mit Kleie, Wicken, Eicheln, gesottenem Grase oder mit dem Fleische gefallener Pferde und Rinder, welche der herrschenden Seuche erlegen waren. Trotzdem sah sich der Rath in Schweinfurt veranlasst, wegen der schweren Zeit jeden Aufwand bei Hochzeiten zu verbieten. Viele Menschen vergingen vor Hunger; in Marktsteft waren 10, in Sickershausen (bei Kitzingen) noch 18 Bürger übrig. Bei der ungeheueren Theuerung erhielten an der Pforte des Klosters Schönthal im Jagstthale täglich 300—400 Menschen Speise und Trank. Die Hungernden wurden auch in fränkischen Gegenden zu Wege- lagerern, Mördern und Menschenfressern. In Ippesheim (M. Fr.) ward ein Müller zum Mörder, um Menschenfleisch zu verzehren; er büsste dafür in Würzburg auf dem Scheiterhaufen. So soll man in Urfahr bei Wertheim eine Mördergrube, aogefüllt mit menschlichen Gliedern und vielen Kleidern von Vornehmen beiderlei Geschlechts, aufgefunden haben. Aehnliches berichtet Lotichius von Dettelbach. Im Fuldaischen und Koburgischen bildeten sich sogar förmliche Mordbanden, welche in Höhleni oder leerstehenden Häusern wohnten und von diesen aus auf Menschen- raub ausgingen. Zu Anfang des Jahres stellten die Koburger, um an- 1) Seibertz, Quell. 1, 424. gedrohte grosse Gelderpressungeii abzuwenden, dem schwedischen Oberst Pfui und "Wrangel den erbärmlichen Zustand ihres Fürstenthums also dar: „Wie durch Gottes Verhängniss und ausgestandene schwere Kriegs- last nunmehro es dahin gediehen, dass Hunde, Katzen, Maus, Ratten, todtes Aass und andere abscheuliche Dinge dem armen Land-Volk biss anhero zur Speise gedient, begehrten sich auch nochmals gerne mit Trebern, Leinkuchen, Kleyen- und Eichel-Brod gleich denen unvernünff- tigen Thieren zu sättigen, wann sie dess nur genug haben könnten, weilen es aber nunmehro auch daran zu mangeln anfienge, so wollten die Mütter ihre Kinder angehen und schlachten, sich und die übrigen damit zu er- halten. Wie dann täglich das arme Volk mitHaufFen darniederfiele und vor Hunger und Kummer verschmachtete, inmassen verschienene Woche nur eine viertel Meil von Coburg sechs Personen in einem Dorf Hungers gestorben, und lägen noch 50 Personen an Hunger krank, wollten auch die Mittel allenthalben zu kurz werden, dieselben mit dem lieben Brod nothdürfftig zu erquicken." „Wie im vei'gangenen, so schlachteten auch in diesem Jahre Mütter ihre Kinder und verzehrten sie, w^ährend sich andere ertränkten." Der Amtmann von Koburg berichtet u. A., dass von seinen 1300 eingewiesenen centbaren Unterthanen nicht mehr 200 am Leben seien, von denen überdies täglich Nachricht komme, dass diese grösstentheils durch Krankheit, Hunger und Elend verhungerten, stürben oder erfrören ^). Gleiche Höhe hatte die Hungersnoth in Meiningen er- reicht. Die armen Leute machten dort ausserhalb der Stadt auf dem oberen Rasen grosse Feuer und sotten und brieten das gefallene Vieh; man fand oft Leute hinter den Zäunen todt, welche noch das Schind- fleisch oder gesottenes Gras im Munde hatten. Auch in der Rheinpfalz stieg, wie Gottfr. Andrea in seiner Selbst- biographie weiter berichtet, das Elend auf den höchsten Gipfel. „Li der unteren Pfalz", schreibt er, „waren kaum 200 Bauern mehr übrig, da die übrigen theils an Hunger und Pest gestorben, theils von den Kaiserlichen erwürgt oder von den Soldaten weggeschleppt worden waren, wobei die Kroaten die Hauptrolle spielten. Der Hunger zwang auch hier die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln, Gras, Kräutern, dürren und grünen Baumblättern, Fellen von Thieren ; Hunde, Katzen, Ratten, Mäuse, faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen ein- ander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Todten zur Speise hinweg. Haufen Bettler lauerten auf die Vorübergehenden und tödteten sie, wie denn bei Worms eine solche Bande von ihrem Feuer verjagt und in den Töpfen die schaurigen Ueber- 1) Theätr. Eur. III, 777; Hoenn, Cob. 299, 303. bleibsel von Händen und Füssen gefunden wurden." Zu Alzei erwürgten zwei Weiber in der Verzweiflung Menschen, um mit deren Fleische den Hunger zu stillen; zu Otterberg (bei Kaiserslautern) tödtete eine Frau ein Mägdlein, ass davon und verkaufte das übrige als Schweinefleisch. Ja zu Bergzabern erwürgte und briet ein 11 jähriges Mädchen einen Knaben von 5 Jahren und in einem Dorfe fand man einen Bauernknaben, der von seiner verstorbenen Schwester ein Stück Fleisch am Feuer bratete. Gleiche Berichte kommen von Herrnheim bei Dirnstein wie von Hadamar ^). Doch genug solcher Abscheulichkeiten, mit denen gerade die Soldaten, die Urheber derselben, noch am meisten verschont blieben! Für sie wurde am besten gesorgt, sie hatten die Mittel in Händen, ihre Bedürfnisse am ersten zu befriedigen, da ihnen Alles erlaubt war und erlaubt schien. So sagte der Kriegskommissarius Wallmerode den Bürgern zu Neustadt a. d. H., denen ihr letzter Vorrath entrissen worden, „es wäre besser, dass alle Bürger verhungerten, als dass des Kaisers Dienste nachblieben". Und dem Stadtrath zu Worms wie dem zu Oppenheim, welche, aus Mangel an Geld, ihre ganze Hofi^nung auf Ernte und Weinlese imd ihr noch übriges Vieh anboten, um damit die Kontribution zu berichtigen, wurde erklärt, „das gehört ohnedem den Soldaten". Die dämonischen Bundesgenossen Hunger und Pest zogen auch in diesem Jahre durchs Land und betteten zahlreiche Lebensmüde in das Grab. Schwer lastete noch das Elend auf dem württembergischen Volke. Biberach war entvölkert, ein Theil der Bauern wohnte in Wimpfen, ein anderer zog bettelnd umher; das Gras stand ungemäht, die Weinberge lagen unbebaut, die Aecker wüst, aus den Häusern brach man das Holz; sie zerfielen ^). In der kleinen Stadt Calw rafi'te die Seuche inner- halb 7 Monaten 700 Menschen hin. — Wie ganz Schwaben, wurde auch Schwäbisch - Gemünd von der Pest heimgesucht, dazu kamen eine Vieh- seuche und Hunger, Die Leute buken Brod aus Eicheln, genossen Nesseln, Wurzeln und schlugen sich um das Fleisch krepirter Pferde. In allen Häusern wüthete seit 1636 die Pest. An manchen Tagen starben 30, 40 und mehr Menschen. Täglich mehrte sich die Zahl der Pesttodten; die Räder des Pestkarrens überzog man mit Leder, um dem Schrecken zu begegnen. Um zu erfahren, ob in einem Hause noch jemand am Leben wäre, warfen die Leichenträger Erbsen oder Sand an die Fenster. Schaute auf dies hin Niemand zum Fenster heraus, so begaben sich die Träger in die Wohnung und holten die Pestopfer. Man warf 40—50 1) Vgl. Wimmer, Alzei 174. Theatr. eur. III, 770 f. Keller, Drangs. 281. ^j Frohnhäuser, Wimpfen 338. Leichen in eine Grube. Auf dem Leonhardsfriedhofe ist auf einem Grabsteine aus dieser Zeit zu lesen: Ist das niclit eine harte Plag, Siebenundsiebenzig in Einem Grab. Sie starben an der Pest im Jahre 1637. In Amrichsliausen (O. A. Künzelsau) erlagen 51 Personen, im April allein 20, der Pest. — Auf die Hungersnoth folgte in Weinsberg grosse Sterblicbkeit. Es starben 192 Personen. Viele Fremde wurden todt auf der Strasse gefunden. — In Neuenstadt am Kocher (0. A. Neckarsulm) herrschte grosse Hungersnoth; eine Bürgersfrau ward das Opfer derselben. Ein Waisenknabe von Grübingen starb auf der Gasse vor Hunger. Er- höhte Sterblichkeit machte sich auch hier durch den Verlust von 132 Menschenleben geltend. Und nach alledem konnte im Jahre 1640 die Lustseuche daselbst grössere Verbreitung finden. In der bereits vielfach durchseuchten Stadt Frankfurt a. M. starben 1079 Menschen; überhaupt wurden die Reihen der Bevölkerung während dieser Kriegsepoche stark gelichtet, man zählte vom Jahre 1625 bis 1646 bei 34678 Sterbefällen nur 20204 Geburten. Die Hungersnoth steigerte sich in Gelnhausen 1637 dermassen, dass man Leichen ausgrub und verzehrte und dass doch Tausende Hungers starben; die alte Reichsstadt kam durch Pest und Noth so herunter, dass sie im Jahre 1685, bereits 37 Jahre nach dem Kriege, nur erst wieder 200, zum grossen Theile von auswärts eingewanderte Bürger zählte, während sie vor dem Kriege 14 bis 1500 hatte. — In Hessen trat die Pest noch an verschiedenen Orten verheerend auf. So gesellte sich auch im Fuldaischen Gebiete zu den Kriegsgräueln eine Seuche, welche einen grossen Theil der Landbewohner hinraiFte. In Kassel, hinter dessen Wällen eine grosse Menge Fremder Schutz gesucht, hatte sich die Seuche seit Sommer 1635 eingenistet. Auch in diesem Sommer verwandelte sich die Stadt bei der Menge zusammengedrängter Bewohner und dem Mangel an frischen und gesunden Nahrungsmitteln, namentlich aber bei der fortwährenden Gemüthsunruhe und Hoffnungslosigkeit der Leute, in ein Lazareth, worin der Tod reiche Beute machte. In wenigen Monaten starben 1440 Personen, darunter 623 Fremde. Wenn auch in diesem Jahre die fränkischen und bayerischen Lande von Kriegsgefahren nicht unmittelbar betroffen wurden, so hatten doch manche Gegenden iinter den Heimsuchungen der Noth und der Seuchen schwer zu leiden. Im Bayreuther Lande brach im Juli die „Pest" aber- mals aus, um sich über das ganze Gebiet zu verbreiten. Es ward selten ein Haus gefunden, in dem kein Kranker lag; in manchen Häusern wurden alle Bewohner ohne Unterschied des Alters an einem Tage von der Seuche befallen. Oft mussten von einem Acker 3—4 plötzlich er- krankte Schnitter zugleich weggehen und so blieben die Feldfrüchte, aus Mangel an Arbeitern, stehen und verdarben. Viele Menschen starben, besonders jene, an welchen der Hunger nagte. Im August folgten kalte und hitzige Fieber, zu denen sich noch die rothe Ruhr gesellte. — In Hemau in der Oberpfalz kehrte abermals die Pest ein und hielt sie vom 19. August bis 16. November eine unbarmherzige Nachlese; in einem Hause starben 6 und im PfarrsiDrengel 140 Personen. — Auch Tirol, namentlich Salz- burg, wurde von einer Seuche heimgesucht. — Wegen einer Viehseuche opferte man in Oberammergau „St. Petern eine Kuh". In Norddeutschland tobte die entfesselte Kriegsfurie; Hunger und Pest schlichen ihr zur Seite. In der Herrschaft Schmalkalden schnitt man wegen grosser Theuerung die Feldfrüchte schon am 18. Juni ab und die Bauern dörrten sie in Backöfen. Die Noth nahm so zu, dass sich die Armen auf dem Schindanger um das Aas rauften, um den Hunger zu stillen. Diese hässliche Nahrung brachte über 200 Menschen den Tod. Andere fristeten das Leben mit grünem Kohl oder mit aus Leinmehl und Kleie gebackenem Brode. Die Folge davon war ein heftig grassirendes hitziges Fieber (Hungertyphus), an welchem in den Kirchspielen Trusen und Herges fast alle Leute darniederlagen. Das Gothaische Land musste ebenso anhaltend Kriegsnoth und Seuchen erdulden. Im Dorfe Teutleben verfielen 66 Personen der Pest; in Tüngeda erlagen „einer Krankheit, welche der Pest nicht ungleich gewesen", 109 Personen und fehlte es an Leuten, die Todten zu begraben ^). Arnstadt hatte einen Verlust von 307 Personen. Burgtonna zählte 57 Pestopfer; auch Nordhofen erhielt den Besuch der Pest (Brückner). In Oschitz starben 28 Personen an der Pest. — In Langensalza erlagen 1637—39 1700 Menschen der Seuche. Die Pest herrschte auch in Nazza, Langenberg, Pohlitz, Caaschwitz. — Das Dorf Ottenhausen. zählte wieder 106 Todesfälle; 3—5 Leichen wurden in einem Grabe beerdigt^). Zum allgemeinen Jammer gesellten sich, von Kriegs- und ausgehungerten Bettelleuten eingeführt, im Unstrutthale wiederholt ansteckende Krank- heiten, nämlich Maseru, Pocken und Pest. In Bucha starben 38, in Allerstedt 39, in Rossleben 55, in Donndorf 58, in Gehofen gar 117 Per- sonen. Die Pest räumte dort entsetzlich auf. Der Pfarrer Liebgott be- gleitete in der Zeit vom 10. November bis 15. Dezember aus seinem Hause die Leichen seiner Magd und seiner 6 Kinder zum Grabe ^). Auch in Naumburg entfaltete die Pest grosse Thätigkeit. In Zeitz wüthete sie von Johannis bis September und zwar in allen Theilen 1) Beck Iir. 2) V. Hagke 342. 3) Nabe 136. der Stadt und unter allen Ständen. Sie raffte 525 Menschen weg und grassirte bis 1640. — Nachdem die Stadt Gera im Vorjahre von der Pest wieder heimgesucht worden, erstand Anfangs Juni dieses Jahres nach dem Abzüge einer kaiserlichen Einquartirung abermals die Pest. Sie begann mit „Rothem Weh" (Ruhr), welchem 100 Menschen erlagen und warf dann in kurzer Zeit gegen 400 Personen aufs Krankenbett und ins Grab. In Folge von Hungersnoth, Einquartierungen und Anhäufung zahl- reicher ausgehungerter Flüchtlinge in den Städten fand die Seuche in ganz Sachsen reiche Nahrung. Die Pest wüthete im ganzen Lande so schrankenlos, dass dies Jahr „das grosse Sterbejahr" in Sachsen genannt wurde. Im Städtchen Melzen bei Weissenfeis zählte man 77 Pestopfer. — Leipzig wurde in diesem Jahre von nicht weniger als 900 Ob- dachlosen belästigt, die sich noch mit 300 Kranken herumschleppten und die halb zerstörten Todtengrüfte des Leichenhofes zur Herberge sich er- wählten, wo sie von der Stadt kümmerlich ernährt wui-den. Aber ihre Zahl vermehrte sich vornehmlich nach der Wurzener Kreuz- und Marter- woche des nächsten Jahres; denn Leipzig galt trotzdem immer noch für „des Landes bestes Asylum und armer Verzagter, Dürftiger und Kranker Apothek und Brodkammer". Innerhalb dreier Monate erlagen 2500, im ganzen Jahre bei einer Bevölkerung von etwa 15 000 Einwohnern 4229 Menschen ^). — Taucha verlor binnen 5 Tagen beide Prediger durch die Pest. —Zu Grimma trat die Pest mit erneuter Stärke auf. Vom 22. Oktober bis zum Februar 1638 musste die Landesschule geschlossen werden. Die Seuche nahm auch hier durch Zuströmen vieler armer Landleute zu, die dort Schutz suchten und sich in Ställen, Gärten und auf den Kirchhöfen aufhielten, aber durch Mangel an Nahrung und Pflege erkrankten und elend dahinstarben. Manchen Tag wurden 30, 70 bis 80 Leichen be- graben, „mehrentheils armes, ausgewichenes Landvolk", das in zwei grossen Gruben auf dem Leichenhofe eine Ruhestatt fand. Bis zum September 1637 starben über 1000 Einheimische. Nach einem Berichte des Rathes „hätten über 3000 Menschen, Fremde und Einheimische, meistens Hungers sterben müssen". — In der Stadt Leisnig, welche mit vielen Flüchtlingen aus den Dörfern angefüllt war, grassirten seit Jahresbeginn Fieber, Haupt- krankheiten, Durchfall u. s. w., welche viele hunderte Menschen, meistens Fremde, aufrieben. Das Elend erreichte den höchsten Grad, als am 20. März der schwedische Oberst Schlange die Stadt, nachdem er sie mit List gewonnen, in Schutt und Asche legte. Dasselbe Schicksal widerfuhr den Städten Oschatz, Mügeln, Würzen, Colditz und anderen Orten. Dabei 1) Engelhardt, Denkw. 11, 59; Leoahardi 252 f. räumte die Pest so auf, dass über 1200 Bürgersleute und eine grosse Zahl Fremder dem Tode verfielen. Nach Kamprad starben innerhalb 6 Monaten 2200 Personen und blieben nicht mehr als 29 Ehepaare übrig; die meisten Leichen wurden heimlich begraben. In den umliegenden Dörfern Bockelwitz, Gross- und Kleinpelsen herrschte die Pest so, dass das wenige Getreide auf dem Felde nicht eingebracht werden konnte und verdarb. Im Pfarrsprengel Altleisnig starben 388, in jenem von Trag- witz 177 Personen. Bald nach Anfang des Jahres hob die Pest in Bohlen und öeidewitz an und verbreitete sich mit reissender Geschwindigkeit über alle Dörfer der beiden Pfarreien. Im November Hess bei eintretender Kälte das XJebel nach, um dann im Dezember ganz aufzuhören. Auch in der Pfarrei Gersdorf herrschte die Seuche und zwar stärker als vor 7 Jahren. Der kleine Pfarrsprengel Sitten zählte 66 Todte, wovon ein Theil der Pest erlegen war. In Altenhof zählte man vom April bis 23. Oktober 168 Todesfälle, meist Opfer der Pest. In der Pfarrei Kiebitz, in welcher im Vorjahre 23 Personen gestorben waren, erlagen nun vom Februar bis November 325 Personen; in der Pfarrei Zschaitz starben 294 Personen (statt der normalen Zahl ZO—40) und waren hierbei be- sonders die Dörfer Möbertitz, Muschitz, Ottewiz, Gosslitz, Trebanitz und Kattnitz betheiligt. — In den benachbarten Städten sah es ebenso traurig aus. In Colditz, das seit 6 Jahren grosse Verluste erlitten hatte, starben im Sommer dieses Jahres abermals 352 Menschen; die Bevölkerung schmolz so zusammen, dass man im nächsten Jahre nur 28 Todesfälle zählte^). Döbeln hatte in Folge der grösstentheils seit Anfangs September vor- wiegenden Sterblichkeit einen Verlust von 674 Menschen zu beklagen. Das Elend in Oschatz erreichte den höchsten Gipfel durch die vom 24. August bis Weihnachten andauernde Pest. Ueber 2000 Einheimische und fremde Flüchtlinge wurden hingerafi't und wer dem Hunger, den Fieberkrankheiten und der feindlichen Gewaltthätigkeit entgangen war, der wurde ein Opfer der Pestseuche. Kaum 100 Eheleute sollen am Leben geblieben sein. — In Mügeln an der Döllnitz brachen bei der starken Einquartierung in Stadt und Land und dem ängstlichen, unruhigen und unreinlichen Leben schon im Januar allerhand Krankheiten, hitziges Fieber und Hauptkrankheiten aus, welche von Tag zu Tag überhand nahmen und viele Menschen hinwegrissen. Dies dauerte von Pfingsten bis einige Wochen nach dem Altmügelnschen Jahrmarkte. Nach dem Markte griff die Seuche in Stadt und Land gewaltig um sich. Viele zogen fort, starben aber auch zum Theil auswärts. Es starben über 1000 1) C. Schneider 1. c. 46, Kamprad 46, Hingst 1. c, Bellger 94; Abr. Thammii, Ann. Coldic. ap. Mencken II, 719. Menschen, ohne die Todten in Altmügeln und den eingepfarrten Dörfern. In der Stadt lebten noch 41 Paare. Auch im sächs. Erzgebirge herrschte starke Sterblichkeit, in den meisten Fällen hervorgerufen durch Typhus, welcher in Folge der höchst mangelhaften, ungesunden Nahrung unter den in fortwährender Angst und Noth lebenden Bewohnern ausbrach und Tausende hinraffte^), — Nachdem im Jahre 1635 in Dresden nur 79 Personen der Pest zum Opfer gefallen waren, erlagen ihr in diesem Jahre wiederum 1096 Men- schen; weiterhin trat sie, wenn auch gelinder, noch in den Jahren 1640 und 41 auf. — Halle erlitt einen Verlust von 3330 Einwohnern grössten- theils durch die Pest. Der Magistrat gab eine von den beiden Aerzten Oheim ,und Gramann verfasste Pestordnung und „eine doppelte Kur, nämlich eine Galenische und eine chymische" bekannt. — In Eilenburg, wohin sich eine Menge der ihrer Habe beraubten Bewohner der zerstörten Nachbargemeinden geflüchtet hatte, brach unter der etwa 9000 Köpfe zählenden Volksmenge die Pest aus; sie verbreitete sich so schnell, dass am 3. Tage nach dem Ausbruche 40 Menschen, bald aber 60 und 70 oft täglich starben. Die meisten Leichen wurden in Gruben ausserhalb der Stadt eingegraben. Vom Kathspersonale blieben zwei, von den Kirchen- dienern nur einer am Leben. Nach Angabe des Todtengräbers beerdigte er in diesem Jahre 8200 Todte aus der Stadt und Fremde; hiervon hatte ■ Pfarrer Mart. Rinkart allein 4480 zu Grabe geleitet. (Vom 22—30. April sind 81 Personen, im Mai 431, im Juni 606, im Juli 967, im August 351 beerdigt worden. Die schlimmste Woche, vom 2 — 8. Juli, zählte 273 Todesfälle.) Am Jahresschlüsse Hess mit der Kälte die Seuche nach, ihre Arbeit dem Hunger übertragend, welcher noch 1638 gewaltig auf- räumte. — Am 8. Mai wüfchete der schwedische General Banner an der Spitze seiner Horden in der Stadt Beigern mit Feuer und Schwert. Dem Brande folgte abermals Hungersnoth und Pest, so dass 765 Personen ohne die Eingepfarrten und Fremden starben und nur 16 Ehepaare, 14 Kinder und einige vereinzelte Personen Zeugen des weiteren Elends blieben. Ebenso wurde die Stadt Dommitzsch von Banner bis auf 3 Häuser eingeäschert^). — Zu Mühlberg a. d. Elbe wurde wegen der abermals grassirenden Pest der von Egidy ab 8 Tage dauernde Wollmarkt eingestellt. In der von den Kroaten besetzten Stadt Delitzsch verbreiteten sich im April die gefährlichsten Krankheiten; ganze Familien, heimische wie fremde starben; die Vermögenderen verliessen die erschöpfte, au den Rand des Verderbens gekommene Stadt. Hatte man im Vorjahre bereits 357 Todte gezählt, so stieg nun die Sterbeziflfer auf 881. Zu Anfang 1) Hingst, Freiberg. Alterth. Ver. 16. 2) Petri, Nachbarst. Torgau's 17 f. des folgenden Jahres erreichten überdies die Getreidepreise eine solche Höhe, dass Viele Hungers starben; noch im Jahre 1639 erlagen 157 Menschen dem Elende und den ansteckenden Krankheiten, obgleich die Bevölkerung mehr als die Hälfte verloren hatte. — In Dessau und in den benachbarten Dörfern zeigte sich die Pest im Mai und währte sie bis in den November. Am 81. Mai starben 8 Personen an der Pest, am 8. Juni 8, am 15. 9, am 16. 13, am 26. Juni 10; in der Mildvorstadt starben mehrere Häuser aus; in der Sandvorstadt (jetzt Steinstrasse) trat die Seuche besonders heftig in den an der Mulde gelegenen Häusern auf. Im Ganzen starben in diesem Jahre 650 Personen. — Im Dorfe Stolzen- hain und in den nächsten Filialen (bei Schweinitz an der"Elster) herrschte im Juli „die grosse Staupe, Pestilenz und andere Krankheiten". An der „Schwulst" und Pest erlagen gegen 60 namhaft gemachte Personen; viele an der Hauptkrankheit, ohne die zahlreichen Leute, welche dem Hunger und Elend verfielen^). — Auch die Stadt Magdeburg wurde von Theue- rung, Einquartierungslast und der Pest heimgesucht. — In Jüterbock trat im Sommer die Pest verheerend auf; sie ergriff vorzüglich Viele, welche aus der jetzt durch die Schweden verwüsteten Mark sich hierher geflüchtet hatten, und die nun hier starben und zu Hunderten in ein Grab ge- worfen wurden. Fast die ganze Geistlichkeit, wie auch der Raths- und Schöppenstuhl starben aus. (Im J. 1664 zählte man nur noch 1414 Ein- wohner.) In der Niederlausitz herrschte Hungersnoth und an vielen Orten die Pest. In Luckau wüthete letztere so, dass 500 Einwohner umkamen. Ein altes Kirchenbuch führt folgendes Chronostichon an: Mors XerXe sVperlor haVt CeDIt noVo anno. Auch Guben an der Neisse litt aber- mals schwer durch die Pest. — In Frankfurt a. d. O. trat die Pest zwar massig auf und wurden nur einzelne Familien empfindlich heimgesucht, doch lastete sie nebst grosser Hungersnoth noch im nächsten Jahre auf diesen Gegenden. — Die Stadt Müncheberg musste alle Kriegsdrangsale erdulden, Plünderung, Hungersnoth und die Pest, welche viele Menschen hinrafften ^). Im Städtchen Königswalde in der Neumark hatte die Pest in den Jahren 1637 und 38 schrecklich gewüthet und fast die ganze Einwohner- schaft hingerafft^). — Auch Berlin wurde wiederholt von der Pest be- troffen. — In Spandau dagegen gewann die Pest eine kaum glaubliche Ausdehnung, so dass die Leichen nicht schnell genug bestattet werden konnten; der Graf Adam von Schwarzenberg, welcher damals die Festung 1) Geschichtsbl. f. Magdeburg 1878, 290. 2) Telzkovii Threnologia Buco- viana 37. ''i) Wedekind, Sternb. Kreis-Chron. 155. besetzt hielt, liess sieh täglich vom Rath berichten, welche Häuser von der Pest angesteckt wären; die Seuche zog sich bis ins nächste Jahr hinüber. In der Altmark stellte sich zu allem Elende noch eine Viehseuche ein. Gegen Ende des Sommers brachten sächsische Reiter viel krankes Rindvieh aus Pommern und Mecklenburg nach Tangermünde, Stendal u. a. O.; dasselbe krepirte am dritten Tage und steckte auch das mär- kische Vieh an, so dass nicht viel davon übrig blieb ^), Wriezen a. d. Oder wurde 1637 — 38 von einer Seuche heimgesucht. — Da Mecklenburg eine Einquartierung von 3 schwedischen Regimentern auferlegt erhalten und es überdies vielem flüchtigen Landvolke Schutz ge- währt hatte, so entstand grosse Hungersnoth und daneben eine mörderische Seuche, welcher in kurzer Zeit unglaublich viele Einwohner und Flücht- linge erlagen, so dass man die Todten kaum beerdigen konnte. Viele Leichen wurden in verödeten Häusern flüchtig eingescharrt^). Die Pest verbreitete sich zuerst unter dem Vieh auf dem Lande, trug aber her- nach ihr Gift auch auf die Menschen über. — Im folgenden Jahre trat sie in Wismar anfangs gelinde, später jedoch sehr heftig auf. — Die kleine Landstadt Lage wurde von Hunger und Pest aufgerieben und schliess- lich, am Pfingsttage 1638, von den kaiserlichen Völkern grösstentheils in Asche und Trümmer gelegt. Im Jahre 1641 waren von 4000 Ein- wohnern mit Einschluss der Landgemeinden nicht über 50 Seelen übrig geblieben ^). In Güstrow forderte die Pest 20 000 Opfer; die Mehrzahl derselben mögen die in die Stadt geflüchteten Landleute ausgemacht haben. In Folge von unerhörten Kontributionen und Verwüstung der Aecker ver- schwanden Korn und Vieh aus dem Lande und stieg der Preis des Ge- treides auf das Zehnfache, z. B. der Preis des Roggens von 12 auf 120 Schilling. Der Hunger kehrte in seiner gräulichsten Gestalt ein und verhängte über manche Städte namenloses Leiden^). Pommern ward wiederholt zum Schauplatze schrecklicher Verheer- ungszüge der Kaiserlichen wie der Schweden. Diese raubten und plün- derten bei Freund und Feind, so dass die Noth und das Elend der Ein- wohner ins Unglaubliche stieg. Da auf den Fluren Stargard's 1637 und 1638 hätte weder gesäet noch geerntet werden können, so wuchs der Mangel an Lebensmitteln zu einer solchen Höhe hinan, dass die Unglück- lichen Gras, Ratten und selbst das Aas vom Schindanger genossen, viele aber vor Hunger starben oder pestartigen Krankheiten erlagen. Um so 1) Beckmann, Brandenburg. -) Cordes Chron. von Parchim. 3) Jahrb. f. Mecklenb. Gesch. 1886. 272 f. 4) Pentz, Mecklenb. trauriger war das Loos derer, die ausserhalb der Stadt den umherziehenden raublustigen Horden der Schweden und Kaiserlichen in die Hände fielen; sie mussten alle Qualen erdulden, welche die Bestialität nur zu ersinnen vermag. — In Freienwalde erlagen der Pest abermals (s. S. 112) 510 Men- schen. — Die Stadt Pyritz, welche 1630 von den Kaiserlichen ange- zündet und geplündert, dann 1633 von den Schweden und 1637 noch- mals von den Kaiserlichen, und zwar so gründlich gebrandschatzt worden war, dass fast nichts übrig blieb, wurde von über 2000 Menschen ver- lassen ^). In Posen trat wieder die Pest auf. 1638. Einem sehr kalten Winter folgte ein angenehmer Frühling; in Württemberg litt am 6. Mai der Weinstock durch Frost; in Franken blülite der Wein am 20. Mai; der Getreidewinterbau gerieth sehr wohl und das neue Getreide war anfangs wohl- feil; in Württemberg litt die Sommerfrucht. Nach Berichten aus Franken (Delius Samml. V.) wie aus der Pfalz hielt die Theuerung bis zur Ernte an; in Franken flohen wegen Unsicherheit auf dem Lande viele Leute in die Wälder. In Bayern tauchte in den schwergegrüften Städten Amberg und "Weiden die Pest von Neuem auf, wenn auch nur auf kurze Zeit. Burglengenfeld an der Nab wurde vom schwedischen Oberst Rose ein- genommen und geplündert; der Markt Regen wie Geisenhausen an der kleinen Vils (N. B.) wurden in Asche gelegt; Deggendorf hatte wieder- holt unter der Raubgier der Schweden zu leiden. Grosse Noth brach über Breisach in Baden herein, als Herzog Bernhard von Weimar am 5. Juni die Stadt belagerte. Wie hoch in der eingeschlossenen Stadt das Elend gestiegen, zeigen folgende Aufzeich- nungen eines Offiziers: Ein Sester Waizen galt 8 Ducaten; bei zuneh- mender Hungersnoth kostete ein Sester Waizen 40 bis 100 Ducaten; ein Sester Roggen 40 fl., Gerste 9 fl., Haber 4 Ducaten und stieg bis 50 ü., ein Pfd. Brod kostete 18 Batzen, ein Pfund Schinken 4 fl., ein Pfd. Pferdefleisch 5 fl., ein Pfd. ungebutzte und gekochte Pferdgedärme 8 Schill., ein Pfd. Hundefleisch 5 Batz., eine Maus 5 Batzen u. s. w. Die Hungersnoth war so gi'oss, dass man auch Hand an die Leichen legte. Am 10. Dezember hatten einige Bürger ihre Kinder verloren und war damit der Vei-muthung Raum gegeben, die armen Kleinen seien vom Hungerteufel geraubt und auf die Schlachtbank gelegt worden. Manche Leute suchten sich 4—5 Wochen lano- mit warmem Wasser und Salz 1) Kratz, Pommern. zu erhalten, die sind jedoch „hernach gelingen gestorben. Derselben Köpf und Füsse sind völlig verschwollen." Oft fand man auf den Strassen 10 Todte, abgesehen von jenen, die auf Miststätten oder anderen abge- legenen Orten gestorben. Gefangene, im Stockhause verwahrte weimarische Soldaten, litten so grosse Noth, dass sie die vor Hunger gestorbenen Kameraden roh auffrassen. Die Todten wurden aus der Erde wieder ausgegraben und aufgezehrt. Nachdem alle Lebensmittel verbraucht worden waren, wurde die Stadt am 18. Dezember übergeben ^). Die aus der Festung Breisach mit dem Feldzeugmeister Joh. Heinrich von Reinach abziehende Besatzung wurde auf 9 Schiffen nach der Rhein- brüeke bei Strassburg gebracht. „Es war ein trauriger Anblick, diese armen, elenden, verhungerten Menschen anzusehen, die mehr Geistern und Gespenstern als lebendigen Menschen gleich sahen" ^j. Das Elend erreichte auch in Stuttgart durch neue Einquartierungen eine namenlose Höhe. Am 30. März kam eine Schaar Schweden unter Oberst Tupadel; die zog am 14. April ab, allein am 21. April drangen Kaiserliche ein, um bis anfangs Oktober zu bleiben. Als sie abzogen, da Hessen sie 6000 Kranke und Verwundete zurück. In dieser Zeit starben viele Stadtbewohner den Hungertod. In der Rheinprovinz trat wieder eine Seuche auf. -In Wadenheim an der Ahr lagen fast zwei Drittel der Einwohner erkrankt darnieder^). Wegen Misswachs lastete auf Thüringen eine unerhörte Theuerung und Mangel an allen Lebensmitteln, so dass viele Menschen Hungers starben. — In der Koburger Stadt Rodach wüthete die Pest von Wal- biu-gis bis Weihnachten, 360 Einwohner raffte sie hinweg^). — Langen- berg wurde abermals von der Pest heimgesucht. Eyba (Rudolstadt) starb aus. — Das Gothaische Land litt noch schwer unter der Geisel des Krieges. In Ballenstedt waren von 660 Einwohnern nur noch 240, von 139 Häusern nur 54, von 227 Kühen nur eine übrig. Eine gleiche Ein- busseerlitt Gross-Rettbach, von 360 Einwohnern waren noch 56 im Orte; in Molschleben waren von 1144 Einwohnern nur 466 geblieben. Im Markte Werningshausen raffte der in diesem Jahre wüthende Hunger- typhus 276 Menschen hin^). Auch in Niederhessen wurden durch Mangel, Angst und Elend die Krankheiten anhaltend genährt und nur wenige gesunde Menschen an- getroffen. Wie klein der Rest der Bewohner von Eschwege an der Werra war, lässt sich daran erkennen, dass 1638 nur 16 Kinder getauft wurden. 1) Vgl. Rosmann-Ens, Gesch. v. Breisach 1878. 2) Waltlier, Fragm. 3) Ann. d. h. V. f. Niederrhein. 28. 4) Grüner, Koburg 230. 5) Dr. Beck 1. c. — In Witzenhausen, wo in etlichen Wochen 700 Menschen der Pest er- legen waren, standen nur noch 20 Häuser bewohnt^). Um Torgau herrschte schreckliche Noth, der Scheffel Korn (grosses Mass) galt 4— 5 Thaler und war überhaupt für Geld nicht leicht zu haben. — Wegen neuen Auftretens der Pest in Kalbe flohen viele Ein- wohner nach Köthen, Wittenberg u. a, 0. — In der Stadt Dannenberg an der Jeezel herrschte die Pest 2). In der ganzen Mark, Mittel- und Neumark, fand die dort anhal- tende Pest furchtbare Verbreitung, so dass selbst der schwedische Feld- herr Banner, welcher die bedrängte Stadt Erfurt von den sie belagernden kaiserlichen Truppen befreien wollte, es für gerathen fand, der Pest und der allgemeinen Noth halber von Pommern aus einen Umweg durch Sachsen zu machen. Die Stadt Perleberg in der Altmark wurde vor ihrer Plünderung durch die Kaiserlichen (24. Okt.) von der Pest so hart mitgenommen, dass eine grosse Menge der Einheimischen und Flücht- linge den Tod fand. — In Lenzen begann die Pest um Johannis und und forderte gegen 400 Opfer ^). — In Prizwalk begann die Pest am 28. Mai und währte bis Martini; der Rath starb bis auf zwei Personen aus; im Ganzen erlagen 1500 Einwohner, ohne die zahlreichen flüchtigen Bauern und Soldaten. In Wittstock zählte man 1599 Opfer der Pest und anderer Krankheiten. Auch in Havelberg trat die Pest, jedoch massig, auf. — Nach Gransee, in dessen Nähe sie herrschte, wurde die Pest am 21. Mai durch eine Frau aus Liebenwalde mit Betten einge- schleppt; die Frau starb nach wenigen Stunden; in kurzer Zeit starben in der Stadt, nach Aussage des Todtengräbers, gegen 1000 Menschen; im Kirchenbuche sind nur 551 Menschen verzeichnet. Die benachbarten Dörfer Schönermark, Gross-Mutz, Sonnenberg und Merseberg starben ganz aus. Durch einen angesteckten Soldaten kam auch die Pest auf's Neue in die zur Hälfte verödete Stadt Neu-Ruppin. Nach dem Kirchenbuche forderte die Krankheit 600 Opfer; wie viele unaufgezeichnet in die immer geöffneten Todtengrüfte hinabgeworfen worden sind, ist nicht zu be- stimmen. Die grösste Heftigkeit zeigte die Seuche in den Monaten Juli und August. Dann wurde sie gelinder, aber an ihre Stelle traten schwere Kj-iegsdrangsale. — Bei allem Elend brach in Prenzlau die Pest, ein Jahr später entsetzliche Hungersnoth aus. Die Leute „waren in die traurige Nothwendigkeit versetzt, sich der Hunde, Katzen, umgefallener . Pferde, des Grases, der Kohlstrunke als der Speise zu bedienen, aus Kleie, Kaff und Eicheln Brot zu backen und diese unnatürliche Speise 1) Gesell. V. Allendorf 66. 2) Manecke, Lüneb. I, 197. 3) Beckmann 1. c. mit Häringslacke zu salzen. Ja sogar, was entsetzlicli zu sagen — sie haben in der Stadt und auf dem Lande einander angefallen, ermordet und verzehret". (Nach dem Berichte des Ratbes von Prenzlau vom 30. Januar 1639.) ^) — In dem Städtchen Lychen blieb in Folge von Hunger und Pest, mit Inbegriff der hinein geflüchteten Dorfbewohner, nur noch ein Drittheil der schon sechs Jahre zuvor durch die Seuche auf 1700 Seelen zusammengeschmolzenen Bevölkerung erhalten. Die Dörfer der Umgegend wurden ebenso entvölkert; so blieben in Angermünde von 700 Familien kaum 40 übrig. In gleicher Weise wurde die Stadt Schwedt heimgesucht ^). Ganz Mecklenburg hatte besonders in diesem Jahre unter den Schrecken des Krieges, des Hungers und der Pest zu leiden, so dass das Land dem völligen Untergange nahe gebracht wurde; es glich einer Einöde. Fast alle Landgüter und Dörfer waren niedergebrannt und ver- wüstet, die Felder nicht bestellt, die Thiere sämmtlich geschlachtet oder durch die Seuche gefallen, die Menschen gestorben. Die Stadt Stern- berg, durch die Seuche ausgestorben, stand ein halbes Jahr leer; im ganzen Amte Gnoyen lebten nur noch 2 Bauern und 3 Kossäten. Die wenigen übrig gebliebenen Menschen suchten das Leben durch Bettel und Taglohn in grösseren Städten, besonders in Rostock, zu fristen. — Parchim war von den Schweden völlig ausgeraubt worden, so dass den Bewohnern nur das nackte Leben blieb, das sie durch Genuss von Hun- den, Ratten, Mäusen und anderer unnatürlicher Speise zu fristen suchten. Die Leichen der dem Hunger Erlegenen bedeckten die Strassen. Am 23. Januar 1639 schrieb Herzog Adolph Friedrich an den kaiser- lichen General Gallas, „dass an unterschiedlichen Orten die Eltern ihre Kinder gefressen und ein Mensch vor dem andern nicht sicher ist, wie solches mit vielen unterschiedenen Exempeln zu erweisen" ^). — Im August brach in Rostock die „rothe Ruhr" aus, zahlreiche Opfer fordernd. — Die Pest zog durch das ganze Land und tödtete, namentlich in den Monaten August und September, die Hälfte aller Lebendigen. Zu Röbeln erlagen der Pest alle vier Prediger, ja auch alle der Umgegend, mit alleiniger Ausnahme des Pastor Fabricius zu Vipperow*). — In Neubrandenburg, wohin sich das Landvolk geflüchtet, sollen, nach Angabe des Kirchen- buches, 8000 Menschen an der Pest gestorben sein. „Anno 1638", sagt eine handschr. Nachricht, „ist abermals eine grosse Pest entstanden, da- durch viele Tausend Menschen an Bürgern, Ausheimischen, Bauern imd Soldaten aufgerieben, auch alles Vieh, sowohl hier als auch in der um- 1) Seckt, Prenzlau 1785. 2) Thomae, Schwedt 151. 3) BoU, Mecklenb. II, 125. 4) Jahrb. f. Mecklenb. Gesch. 1847, 1851, 1852. 16 liegenden Nachbarschaft weggefallen und gestorben, so dass fast kein Haupt übrig geblieben." In Anklam wurden viele Personen eine Beute der Pest, so dass kaum der dritte Theil der Bürger übrig blieb. Die Stadt erlitt überdies grossen Verlust durch eine heftige Viehseuche. Die in der ganzen Gegend verbreitete Pest raffte auch in Bützow 261 Menschen hinweg luid bewirkte so den Untergang der Stadt ^). In Massow forderte die Pest 400 Opfer. Ebenso hauste sie in Naugard 1638 und 1639. Plate verlor zur selben Zeit über 200 Menschen^). — Die gesammte, aus 328 Bürgern beste- hende Einwohnerschaft von Ueckermünde soll durch die auf den Krieg und die Einnahme der Stadt durch die Schweden folgende Pest bis auf 8 Männer und 7 Wittwen aufgerieben worden sein. In Zachan erlagen angeblich 450 Menschen der Pest^). In Meseritz (Posen) herrschte abermals die Pest, jedoch mehr in der Vorstadt; die meisten Einwohner suchten durch Flucht ihr Leben zu retten. 1639. Im Früjahre litten die Saaten wie der Weinstock durch Frost; der Sommer war nass und gewitterreich. Die Ernte fiel in manchen Gegenden gut aus, iu Nord- deutschland dagegen konnte wegen Mäusefrass vielfach die Aussaat nicht einge- heimst werden. In Franken wuchs wenig', in der Pfalz viel, allenthalben aber sauerer Wein, „Holzapfelbrühe" genannt. Welche Lücken durch die Gräuel des Schwedenkrieges in die Reihen der Bevölkerung Frankens gerissen wurden, erhellt aus einigen Angaben. Die Pfarrei Uhlfeld bei Forchheim hatte früher gegen 200 Haushaltungen, in diesem Jahre in Uhlfeld selbst noch 5, in TragelhöchStadt 2, in Vog- gendorf 1, zusammen 8 Haushaltungen; zu Demantsfurt wohnte Niemand. "Wo Kämpfe vorgefallen waren und ganze Orte in Asche lagen, da herrschten ohnehin nur Grabesstille, Schauern aller Art und Wölfe. Zu Neustadt a. A. drangen diese Bestien in die Stadt und fielen Menschen an. Am Schlüsse eines Berichtes über die Verwüstungen im Stifte Bam- berg heist es: „Was in vielen Aemtern an Häusern und Stadeln nit verbrannt, sind die armen Leut durch Hungersnoth gestorben, verdorben, ins Elend vertrieben, erbärmlich niedergemacht, und das nit zu beschreiben, sonderlich deren etliche lebendig mit Ketten angespannt geschunden, jäm- merlich ermordet und hingerichtet worden, dadurch die übrigen Gebäu vollends zu Grund gangen und eingefallen, wie dann die meisten Dörfer 1) Ballhoru, Oranienb. ^) Gratz 1. c. 3) Brüggemann, Pommern, I, 15. in ernanntem Stift noch öd und nit mehr können bewohnt werden, aber in dieser Verzeichniss nit mitbegriffen." In gleicher Weise hatten die 15 Oberämter des Fürstenthums Ansbach gelitten. Burgbernheim wurde noch in diesem Jahre geplündert, grösstentheils zerstört und verbrannt. Es starben nur 10 Personen in diesem Jahre, da nicht viel mehr übrig waren. Burgthann (Bez. Altdorf), welches unter dem Piccolomini'schen Durchzug Vieles auszustehen gehabt, sah mehr einer Wildniss, als einem bewohnten Lande gleich. Feuchtwangen und Gunzenhausen waren ganz ausgesogen, so dass man in letzterem Orte die Kirehglocken abnehmen und verkaufen musste. Die Einwohner des Bezirkes Hohentrüdingen waren entwichen. In Kadolzburg waren in diesem Jahre noch 6 Haus- haltungen zu finden. Schwabach litt an Allem Mangel. Stauf (Bez. Greding) hatte nicht einen haussässigen Menschen mehr; Alfershausen und mehrere seiner Ortschaften lagen in Schutt und Asche vergraben; der ganze oberamtliche Distrikt war nicht im Stande, nur die von Roth ihm zugeschickten vier Mann vom Wrangel'schen Regimente zu verpflegen. Uffenheim hatte ausserordentlich gelitten. In Wassertrüdingen fand man kaum mehr 20 bewohnte Häuser und Windsbach war durch Plünder- ungen so ruinirt, dass es in diesem Jahre nicht mehr als drei Reiter im Winterquartiere verpflegen konnte. Kurz, die meisten Dörfer im Ans- bachischen waren leer und verödet, die Waldungen verwüstet, die Mühlen verdorben, die Viehzucht lag darnieder, Noth und Elend wohnten überall. Die Wiesen und Felder wurden durch Ueberhandnahme des Wildes, beson- ders der Wildschweine, ruinirt. Von Neuem tauchte die Pest in Böhmen auf, da suchte sie nament- lich das Teplitzer Thal heim; auch wurde sie sowohl in der Richtung gegen Passau als gegen die OberpfaL hin verschleppt. Sie herrschte in Neustadt a. d. W., welches überdies Einquartierung zu tragen hatte, vom Oktober bis Januar 1640; der Ort wurde am 3. Oktober bannisirt, und somit galten Verkehr und Handel mit demselben als verboten. — In Nürnberg stellte sich im April die fleckende Krankheit (Scharlach ?) unter vielen Kindern wie auch alten Leuten in heftigem Grade ein, so dass ihrer viele starben. Die trotzdem geringe Zahl der Todten im ganzen Jahre, 1145, lässt sich nur dadurch erklären, dass die Bevölkerung durch die Seuchen bereits bedeutend verringert worden war, wurden ja auch nur 1302 Kinder geboren. Aus Baden hören wir nur von einer Seuche im Lörracher Kreis. Im Januar zog das Heer des Herzogs Bernhard von- Weimar, unter Zu- rücklassung von Besatzungen, aus dem Breisgau über den Rhein in den Sundgau. Dafür kam ein anderer ungebetener Gast, die Pest. Sie wüthete den ganzen Sommer hindurch und raffte u. a. zu Neuenburg am Rhein 16* in zwei Julitagen 400 Mann hinweg, darunter keinen Geringeren als Herzog Bernhard von Weimar (18. Juli). „lieber die Ursache der Krank- heit des Herzogs, der kurz vorher wahre Grausamkeiten an dem Volke und der katholischen Geistlichkeit verübt hatte, melden die Historici, dass kurtz vor seinem Ende einige schwartze Flecken an seinem Leibe sich haben sehen lassen, woraus einige ein hitziges Fieber hätten machen wollen, doch hätten die meisten dafür gehalten, es sei ihme mit Gifft vergeben, welches ein Medicus aus Genua, Nahmens Blandino, ihme im Trunk beygebracht" (Generalbeschreibung von Ober- und Niederelsass von Joh. Gabr. Doppelmayer 1734, 77).— In Württemberg wurde Crailsheim durch eine Viehseuche hart mitgenommen. Norddeutschland litt mehr unter der furchtbaren Zunahme der Hungersnoth als unter den vom Elende heraufbeschworenen Seuchen, Hungertyphus. Zu Weimar stellte sich im Juli die Pest ein, um 189 Opfer zu fordern; sie hielt bis 1640 an. Zu Apolda brach, wohl in Folge vor- ausgegangener totaler Ausplünderung, der Hungertyphus aus; es starben 128 Personen, mindestens 15*^/o der Bevölkerung. — In der Stadt Alten- bürg, mehr aber auf dem Lande, herrschte grosses Sterben unter Menschen und Vieh, so dass die Todtengräber imd Träger viele Arbeit hatten. An manchen Orten wurden grosse Gruben mit gefallenem Vieh angefüllt und verscharrt. In Altenburg erlagen vom 23. August bis Weihnachten 43 Personen. — In Ronneburg starben 39 Menschen; ebenso herrschte die Pest in Jena und Grosssaga 1639/41, in welchem Zeiträume 212 Personen jener Seuche erlagen. Meerane wurde von der im Lande ent- standenen Theuerung und Noth schwer heimgesucht; man suchte mit Aas und Gras das Leben zu fristen. Viele Einwohner erlagen dem Hunger, andere entwichen dem Elende durch Auswanderung. In der Stadt Crim- mitschau, welche am 19. Februar durch Nachlässigkeit der schwedischen Einquartierung zur Hälfte abgebrannt war und durch Brandschatzung und Raub schrecklich gelitten hatte, kochte man Gras, Fleisch von Aesern, Hunden, Katzen, um sich des Hungers zu erwehren. Doch starben gar Manche den Hungertod. Wegen Viehmangels zogen 5 Männer den Pflug, während der 6. pflügte. — Am 20. März rückten die Schweden in Chemnitz ein, um hier auf's schrecklichste in der Stadt und Umgegend zu hausen; auch die Pest hielt von Neuem ihren Einzug. — Ferner kehrte zu Lockwitz bei Dresden die Pest wieder ein. — Die von einer schwachen Mannschaft besetzte Stadt Pirna wurde am 23. April 1639 von Banner mit Sturm genommen. Die Grausamkeiten, welche die Sieger verübten, übersteigen alle Beschreibung; viele hundert Bürger wurden auf den Strassen niedergehauen, erdrosselt oder mit dem Schwedentrunke traktirt; die Hauptkirche, in welche sich viele Bürger mit Weibern und Kindern geflüchtet hatten, ward erbrochen, die Weiber wurden geschändet, die Kinder ermordet, um Schonung Bittende auf den Altarstufen erwürgt. In Schlesien fand die Pest eine räumlich beschränkte Verbreitung. Nach einer handschriftlichen Chronik soll nämlich in Patschkau an der Neisse, wie in Wilmsdorf, eine Pestseuche gewüthet haben. Im Unstrutthale gesellte sich zur Hungersnoth in vielen Orten die Pest. In Gehofen starben, nachdem der Verlust im J. 1637 schon gross gewesen, im Laufe dieses Jahres noch 47, in Bottendorf 50, in Donndorf 60, in Allerstedt 79, in Rossleben 187 Personen. Es fehlte an Händen, um Särge herzustellen. Man wusste sich indes zu helfen; die Todten wurden in einen backtrogähnlichen, mit Eisen beschlagenen Kasten ge- legt, hinausgetragen und in's Grab gekippt; denn der Kasten war unent- behrlich. Als die Seuche zu Ende war, scharrte man diese Todentruhe erst ein. In Sondershausen starben 195, in Heringen 246 Personen. — Allstedt (Sachsen-Weimar) wurde von der Pest wieder (1625) heimge- sucht. In Hettstädt an der Wipper (n. v. Mansfeld) u. a. O. war die Noth so gross, dass Menschen geschlachtet und aufgezehrt wurden. (Chron. Islebense). In Aschersleben verzehrten die Armen die von geschlachteten Kühen weggeworfenen unreifen Kälber und die krepirten Pferde (Zitt- witz 164). Welche unsittlichen Auswüchse der Krieg auch in Westfalen ge- zeitigt, lehrt ein abschweifender Blick in die Geschichte Osnabrücks. In dieser Stadt hatte sich seit 1628 durch das wachsende Elend des Krieges und der Krankheiten die Zahl der Bürger um ein Drittheil vermindert und war das Vermögen derselben aufgezehrt worden. Im J. 1640 be- standen von 1275 Bürgerhaushaltungen, welche man im Jahre 1623 in der Altstadt gezählt, nur noch 575 und in der Neustadt von 511 nur 255; dagegen war die Zahl der ledigen Gesellen von 318 auf 400 Köpfe gestiegen. Welch ein furchtbares Missverhältniss, als Folge der völligsten Auflösung aller Zucht und Sitte! Saufgelage, nächtlicher Unfug, Sitten- losigkeit, selbst Mord und Todtsehlag gehörten zu den gewöhnlichen Dingen in dieser Zeit. Selbst die Schüler gefielen sich in soldatischer. Rohheit, nächtlichen Streitigkeiten und Schlägereien mit Soldaten und Bürgern.^) Im Magdeburgischen war so grosse Noth, dass die Leute Aas von Hunden und Pferden, ja einander selber aufzehrten, weshalb Banner an solchen Orten Salvegarden hinterliess ^). Auch in der Ucker- und Mittel- mark herrschte unsägliches Elend, so dass hier ebenso Menschenleichen und gefallene Pferde zur Nahrung dienten. — In Berlin standen bereits 1637 168 Häuser leer, wovon 40 von der Pest infizirt waren; ausserdem 1) Stüve Iir, 178. 2) Theatr. Eur. IV., Vulpius 209. wurden 30 Häuser von blutarmen Wittwen bewohnt. Im J. 1639 wüthete die Pest in der Stadt in so hohem Grade, dass in einem Viertel 50—60 verlassene Wittwen mit ihren Kindern hilflos und ohne Unterhalt lebten ^). Bezeichnend für den Höhepunkt des Nothstandes in der Mark ist eine Eingabe des Rathes von Preuzlau vom 9. Februar 1639; darin heisst es u. A.: „Nachdem wegen des unseligen Kriegswesens die Felder dieses Orts etliche Jahre feiern müssen, ist darauf eine so unerhörte Theuer- ung entstanden, dass die Leute nicht allein viel Jammer, Heulens und Wehklagens treiben, ungewöhnliche Speisen und Dinge, als: Hunde, Katzen, und reverenter zu melden, der Todten Aese auf den Gassen essen, son- dern auch für den gräulichen Hunger sowohl in der Stadt, als auf dem Lande einander selbst anfallen, kochen und verzehren." Und in einer Chronik der Stadt Königsberg in der Neumark steht unterm J. 1639: „Daher es wohl sein kann, dass damals an einem Orte in der Neumark, da zwei vornehme brandenburg. Offiziere auf Recognition ausgesandt worden, sie hinter einem Zaune Kinder angetroffen, und Niemand mehr im Dorfe gewesen, welche gesagt: sie hätten bisher, was sie gefunden, Hunde, Katzen und dergleichen gegessen; nun wäre ihre Mutter gestorben, welche sie auch verzehren würden; sollen auch bereits von den Brüsten was ge- gessen haben. — — Zu der Zeit hat man Brod von Kleie, Kaff und Eicheln gebacken; die Treber oder den See haben die Leute reissend weggeholt, die Heringslacke häufig gekauft, das Wasser, gekochtes Kraut, Gras, Wurzeln u. dgl. damit zu salzen; die Kohlstrünke und weggeworfenen Knochen sind von den armen Kindern fleissig aufgesucht und aus dem Gerinne aufgehoben worden. Die Leute sind schwarzgelb, grünlich, dürre, geschwollen und ohnmächtig auf den Gassen dahergegangen und haben gesucht, ihren Hunger zu stillen; die umgefallenen Pferde sind ihr Wild- pret gewesen." Doch es sei genug des Grässlichen! In der ganzen Mark Brandenburg haben Jammer und Elend den gleichen Höhegrad erreicht. Niemand wusste mehr, wovon er sich nähren sollte, ganze Städte, Flecken und Dörfer standen wüste. Viele machten ihrem unglücklichen Dasein ein Ende. Tausende erlagen dem Hunger und der Pest. In Neustadt-Eberswalde befanden sich 1640 noch 20 Bürger, die übrigen waren in die Wälder geflüchtet, um dort den Rest ihres Lebens zu verbringen. Die Seuche, welche im Vorjahre in der Umgegend von Lüneburg gehaust, fand nunmehr auch in der Stadt selbst Verbreitung. — In Tendern (Schleswig) nahm die Pest 600 Personen hinweg^). Von 1639 bis zum Anfange des nächsten Jahres herrschte in Lübeck eine vom Physicus Dr. Paul Neukranz (1655—1671) beschriebene Fleck- 1) Histor. Beschr. I, 225. 2) Nordalb., Studien 1848. 124. fieberepidemie, welcher 3 tägige Fieber und die Influenza folgten ^). — Zu "Wismar zeigte sich im Sommer die Hauptkrankheit oder die Pest; im Herbste trat sie in 6 Häusern auf und legte sie auch den Pastor Pauli von St. Nikolai zu den Todten. Seit dieser Zeit blieb Wismar mit der Pest verschont. — Stettin und Umgebung traf das gleiche Geschick; von August bis zum Winter herrschte die Pest^). Auch in Danzig wüthete die Pest; die wöchentlich begrabenen Leichen erreichten die Zahl 452; im Ganzen erlagen 7569 Menschen; im Augvist fiel auch der schlesische Dichter Martin Opitz der Seuche zum Opfer. Getauft wurden 2105 Kinder. In Königsberg (Preussen) starben in 15 Wochen vom 18. September bis letzten Dezember 1262 Menschen an der Pest. (In der 1. Woche [18.—25. September] starben 79, 2. 94, 3. 89, 4. 114, 5. 108, 6. 105, 7. 115, 8. 99, 9. 82, 10. 85, 11. 74, 12. 65, 13. 59, 14. 52, 15. 42). (Acta Boruss. II. 255.) Wie bereits bemerkt, hauste auch in Böhmen die Pest. — In Steiermark, besonders in Graz, wurde im Jahre 1638 und 39, in letzterem Jahre auch in der Stadt Friedberg, eine wahrscheinlich durch Dysenterie herbei- geführte erhöhte Sterblichkeit beobachtet. (Peinlich.) Auch Klagenfurt wurde von einer Seuche heimgesucht, welche in Folge der luigewöhnlichen Hitze ausgebrochen war. üeber 400 Bürger lagen dort krank und die studierende Jugend hielt sich, aus Furcht vor Ansteckung, vom Besuche des Gymnasiums zurück ^). Von der in Sieben- bürgen herrschenden Pest wurde der Markt Birthälm ergrifien. 1640, Einem kalten Winter folgte spätes Frühjahr. Durch grosse Sommerhitze und Regenmangel verdorrte am Niederrhein die Frucht auf dem Felde. Vor der Reife litt der Wein durch Frost; es wuchs viel, jedoch saurer Wein. In Franken und Bayern gerieth das Getreide sehr wohl. Die Getreidepreise wurden von den Truppenbewegungen beherrscht. Mit dem Jahre 1640 trat der Krieg mit all seinen Gräueln in eine neue Phase, indem der Friede durch den Erbfeind Deutschlands, durch Frankreich, hintertrieben wurde und nunmehr Länderraub und Erpressungen zur Tendenz sich auswuchsen. Als Erzherzog Leopold Wilhelm im Februar die Elbe überschreiten wollte, zog ihm Banner, der seither in Böhmen gestanden, entgegen, allein erfolglos; Banner musste sich, viel- 1) Lübeck. Blätter 1842. 421. 2) Mikrälius Beitr. 144. 3) Graf, Progr. 1851. fache Verluste erleidend, nach Zwickau zurückziehen. Die thüringischen Lande wurden nun abermals der Schauplatz des Elendes. ISTachdem die Stadt Saalfeld durch Einquartierungen, Plünderungen, Hunger und Pest schon seit Beginn des Krieges schwer zu leiden gehabt, verspürte sie 1640 die schwere Kriegsnoth am härtesten, als Erzherzog Leopold Wilhelm mit mehr als 50000 kais. Truppen über 7 Wochen lang, von Ende April bis Juni, bei der Stadt ein Lager bezogen hielt und ihm gegenüber, auf dem rothen Berge, der schwedische General Banner mit 40000 Mann stand, vom 8. Mai bis 3. Juni. Die Stadt sowohl, als die Dörfer der Umgegend wurden ausgehungert, verwüstet, die Felder verödet; die Stadt musste noch lange Zeit an den Folgen tragen. Ebenso ver- derblich wurde diese Zeit für die Stadt Pösneck (4 St. v. Saalfeld.) In G-era setzte die Pest, nachdem sie vom August bis Jahresschluss über 300 Menschen hinweggerafft, ihre Thätigkeit bis ins nächste Jahr fort. In Löhma forderte die Pest 40, in Ziegenheim (Rudolst.) 29 Opfer; sie zeigte sich in diesem und dem folgenden Jahre in Dorna, Caaschwitz, in Pohlitz und im Pfarrsprengel Aga. In Bischleben starben 93 Personen an der Pest. In Niederschlesien stellte sich mit Jahresanfang die sog. Soldaten- krankheit (Typhus petechialis) ein; namentlich trat sie in Liegnitz heftig auf. Einige hielten sie für die Haupt- oder ungarische Krankheit, andere für die „kalte Pestilenz", noch andere für die Herzbräune. Die Krank- heit räumte sowohl unter den Bürgern wie Soldaten, die sie mitgebracht hatten, tüchtig auf^). Sie begann mit Frost, Husten, Durchfall, Durst, grossen Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit oder Betäubung, Zittern der Glied- massen; es bildeten sich Schwämmchen im Munde und Halse; auf der Haut erschien eine Art Friesel oder Petechien. Ohne merkliche Krise entschied sich das Fieber am 14. oder 21. Tage, behielt aber ganz be- sondere Neigung zu Rückfällen. (Die Krankheit trat 1643 in England und in ähnlicher Form 1644 in Dänemark auf. Lotichius obs. med. I. VII.) Grosse Noth und Theuerung kam über Meiningen, als die schwedische Armee unter Banner mit den französischen, lüneburgischen und hessischen Truppen über Schmalkalden am 11. Juni dort eintraf, dann nach Mell- richstadt und Neustadt a. S. marschirte, jedoch wieder umkehrte und am 15. Juni nach dem Werragrund zog, wo sie auf Kaiserliche stiess. — Anfangs Juli stellte sich in Franken eine Rindviehseuche ein, welcher in Schweinfurt an manchem Tage 4—8, in Koburg viele Hundert Stück zum Opfer fielen. In Koburg wurden auch einige Hundert Kinder von den Blattern oder „Durschlechten" hingerafft. 1) Kraftert, Liegnitz H, 206. Die Rhöngegerid war vielfach feindlichen Ueberfällen, Misshand- lungen und Plünderungen ausgesetzt. Am 16. September wurde Hen- dungen von den Erfurter und Mansfelder Kriegsvölkern ausgeraubt. In der Pfarrei Gersfeld sollen gegen 1130 Menschen der Pest erlegen sein. Dieselbe Krankheit raffte auch zu Neustadt a. S. viele Menschen hinweg; dazu kam die Viehseuche, welche „mehr denn für 8000 Thaler tödtete". — In Volkach a. M. starben wieder 104 Einwohner. Rieneck (bei Ge- münden a. M.) wurde nochmals von der Seuche heimgesucht; das Dorf Rengersbrunn verlor wieder 22 Personen, ebensoviel Fellen. — Burgbern- heim in Mittelfranken wurde in diesem Jahre durch Hunger, Pest, Ruhr und „hitzige Fieber" so entvölkert, dass bis zum Jahre 1550, weil die Einwohner gestorben oder entflohen waren, nur 3 Sterbfälle vorkamen. Der Pfarrsprengel, in welchem sonst 800 Bürger und Hausgenossen ein- gepfarrt waren, zählte 1643 noch „50 Mannschaften". Ueber Fürth und Umgegend verbreitete sich abermals die Pest und brachte grosse Verluste; ebenso wurde Baiersdorf schwer betroffen. — Auch durch Oberfranken schritt der Krieg mit all seinen Schrecknissen. Am 11. März plünderten die Schweden Münchberg, am nächsten Tag fielen sie in Gefrees ein; wer fliehen konnte, der floh. In Fattigau, Oberkotzau, Naila, Lichtenberg, Klingensporn und Marxgrün nahmen sie alles Vieh weg. Ueberall wurden die zurückgebliebenen Einwohner, zumal die Frauen, misshandelt; gleiches Schicksal erlitt Markleuthen in der Woche nach Ostern; ebenso wurden Plauen, Gefell, Hirschberg und Toppen, wie auch Thiersheim und Lorenzreuth geplündert; mit Mord, Raub, Schändung, Misshandlung jeder Art stifteten die wüsten Horden ihrem Namen ein unauslöschlich blutiges Gedächtniss. Auch Hof mit Umgebung musste von den Schweden die ärgsten Gewaltthaten erdulden; die Ijandleute trieben ihr Vieh nach Zell oder Himmelskron. Da die Truppen alle Vorräthe aufgezehrt hatten, so entstand in Hof grosser Mangel. Hin und wieder tauchte überdies die Pest auf, so in Rehau, wo 70 Personen erlagen. — An der böhmischen Grenze wüthete die Seuche zu Heiligenberg, Stockau, Kotten, Frauenreut, Oberndorf, Birkau und Prommenhof so schrecklich, dass alle Orte bayeri- scherseits durch amtlichen Befehl vom 23. August und 30. September bannisirt wurden. Auch in der Nähe ihres vorjährigen Herdes (Teplitz) an der nordöstlichen Grenze Böhmens hauste die Pest in schauderhafter Weise, namentlich in Niklasberg, Zinnwald und Umgegend; auch Sachsen bedrohte sie^). 1) Stocklöw, Tachau I, 176; Hallwich, Graupen 186. 1641, Spätes Frühjahr, nasser Sommer, ziemlich gute Ernte ; im September erfroren die Trauben in den Niederungen; wenig und saurer Wein. Im Herbste wicli die Hungers- noth in jenen Gegenden, die von den Eriegshorden verschont geblieben waren. Dem fränkischen Lande wurden in diesem Jahre wieder tiefe Wun- den geschlagen. Iphofen wurde im Februar, Gefrees am 12. März von den Schweden geplündert; Wunsiedel wurde am 27. März von den bayeri- schen Truppen hart mitgenommen; in Weissenbach mussten die Einwohner das von diesen Banden geraubte und geschlachtete Vieh wieder zurück- kaufen ; dasselbe Schicksal widerfuhr Kirchenlamitz. In gleich brutaler Weise verfuhren die Truppen in der Gegend von Kulmbach und Bay- reuth. Grosser Futtermangel verursachte eine böse Viehseuche. Dazu kam im Sommer eine Krankheit, welche auch der Menschen gar viele wegraffte. Es ist kaum begreiflich, wie sich der Krieg in diesen ver- wüsteten und ausgesogenen Gegenden überhaupt hat erhalten können. In den Städten waren die Nahrungsquellen versiegt, die Stiftungen er- schöpft, die Gewerbe durchgängig zu Grunde gerichtet, die Bürger arbeiteten um kargen Taglohn oder bettelten. Andere folgten den Spuren der strei- fenden Parteien, um etwa einige Ueberbleibsel von Nahrungsmitteln zur Fristung ihres Lebens zu erspähen. Die meisten Einwohner waren ge- storben oder ausgewandert. Auch die Oberpfalz und Niederbayern mussten die Kriegsnoth schwer empfinden. In Auerbach hielten die Schweden Winterquartier unter Banner. Mit Letzterem vereinigten sich noch im Januar in der Oberpfalz viele französische Schlachthaufen unter Guebriant. Roding und Schwandorf wurden am 15. Januar geplündert, Burglengenfeld wurde in Brand gesteckt. Nach einem misslungenen Versuche, „das ganze heil, römische Reich in Regensburg" aufzuheben, zog sich Banner wieder an die Nab und gegen den bayer. Wald zurück. Wohl beschloss Banner einen abermaligen Einfall in Böhmen, allein Guebriant trennte sich von ihm und zog sich über Nürnberg an den Main. Cham fiel am 29. Januar mit grossen dort geborgenen Vorräthen an Getreide und Vieh dem schwedi- schen Feldherrn in die Hände. Von hier wurden nun Streifparteien nach dem platten Lande entsendet. Je entfernter die Ortschaften vom Haupt- quartier lagen, desto zügelloser und unmenschlicher hausten die Barbaren. Noch sind im Volke die Marterqualen (vgl. S. 132), welche sie auch hier über alle jene Unglücklichen, die im Verdachte standen, verborgene Schätze oder Lebensmittel zu besitzen, verhängt haben, im frischen Andenken. Bei der Plünderung und Einäscherung des Marktes Kötzting am 16. Februar befestigten die Scheusale einen dortigen Bürger vor dem Chamauer Thore zwischen zwei Bretter und sägten ihn dann wie einen Baum ab. Man stellte selbst in den entlegensten und unzugänglichsten Berggegenden und Waldgebieten förmliche Menschen]agden an. In Folge dieses Plün- derungssystems war es der grossen Armee Banners möglich geworden, gegen neun Wochen in dieser verarmten Gegend auszuharren. Alle Schlösser und Kirchen in und um Cham bildeten Stapelplätze für Lebens- mittel aller Art, da Banner die Absicht hatte, von hier aus den grossen Kampf mit Bayern und Oesterreich aufzunehmen. Wirklich rückte die vereinte österreichisch-bayerische Armee in den ersten Tagen des März in Eilmärschen gegen Cham vor und es gelang ihr, den Feind am 19. März daraus und allmählich aus dem Walde und der Oberpfalz zu vertreiben. Auf der Flucht Banners nach Zwickau in Böhmen wurden alle Ortschaften, durch welche er zog, der Willkür seiner Horden preis- gegeben. Brennen, Rauben und Morden waren deren tägliche Beschäf- tigungen rechts und links der langen Strasse nach Böhmen. Die Stadt Fürth hatte zuerst alle diese Gräuel durchzukosten, nach ihr Waldmünchen und der Markt Eschelkam, welcher geplündert und beinahe verwüstet wurde, — Burglengenfeld wurde am 17, Mai von den Bayern eingenommen, am 8. November aber auf's Neue von den Schweden zerstört. Die nieder- bayerische Abtei Metten wurde wiederholt geplündert, die Abtei Ober- altaich, wie das Kloster Gotteszell von dem schwedischen General Painer in Asche gelegt. Was in Gotteszell und Umgegend dem Schwerte ent- gangen war, das raffte eine furchtbare, die Gegend entvölkernde Pest- seuche dahin. In dem Kloster überlebten nur der Abt und ein Religiös die Seuche, Der Markt Regen ging am 13. September wiederholt in Flammen auf. — In Neuburg a. D. zeigte sich eine Viehseuche, welche in manchen Orten grosses Unheil anrichtete; sie beschränkte sich indes auf diese Gegend, Auch manche norddeutsche Länderstriche wurden von den Kriegs- drangsalen heimgesucht. In der koburg. Stadt Rodach folgte der in diesem und nächsten Jahre noch herrschenden Theuerung und Hungersnoth wieder die Pest, um über 600 Personen dem Tode zu weihen (Grüner), Auch im Voigtlande hielten Noth und Elend an. Viele starben Hungers. Es ging überdies „ein ansteckendes Fieber" herum, das die Leute so mit- nahm, dass der Wiedergenesene lange wie eine Leiche umherging; viele Leute flohen aus ihren zerstörten Dörfern in die Fremde^). Schwere Noth lastete auf Thüringen, so dass nicht allein zu Tenn- stedt (n, w, von Erfurt) und Kindelbrück an der Wipper, sondern auch 1) Göpfert, Pleissengrund 318. anderwärts viele arme Leute das Aas auf dem Schindanger holten und verzehrten. In Köstritz zeigte sich in diesem und dem nächsten Jahre die Pest *). — In Halle grassirten im September die Pocken und Masern sehr stark unter Kindern wie Erwachsenen, Auch in Forst (4 M. n. w. V. Sorau) wurden ungemein viele Kinder von einer Seuche (Pocken?) hingerafft; ausser den im August und September im Kirchenbuche nicht verzeichneten zahlreichen Todten starben in der Pfarrgemeinde 182 Per- sonen, so dass wenigstens 250 Sterbefälle anzunehmen sind. Grosses Elend hatte auch Westfalen zu erdulden. So litt die Stadt Rüden in den Jahren 1641 bis 45 grosse Noth durch Kontributionen und, in Folge von anhaltendem Mäusefrass und Miss wachs, durch Hunger^). 1642. Einem sehr kalten Winter folgte frostiges Frühja^ar; doch war's im Ganzen ein gutes Jahr und wohlfeile Zeit. Wegen der nassen Blüthezeit wuchs wenig, jedoch ziemlich guter Wein. Seuchen traten in Deutschland nur vereinzelt in einigen Gegenden auf. So brach in Schongau (Oberbayern) und dessen Umgebung die „Pest" mit grosser Heftigkeit aus; viele Häuser der Stadt und manche Dörfer verödeten. Kohlgrub soll bis auf 10 Pei'sonen ausgestorben sein; im umfangreichen Dorfe Peitingen beklagte man ebenfalls sehr grossen Verlust^), — In dem Bereiche der Probstei Hainsbach mit den Dörfern Hainsbach, Hädsberg, Haindling und Ginhofen (B. Wallersdorf, Niederb,) wurden viele Leute durch eine Epidemie hingerafft^). In Thüringen kam noch zum Elende die Pest; sie forderte in Altenburg 52, in Roben 25, in Pohlitz 3 Opfer, — Die gräuliche Hun- gersnoth des letzten Jahres, sowie die miaufhörlichen Truppenzüge er- zeugten auch im Unstrutthale ansteckende Krankheiten, namentlich erhob die Pest abermals ihr Haupt, Im Laufe des Jahres starben zu Ge- hofen 41, zu Donndorf 67, in Allertedt 85, zu Bucha bis 11, August allein 75, in Ziegelrode bis Mai 45, zu Rossleben bis zum 5. März nicht weniger als 44 Personen, Die Schweden eröffneten in diesem Jahre den Krieg gegen den Kaiser damit, dass sie unter Torstenson's Anführung nach Schlesien zogen, um von hier aus in Oesteri-eich einzurücken. Hiermit war der Ent- wickelung neuer Seuchen Vorschub geleistet. Die schlesische Stadt Odrau musste während des Sommers durch schwedische Besatzung, wie durch ij Olearius, Syntagma 103. 2) Seibertz' Quellen I. 259. 3) Oberb. Arch. IV, 171. 4) Zirngibl 440. Lieferungen an die kaiserliche Armee viel erdulden; im August wurden 490 kranke Soldaten hereingebracht, welche, von Ungeziefer gefressen, in acht Tagen alle starben. Kein Mensch griff die Todten mit den Händen an, sondern man schaffte sie mit Heugabeln auf Wägen, lud sie draussen wieder ab und scharrte sie in Gruben ein ^). Im Oktober herrschte unter der schwedischen Besatzung in Zittau „das hitzige Fieber", dem in einem Monate 300 bis 400 Mann erlagen; dieselben wurden in Gärten begraben. — Im Oktober wandten sich die Schweden aus Schlesien ins Meissener Land, das sie nun fast ganz ausplünderten. Am 26. Nov. fiel Leipzig in ihre Hände. — In Lichtenstein wüthete wiederholt die Pest; sie forderte 358 Opfer^). Zur selben Zeit stellte sich in Folge schlechter Fütterung im Meissener Lande eine verheerende Viehseuche, „fliessende Pest" genannt, ein, an welcher in Leisnig an manchem Tage 40. Stück umfielen; in Rochlitz erlagen 1600 Stück, deren viele von ihren Eigenthümern, den Bauern nahe gelegener Dörfer, der Kriegszeit halber in die Stadt geschafft worden waren, (Kamprad, Bode 109, A. Weck.) Das einzige Mittel gegen diese Krankheit bestand darin, dass man das er- krankte Hornvieh unter Pferde oder Schafe stellte. (Auch in Dänemark hatte man die Erfahrung gemacht, dass bei mehrfachen Seuchen jene Kühe, welche bei Pferden gestanden waren, gesund blieben, und jene, welche bereits erkrankt in die Pferdeställe gebracht wurden, wieder genasen.) 1643. Der gelinde "Winter brachte frühe Gewitter; im Frühlinge schädigten Reife Getreide und Wein; reichliche Getreideernte, wenig Wein von mittlerer Güte. Durch den bereits um Martini eingetretenen Winter verdarben viele Feldgewächse. Der schwedische General Königsmark hatte mit einem fliegenden Korps Stellung in Niedersachsen und Thüringen genommen und streifte damit bis Böhmen, Franken und Hessen; im Sommer suchte er das Halberstädtische und Magdeburger Land heim, überrumpelte am 13. Juli Halberstadt und blockirte am 29. Juli Magdeburg, welches eine kaiser- liche Besatzung hatte. Die ganze Ernte in der Nachbarschaft wurde ver- heert und zu Grunde gerichtet. Zur allgemeinen Noth kam noch die Rindviehseuche, welche, unter Steigerung des Mangels und der Theuerung der Lebensmittel, viele hundert Stück Rindvieh vernichtete^). Im Okt. brach die Pest in den Anhaltischen Landen aus (Cbron. Ascan. ed. Abel). 1) Zeitschr. für schles, Gesch.X, 72. 2) Eckard, Glauchau 477. 3) Theatr. Europ. V, 111; Abel, Halberst. 554. — In Sachsen hausten die Seuchen fort. Zu Querfurt brach im Juni die Pest aus, weshalb weder Soldat noch Bauer die Stadt betreten durfte ^). — Merseburg wurde abermals von der Pest heimgesucht; das Kirchspiel St. Maximi büsste allein 545 Personen ein. — In der schwer bedrängten Stadt Leipzig erlagen vom August bis Dezember 1034 Menschen; in Mitweida zählte man 80 Pestopfer (Chr. 617). — Ebenso herrschte im sächsischen Erzgebirge grosse Sterblichkeit, die bei den durch Noth er- schöpften Bewohnern vorwiegend durch Typhus hervorgerufen wurde- (Hingst.) — Zu Chemnitz erreichte durch die Plünderung der Schweden die allgemeine Eanegs- und Huugersnoth einen solchen Grad, dass nach einem Rathsberichte „mancher die Erde kauen musste". Die Folge davon war die Pest, welche während des 30jährigen Krieges in zwei schweren Pestjahren allein gegen 11000 Einwohner dahin gerafft hat. Im Frühlinge brach in Stuttgart wieder eine Epidemie aus, welche zuerst unter den Erscheinungen von starkem Hustenreiz, Athemnoth und Krämpfen viele Kinder tödtete, im Juli aber sich auch bei Erwachsenen mit grosser Mattigkeit, Abwechslung von Frost und Hitze, Lähmung^^der Glieder, heftigem Kopfweh, Seitenstechen und Engbrüstigkeit einstellte, wobei nach starkem Schweisse öfter auch ein Blatternausschlag zum Vor- schein kam; die Krankheit nahm, begünstigt durch neblichtes Herbst- wetter, immer mehr überhand, so dass viele Personen daran starben. Auch bemerkte man bei Menschen und Thieren häufige Miss- und Todt- geburten. — Die Viehseuche fand auch in Bayern Verbreitung; sie herrschte namentlich in der Umgegend von Nürnberg, dann im bayer. Gebirge, so in Benediktbeuern und Oberammergau ^). In England brach während der Belagerung von Realding in der Armee des Parlaments, wie in dem Karl I. treugebliebenen Heere eine typhöse Seuche aus, welche mit Gehirnkongestion und Petechien endigte Die Krankheit hielt mehrere Monate an. — In Rodez (Depart. Aveyron Frankreich) erlagen 600 Kinder einer Pockenepidemie. 1644. Die strenge Winterkälte hielt bis Ostern an (21. April); das Frühjahr war sehr kalt; der Weinstock litt vom 22. April bis 1. Mai durch Frost. Auf die Kälte folgten ein lieisser Sommer und eine reiche Ernte; wenig, aber guter Wein. Während des Herbstes grassirte in Halle a. S. eine Fleckfieber- epidemie ^). — Franken, wie die Oberpfalz, hatten auch in diesem Jahre 1) Sturm 93. 2) Meichelbeck, Chr. Bened. 3) H. Olear. 426. durch Erpressungen, Kontribution und Plünderungen von Seiten durch- ziehender Streifparteien der Schweden wie Kaiserlichen viel Ungemach zu erdulden. Ueberdies verursachte der heisse Sommer manche Krank- heiten unter den Menschen, so insbesondere in der Gegend von Neuburg an der Donau. Gleichzeitig räumte dort ein nicht unbedeutender Umfall unter dem Vieh auf. — Die Reichsstadt Ueberlingen am Bodensee, welche vom März 1643 bis Mai 1644 von den Franzosen besetzt war, wurde Ende November 1643 von den bayerischen Reichstruppen blockirt. Die durch Hunger und Seuchen erschöpfte Stadt kapitulirte am 9. Mai d. J.; die meisten Häuser (200) standen leer und nur noch 60 Bürger blieben übrig. Mit diesem Jahre beginnen für die österreichischen Länder drei schwere Pestjahre. Ungarn, Oesterreich, Kroatien, Görz, Kärnthen und Steiermark erlitten grossen Menschenverlust. Die Kontagion war heftig, der Tod erfolgte rasch, gewöhnlich binnen drei Tagen. Pressburg wurde von solcher Plage schwer heimgesucht. Im Juli brach die Pest in Wiener- Neustadt aus, dauerte bis Weihnachten und forderte zahlreiche Opfer; ebenso war sie in Königstetten und Muckendorf aufgetreten'). Die Hauptgegenden und Orte von Steiermark, wo die Pest auf- trat, waren Cilli, Pettau mit der nahen Pfarrei St. Veit, Radkersburg nebst Umgebung; in Obersteier Friedberg und St. Marein im Mürzthale. — In der Stadt Cilli trat sie 1644 auf, entfaltete aber erst im J. 1647 ihre volle Wuth an zahlreichen Opfern. — In Friedberg wurden vom September bis Dezember über 130 Personen hingerafft^). 1645. Dem strengen Winter folgten ein kaltes stürmisches Frühjahr, lieisser Sommer, sehr ergiebige Getreideernte, wenig, jedoch guter Wein. Auch in diesem Jahre hatten die Bewohner von Oberfrankeu und der Oberpfalz die gewohnten Misshandlungen und Plünderungen von Seiten der schwedischen Kriegsvölker zu erdulden, namentlich als Königs- mark mit 6000 Mann vor Jakobi über Bamberg und Kulmbach her bei Wunsiedel ein Lager bezog und nach verübten schweren Brandschatzuugen am 22. Juni nach Hof aufbrach, um auch hier grosses Unheil zurück- zulassen. Ebenso brandschatzten schwedische Streifschaaren in Weiden, 1) Boeheim I, 231; Kerschbaumer, Tuln. -) Peinlich. Sulzbach, Vilseck, Tirschenreuth, ihre Raubzüge fortsetzend bis Amberg und hinab bis in die Gegend von Regensburg. Nach der am 6. März bei Jankau (3 M. v. Tabor) in Böhmen erlittenen schweren Niederlage der Kaiserlichen zog der bayerische Oberst von der Werth durch die Oberpfalz nach Schwaben, um sich da mit dem bayerischen Feldmarschall von Mercy zu vereinigen. Marschall Turenne war Ende März bei Speier über den Rhein gegangen und in Franken eingedrungen. Er verheerte dieses Land auf barbarische Weise. Die Bayern überraschten die Franzosen, die sich bei Mergentheim gelagert hatten, und errangen am 5. Mai beim nahen Dorfs Herbsthausen über Turenne einen glänzenden Sieg. Schwer lastete die Kriegsnoth auf dieser ohnehin von Krankheiten durchzogenen Gegend. So brach in Nieder- stetten (O. A. Gerabronn) die Pest aus. Nicht minder Unheil in Gestalt von Einquartierungen und Erpressungen brachte auch über das Ries das für die Bayern unglückliche blutige Treffen bei dem Dorfe Allerheim un- weit Nördlingen am 3. August. Nach dem Siege bei Jankau zog Torstenson nach Mähren, eroberte die meisten Städte ohne Anstrengung, erreichte endlich Krems, nahm es ein und breitete sich dann am linken Donauufer aus. Die Gewaltthätig- keiten, Drangsale und Erpressungen, welche die Einwohner auf dieser Strecke zu erdulden hatten, waren furchtbar. Nachdem die Schweden Ravensburg besetzt gehabt, schritten sie anfangs Mai zur Belagerung Brünn's, welche sie jedoch, wegen der in der Gegend ausgebrochenen Pest, Ende August aufhoben. Die aus 16 Gemeinden bestehende Herr- schaft Seelowitz verlor bei ihrer geringen Bevölkerung von 1478 Men- schen 616; im nahen Pohrlitz starben von 122 Personen 78. — Im August brach zu Wien, durch die Schaaren des Rakoczi eingeschleppt, die Pest aus; täglich starben 30 bis 40 Personen. Am Wienerberge lagen hie und da Leichen 14 Tage lang unbegraben, ohne dass Geier, Raben und Hunde, welche sonst das Aas aufsuchen, sie berührt hätten; der In- stinkt hielt die Thiere davon ab. — Im Juni stellte sich die Pest auch in Tuln ein. Die Bader wurden ermahnt, den Kranken mit Aderlassen und anderen Mitteln beizuspringen; die Zahl der Opfer ist nicht ange- geben. — In St. Polten fielen der Krankheit über 400 Personen zum Opfer. — Von Wiener-Neustadt mag dieselbe nach dem Orte Pernegg, wo sie 10 Wochen hindurch wüthete, gekommen sein. — In Untersteier- mark wurde die Stadt Pettau an der Drau schwer von der Pest heim- gesucht; im August wurden 17 Häuser gesperrt und starben täglich 8—9 Personen. Von hier verbreitete sich die Krankheit über die be- nachbarten Orte St. Marein bei Erlachstein und Wretzlou. 1646. Sehr kalter Winter imd Frühling, sehr trockener Sommer; gute Ernte, wenig, aber guter Wein. Während Norddeutscliland von der Kriegsfurie zieralich verschont blieb, musste Bayern abermals alle Gräuel des Krieges erdulden. Mit Beginn des Jahres wurde das Bayreuther Land von Truppen überschwemmt, welche sich der grössten Ausschweifungen und Zügellosigkeiten schuldig machten. Fast täglich wurden Dörfer und Märkte geplündert und Avurde das Vieh weggetrieben. Am meisten litten Thiersheim, Marktleuthen, Kirchenlamitz, Weissenstadt und Münchberg; viele Orte wurden ganz ausgeraubt, so dass sie verödeten ; besonders wurden die Ortschaften in der Gegend von Hof in den beklagenswerthesten Zustand versetzt. Allein das schwerste Kriegsungemach sollte in der zweiten Jahres- hälfte dem Bayernlande zwischen Lech und Isar beschieden sein. Nach der Vereinigung der Franzosen unter Turenne mit den Schweden unter Wrangel (bei Marburg und Wetzlar) zogen beide Heerführer gegen Bayern vor, um durch Verwüstung dieses Landes den Kurfürsten zum Waffen- stillstände und zum Preisgeben des Kaisers zu zwingen. Sie zogen bei Aschaffenburg über den Main, allenthalben die traurigen Spuren ihres Verheerungszuges hinterlassend. In der ausgesogenen Gegend verbreiteten sich, so in Seligenstadt, Hungersnoth und Krankheiten. Bald drangen die Feinde über Schwäbisch-Hall gegen die Donau, nahmen und plünderten die festen Plätze Günzburg, Donauwörth und Rain, Sie wandten sich gegen Augsburg und beschossen die Stadt 19 Tage lang, sahen sich je- doch gezwungen, vor dem heranziehenden Oberst Johann von der Werth sich zurückzuziehen. Unbehelligt besetzten die Schweden im November Landsberg am Lech, um es gänzlich auszuplündern. In der völlig ver- armten Stadt entstand so grosse Hungersnoth, dass täglich bis 15 Menschen starben. Bayern seufzte abermals unter der eisernen Hand der Feinde; das Land wurde von den Franzosen und Schweden auf die grausamste Weise verwüstet. Zwischen dem Lech und der Isar gab es wenige Städte, die nicht zerstört worden wären, kaum ein Dorf, das nicht durch Ein- lagerer in Feuer aufgegangen wäre; was die infernalische Wuth nicht fortschleppen konnte, das wurde vernichtet. Illertissen, Kauf heuern, Füssen am Lech wurden gebrandschatzt und ausgeraubt, das gleiche Schicksal widerfuhr der Reichsabtei Ottobeuern durch die Franzosen. Fried- berg wurde von den Schweden in Asche gelegt. Als die Schweden nun zum zweiten Male in die Gegend von Schongau und Peiting vordrangen, retteten viele Bewohner jenes Landstriches nur durch die Flucht ihr Leben. 17 1646 _ 258 — SchoDgau wurde geplündert, Steingaden und Raitenbuch in Asche gelegt. Der Pfarrer Kölbl bemerkte im Peitinger Tauf buche: „Während des leidigen Schwedenkrieges ist im ganzen Monat November bis auf den 10. Dezember allhier zuPeiting wegen der erschröcklichen Ausblinderung, Morden und anderer Uebel kein Kind getauft worden, sondern zu Raiten- buch und Schongau. Dieser Zeit ist Alles zu Grund gangen und darauf ein grosser Sterbend gewesen." Die Schweden und Franzosen plünderten ferner Dachau, Freising und Pfaffenhofen, Als sich der Feind auch München näherte, fürchtete man, dass mit den Schaaren flüchtiger Land- leute, welche sammt Weibern, Kindern und Vieh hinter den Mauern der Stadt Schutz suchten, nun auch Seuchen einkehrten. Diese Befürchtung erwies sich als nicht ganz unbegründet; sie fanden wohl Eingang, jedoch ohne besondere Verbreitung zu gewinnen. Am 16. Dezember ei'schien ein „Nothwendiger Bericht für den gemainen Mann, wie sich selbiger bey jetzigen umbgehenden Kj'ankheiten, sowohl der hitzigen Ungarischen Fiebern, als auch rothen und weissen Ruhr, verhalten, präserviren und bewahren solle". Als Ursache der Einschleppung derselben wird angeführt: „Dem- nach bemelte Krankheiten, wie mennigklichen bewust, maistens durch den überheuffigen Zulauf, der sowol vertriebnen herein geflohnen und Leibs Gesundheit halber übel disponierten Bawrs- und Landleuten, als auch der zu notthürftigen Defension einquartierten, sowohl reitenden als Fuss gehenden erkrankten Soldaten in die Statt gebracht worden." Auch in Ingolstadt griffen wieder Krankheiten um sich, weshalb nur eine geringe Zahl Studierender matrikulirt wurde. Der Umstand, dass auch dahin eine Menge Hausthiere vor dem Feinde in die Stadt geflüchtet wurde, mag Veranlassung zu der entstandenen Viehseuche gegeben haben'). Wrangel, der anfangs beabsichtigt hatte, gegen den Inn vorzurücken, um auch dieses Gebiet gründlich zu verheeren, wurde durch die Weige- rung Turenne's, an dem Zuge theilzunehmen, von seinem niederträchtigen Plane abgebracht. Die Franzosen bezogen Winterquartiere am oberen Neckar bis Tübingen, die Schweden zwischen Donau und Bodensee. Um diese Zeit fanden die Pocken wieder allgemeinere Verbreitung. So herrschten im April und Mai die „Urschleehten" heftig unter den Kindex-n zu Koburg, wo bis zum halben Mai über 300 Kinder an dieser Krankheit starben; aucli Erwachsene litten daran. — In Giessen hauste das tücki- sche Uebel von August an; im September erlagen ihm 101 Personen und zwar vorzugsweise Kinder (Matr.). — In Lockwitz bei Dresden stellte sich wieder die „Pest" ein. St. Wendel (Bez. Trier) wurde von einer Epidemie heimgesucht. — In Böhmen machten sich noch die Folgen des Krieges in empfindlicher Weise bemerkbar. So räumte unter den wenigen übrig gebliebenen Bewohnern der durch den Krieg ruinirten und ver- armten Stadt Reichenberg „die Infektion neuerdings ei'bärmlich auf"^), Steiermark wurde von der furchtbaren Plage noch mit solcher Stärke heimgesucht, dass es wohl in diesem Jahre den grössten Verlust an Menschen erlitt. Am schrecklichsten wüthete die Seuche in dem Viertel Cilli sowohl in Bezug auf Ausdehnung, als auf Sterblichkeit. Nach den noch vorhandenen Berichten entziffert sich die Gesammtzahl der Pest- todten auf mindestens 10 000 Personen. Die Pest ersti'eckte sich über das ganze Viertel nach allen Richtungen. In der Pfarrei St. Veit zu Montpreis und im Bezirke der Herrschaft dauerte die Pest vom 4. Mai 1646 an 10 Monate und raffte 1000 Menschen dahin. In dem Bezirke von Tüffer, wo sich die Pest noch 1647 furchtbar machte, starben 706 Personen. Auch in der Stadt Cilli wurden 1647 in der Stadtpfarrei allein 400 Personen hingerafft. — Selbst Obersteier, eine von der grössten Seuchestätte dieses Jahres entfernten Gegend, blieb von der Infektion nicht verschont. Zu St. Margarethen bei Silberberg starben 24 Personen, die nicht im Friedhofe beerdigt wurden. In der Nachbarschaft von Leoben zeigte sich die Pest bereits im August und steigerte sie sich im September. In Graz kamen schon im August Pestfälle vor; im Oktober wurde das Amt der landschaftlichen Verordneten nach Brück verlegt, wo es bis 12. Dezember blieb. Die Seuche trat indes hier weniger tödtlich auf; nach dem Matrikel dürften etwas über 200 Personen in der Pfarrei und 76 im Lazarethe gestorben sein (Peinlich). — Die Pest fand auch in Kärnthen und Krain Verbreitung. Ebenso herrschte sie 1646—47 in Siebenbürgen; im Markte Birthhälm forderte sie viele Opfer. 1647. Ein an Getreide, Obst und Wein sehr fruchtbares Jahr. Wrangel vollführte einen Raubzug gegen Bregenz, wohin der Adel und die Abteien aus Oberschwaben sich mit ihren Schätzen geflüchtet hatten; er eroberte diese Stadt am 4. Januar und erbeutete alle daselbst aufgespeicherten Kostbarkeiten, Schaetze, Geschütze, Munition, Schiffe und Lebensmittel im Betrage von angeblich 4 Millionen Gulden. Wenige Tage darnach begann er die Stadt Lindau einzuschliessen. Der Verlust an Menschenleben war indes während dieser Cernirung (8. Januar bis 6. März) auf Seite der Belagerten ein geringer. Grössere Verheerung als i) Hallwich 222. 17* das feindliche Geschoss hatten Krankheiten unter Fremden und Kindern angerichtet; es werden 300 Opfer angegeben^). Nachdem am 14. März in Ulm zwischen Kurfürst Maximilian und den Franzosen ein Waffenstillstand zu Stande gekommen war, verliessen die Franzosen und Schweden einstweilen das Bayernland, um andere Gegenden mit ihren Schrecken zu überziehen. Turenne zog an den Rhein und trieb im Darmstädtischen mit unerhörter Härte kaum erschwingliche Brandschatzungen ein. Wrangel dagegen marschirte über Nördlingen nach Franken, wo er am 1. April in Schweinfurt ankam. Alle Orte des Würz- burger Hochstiftes mussten die Ruthe des schwedischen Wütherichs in der unerträglichsten Weise fühlen. Einquartierungen, Kontributionen, Brandschatzungen, Verwüstungen lösten einander ab. Plündernd und ver- heerend zog er mit seinen Banden über Bamberg nach Eger. Da sich Wrangel in Böhmen nicht länger halten konnte, nahm er im Oktober seinen Weg über Meissen, Thüringen nach Niedersachsen und Westfalen. — Die kaiserlich - bayerische Armee war indes nicht unthätig geblieben. Sie zog über die Donau und belagerte Weissenburg. Dadurch wurde Mittel- und Oberfranken abermals mit Truppen überschwemmt und mit Noth und Angst erfüllt. Dörfer, Märkte und Städte wurden geplündert, am 4. Januar wurde Oberredwitz zerstört. Vor den streifenden Parteien suchte man in Märkten und Städten Schutz. Trotz angenommener Salve- garden droschen die Freibeuter in Marktleuthen, Niederlamitz, Zedlitz und Wunderbach das Getreide aus; am 17. Februar wurde Thiersheim, am 28. Februar und 11. Juni Redwitz geplündert. Diese Gewaltthätigkeiten währten bis zum Schlüsse des Jahres. Unterdessen machten sich in ver- schiedenen Gegenden Seuchen geltend. In Kirchdorf bei Osterhofen brach die „Pest" mit neuer Wuth aus, um allmählich abnehmend bis 1654 an- zudauern^). — In Halle a. S. herrschten im September wieder Pocken und Masern; 254 Kinder sanken dabei ins Grab^), Mehrere benachbarte Städte litten durch dieselben Krankheiten. Zu gleicher Zeit wurden Eilen- burg wie auch Schlüchtern (Hessen) von den Pocken heimgesucht^). In Mähren hatte die Seuche ihren Abschluss noch nicht gefunden. Die Bergstadt Iglau, welche 2 Jahre und 9 Monate unter dem Joche der schwedischen Besatzung gelitten, kam nach 3monatlicher Belagerung am 8. Dezember 1647 in den Besitz der kaiserlichen Truppen. Die Stadt war theilweise zerstört, die Bevölkerung durch Hunger und eine verheerende Seuche zusammengeschmolzen. Der Arzt Johann Weckher von Rosenekh ij Schrift, d. Ver. f. Gesch. 1869. 2) Niederb. Arch. VI. 3) G. Olearius 434. 4) Zeitschr. für Hess. Gesch. 1876, 249. wurde noch im November 1648, 6 Waisen hinterlassend, ein Opfer der Krankheit. In diesem und dem folgenden Jahre trat die Pest in Konstantinopel bösartig auf. Ebenso wüthete sie in Spanien. Im Juni trat sie plötzlich in einem kleinen Orte bei Valencia auf; sie befiel zuerst nur Schuhmacher und Leute, welche bei ihnen Schuhe gekauft hatten. Leder und Pantoffel- holz, welches aus Algier, wo die Pest heftig wüthete, bezogen worden, galten als Träger des Giftstoffes ^). Die Pest tödtete in Valencia 30000 Einwohner und suchte dann Murcia, Catalonien und einen Theil von Castilien heim. In den folgenden Jahren zog sie westwärts nach Sevilla, Cadiz, wo in Stadt und Umgegend 200 OOÜ Menschen gestorben sein sollen; ferner nach Malaga, Eccia und Cordova. Ebenso wurden Genua und andere Punkte Italiens, die Provence und Dalmatien durchseucht. 1648. Der Jahrgang war im Allgemeinen fruchtbar; die Rebenblüthe wurde durch Nässe geschädigt; Wein wenig und sauer. Nochmals sollte Franken, schrecklicher aber Bayern alle Gräuel der entfesselten KJriegsfurie empfinden. Der Feind hatte sich zu einem furchtbaren Strafgerichte verschworen, um den Rücktritt des Kurfürsten Maximilian auf die Seite des Kaisers zu rächen. Mit Jahresanfang zog Wrangel mit seinen stets wachsenden höllischen Schaaren über Hessen- Kassel gegen den Main über Gemünden nach Kitzingen, Mainbernheim, Windsheim, welche Orte von den plündernden Horden schwer heimgesucht wurden. Turenne kehrte aus den Niederlanden zurück, überschritt am 7. Januar mit seinem Heere den Rhein zwischen Oppenheim und Mainz, zog über Aschaffenburg den Main entlang gegen das Tauberthal, überall sengend und brennend, plündernd und verheerend. Beide vereinigten Armeen drangen gegen die Donau, vor, so dass die Kaiserlichen und Bayern zum Rückzuge gezwungen wurden. Am Lech nahmen diese end- lich Stellung; ihre kampffähige Armee zählte 33800 Mann, das übrige Gefolge an Weibern, Kindern und Trossknechten erreichte die entsetzlich hohe Zahl von 127 000 Menschen, die wie hungrige Wölfe über die Gegen- den, durch die der Zug ging', herfielen, sie plünderten und aussaugten. Der Feind rückte ihnen von Donauwörth aus nach. Am 17. Mai kam es bei Zusmarshausen zu einem mörderischen Kampfe und zwar zum Ver- derben der Österreich-bayerischen Armee. Unaufhaltsam rückte der ver- 1) Kircheri Scrutin. pestis physic. med. 1740. 65. einigte Feind vom Lech gegen die Isar vor. Wer nennt die Schandthaten, welche die entmenschten Horden in Bayern verübten! Ueber 50 Dörfer, zahlreiche Gehöfte und Schlösser wurden schonungslos niedergebrannt, Felder und Fluren verwüstet; soweit das Auge reichte, erblickte es furcht- bare Schauerstätten und rauchende Ruinen. Den noch bestehenden Ort- schaften wurden unerhörte Summen Kontribution auferlegt, die sie mit dem besten Willen nicht zu erschwingen vermochten; konnten dieselben aber zur festgesetzten Stunde nicht ganz zusammengebracht werden, so ging die Ortschaft ohne Erbarmen in Flammen auf. Leute, die es ge- wagt, in ihrem Eigenthum zurückzubleiben, wurden verstümmelt, erschlagen, Weiber geschändet, Kinder erwürgt; der Jammer spottet aller Beschreibung. Das war die schwedische Exekution, welche Wrangel über das arme Bayernland wegen Bruches des in Ulm geschlossenen Waffenstillstandes verhängt hat. Ohne Widerstand setzten Wrangel und Turenne am 2. Juni über die Isar bei Freising, welches zum dritten Male der Plünderung preis- gegeben wurde. Nachdem das Heer die Märkte Dorfen und Ebersberg an der Ebrach geplündert gehabt, rückte es gegen Wasserburg, Mühl- dorf und Pfarrkirchen an der Rott vor, um über den Inn zu setzen und in die österreichischen Erblande einzufallen. Allein durch Piccolomini, den das Landvolk unterstützte, eines-, wie durch anhaltenden Regen mit Ueberschwemmung des Inn anderntheils wurde das Vorhaben vereitelt. Nachdem sein Unternehmen misslungen war, bezog der Feind am 7. Juli ein Lager bei Eggenfelden; hier, wie in der Umgegend, hauste er nun fiirchterlich. Auf seinem Rückzuge wurden nochmals Landshut, Moosburg, Erding, das grösstentheils in Flammen aufging, Dachau und Landsberg am Lech schwer heimgesucht. Jeden Schritt bezeichneten die Horden mit Mord, Brand und Plünderung. Ganz Bayern wurde in eine Wüste verwandelt, so dass sich der Feind, wegen Mangels an Lebensmitteln, selbst nicht mehr im Lande halten konnte und sich zum Theil nach Württemberg zurück- ziehen musste. Während Wrangel im Mai seine Operationen gegen das kaiserliche Heer ausführte, trennte sich der General Königsmark von ihm, um an der Spitze von 4000 Reitern durch die Oberpfalz gegen Böhmen zu ziehen. Die Oberpfalz wurde auf diesem Zuge von ihm schwer heimgesucht, namentlich litten Neumark, Nabburg, Kemnath, Waldsassen durch Brand- steuer, Plünderung und Raub; gleiches Schicksal widerfuhr den Orten Steberg, Lehenstein, Reichelsdorf und Gehag. Diese Kriegsleiden be- schlichen wiederholt die Bewohner des bayerischen Waldes. Der Markt Regen, welcher die von den Ungarn unter ihrem Führer Colepha er- duldeten Gräuel noch im Gedächtniss hatte, wurde von den Schweden nochmals in Asche gelegt; ebenso litt Neukirchen beim hl. Blut durch Plünderung und Brand. Nicht minder schrecklich hausten die Schweden im Markte Schönberg (Grafenau) und in Niederaltaich. Allein noch grösseres Unheil drohte diesen Gauen, als Wrangel plötzlich die Altmühl überschritt und in die Oberpfalz einbrach, um gegen Böhmen vorzudringen und sich mit Königsmark zu vereinigen. Zum Ingrimme des schwedischen Peinigers wurde indes diesem neuen Verheerungszuge durch den am 24. Oktober zu Münster geschlossenen Frieden Halt geboten. In den von der Kriegsnoth tief gebeugten schwäbischen und bayeri- schen Landstrichen vollendeten noch vielfach Seuchen das allgemeine Elend. So forderte in Füssen eine Epidemie von 1648 bis 1649, wie auch noch im J, 1652 neue Opfer. In Augsburg tauchten bösartige Fieber auf, ohne jedoch grössere Ausdehnung zu gewinnen, weil, wie Joseph Schmidt im Berichte von der Pest S. 123 bemerkt: „diess Jahr nur 940 Menschen gestorben seyp." — Da auch hinter den Mauern der vom Feinde umschwärmten Festung Ingolstadt viele Landleute mit ihrem Vieh Schutz suchten, so konnte ein neuer Ausbruch des ungarischen Fiebers nicht lange ausbleiben. In dieser Voraussicht wurde die Universität von den meisten Studenten gemieden, und das um so mehr, als in einer Woche sieben Studiengenossen hingerafft worden waren. In der Moritzpfarrei fielen allein 54 Personen dem Typhus zum Opfer. Die Seuche hielt bis Juni des folgenden Jahres an. Inzwischen verursachte daselbst auch eine Viehseuche grosse Verluste. — In der vom Feinde niedergetretenen Stadt Freising hausten drei Monate lang Fieber und Blattern; eine grosse Zahl der verarmten Einwohner starb; Viele kamen durch Entbehrung um. — Auch in dem vom Feinde verwüsteten Bezirke Eggenfelden verbündete sich der Noth die verheerende Kriegspest. In Oberdietfurt starben vom Jiuii bis Oktober 78, im folgenden Jahre 131 Personen an der Pest, Herbertstelden verlor 135 Einwohner; nur einige Orte der Umgegend blieben von der Seuche verschont. Die Mordbrenner Hessen bei ihrem Abzüge aus der Gegend von Egglham bei Pfarrkirchen (Anfangs Juli) nichts zurück, als die gräulichste Verwüstung, Hungersnoth und die Pest. Wenn die Bewohner des Inngebietes vor dem Schwedenbesuche be- wahrt blieben, so brachten ihnen doch die dort angehäuften kaiserlichen Kriegsvölker Hungersnoth und Krankheiten für Menschen und Thiere, bis die eigentliche Pest folgte, die bis zum Schlüsse des J. 1649 über das ganze Land ihre Geisel schwang. An den Angesteckten zeigten sich Beulen und Flecken (Petechien). Armen und Fremden, welche von der Krank- heit befallen waren, wurde die Einkehr in Städte und Märkte verwehrt; von aller menschlichen Hilfe entblösst, mussten die Unglücklichen unter freiem Himmel an Zäunen oder Bäumen den Tod als willkommenen Er- löser erwarten. Wo mau sie dann fand, wurden sie eingegraben. Trotz dieser rücksichtslosen Vorsorge wurden die abgesperrten Orte von der Seuche überrascht. In Braunau starben vom Juni bis August 114 Er- wachsene und 141 Kinder, darunter befanden sich 6 Personen aus Sim- bach a. Inn. Das Elend steigerte sich in der Stadt wie im Lande noch durch eine schreckliche Hungersnoth, welcher Hunderte zum Opfer fielen; man suchte durch den Genuss der ekelhaftesten Dinge das Leben zu fristen. In Thann bei Simbach veranlassten Hunger und Elend ansteckende Krankheiten, welchen schliesslich die Pest mit grosser Verheerung folgte. — So schreibt auch am 2. August d. J. der Propst Jak. Christian zu Kloster Reichersberg: „Nebst diesem ist eine so grosse Hungersnoth, dass die armen Unterthanen die von denen Soldaten hinweckhgeworfenen Schaaf- Köpf, Därmb, Ingewaidt von denen armen leuthen gesamblet, gekochet, ob es schon voller Maaden und stinckhent seyn. 0 Elendt." Nach einer weiteren erwähnensAverthen Bemerkung desselben vom 30. September wurde die Seuche vom Pater Joseph von Aldersbach in's Kloster Reichers- berg mitgebracht; „er zwar selbst der erste also bald gestorben, deme die zwey Alderspöckhische, so ihm ausgewarthet, gefolgt sein; sein Beichter P. Albinus, unser lieber Conventual, in dessen beth sich P. Josephus geleget, hat auch darüber müssen sterben; nun ligt Herr Decanus auch an selben orth; weiss nit, wierdt ers überstehen ; die anderen Konventualen hab ich befohlen im gartten draussen zu lossiren. Mich belangendt weil Maister Lorenz Bader, der dem Pater Josepho einen tag vor seinem todt geschi'öpfet und mir auch den andern Tag solches verrichtet, hab ichs auch . .. bekommen, jedoch mit der hielfF gottes, durch schwiezen, ader- lassen dermahlen wieder entledigt worden; demnach . ich aber hernach wiederum eine Alteration in mir befunden, hab ich müssen auf rath unsers Medici den Orth verändern; habe mich begeben nacher Salzburg . . . bei solcher Beschaffenheit ich die andern Konventuales aus Oesterreich der- mahlen noch nit herauf begehre, bis die lufft besser werde." In Schärding am Inn starben täglich 7—8 Menschen, im Verlaufe des Jahres mehrere Hunderte. Da der Friedhof die Leichen der an Hunger und Pest Verstorbenen nicht mehr fassen konnte, so wurden die Leichname der an der „leidigen Sucht" Verblichenen ausserhalb der Stadt begraben '). Zu Obernberg griff die Seuche so furchtbar um sich, dass der Todtengräber seinem Geschäfte nicht mehr genügen konnte. Ebenso richtete die Pest in Neuburg am Inn grosse Verheerungen an. Durch das kaiserliche Kriegsvolk wurde die Pest auch in die Gegend von Passau und den bayer. Wald gebracht. Dass Passau von ') Appel, Rcichersb. 260 f.; Lamprecht, Schärding I, 139. dieser Seuche niclit ganz verschont blieb, kann bei dem Verluste der Matrikel (Vgl. S. 166) nur aus der bis zum Weichbilde der Stadt vor- geschrittenen Thätigkeit der Seuche vermuthet werden. In der benach- barten Pfarrei Heining starben vom 4. Juli bis Ende Dezember 166 Per- sonen; die meisten derselben an der Pest, (gegen 30 bis 50 Sterbefälle in früheren und späteren Jahren). Ortenburg (2 M. w. v. Passau) wurde von grosser Sterblichkeit heimgesucht; in diesem Jahre wurden 189 und im nächsten 205 Leichen beerdigt. Mit den kaiserlichen und bayerischen Kriegsschaaren wurde die Pest wieder in Griesbach (Wegscheid) eingeschleppt; sie begann im Juli und raffte bis September in der Pfarrei 62 Menschen hinweg. Einige Pest- opfer von Schaibing und Rothenkreuz wurden, wie das Sterbebuch meldet, ausserhalb des Marktes im Felde beerdigt. Beim Nahen des Winters trat Nachlass der Seuche ein. Mit dem Frühjahre stellte sich dieselbe aber wieder in Untergriesbach ein und hielt über den Winter bis zum Anfange des J. 1650 an. In der Pfarrei Untergriesbach starben im J, 1649 mehr als 250 Menschen, im Filialdorfe Leizesberg allein gegen 30 Per- sonen. In demselben Jahre wurde auch der Markt Freyung mit vielen umliegenden Dörfern, worunter auch das Schloss Mayerhof, von der Pest heimgesucht. Das gleiche Schicksal traf die Märkte Frauenau am ßachel und Zwiesel ^). — Noch ist der Viehseuche zu gedenken, durch welche Oberammergau grosse Einbusse erlitt. Grossen Nothstand brachten auch im Jahre 1648 die anhaltenden Truppenzüge, Kontributionen und Plünderungen über das Koburger Land, so besonders über das Amt Neustadt, wo die armen Leute „Spreu aus dem Pferdekoth auslasen, um Brod daraus zu backen." Im Voigtlande, be- sonders in Plauen, fand in diesem und dem folgenden Jahre die Kriebel- krankheit allgemeine Verbreitung ^). — Die Blattern hatten in Ostpreussen Eingang gefunden. Zu Thorn an der Weichsel erlagen vom Februar bis in den Monat April viele Kinder den grassirenden Pocken und wurden öfter an einem Tage 3 bis 4 Leichen bestattet. 1649. Nasses, kaltes Jahr, fast ohne Sommer; Hagel schädigte das Getreide. Reif vor der Lese; wenig und sauerer Wein. Als Nachwehen der Kriegszeiten suchten Infektionskrankheiten, namentlich die Pest, verschiedene Gegenden Bayerns, insbesondere die Bewohner der Flussgebiete, heim. 1) Niederb. Arch. II, 38. 87. XV, 32. 2) Leisner, Tractat. 1676. In München hielt die Pest von Neuem Einkehr, ohne indes grosse Verheerung anzurichten. Der Münchener Medicus Physicus ordin. Malachias Geiger bezeichnet als ihre besonderen Kennzeichen: Hauptweh, plötzliche Angst und Unruhe, Schmerzen der Arme und Beine; dazu führt er als Merkmale, die auch anderen Krankheiten zu- kommen , an: Hitze mit oder ohne vorausgehenden Frost, schneller Puls, schwerer Athem, Erbrechen, Schlafsucht oder anhaltende Schlaf- losigkeit, Delirien, Durst, Ohnmächten, Beulen („Schlier"), Karbunkeln („Bocksterne") und Petechien, Einige erkrankten bloss mit Frost und Hitze und starben ohne sonstige Erscheinungen schon nach 24 Stunden; bei anderen wurden über der Brust, am Rücken und an den Schultern breite blaue und schwarze Flecken sichtbar. Besondere Vorschriften gibt ge- nannter Arzt über Aufzeitigen und Heilung der Pestbeulen. — Ebenso wurde die Gegend von Taufkirchen an der grossen Vils von der Pest heimgesucht; es starben in diesem Jahre gegen 250 Personen. Auch Dachau litt durch die Seuche, — Nach Schrobenhausen kehrte von einer Reise am 5. Oktober eine dortige Krämersfrau mit der Pest behaftet von Ingolstadt zurück. Sie starb am 6. Oktober, Tags darauf ihre Magd, sowie der Bader, der sie behandelt hatte. Durch strenge Absonderung blieb das Uebel auf seinen Heerd beschränkt. — Die Stadt Rain unweit des Lech wurde durch den von einem Soldaten eingeschleppten Petechial- typhus schwer betroffen; 200 Menschen raffte der Tod aus der ohnehin nur geringen Bevölkerung hinweg und ein halbes Jahr blieb fast die ganze Bürgerschaft in den Häusern eingesperrt. Ein zweiter Friedhof wurde Bedürfniss. — Gegen Ende des Vorjahres nistete sich in Neu- burg a. D,, zum grossen Schrecken der Einwohner, deren am 10. Januar drei erlagen, das „ungarische Fieber" ein. — Im Markte Kösching (Bezirk Ingolstadt) wurden in diesem und dem folgenden Jahre 400 Personen Opfer der Seuche, weshalb ein jährlicher Bittgang nach Arnsberg veran- staltet wurde ^). Obgleich der Stadtrath in Regensburg im Frühjahre verbot, Bettler, „die seit einiger Zeit aus Bayern hereinströmten und wegen der vorjährigen Theuerung oft Krankheiten an sich hatten, in die Stadt zu lassen", zeigte sich doch gegen Ende des Jahres die Pest, Für die Todten wurde auf dem Lazaruskirchhofe ein abgesonderter Platz mit Brettern verschlagen; die Leichen durften nur Abends nach 7 Uhr hin ausgebracht werden. Die Seuche erlosch erst im folgenden Jahre, — Wegen einer herrschenden Seuche wurde nahe dem Dorfe Prunn (bei Rieden bürg an der Altmühl) eine kleine Votivkirche gebaut, — Die bereits um die 1) Bayer. Ann, 1834. Hälfte verminderte Bevölkerung des Städtchens Cham am Regen büsste nun noch ein Drittheil ihres Restes ein. — In Deggendorf kam neuerdings die Pest zum Ausbruche. — In der Herrschaft Haidenburg (s. ö. von Vilshofen) wütheten Hungersnoth und Pest in verheerendster Weise, so dass der dritte Theil der dortigen Bewohner zu Grunde ging, viele Häuser ganz ausstarben und zwanzig Jahre später noch öde lagen ^). Im Inngebiete ruhte die Pest auch während des Winters 1648 — 49 nicht, vielmehr steigerte sich das Elend zu grausiger Höhe. In der Ge- gend von Schärding bis Braunau wurden zahlreiche Priester Opfer ihres Pflichteifers. Der einzige Pfarrer Bündtner zu Ort an der Andiesen versah die Pfarreien Reichersberg, Münsteuer, Ort, St. Lambrecht und St. Martin; am 1. Adventsonntage 1650 erlag er selbst der Seuche. Die Hungers- noth nahm im Frühjahre unter dem verarmten Volke so zu, dass es sich von dem Fleische der haufenweis krepirten Thiere zu erhalten suchte. „Es ist kein Aass so stinkend und abscheulich", schreibt am 5. März 1649 der Probst Jacob, „dass die armen es nit angreiffen; von Khlaiben, Aichlen, Baumrindten und anderm unnatürlichen Brodt will ich geschweigen; es ist also khein wunder, dass eine sucht und ganzer landsterb sich ereignet." Die noch vorhandene Bevölkerung verlor, in Unwissenheit und Aber- glauben befangen, alle Besinnung und wollte die eigentlichen Ursachen dieser furchtbaren Landplage nicht erkennen, vermochte sie daher auch nicht zu beseitigen. Aller Orten glaubte man das Pestgespenst, einen langbeinigen Mann mit seinem rothen Mantel, wiedergesehen zu haben, der schon 1521 den Tod über den Inn gebracht hatte; wo er sich zeigte, gab es auch jetzt wieder einen „Sterb"^). Bereits bei Beginn des Jahres hob die Seuche wieder in Braunau an. Nach den Sterbebüchern der Pfarrei waren die Monate Juni mit Oktober die verderblichsten. Im Ganzen starben in der Stadt allein in diesem Jahre 461 Erwachsene und 546 Kinder. Viele starben auf dem freien Felde, Viele wurden von den Angehörigen in ihren Hausgärten begraben, weil sie in den Friedhöfen, nur leicht eingescharrt, nicht selten eine Beute der Hunde und Raubthiere wurden. Im gleichen Verhältnisse stand die Todesernte in Simbach und auf dem Lande; besonders fiel der grösste 1) Niederb. Arch. XII. 2) Während die Hebräer die Schickung der Pest bald Jeliova selbst, bald einem Engel oder Straf boten Jeliova's zuschrieben, sendeten die erzürnten Götter der Griechen durch die Pfeile des Apollo und der Diana die Pest und plötzliche Todesfälle. Die deutsche Volkssage verstand es, die Pest als etwas Greifbares darzustellen und die dämonische Verschleppung des Seuchengiftes mit der Jammergestalt des begleitenden Hungers in Fleiscli und Bein zu hüllen. Theil der Bewohner von Antersdorf durch das Schwert des Feindes oder die Pest. Vorzugsweise erlagen die ärmeren Leute der Seuche. Von Seite der Behörden mussten die strengsten polizeilichen Mass- nahmen zur Reinigung der Luft, zur Begrabung der Leichen und zur Weg- räumung des gefallenen Viehes getroffen werden. Die infizirten Wohnungen wurden gesperrt, bewacht und durch Aufsteckung eines „Schabes" zur Ver- meidung solch' trauriger Stätten des Elendes und der Gefahr bezeichnet. Auf Befehl der Rentstube zu Landshut vom 5. Januar 1649 trugen Alle, welche mit den Angesteckten umgehen mussten, ein hölzernes Kreuz auf der Brust, als Zeichen, dass man ihren Umgang zu meiden habe. Die Krankheit ward noch mehr durch Freundesbesuche und Erbschaftserheb- ungen verbreitet. Es erschienen daher die strengsten Verordnungen und Galgen standen an verschiedenen Stellen zur Bestrafung der Ungehor- samen. Wiederholt wurde öffentlich verkündet, dass diejenigen, welche von infizirten Orten ein und auslaufen würden, ohne Prozess mit dem Strange hingerichtet werden sollten. Ebenso verfuhr man mit lässigen Wächtern. Zwei Wächter von Zimmern und einer von Eggerding ver- liessen ihre Aufsichtsposten, um im Taglohn zu arbeiten. Sie mussten an den Galgen angeschmiedet einen Tag lang ihre Fahrlässigkeit büssen; die Wächter zu Thal standen 4 Stunden „auf offenem Platze an die Schandsäule gebunden". Der hereinbrechende Winter unterstützte endlich die Bemühungen der Behörden vuid trug wohl das meiste zur Verscheuch- ung der Krankheit bei. Der Markt Kösslarn (Rotthalmünster) starb durch die Pest bis auf 4 Familien gänzlich aus. — Die ganze Umgegend von Altötting wiirde von Hunger und Pest schrecklich heimgesucht. Ringsum hatten fast alle Ortschaften davon zu leiden; überall begegnete man in den Dörfern und Höfen den ausgesteckten Warnungszeichen, welche die Leute zur Vorsicht mahnen und vor Ansteckung bewahren sollten. Erst im Spätherbste, nachdem der Zulauf von Fremden aufgehört hatte und die Wallfahrt zu Ende war, trat die Pest auch in Altötting auf; 20 Häuser wurden infizirt und gesperrt. Nach einigen Wochen hörte die Seuche auf (Maier, Gedenkbl.). — Auch in Wasserburg kehrte die Pest wieder ein, um hier bis in das nächste Jahr thätig zu bleiben; in der Pfarrei Eiselfing starben vom Spätjahre 1649 bis zum folgenden Jahre 286, in jener zu Babensheim 83 Personen an der Pest. Rosen- heim traf dasselbe Verhängniss. — Die Gegend von Trostberg wurde wieder von der Pest überrascht; die ersten Symptome zeigten sich im August und September, bis zu Anfang des folgenden Jahres die Seuche mit solcher Wuth um sich gi'iff, dass nur wenige Orte verschont blieben. Die auch in Traun stein neuerdings eingedrungene Pest entfaltete eine solche mörderische Thätigkeit, dass weder Absonderungslokale und Kran- kenwärter, noch Aerzte und Priester mehr ausreichten. Um sich und Andere vor Ansteckung zu bewahren, stellte man endlich in einiger Ent- fernung vor den Häusern der Pestkranken einen mit Leintuch bedeckten Tisch; dahin legte man Speise und Arznei und der Geistliche die nach der Krankenzahl bemessenen Hostien, worauf sich Laien und Geitlicher ent- fernten. Die Leidenden wurden nun heraus gerufen, reichten sich selbst das Abendmahl und wankten dann wieder ihrem Jammerorte zu. Bis Ende 1650 zählte man im Bezirke Haslach-Traunstein unter 664 Gestor- benen 443 Pestopfer. — In der Pfarrei Obing bemerkte man im August die ersten Zeichen der Pest; zu Anfang des folgenden Jahres erweiterte sich der Krankheitsherd mit solcher Wuth, dass nur wenige Orte be- freit blieben. In der Pfarrei starben binnen Jahresfrist 126 Personen^). Nachdem die Seuche bereits im Dezember 1648 in Burghausen an der Salzach begonnen hatte und 22 Personen „am hitzigen Fieber mit Pe- deken" (Petechien), wie man es nannte, gestorben waren, hielt die Krank- heit während des Jahres 1649 hindurch an. Den Badern wurden am 26. Mai Zulagen bewilligt, damit sie sich bei den Kranken gebrauchen Hessen oder aus Eigenem einen „Prechenbader" (Pestarzt) anstellten. Die Geistlichkeit wurde hart mitgenommen; es starben ihrer so viele, dass die Ueberlebenden nimmer ausreichten und die Stadt um Aushilfe vom Kapu- zinerorden in Braunau bitten musste. Zur Abhilfe liess die Sebastiani- bruderschaft ein Hochamt lesen und schickte der Magistrat ein Fässchen Wein nach Ebersberg, wo man den Wein durch die Hirnschale des hl. Sebastian laufen liess. Sodann wurde er wieder ins Fässchen gefüllt und dieses von dem Vorstande des dortigen Jesuitenhauses versiegelt. Dem Boten wurde ein lateinischer Vorweis mitgegeben. Dieser Gebrauch, der wohl auch schon früher bestanden haben mag, dauerte bis 1782, in wel- chem Jahre dieser Wein 11 fl. 44 kr. kostete (vgl. S. 32). — Im Ganzen starben 314 Personen, nämlich im Oktober und November 1648 nur einige, im Dezember 22, im Januar 1649 21, Februar 17, März 17, April 37, Mai 16, Juni 23, Juli 15, August 60, September 52, Okt. 16, November 9, Dezember 9, Januar und Februar 1650 nur 8. Unter diesen Zahlen sind übrigens auch die an anderen Krankheiten Gestorbenen mit begriffen. Das Todtenbuch bemerkt, dass noch „vielmehr Personen im Holzfeld am hitzigen Fieber und Pedeken gestorben, aber nicht auf- gezeichnet worden". Hierzu kam noch Brodmangel, weshalb am 15. Juli auswärtige Bäcker die Erlaubniss erhielten, in der Stadt Brod zu ver- n Oberb. Arch. XIX. J. Lechner, Kirchenwesen, Salzb. 1810. 283. kaufen. Ebenso tauchte die Seuche im nahen Pfarrdorfe Feichten auf; sie war anfangs auf 4 Häuser beschränkt und erlosch bald, ohne ein Opfer zu fordern; allein später drang sie aus der Umgegend, wo sie namentlich in Teuntning grassirte, wieder ein und tödtete 105 Menschen. — Die Stadt Laufen verlor vom 11. August bis 31. Dezember 1649 gegen 300 Einwohner durch „das Fieber mit Beulen an den Lenden" (Bubonenpest). Am 17. und 18. Februar 1650 wurden die Betten, Leib- wäsche und Kleider der Verstorbenen und Pestkranken verbrannt^). In Salzburg machte sich die Pest vom Sommer bis in den tiefsten Winter hinein geltend, jedoch ohne erhebliche Verluste für das Stift Salzburg. In der Pfarrei Ohlstorf (bei Gmunden am Traunsee) wütheten Pest und Hungersnoth. Arme Leute wurden häufig auf der Flur ver- hungert aufgefunden. Vom 28. August bis 29. September wurden in Ohlstorf 14 Pestopfer begraben. — In Gmunden kamen mehrere Todes- fälle in Folge „von hitziger Krankheit" vor^). Anfangs September riss zu Gampern (bei Vöklamarkt) die Pest ein '^). — Die Seuche dehnte sich auch über Niederösterreich aus. In der Gegend von Krems rafile sie viele Menschen hinweg; die Schulen wurden deshalb erst im Januar 1650 eröffnet. — Tuln kam mit dem Schrecken davon; in einem Wirthshause starben zwei Personen; mit der Absperrung erlosch hier die Pest. Der erwähnte Propst Jakob vom Kloster Reichersberg wurde auf einer Reise nach Oesterreich von der Pest, welche dort im Herbste von Neuem auf- tauchte, befallen und starb am 30. Oktober zu Wiener-Neustadt. — Die in Oberösterreich eingebrochene Infektion trat im März 1650 ärger auf. Im Oktober kam dieselbe der steierischen Grenze näher, grassirte in Lo- senstein, wie in der Stadt Steyer und drang endlich nach Mariazell, wo sie bis nach Mitte Dezember anhielt, wie auch in den Markt Aflenz (Peinlich). — Li Prag, welches die Schweden mit dem Pfalzgrafen Karl Gustav im September 1649 verliessen, starben 1886 Menschen an der Pest (Häulen). Aus norddeutschen Kreisen stammen nur einige Krankheitsberichte von lokaler Bedeutung. So erlagen im Pfarrdorfe Winterstein (Kobui'g- Gotha) über 300 Personen einer Seuche. Zittau in Sachsen wie Königs- berg in der Neumark wurden von den Blattern heimgesucht. Endlich trat in der schlesischen Bergstadt Reichenstein eine Seuche auf, welche indes nur 28 Opfer forderte. In Königsberg befiel die Universitäts- studenten zuerst im Konviktorium ein bösartiges Fieber, welches sich später 1) Oberb. Arch. XIV; XXII. 2) Leclmer 1. c. 3) 26. Bericht über d. Mus. Francisco-Carol. Linz 1866. auch auf die übrigen Studierenden wie die Einwohner der Stadt ver- breitete ^). 1650. Oelinde Witterung im Januar, schädlicher Frost im Mai; das Getreide leidet in ganz Deutschland durch Hagelschlag; wenig und geringer Wein. Mit den Kriegsleiden kamen auch die Seuchen in Rückgang. In Neuburg a. D. herrschte neben Theuerung und Noth die Pest, welche manche Opfer forderte (Coli.). — Eching (n. vom Ammersee) wurde vom 24. August bis 19. Dezember von der „laidigen Sucht der Pest", an welcher mehrere Familien ganz ausstarben, überkommen. Man er- baute deshalb die Votivkapelle zum hl. Sebastian (Ob. Arch. X). In der Umgegend von Rottweil (Württemberg) war eine ansteckende Krank- heit ausgebrochen; deshalb wurde der Verkehr mit Rottenburg aufgehoben {G. Gaisser's Tageb.). Das grässliche Schauspiel des dreissigjährigen Krieges endete in langsamen Zuckungen mit dem heissersehnten Frieden und mit ihm kehrte über unser völlig verwüstetes Land jene Ruhe zurück, die dem Tode glich, welchem in einem Hause Alles zum Opfer fiel. Land und Volk trugen allenthalben die traurigen Spuren einer nachhaltigen Erschütterung, in welcher die Schrecken des Krieges, des Hungers und der Pest mit denen einer furchtbaren sozialen Umwälzung gewechselt hatten. Durch die immer wiederkehrenden Durchmärsche, Schrecknisse und Grausamkeiten der von Zerstörungs- und Mordlust erfüllten Kriegsgesellen wurde jeder Versuch zur Besserung der trostlosen Lage verhindert; der Wohlstand war ver- nichtet. Ganze Landschaften lagen in beispielloser Verwüstung, waren entweder von ihren Bewohnern verlassen oder so tief verfallen, dass die Sorge und Arbeit mehr als eines Menschen alters nöthig war, nur die groben Spuren der Verwüstung zu verwischen. Seit Attila's und der Ungarn schrecklichen Verheerungszügen war über das unglückliche Vaterland nicht so unsägliches Elend gekommen, wie in diesem grossen ein Menschen- alter währenden Vernichtungskampfe, nach welchem Deutschlands Be- völkerung, die vor dem Kriege 16 —17 Millionen zählte, auf 4 Millionen herabgesunken war. In Sachsen allein hatten binnen zwei Jahren 900000 Menschen das Leben gelassen, in Böhmen war nur noch ein Drittel seiner Bewohnerzahl übrig und Bayern konnte den Verlust von 80000 Familien beklagen. Die entsetzlichen Gräuel des Krieges hatten überdies die Geister 1) Beckhei*, Hist. morbi acad. Regiom. 1649. verderbt und die Rohheit und Sittenlosigkeit der verwilderten Peiniger war auf den grösseren Theil der dem Elende und der Verzweiflung preis- gegebenen Menschen übergegangen, so dass zum Hohne jeder Satzung Laster aller Art üppig emporschössen. Die Heilung der Wunden, welche der lange Krieg dem Menschen geschlagen hatte, nahm eine lange Reihe von Jahren in Anspruch und ist zu zweifeln, ob alle jene Wunden bis auf den Grund geheilt sind. Unzählige Brandstätten und Schlachtfelder tragen noch auf ihrer Bildfläche die mit Feuer und Blut geschriebenen entsetzlichen Worte: „Dreissigjähriger Krieg". Quellen. Aachen, C. F. Meyer 1781, F. Haagen 1874. — Aalen a. Kocher, H. Bauer 1852. — Aichach, F. D. Reithofer 1818. — Aken a. Elbe, s. Kalbe. - Allendorf, Dr. G. Wagner 1865. — Allstedt, Dr. A. Nebe in Zeitsch. d. Harzv. 1887, Däumier. — Altena, Wilh. Marks 1843. — Altenburg, Dr. F. Lobe 1881, Altenburgi Altitudo V. J. Vulpius 1699. — Altenzella, J. C. Knauth 1711. — Amorbach, P. Gropp 1736. — Anclam, C. F. Stavenhagen 1773. — Andechs, P. Sattler 1877. — An- halt, Historie v. J. C. u. J. Chr. Beckmann B. III. 1710—16. — Annaberg, Chronika 1747, Arnold 1812, G. Andrä 1837. — Ansbach, Nachr. von Dr. Georgii 1732, G. Stieber 1761, Beschreib, v. J. B. Fischer 1786, Jahrbücher v. Endres 1834—36. — Apolda, J. C. Kronfeld 1871. — Arnsberg, F. J. Pieler 1882. — Arnstadt, Hist. J. C. Olearius 1701, Dr. Hesse 1842. — Aschaffenburg, Behlen u. Dr. Merkel 1843. — Aschersleben, v. Zittwitz 1835. — Auerbach, J. Neubig 1839. — Augsburg, Gesch. v. Stetten 1743,'Dr. G. Jäger 1861, v. Seida 1826. — Aurach, Fembach, Seebach u. Zenngrund, G. L. Lehnes 1841. — Bachgau, W. C. Steiner 1821 u. 29. — Baden, Schweiz, B. Fricker 1880. — Baiersdorf, Dr. J. Hock 1834. — Bamberg, Hofmanni Ann., Schmötzer u. Jäck 1806 u. 11, J. P. Ludwig SS. rer. episcopatus 1718. — Barth, Fr. Oom 1857. — Bartenstein, J. G. Behnisch 1836. — Basel, Mitth. a. Rathsb. aus 30jähr. Krieg v. A. Häusler, Stadtgesch. V. Dr. Buxtorf u. Falkeisen 1875, Chron. h. v. W. Vischer u. H. Boos 1880, J. Gross 1624, Chroniken, h. v. W. Vischer u. Stern III 1872—87. — Baunachgrund, G. L. Lehnes. — Bayreuth, Heller, J. G. Heinritz 1823, J. W. Holle 1833. — Beigern a. d. Elbe, Bertram 1860. — Beizig, J. Eilers 1743. — Bensheim, J. Heckler 1852. — Berlin, J. Müller u. G. Küster 1737, Hist. Schilderung (anonym) 1793—95; E. Fidicin 1842; A. Streckfuss 1878. — Bern, E. v. Wattenwyl 1872. — Berthels- dorf, G. Korscheit 1852. — Bielefeld, W. Fricke 1887. — Bingen, Chron. J. Scholl 1613 (E. Sander 1853). — Bischofsheim v. Rh., A. Schumm 1875. — Birthälm, Siebenb., J. Salzer 1881. — Bischofswerda, Chr. Heckel 1713, K. Mittag 1861. — Bischweiler, Elsass, W. Culmann 1826. — Bockenem, F. Buchholz 1843. — Bonn, K. A. Müller 1834. - Borna, Wolfram 1859. — Brandenburg. Hist. Beschr. v. J. Chr. u. B. Ludw. Beckmann II 1751, Dr. M. W. Heffter. — Braun- schweig, SS. rer. Brunsv. ed. W. Leibnitz 1707—1711, T. Olfen's Geschichtsbücher, herausgeb. C. v. Vechelde 1832, Braunschw.-Lüneb. Chron. v. M. H. Bünting u. J. Letzner, h. v. Rehtmeier III 1722, Dr. W. Havemann III B. 1855—57. — Breisach, A. Clorer 1883. — Bremen, L. W. Rose 1860. — Breslau, Scriptor. rer. Siles., Chronik von F. G. A. Weiss 1888. — Bretten, S. F. Gehres 1805. — 18 Brieg a. d. 0., K. F. Schönwälder 1855—56, Dr. E. Wernicke. - Britzingen, Chr. Ph. Herbst 1841. — Bromberg, Dr. Kühnast 1837. - Brunn, Dr. Ludwig 1854, R. Hanak 1880. - Brüssel, Histoire de la Ville Br. par A. Henne et A. Wauters 1845. — Bunzlau, Schles., E. Dewitz 1884, Dr. E. Wernicke 1884. — Burgbern- heim, P. C. Nörr 1844. — Burghausen, Dr. G. Huber 1862. — Cadolzburg, M. Walther 1751. - Calau, J. F. Merbach 1833. — Camenz, Dr. J. G. Böhnisch 1824. — Cassel, Dr. F. C. Piderit 1882. - Chemnitz, C. G. Kretschmar 1822, C. W. Zöllner 1886. — Coblenz, Dr. J. Wegeier 1881. — Coburg, Chron. v. Hönn, C. Grüner Beschr. 1783, J. A. Schultes B. HI 1818—22. — Colberg, H. Riemann 1873. — Colditz, Chron. Abrah. Tammii ed Mencken 1663. — Cölleda, F. H. Grüning 1835. — Colroar, Elsass, Th. F. X. Hunkler 1888. — Constanz, Chronik 1798, M. F. Merk 1627, J. Eiselein 1851. - Cöslin, C. W. Haken 1765. — Creg- lingen, 0. F. H. Schönhut 1846. — Crimmitschau, C. F. Kästner 1858, Gesch. d. Pleissengrundes oder v. Crimmitschau u. Werdau v. G. Göpfert 1794, J. Vulpius 1704. — Dachau, F. Reithofer 1816. — Danzig, Dr. F. Brandstäter 1879, Progr., R. Curicke 1686. — Darmstadt, Dr. Ph. A. F. Walther 1857. — Delitzsch, G. Lehmann 1852. — Dessau, L. Würdig 1876. — Deutschland nach dem 80 j. Kriege V. K. Fr. Hanser 1862. — Dillenburg, M. Schreiner 1880. — Dillingen, F. Reit- hofer 1821, W. Weiss 1861. — Dingolfing, Dr. J. W. Eberl 1856. — Dippoldis- walde, C. E. Rüger 1863. — Döbeln, Chron. v. Mörbitz 1727, C. W. Hingst 1872, W. H. Biltz u. C. W. Hingst 1872. — Dohna, C. Bartsch 1735. — Donaiieschingen, Dr. Riezler 1872. — Dorsten, J. Buerbaum 1843. — Dortmund, Hist. v. D. Mühler u. C. Mewe 1616 in Seibertz, Quellen der Westf. Gesch. — Dresden, A. Weck 1680, Hasche 1816, Klemm 1837, M. B. Lindau 1884. — Duderstadt, J. Wolf 1803, Dr. Jäger 1886. — Durlach, K. A. Fecht 1869. — Ebersberg, J. A. Paulhuber 1847. — Eckartsberga, Dr. Emsmann 1832. — Eferding, W. Kopal im Mus. Franz.- Carol. 1876. — Eger, Chron. v. F. Th. Funk 1743, V. Pröckl 1845. — Eggen- felden, M. Maier 1826. — Eichstädt, Sax, A. Hotter 1865. — Eilenburg, Ferd. Gundermann 1879, C. Geissler 1829, M. J. Simon 1696. -- Einbeck, H. L. Har- land u. Gg. Max (s. Grubenhagen). - Eisenacli, J. W. Storch 1837, Andr. Topii historia 1710, Ann. Isen. in Syntagma PauUini. — Eisenberg, M. J. D. Gschwend 1758. — Eisleben, Chron. Isleb., her. v. Dr. Grössler u. F. Sommer 1882. — Elberfeld, Dr. J. F. Knapp 1885. — Elbing, M. G.Fuchs 1818-32. — Ensisheim, Elsass, E. V. Merklen. - Erding, O.-B., B. Zopf 1856. — Erfurt, Nachricht. 1713- Erlangen, F. Lammers 1834, C. Fick 1812. — Erling u. Andechs, Hdschr. Chr. V. M. Friessenegger, herausg. v. Ferchel. — Eschwege, J. L. C. Schminke 1857. — Esslingen, Dr. K. Pfaff 1852. — Feldkirch, G. Prugger 1685. - Fiecht, Chronik 1874. - Flensburg, A. C. Holdt 1884. — Forchheim, Dr. J. G. Hübsch 1867, J. B. Deuber 1867. — Forst, J. C. Schneider 1846. — Franken, Jäger's Gesch. 1806, Theatr. Francon. — Frankenberg, J. Vulpius 1704, Bahn 1755. — Frankfurt a/M., Quellen d. Frankf. Gesch., h. v. Dr. H. Gotefrend 1864—1888. Gesch. v. Lersner, Dr. Gg. Lange 1837. — Frankfurt a/O., C. R. Hausen 1800. — Frauenfeld, J. A. Pupikofer 1871. — Frauenstein, Bahn 1748. — Freiberg (Sachsen), Dr. A. Möller 1653, Annalen 1156-1650, Dr. G. Benseier 1847—54. Kirchenhistorie v. Wilisch., C. W. Hingst, Verheerungen d. Pest, Freib. Alterthumsv. 1879, Oesfeld, Beschr. merkw. Städte im Erzgeb. 1777. — Freiburg, J. Bader 1882, Dr. H. Schreiber 1857, Stadtchronik 1838. — Freising, C. Meichelbeck 1724, Dr. M. Heimbucher 1887. — Friedberg a. Lech, G. Luber 1801. — Friedberg, Wetterau, Ph. Dieffen- bach 1857. — Friedeberg, J. G. Bergemann 1829. — Friesach, F. L. Hohenauer 1847. — Friesland, C. P. Hansen 1856. — Fürth, J. G. Eger 1819, Dr. Frohmüller. — Fritzlar, Dr. C. B. N. Falkenheiner 1841—42. — Füssen, J. Feistle 1861. — Fulda, K. Arndt 1862, Chron. 1839. - St. Gallen, Chron. v. A. Näf 1863, J. v. Arx 1811, Hartmann, M. Haltmeyer 1683. — Gardelegen, Chr. Schultz 1668, D. Bauke 1832. — Gartz a. 0., Jul. Schladebach 1841.— Gattnau, J.B.Hafen, Lindau 1854. — Gefrees, A. C. D. EUrodt 1832. — Geldern, Rheinprov., F. Nettesheim 1863. — Gelderland, Niederlande, Joh. J. Pontani Hist. Geldrica 1639. — Gelnhausen, F. W. Junghans 1886. — Gera, F. Hahn 1855, M. J. C. Zopf 1670. — Gerings- walde, Bernhardi 1777. — Gernsheim, K. Dahl 1807. — Gesees, Dr. J. G. Hübsch 1842. - Geyer (Sachsen), Dr. J. Falke 1866. — Giengen, M. R. F. H. Magenau 1830. — Giessen, Dr. 0. Buchner 1879. — Glatz, Dr. E. L. Wedekind 1857. — Glogau F. Minsberg 1853. — Gmünd a. Tegernsee, J. Obermayr 1868. — Gmünd, W., M. Grimm 1867, J. A. Rink 1802. — Gmunden, J. Lechner 1865. — St. Goar, A. Grebel 1848. - Görlitz, Dr. C. G. Th. Neumann 1850. — Goldberg, M. C. Wenzel 1658 in L. Sturm 1888. — Göttingen, J. D. Gruber 1734, J. Billerbeck 1797. — Goslar, G. F. E. Crusius 1843, Antiq. Goslar. Heinecii, Dr. R. Müller 1884 Progr. — Gotha, Dr. A. Beck 1868—75, J. G. A. Galletti 1779—80, C. Sagit- tarius 1700. — Grabfeld, J. A. Bensler 1802—3. — Gräfenberg, G. K. Adler 1850. — Gransee, F. Knuth 1840. — Graz, F. Iwolf u. K. F. Peters 1875. — Greifen- herg, H. Riemann 1862. — Greiffenberg, Schlesien, J. G. Luge 1861. — Greifs- wald, Dr. Th. Pyl 1877—79, Beitr. v. Gesterding. — Greussen, W. Sternickel 1829. — Grimma, M. C. G. Lorenz. — Groningen, J. G. Leuckfeld 1710. — Gronau, Dr. A. H. Röbbelen 1832. — Grossbottwar, Württ., G. Kubier 1861. — Grossen- hain, C. G. Th. Chladenius 1788. — Grubenhagen. Fürstenth. z. Landrostei Hildes- heim, Gg. Max 1863. — Grünberg, Schles., G. WolfF 1848. — Grünenbach, Allgäu, Endres. — Gundelfingen, B. Mayer 1862. — Haag, B. Zopf 1857, F. D. Reithofer 1818. — Hadeln, Scherder 1843. — Häulen C. Casp.,.Jahrb. 1743. —Halberstadt, W. F. Klamer 1853, Winnigstädt, Dr. K. L. Zschiesche 1882. —Halle, Gottfr. Olearius 1667, C. H. vom Hagen 1867—80. — Hamburg, Dr. K. Koppmann 1878. Kurze Chronika 1725. — Hameln a. d. Weser, Gesch. v. Sprenger 1826. 1861. — Hamm, Westf., M. F. Essellen 1851. — Hammelburg, P. Doli 1873. — Hanau, W. Jung- hans 1887. — Hannover, R. Hartmann 1878, R. L. Hoppe 1845, R Hohmeister's Aufzeichn. 1861. — Harburg, Hann., W. C. Ludewig 1834. — Harburg im Ries, E. Schäfer 1834. — Hardegsen, Hann., J. G. Domeier 1771. — Heidelberg, Dr. G. Töpke Matrikel 1884—86, Hist. Schauplatz v. J. P. Kaiser 1733. — Heilbronn, G. Jäger 1828. — Heiligenstadt, J. Wolf 1800. — Helmstedt, F. L. Ludewig 1821. — Hemau, J. Müller 1861. — Henneberg. Chronica, C. Spangenberg 1599. 1755 u. J. L. Heim 1767. — Herbsleben, Dr. H. Zeyss 1873. — Hersbruck, Th. W. Ulmer 1872, G. E. Waldau 1788. — Hersfeld a. d. Fulda, J. C. Vigelius 1888. — Hessen, Grimm, Bergstrasse, Retter's Nachricht., F. Chr. Schmincke 1747. — Hildburghausen, Dr. R. A. Humann 1886, Dr. L. Grobe 1871 J. W. Krauss 1753. — Hildesheim, H. ü. Lüntzel 1858, Dr. W. Wachsmuth 1863. — Hirsau, Dr. K. Klaiber 1886. — Hirschberg, Schlesien, J. D. Hensel 1797. — Hirschfelde, Dr. H. F. Knothe 1851. — Hochheim a. M., Th. Schüler 1887. — Holstein, Chron. des Chr. Solini 1674. — Hof, E. Wiedemann 1629—1772, H. Wirth 1843. — Holz- kirchen, M. Haimbucher 1884. — Horgen, Dr. J. Strickler 1882. — Jauer, C. F. E. Fischer 1803—4. — Jena, Geograph. Jen. v. M. A. Briern 1673. — Iglau, Chr. D. Elvert 1850. — Illesheim, C. W. Schirmer 1842. — Ingolstadt, J. Gerstner 1853, L. Gemminger 1864. — Innsbruck, F. C. Zoller 1816-1825, J. N. Mederer 1782. 18* — Insterburg, A. E. Henning 1794, Dr. H. Toews 1883. — Iserlohn, Giffenig 1802. — Isny, J. H. Specht 1770. — Jülich, Dr. C. Brockmüller 1839. Jüterbock, Dr. C. Chr. Heifter 1851. — Kaiserslautern, J. Gg. Lehmann 1853, E. Jost 1886. — Kalbe, M. J. H. Hävecker, Chronica d. Städte Kalbe, Aken u. Wanzleben 1720. — Karlsbad, A. C. Low 1874, V. Pröckl 1883. — Kastei, Brunner 1830. — Kelheim, Dr. J. A. Träger 1823, J. B. Stell 1863. — Kempten, Denkmal V. Jac. Kesel 1717, Dr. Ph. J. Karrer 1828, J. B. Haggenmüller 1847, Jos. Mair- hofer 1856. — Kiederich a. Rh., J. Zaun 1879. — Kitzingen, hdschr. Chron. v. Paul Röckelein 1626. — Klagenfurt, H. Hermann 1832, R. Graf 1851. — Klingen- berg, K. Dahl 1811.— Königsberg, Ostpr., Faber 1840. — Königsberg (Franken), J. W. Kraus 1755. — Königsberg (Brandenb.), A. Kehrberges 1712. — Komotau, Saaz u. Kaaden, v. N. v. Ürbanstadt 1869. — Kraiburg, K. Riedl 1857. — Krems u. Stein a. D., J. Kienzl 1869, Dr. A. Kerschbaumer 1885. — Kreuzburg, Dr. Heidenfeld 1860. — Kronach, C. u. H. Stöhr 1825. — Ladenburg, C. Th. Schuch 1843. — Laehn, Schles., A. Knoblich 1863. — Landau, Pfalz, J. v. Birnbaum 1830, J. G. Lehmann 1851. — Landsberg a. W., A. Engelien u. F. Hennig 1857. — Landshut, Gottschalk; A. Staudenraus 1832. — Langenargen, A. Schilling 1870. — Langenau, Dietrich 1862. — Langensalza, C. F. Göschel 1878. — Lauen- burg und Bütow, R. Cramer 1858. — Lauenstein, J. A. Brandner 1845. — Laufen, W., K. Klunzinger 1846. — Lauingen, A. v. Raiser 1822, B. Mayer 1866. — Leipzig, Leonhardi 1713, M. J. J. Vogel 1714, Schwarze 1744, Chronica brevis, Geschichte 1778, Dr. Heidenreich 1635,. K. Grosse 1839. — Leisnig und Colitdz von Dr. H. G. Francken, verlegt v. Kamprad 1753, E. v. Mildenstein 1857, Ge- dächtnissäule V. Schneider 1668. — Lennep, v. J. Vossnack u. Czarnowsky 1854. — Lenzburg, J. Müller 1867. — Leubnitz, Dr. E. Heydenreich 1878. — Leut- kirch, J. W. Loy 1786, R. Roth 1870. — Liegnitz, Dr. A. Sammter 1861, Dr. A. Kraffert 1873. — Liestal, J, J. Brodbeck 1865. — Limburg, J. F. Faust 1617 (1720). — Lindau, J. Würdinger 1872. Fr. Bouton 1872. — Lindow, E. Fromme 1884. — Link, G. Klosterbuch 1873. — Lockwitzer Nachrichten 1878 u. 1882. — Lösnitz, M. G. F. Oesfeld 1776. — Löwenberg, B. G. Sutorius 1784. — Lohr a. M., J. G. Höfling 1835. — Loschwitz, F. W. Pohle 1883. — Luckau, Dr. Vetter 1871. — Lübeck, H. Asmus 1859. J. A. Becker 1782—1805. Lübecksche Blätter 1837—1842. — Lüneburg, U. F. C. Manecke 1816 u. 58. — Luxemburg, F. W. Engelhardt 1850. — Magdeburg, J. Vulpius 1702. H. Rathmann 1800 bis 1816. F. W. Hoffmann 1885—86. Geschichtsblätter f. Stadt und Land Magdeb., 1879. — Mainz, K. A. Schaab 1841—44. — Beitr. zur Gesch. v. Dr. K. G. Bocken- heimer 1876—78 u. 83. — Mannheim, F. A. Lissignolo 1834, J. Ph. Walther 1855, A. Fecht 1864, H. v. Feder 1875-77. —Marktbreit, Lehmus u. Blochmann. — Masuren, Gesch. v. Dr. M. Toeppen 1870. — Meerane, Dr. J. H. Leopold 1863. Meiningen, Landeskunde von Brückner IL Chronik 1676 (1834), Poligraph. Mein. V. J. S. Güthen 1676. — Meissen, Schaupl. des Meiss. Obererzgeb. v. Chr. Leh- mann 1699; Meissner Chron. von M. Grünewald 1829; IL Th. v. Dr. E. C. V. Dietrich. — Memmingen, Schorer 1660. P. J. Karrer 1805, J. F. Unold. — Meran, P. C. Stampfer 1867. — Mergentheim, Dr. Bauer 1830, 0. Schönhut 1857. — Merseburg, J. Vulpius. — Meseritz, Posen, Ad. Warschauer 1883. — Miesbach, M. Heimbucher 1883. — Mindelheim, J. Ph. Brunnemaier 1821. — Mitterteich, Dr. J. B. Mayr 1881. — Mittweida, Denkmal von Hermann 1648 u. 1852, Kretschmar 1841. — Moringen, J. G. Domeier 1786. — Moosburg, G. M. Gandershofer 1837. — Mücheln, Beitr. v. Wunder-Völcker 1877. — Müglitz, E. Spruczek 1841. — Mühlberg a. d. Elbe, C. R. Bertram 1865. — Mülilhausen, Elsass, M. Mieg 1816, M. Graf 1819. - Mülilhausen, Thür., E. Frantz 1856. — Mühlheim a. Rh., V. v. Zuccalnaglio 1846. — Müllheim, Bd., A. F. Siewert 1884. — Münchaurach, G. L. Lehnes 1837. — Münchberg, C. Zapf 1829. — Müneheberg, Dr. G. F. G. Goltz 1842. — München, Adlzreiter, Ann. Boic. 1662, Dr. J. H. Wolf 1838, M. Stadt- buch V. Mayer. — Münster, Dr. H. A. Erhard 1837, A. Tibus 1882. — Münster- eifel, Jak. Katzfey 1858. — Münzenberg, H. Irle 1879. — Murnau, S. Baumann 1855. - Nabburg, J. v. Fink 1819. — Naila, Dr. J. G. A. Hübsch 1863. — Nassau, Drangsale von E. F. Keller 1864. — Naumburg a. Queis, Micke 1844. — Naum- burg a. d. Saale, Chron. Naumb. ed. J. Lang ap. Mencken IL Chron. v. Zader, — Neidenburg, J. Gregorovius 1883. — Neisse, A. Kastner 1854. — Neubranden- burg, F. Bell 1875. — Neuburg a. D., Collektaneenblatt 1835 ff. ~ Neuenstadt, C. Roth 1877. — Neuhaldensleben, J. Behrends 1886. — Neumarkt, Schles., Heyne. — Neunkirchen am Brand, F. W. Goldwitzer 1814. — Neurode, W. W. Klambt 1842. — Neu-Ruppin, G. Bittkau 1887. — Neustadt a. S., J. Koch 1878. — Neu- stadt, Schles., A. Weltzel 1870. — Neustadt a. A., G. L. Lehnes 1834. — Neu- stadt-Eberswalde, J. W. Klunger 1842. — Neustettin, J. A. Wilcke 1862. —Neu- titschein, Dr. J. Beck 1854. — Nordgau, J. H. v. Falkenstein 1734-43. — Nörd- lingen, J. Müller 1824, C. Beyschlag 1851. — Nordhausen, C. Vocke 1852, Dr. E. G. Förstemann 1860. — Nordheim v. d. Rh., F. G. Benkert 1821. — Nürnberg, G. E. Waldau 1791, J. C S. Kiefhaber 1796, Müller 1836, J. P. Priem 1873. — Oberdorf, S. Baumann. — Ober-Glauchau, Dr. H. Schnurpfeil 1860. — Obernberg a. L, K. Meindl 1875. — Obernbreit, J. Burk 1832. — Oberursel, Otto Wallaus 1879. — Ochsenfurt, J. B. Kestler 1845. — Ochsenhausen, R«ichsstiftsgeschichte 1829. — Oderwitz, G. Korscheit 1«71. — Oelsnitz, Dr. J. G. Jahne 1872. — Olbersdorf, G. Korscheit 1864. — Oldenburg, Chr. L. u. Dr. J. F. Runde 1862. — Olmütz, W. Müller 1882. — Oppenheim a. Rhein, W. Frank 1859. — Oppeln, Fe. Idzikowsky 1863. — Orlamünde, C. H. Löber, Mitth. des Ver. f. Gesch. in Kahla 1885. — Ort a. d. Andiesen, C. Meindl 1872. — Ortenburg, N.-B., C. Mehrmann 1863. - Ortrand. Chron. von P. S. 1852. — Osnabrück, Historie v. J. A. Strub- berg 1710, E. W. Stüve 1817, HL B. E. Müller 1868, Dr. C. Stüve 1882. — Oschatz. M. C. S. Hoffmaun 1872—7B. — Osterode, s. Gesch. des Fürstenth. Grubenhagen von Gg. Max 1863. — Parchim, M. M. Cordesius 1670, ed. F. C. Cleemann 1825. — Pasewalk, Dr. E. Hückstädt 1883. — Passau, Dr. A. Erhard 1862, Dr. K. Schrödt 1879. — Patschkau, J. Schneider 1843. — Pausa, Ver. f. Ortskunde 1886. — Pegnitz, Dr. F. G. A. Layriz 1794. — Peterswaldau. B. Lammers 1884. — Pforzheim, J. G. F. Pflüger 1861. - Pfullendorf, C. Walchner 1825. — Flau, F. Lisch 1851. — Plauen, M. H. Fiedler 1874 u. 76. — Plech, Dr. P. Ewald 1841. — St. Polten, Niederösterr.. J. Fahrngruber 1885. — Pommern (Städte) Dr. G. Kratz 1865, Pomm. Biblioth. von J. C. Dähnert 1750, Pommerania 1844—46. — Posen, Städtebuch v. H. Wuttke 1864, Hist. statist. Bild d. Stadt P. v. J. Lukaszewicz 1838 von Königk u. v. Dr. Tiesler 1878—81, Beschreib, v. E. Oehl- schläger 1866. — Potsdam, v. A. R. 1883. — Prenzlau, J. Ziegler 1886. — Pyritz, G. Karpowsky 1855. — Quedlinburg, Winnigstädt 1732, Hist. d. Stiftes v. D. F. E. Kettner 1710/J. H. Fritsch 1828. — Querfurt, Chronica v. M. C. Spangenberg 1590, Kl. Chron. v. C. A. G. Sturm 1847. — Rade vorm Wald, J. H. Becker 1864. — Rain a. Lech, J. Weber 1819. — Rapperswil, X. Rickemann 1855. — Rastenburg, Beckherrn 1880. — Rathenow, S. C. Wagener 1803. — Radolphzell, K. Walchner 1837. - Ravensburg, J. G. Eben 1835, J. Hafner 1885. — Regeusburg, C. Th. (jmeiner 1800—1824, C. G. Gumpelshaimer 1830, Abt Anselm 1729. - Reichen- bach i. V., M. J. B. Olischer 1729, Dr. H. Hallwich 1872-74. Reichenstein, Schles., Dr. C. B. Heintze 1817. — Reichertshofen, J. B. Welsch 1802. — Reut- lingen, M. C. C. Gratianus 1831. — Rheingauische Alterthümer, F. J. Bodmann 1819. — Rheinsberg, C. Hoppe 1847. — Riedenburg, J. Ullrich 1861. — Rochlitz, F. Bode 1865, C. H. Graun 1719. — Roda, F. W. Zorn 1840. — Rosenberg, J. Lompa 1854. — Rostock, Dr. 0. Krabbe 1863, K. Koppmann 1887. — Rotenburg a. d. Fulda, Dr. Landau. — Rothenburg a. d. T., Wintersbach 1798, W. Klein 1881. — Rottenburg a. N., Dr. L. A. Hassler 1819. — Rottweil, H. Ruckgaber 1838. — Rüden, Dr. J. Bender 1848. — Rudolstadt, L. Renovanz 1860. — Saalfeld, C. Wagner 1864, K. Sagittarius. — Sachsen, Topographia 1653, Gesch. der Prov. Sachsen v. Ed. Jacobs 1883, Gesch. der Klöster von Dr. H. G. Hasse 1888, Gesch. d. sächs. Hochlands von Hering 1828. — Sagan, A, Leipolt 1853, 0. Wolff 1854. _ Salzburg, L. Hübner, Fr. Dückher 1664. — Salzwedel, A. W. Pohlmann 1811. — Sangershausen, Sam. Müller 1750. — Schärding, Joh. Lamprecht 1860. — Schaffhausen, Jm Thurn u. Härder 1844. — Schaumburg, Dr. F. C. Th. Piderit 1831. — Schippenbeil, G. Link 1874. — Schleswig, Dr. A. Sach 1875. — Schmal- kalden, Dr. J. G. Wagner 1849, J. C. Geisthirt, Ausg. 1881. — Schneeberg, Hist. V. M. Christ. Melzer 1716. — Schönberg, Mähren, K. Umlauff 1876. —Schönthal, 0. J. C. Schönhut 1850. — Schongau, Gesch. 1852. — Schrobenhausen, J. M. Fick 1850, J. E. Waldvogel 1858. — Schwabach, J. v. Falkenstein 1756, J. W. Petzoldt 1854. — Schwaben, Chronik v. M. Crusius, Höslin. — Schwandorf, Dr. G. H. Hub- mann 1865. J. Pesserl. — Schwedt, Dr. G. Thomae 1873. — Schweidnitz, F. v- Hirschberg 1719, Dr. F. J. Schmidt 1848. — Schweinfurt, A. Mühlich und Hahn 1817, C. V. H. Beck 1836, Hdschr. Chron. v. Schamroth 1659, Dr. Stein. — Schwerin, L. Fromm 1862. — Schwiebus, S. G. Kniespei 1765. — Sebnitz, Götzinger 1786. — Seelowitz, J. Eder 1859. — Seidenberg, F. W. E. Mende 1859. — Seligenstadt, J. W. C. Steiner 1820. — Senftenberg, J. K. Büttner 1835. — Sieben- bürgen, Deutsche Fundgruben 1860 ff., Archiv f. Landeskunde 1860—85. — Sieg- burg, A. Müller 1858. — Siegen, W. C. Dillenburg 1873. — Simbach, J. Gross 1864. — Sinsheim i. d. Pfalz, Chronik 1090—1653, K. Wilhelmi. - Soest, Dr. F. W. Barthold 1855, Denkwürdigkeiten 1873. — Sontra, Dr. C. L. CoUmann 1863, — Sondershausen, Th. Irmisch 1876. — Sorau, J. S. Magno 1710. — Spandau Dr. 0. Kuntzmüller 1881, A. Krüger 1867. — Speier, J. M. Fuchs 1696, C. Weiss 1876. — Spessart, v. Herrlein 1851. — Stadtsuiza, W. G. H. Eisenach 1821. — Stargard, B. Stadie 1864, Dr. Teske 1843. — Stassfurt, F. W. Geiss 1837. — Stein a. Rh., F. Ziegler 1862. — Steinau, Schles., H. Schubert 1885. — Steinheim, M. F. A. Scholl 1826. — Stendal, L. Götze 1870—73. — Sternberg, 1853. — Stettin, F. Thiede 1849. — Steyer, J. Zetl 1612-35 (1878 . — Stolp, Dr. W. Reinhold 1861. — Stolpen, M. C. C. Gercken 1764. — Strassburg, Str. im 30jähr. Krieg. Fragm. der Chron. des Malers J. Walther ed. R. Reuss 1879. — Straubing, M. Sieghart 1833, M. v. Lori 1830. — Strehlen, F. X. Görlich 1853. — Streitau, P. Oesterreicher 1836. — Stuttgart, Dr. K. Pfaff 1845—46, Dr. J. Hartmann 1886. — Suhl, Dr. F. Werther 1846. — Sulzbach, Hdschr. Chron. von J. Braun 1648, Dr. Gack. — Sursee, H. L. Attenhofer 1829. — Tachau, J. Stock- löw 1878. — Tangermünde, A. W. Pohlmann 1829. — Taucha, J. G. Guth 1866. — Tennstedt, M. J. G. Gregorius 1711. — Teschen, A. Peter 1888. - Thann, Klsass, P. F. M. Tschamser 1864. — Thüringen, Joh. Chr. Olearii Rer. Thüring. Syntagma 1707, Chronik von Dr. H. Döring 1842. — Tilsit, E. C. Thiel 1804. - Tliorn, J. H. Zernecke 1727, Dr. J. E. Wernicke 1843. — Tölz, O. Westermayer 1871. — Töplitz, Dr. H. Hallwich 1886. — Toggenburg, G. Scharrer 1874. — Torgau, Dr. C. Knabe 1880, K. H. Petri 1880, M. B. Bieler 1769. — Treysa, E. J. Kulenkamp 1805. — Trier, Th. v. Haupt 1822. — Tübingen, Dr. K. Klüpfel u. M. Eifert 1849. — Türkheim a. d. W., G. U. Zacher 1846. — Ueberlingen, X. Steiger 1859. — Uelzen, J. M. Schilling 1735. — üifen- heim, J. F. Georgii Nebenst. 1740, Nachr. v. W. C. Lang 1822. — Ulm, J. H. Haid 1786, C. Jäger 1831, Dr. F. Pressel 1873, G. Fischer 1863. - Umstadt, C. Steiner 1820. — Unterlauter, F. E. Ruder 1881. — Usedom, W. F. Gadebusch 1863. — Verden, C. Spangenberg 1623. — Viechtach, P. Maurer 1835. — Viersen, F. J. Schröteler 1861. — Vils i. Tirol, J. Kögl 1831. — Vöklabruck, J. Stütz 1857. — Volkach, Schön, J. Meissner 1851. — Waidenburg, Schles., Regesten K. Pflug 1878. — Waidenburg, Sachsen, A. B. Hanschmann 1880. — Waldsdorf, A. Deissmann 1863. — Waltershausen, Brückner 1763. — Wanzleben, Chronica V. M. J. H. Hävecker 1720. — Wasserburg a. L, F. D. Reithofer 1814. — Weiden, J. Sintzel 1819. - Weidenau, F. Schauer 1884. — Weil, W., S. F. Gehres 1808. — W^eilheim, C. A. Böhaimb 1865. — Weilheim, Württ., Dr. L. Lang 1858. — Weimar, G. A. Wetten 1737. — Weinsberg, Dr. F. L. J. Dillenius 1860. Weissenburg, G. Voltz 1835. — Weissenfeis a. S., G. E. Otto 1796. — Weissen- see, F. B. v. Hagke 1863. — Wels, K. Meindl 1878. — Wemding, J. Laber 1862. — St. Wendel, J. Bettingen 1865. — Werdau, F. 0. Stichert 1841, Göpfert. — Werden, W. Flügge 1886. — Wesel, P. Th. A. Gantesweiler 1881. — Wetzikon, F. Meier 1881. - Wetzlar, F. W. y. Ulmenstein 1802, F. K. Abicht 1886. — Wiedenbrück, Gütersloh 1882. — Wien, Chronica verf. von W. Lazius 1692, A. V. Geusau 1793, Gesch. v. Fr. Tschischka 1853, Gesch. v. Karl Weiss 1883. — Wiener-Neustadt, F. K. Böheim 1863. — Wiesbaden, F. W. E. Roth 1883. — Wilhelmsdorf, J. C. Wibel 1742. — Wilmundsheim (Alzenau), J. W. C. Steiner 1820. Wimpfen a. N., Heid 1836, L. Frohnhäuser 1870, Dr. A. v. Lorent 1870. — Windsheim a. d. A., C. W. Schirmer 1848, M. A. Pastorius 1692. — Wismar, M. D. Schröder 1860, C. F. Crain 1854. — Wittenberg, G. Stier 1855, A. M. Meyner 1856. — Wolfenbüttel, C. Bega 1839. — Wolfhagen, L. Lyncker 1855. — Wolkenstein, Köhler 1781. — Wolgast, C. Heller 1829. - Worbis, J. Wolf 1818. — Worms, Ph. A. Pauli 1828, F. Fuchs 1868. — Wriezen, C. S. Ulrich 1830. — Wunsiedel, J. W. Schricker 1852, Dr. Ruckdeschel 1855. — Württem- berg, Beschrbg. d. Oberämter; J. U. Steinhofer 1744. C. F. v. Stalin 1841-73. — Würzburg, J. P. Ludewig 1713, P. J. Gropp 1741-50. — Würzen, C. Schöttgen 1717. - Wyl, C. G. J. Sauer 1864. — Zabern, D. Fischer 1874. — Zeitz, L. Rothe 1876. — Zerbst, F. Kindscher 1858. — Ziegenhain, R. Heussner. — Zittau, M. Chr. A. Pescheck 1837, Analecta Fastorum Zittav. von J. B. Carpzov 1716. — Zöblitz, M. W. Steinbach 1750. — Zschoppau, R. Herfurth 1885, Simon 1821. — Zürich, F. Vogel 1845. — Zweibrücken, L. Molitor 1885. — Zwickau, L. Wilhelm 1633, Herzog 1656, Schmidt 1656. — Zwiefalten, Dr. K. Holzherr 1887, Sulzer. Orts-Register' A. Aachen 60, 68. Aalen, W. 179, 192. Abensberg, N. B. 105. Aken a. Elbe 35, 90. AUerstedt, Unstrut 74, 89, 232, 245, 252. Allstedt, Weim. 71, 245. Altdorf, M. Fr. 12, 37, 157. Altdorf, Schweiz 103. Altena, Westf. 228. Altenbruch, Hann. 9. Altenburg 34, 38, 146, 244, 252. Altgeringswalde, Sachs. 42. Altötting 169, 268. Alt-Zella, Sachs. 35. Alzei, Hess. 280. Alzenau, U.-Fr. 203. Amberg 22, 41, 101, 142, 162, 238. Amorbach 204. Amsterdam 220. Anclara, Pomm. 9, 242. Andechs, 0. B. 101, 171. Andernach a. Rh. 181. »•Andreasberg 76. Anhalt 253. Annaberg, Sachs. 35, 42, 72, 85. Annweiler 57. Antwerpen 46, 65. Apolda, Weim. 16, 24, 244. Appenzell 59. Arendsee 226. Arnsberg 114, 213. Arnstadt, Sondersh. 33, 71, 213, 232. Aschersleben, Pr. Sachs. 17, 35, 74, 90 223, 245. Aschaffenburg 11, 14, 64. 120, 203. Auerbach 41, 95, 163. Auernheim, M. Fr. 143, 157. Auerswalde, Sachs. 148. Augsburg 2, 16, 40, 62, 70, 96, 100, 175, 209, 263. Aul, Nass. 11. B. Babenhausen, Hess. 58, 154, 199. Babenhausen, Schwaben 210. Baden, Schweiz 27. Baiersdorf, M. Fr. 5, 158, 249. Balingen, W. 24. Ballenstedt 239. Bamberg 30, 41 V., 46 V., 123, 158, 206. Barten stein, Pr. Preussen 6. Barth, Pomm. 53. Basel 20, 49, 59, 98, 176. Bautzen, Sachsen 115, 135. Bayreuth 3, 5, 7, 15, 132, 144, 160, 207, 231. Beidhaus, 0. Pf. 55. Beilstein, Nass. 11. Beigern 134, 149, 235. Beltzig 36. Benediktbeuern 172, 254 V. *) Eiu neben der Zahl befindliches V. bezeichnet Viehseuche. Bensheim, Hessen 199. Bergen, Niederl. 49. Beringen, Schweiz 99. Berlin 36, 43, 111, 236, 245. Bern 4. Bemburg 17, 35, 74. Bernekow, Brandenb. 9, 75. Berthelsdorf, Sachsen 72. Beurlbach, W. 40. Beutnitz, Brandenb. 2. Biberach, W. 109, 230. Biel, Schweiz 23. Bielefeld 137. Birkigt, Schles. 44. Bischleben, Thür. 34, 248. Bischofsheim, U. Fr. 205. Bischofswerda, Sachsen 4, 18, 43, 46, 56, 72, 115, 135, 184. Bismarck 41, 46 V., 92, 226. Blaubeuern, W. 188. Bockenem, Hann. 93. Boehmen 22 V., 79, 221, 247. Bönnigheim, W. 57, 81, 191. Bonn 68, 109, 182, 219. Bopfingen, W. 179. Borna 61, 86, 149. Bozen 37, 186. Brackenheim, W. 10, 14, 81, 191. Brannenburg, 0. B. 32. Braunau, 0. B. 20, 264, 267. Braunschweig 22. Breda (Brabant) 77. Bregenz 259. Breisach a. Rh. 119, 238. ßreitenbrunn, Sachsen 85. Breitenwang, Tirol 211. Bremen 36, 77, 96. Brenz, Schwaben 62 V. Breslau 19, 43, 55, 61, 72, 87, 151. Brieg a. d. 0. 19, 61, 87, 152. Bromberg, Posen 6, 58, 113. Brück, 0. B. 126. Brüssel 7, 65, 77, 97, 220. Buchen, Baden 204. Buchenbach, W. 81. Buchholz, Sachsen 17, 85. Bühlertann, W. 180. Bützow 242. Bunzlau, Schles. 6, 39, 43, 61, 66, 87. Burgbernheim, M. Fr. 12, 53, 61, 94, 110, 117, 124, 143, 156, 221, 249. Burgebrach, 0. Fr. 101. Burghausen 61, 101, 169, 269. Burgtonna 71, 84, 222, 232. Buttstädt, Thür. 34, 222. Buxtehude, Hann. 77, 102. C. Cadolzburg, M. Fr. 84, 156. Calau 213. Calvörde 76, 114. Calw 57, 190, 230. Camenz 115. Camsdorf, Thür. 16, 25. Cham 250, 267. Chur 57. Clausnitz 148. Chemnitz 17, 34, 38, 133, 148, 244, 254. Coblenz 14. CöUeda 88, 213. Cöln 14, 60, 100. Colditz, Sachsen 16, 35, 72, 135, 148, 234. Colberg, Pomm. 16, 46 V., 50, 65, 112. Colmar, Elsass 21, 104. Colmar, Schleswig 8. Connern a. S. 35. Cordobang 33. Cottbus 91. Crailsheim 37 V., 39, 81, 96, 180, 192, 244 V. Creglingen, W. 10, 37, 181. Crimmitschau 111, 147, 244. Cronach, 0. Fr. 83, 159. D. Dachau, 0. B. 140. 266. Dänemark 49. Damm, U. Fr. 11. Danzig 5, 54, 66. 78, 106, 247. Darmstadt 105, 199. Deggendorf 165, 267. Deutsch 35, 74, 135, 285. Dermbach a. Fulda 84. Dessau 74, 90, 236. Dettingen, W. 29, 189. Dieburg 199. Diez, Nassau 11. Dilleuburg 68, 82, 99, 197. . Dillingen, Schw. 174. Dingolfing, N. B. 167. Dippoldiswalde, Sachsen 134, 148. Dittersdorf, Sachsen 135. Döbeln, Sachsen 34, 42, 85, 234. Dohna, Sachsen 43, 86, 115. Dommitsch, Sachsen 49, 115. Donaueschingen 29, 187. Dorfprozelten, U. Fr. 122, 204. Dresden 18, 42, 86, 135, 183, 235. Duderstadt, Hann. 34, 90. Durlach 96, 119 V., 217. Dürrenzimmern 14, 29, 67, 81. E. Ebersherg, 0. B. 40. Ebersgrün, Vogtl. 46. Ehingen, W. 24, 188. Eckartsberga, Pr. Sachsen 96, 183. Egeln 90, 225. Eggenfelden, O.-B. 37, 141, 263. Ehrig 34, 42. Eichbühl, W. 37. Eichenbühl, U. Fr. 94. Eichsfeld 34. Eichstädt 94, 127, 157, 208. Eidlitz, Böhmen 79. Eilenburg, Pr. Sachsen 73, 115, 134, 235, 260. Eilenstedt 25. Einbeck 38, 76, 92. Eisenach 70, 84, 183, 213. Eisenberg, S. Altenb. 16, 42. Eisleben 25, 88, 223. Elberfeld 45. Elbing 6, 54, 78, 106. Ellwangen, W. 81. Elsass 56, 59, 177, 196, 216. EUersdorf, M. Fr. 84, 158. Emsleben 33. England 7, 23, 77, 254. Ensisheim, Elsass 21. Erbigheim, W. 81. Erding 169, 209. Erdmannshausen, W. 81. Erfurt 33, 87, 213. Ergoldsbach 11, 13, 167. Erlangen 130, 158. Erlenbach, U. Fr. 69, 121. Erpfting, 0. B. 173. Eschau, ü. Fr. 121. Eschenbach, Schweiz 28. Eschwege 61, 72, 239. Esslingen 22, 80, 178, 190. F. Feichten, 0. B. 170. Feldkirch 104, 176. Felsberg, Schweiz 28. Fischbach, U. Fr. 69. Flensburg 97. Flinsbach, 0. B. 32. Forchheim 130, 143, 158. Forst a. Neisse 38, 91, 252. Frammersbach 14, 204. Franken 22, 46, 242, 248, 250. Frankenberg, Meiss. 17, 34, 72, 85, 223. Frankenhausen, Rudolst. 25, 33, 85, 222. Frankenheim, Sachsen 72. Frankenstein, Schlesien 12. Frankenthal, Pfalz 194. Frankfurt a. M. 8, 14, 24, 30, 40, 68, 139, 154, 200, 220, 231. Frankfurt a. 0. 43, 58, 75, 114,149, 236. Frankreich 7, 49, 52, 57, 97, 107, 254. Frauenfeld, Schweiz 27, 98. Frauenstein, Sachsen 42. Frauenzeil, 0. Pf. 162. Fraustadt, Posen 4, 43. Freiberg, Sachsen 18, 85, 42, 85, 111, 134, 148. Freiburg i. Br. 23, 99, 138, 186. Freiburg, Schweiz 186. Freienwalde 112, 238. Freising 168, 263. Freudenberg a. M. 81. Freudenstadt, W. 24, 190. Frickenhausen a. M. 155, 220. Friedberg, Hessen 40, 82, 182, 202. Friedeberg, Schles. 43, 66, 150. Friedland 149. Friesach 4, 49. Fritzlar 64. Fürth 143, 249. Füssen 211, 263. G. Gaildorf, W. 181. St. Gallen, Schwz. 23, 27, 103, 186. Gardelegen, Pr. Sachs. 17, 38, 91, 226. Gaustadt, 0. Fr. 110. Gebesee 84, 88, 222. Gebweiler, Eis. 99. Gefrees 3, 69, 83, 160. Geisenfeld, 0. B. 16, 140, 167. Geislingen, W. 178. Geldern, Rheinpr. 214. Gelnhausen 202, 231. Gemünden a. M. 31, 69. Genf 28, 37, 45. Gera 16, 20, 25, 34, 38, 85, 110, 145, 222, 233, 248. Geringswalde, Sachsen 42. Gerolzhofen, U. Fr. 31. Gersdorf, Sachsen 111, 234. ' Gersfeld 249. Gesees, 0. Fr. 160. Geyer, Sachsen 147. Giengen, W. 39, 104, 179. Giessen 49, 102, 258. Glatz, Schles. 152. Glauchau, Sachs. 34, 38, 147. Glogau 44, 151. Gmünd, 0. B. 126, 171. Gmunden, Oberöst. 270. Gmünd, W. 230. St. Goar a. Rh. 14, 198. Göppingen, W. 178. Görlitz 20, 115, 136, 150. Goldapp, Pr. Preuss. 78. Goldberg 44, 87, 152. GoUnow 65. Goslar 76, 93. Gotha 33, 37, 70, 222. Göttingen 93. Gotteszell, N.-B. 251. Grabfeld 206. Gräfenroda, Thür. 70. Gräfentonna 84. Gransee 36, 240. Graz, Steierm. 13, 45, 184, 247, 259. Grätz,, Schles. 87. Graupen, Böhm. 86, 154. Greifenberg, Pomm. 112. GreifFenberg, Schles. 25, 43, 150. Greifswald 50, 112. Griesbach, N. B. 265. Grimma 17, 38, 86, 149, 233. Grimmen, Meckl. 112. Groningen, Pr. Sachs. 36, 90, 223. Grötzingen, W. 60. Gronau, Hann. 64. Grossbehringen, Thür. 33, 212. Grossbottwar, W. 191. Gross-Eislingen, W. 80. Grossenhain 18, .86, 223. Gross-Furra 34. Grossgartach. W. 67, 81. Grosslinden 7. Gross-Salze, Pr. Sachs. 17, 75, 224. Grossen-Vargel 84, 222. Grosswallstadt, U. Fr. 120. Grünenbach, Schwab. 96. Grüningen, Pr. Sachs. 73. Grüningen, Schweiz 4 V. Grünthal, 0. B. 70. Grünstedt, Pr. Sachs. 73, 88, 222. Gruibingen, W. 178. Grumbach, Sachs. 18. Guben 114, 236. Güglmgen, W. 14, 81. Güntersleben, Gotha 212. Güstrow 112. 237. H. Hadamar 219. Hadeln, Land 9. Hagenau, Elsass 104. Haiger, Nassau 60. Haiua, Thür. 70, 84. Hainichen, Sachs. 18. Hainspach, N. B. 252. Halberstadt 36, 90. Haldenstein, Schweiz 28. Hall a. Kocher, 13, 39, 119, 138. ' Hall, Tir. 32. Halle a. S. 25, 35, 85, 149, 223. 235, 252, 254, 260. Hallstadt, 0. Fr. 30. Hamburg 7, 8, 61, 77, 102. Hameln, Hann. 76. Hamm, Westf. 47, 49, 228. Hammelburg 24. Hanau a.M. 9, 11, 22, 60, 109. 119,200. Hannover 23, 61, 64, 93, 226. Harburg, Schwab. 173. Haslau, Sachs. 17. « Hassfurt a. M. 30. Havelberg 36, 92, 113, 240. Heidelberg 80. Heilbronn a. N. 57, 191. Heiiigenstadt, Pr. Sachs. 34, 90, 223. Heimsheim, W. 179. Helmsdorf, Sachs. 38. Helmstedt, Braunschw. 76. Hemau, 0. Pf. 142, 162, 232. Hengstfeld, W. 39. Herborn, Nassau 11, 30, 198. Herbsleben, Gotha 42, 71, 85, 212, 222. Heringen 89. Hersfeld 61, 64, 82, 202. Hermannsacker 34. Herrieden 157. Hersbruck. M. Fr. 158, 208. Herzogswaldau, Schles. 72. Heuglingen, W. 180. Hildburghausen 183, 211, 221. Hildesheim 20, 22. Hilpoltstein, 0. Pf. 15, 162. Hirschberg a. Bober 72, 150. Hirschfelde, Sachs. 184. Hochheim, Gotha 33, 71, 222. Höhenrain 209. Hörseigau, Gotha 37. Hörstein, U. Fr. 9, 68. Hof 69, 144. Hofheim, U. Fr. 30. Hohenberg, W. 29, 81, 119. Hohebach, W. 81. Holzkirchen, O.-B. 126. Borgen 26, 177. Horstmar 214. Hoya, Hann. 65. Hoym, Anhalt 102. Hümpfershausen 33. Idstein, Nassau 68, 82. Ihlienworth 9. niesheim, M. Fr. 156. Um, Thür. 24, 33, 71. Immenstadt 211. Ingelfingen, W. 81, 181. [ngersheim, W. 39. Ingolstadt 41 V., 124 167, 263. Innsbruck 32. Insterburg, Pr. Preuss. 4, 56, 78. Iphofen 31. Ipsheim, M. Fr. 143. Iserlohn 46. Isny, W. 29, 99, 188. Italien 8, 48, 49, 51, 62, 107, 108. Jauer, Schles. 150. Jena 1, 16, 85, 222, 244. Joachimsthal 18. Jülich 45. Jüterbock, Brandenb. 36, 91, 236. K. Kaiserslautern 194, 218. Kalbe, Prov. Sachs. 17, 65, 240. Kalchreuth, M. Fr. 130, 158. Kaltennordheim 206. - Karlsbad 154. Karlstadt a. M. 31. Kassel 231. Kastell, ü. Fr. 31. Kaubenheim, M. Fr. 156. Kaufbeuern 176. Kelbra, Pr. Sachs. 34. Kelheim, N. ß. 164. Kempten 100, 127, 141. 176, 211. Kerenzen, Schweiz 26. Kiebitz, Sachs. 234. Kiederich 119, 198. Kindelbrück 35, 88, 251. Kirchberg 149. Kirchdorf, N. B. 260. Kirchheim a. N. 81. Kirschgau, Thür. 25. Kitzingeu a. M. 15, 31, 145. Klagenfurt, Kärnth. 4, 247. Klausthal, Harz 64, 76. Kleinheubach, U. Fr. 122. Klingenberg a. M. 116, 121. Koburg 46, 58, 61, 84, 110, 133, 182, 212, 228, 248, 258, 265. Königsberg, Frank. 109, 205. Königsberg, Neumark 3, 9, 75, 111, 226, 246, 270. Königsberg, Preussen 3, 6, 54, 78, 107, 247, 220. Königswalde 147, 236. Köstritz 252. Köthen 35. Kohlberg, 0. Pf. 56. Kohlgrub, 0. B. 139, 252. Konitz, Pr. Preuss. 107. Konstantinopel 36, 261. Konstanz 28, 138, 187. Kornwestheim, W. 191. Kraiburg, 0. B. 32. Kottbus 38. Krems, Oest. 19, 79, 270. Kreuzburg, Schles. 223. Kreuzwertheim a. M. 122. Krobsdorf, Schles. 44. Krossen, Brandb. 2, 20. Külsheim 69, 110, 156. Künzelsau, W. 67, 119, 180. Küssnacht 26. Kulmbach, Kob. 110. Kulmbach, 0. Fr. 3, 143, 160. Kulmbach, Rudolst. 7. Kyburg, Schweiz. 4 V. Kyritz, Brandb. 38, 46, 113. L. Ladenburg, Bad. 56. Lahn a. Bober 150. Lage, Meckl. 237. Landau, Pf. 193. Landsberg, 0. B., 101, 110, 118, 126, 140, 257. Landsberg, Brandb. 65. Landshut, N. B. 95, 124, 167. Landshut a. Bober 150. Langenargen, W. 99. Langenhennersdorf, Sachs. 148. Langenprozelten 123. Langenrode 110, 222. Langensalza, Pr. Sachs. 89, 222, 232. Langenselbold, Hess., 11, 30, 40, 82, 120. Langensteigbach, Bad. 80. Laubach, Wett. 22, 30, 40, 202. Lauban, Schles. 44, 136. Lauenstein, Sachs. 43, 86. Laufen a. N., W. 14, 191. Laufen a. Salzach 16, 105, 170, 270. Lauingen a. Don. 174. Lausanne 37. Lehesten, Mein. 183. Lehrberg, M. F. 84, 102, 157. Leipzig 17, 42, 46, 49, 72, 86, 111, 134, 149, 183, 223, 233, 254. Leisnig 7, 111, 114, 134, 148, 233. Lennep 116. Lenzburg, Schwz. 27, 104. Lenzen, Brandb. 75, 240. Leutkirch, W. 29, 99, 104, 188. Leyden 65, 214. Lieh, Oberh. 182, 202. Lichtenstein, Sachs. 35, 42, 147, 253. Liebenthal, Schles. 43. Liegnitz, Schles. 72, 152, 248. Liestal, Schwz. 98, 177. Limburg, Nass. 11. Lindau a. Bodens. 100, 176, 259. Lindenau, Mein. 33, 37. Lindow, Brandb. 36, 113. Litthauen 7. Lockwitz, Sachs. 213, 244, 258. Löbau, Sachs. 86. Löbejün, Pr. Sachs. 35. Lörrach, Bad. 20. Lösnitz, Sachs. 46, 146. Löwenberg, Schles. 66, 72. Lohr a. M. 204. Lommatsch, Sachs. 18, 35, 148 Lorbach, Bad. 56. Lorch a. Rh 64, 119. Lothringen 60, 109, 196, Luckau, Brandb. 9, 43, 53, 91, 183, 236. Lübeck 7, 23, 39, 77, 106, 246, Lüdingworth, Hann. 9. Lüneburg 8, 65, 77, 246. Lüttich 107. Luxemburg, 8, 83, 218. Lychen 241. M. Mähren 10, 59, 66, 256, 260. Magdeburg 22, 25, 43, 74, 90, 114, 224, 236, 245, 253 V. Mainbernheim, U. Fr. 31, 123, 156. Mainz 11, 197. Mannheim 56, 217. Marbach 56. Marburg 30. Marienberg, Sachs. 38, 147. Markgröningen, W. 81, 179. Marklissa, Schles. 44. Marktbibart, M.Fr. 207. Marktbreit a. M. 69, 117, 123, 155. Markteinersheim, M. Fr. 31. Massow, Pomm. 78, 242. Matrey, Tir. 32, 40. Mayen, Rheinpr. 60. Mayenfeld, Schweiz 57. Mecklenburg, Land 7, 8, 113, 241. Mecklenburg, Pfd. 237. Medebach, Westf. 227. Meerane 110, 244. Meersburg, Bad. 37, 187. MefFersdorf, Schles. 44. Meiningen 38, 211, 221, 248. Meissen a. Elbe 34. Meisenheini 195. Melzen, Sachs. 25, 233. Memmingen, Schwab. 32, 100, 141, 174, 210. Meran 187. Mergentheim a. T. 69. Merseburg, Prov. Sachs. 17, 35, 88, 111, 149, 223, 254. Meseritz, Posen 2, 18, 112, 242. Metebach, Thür. 24. Metten, N. B. 165. Mettenheim, 0. B. 32. Metz 60, 196. Michelfeld, 0. Pf. 95, 142, 163. Miesbach, 0. B. 171. Miltenberg a. M. 58, 122. Mindelheim 174. Mittweida, Sachs. 17, 34, 85, 115, 147, 223. Mochow, Sachs. 42. Moosburg, O.-B. 125. Mücheln, Pr. Sachs. 111, 213, 234. Mühlberg, Pr. Sachs. 17, 35, 96, 235. Mühldorf a. Inn 32. Mühlhausen, Elsass 29, 99. Mühlheim a. Rh. 116. Mühlheim, W. 24, 216. Münchaurach, M. Fr. 83, 129. Münchberg, 0. Fr. 144, 207. Müncheberg, Pr. ßrandb. 9, 91, 114, 236. München 101, 125, 168, 258, 266. Münster, Westf. 112. Münsterberg, Schles. 152. Murnau, 0. B. 172. Mutzschen, Sachs. 17. N. Naila, 0. F. 144, 249. Nassau 10, 218. Naumburg a. S. 17, 22, 35, 47, 72, 88, 116, 232. Naumburg a. Queis 72. Neckarelz 56. Neckar-Tenzlingen 22. Neckar-Thailfingen 22. Neisse, Schles. 44, 73, 153. Neresheim, W. 179. Nesselbach, M. Fr. 15. Neubrandenburg, 78, 241. Neuburg a. D. 95, 100, 118 V., 124, 141, 173, 251 V., 255, 266, 271. Neuburg a. Inn 264. Neuenburg a. Rh. 243. Neuenkirchen, Hadeln 9. Neuenstadt a. Kocher 37, 81, 179, 231. Neuffen, W. 24. Neuhaldensleben, Pr. Sachs. 17, 75, 225. Neukirchen, Sachs. 34, 147, 222. Neukirchen, O.-Pf. 41. Neumarkt, Schles. 72, 152. Neundorf, Schles. 44. Neurode, Schles. 152. Neu-Ruppin, Pr. Brandb. 113, 240. Neustadt a. A. 94, 129, 207. Neustadt a. D., N. B. 84, 164. Neustadt a. H., Pfalz 67, 193, 218. Neustadt, Meckl. 8. Neustadt a. Orla 85. Neustadt a. S. 154, 249. Neustadt, Schles. 73, 153. Neustadt a. W., 0. Pf. 164, 243. Neustadt-Eberswalde 25, 38, 91, 106, 246. Neu-Stettin 5, 112, 227. Niederlande 77, 214. Niederstetten, W. 256. Nienburg, Hann. 93. Nimptsch, Schles. 152. Nördlingen 173. Norden, Friesl. 39. Nordhausen, Pr. Sachs. 89. Nordhofen, Thür. 24, 37, 72, 85, 222. Nordleda, Hadeln 9. Nossen 35, 149. Nüdlingen, ü. Fr. 31. Nürnberg 2, 9, 15, 41, 49, 62, 84, 94, 127, 143, 157, 243, 254 V. Nürtingen, W. 29, 178. Nyinwegen 214. O. Oberammergau 126, 138, 172, 232 V., 254 V., 265 Y. Oberbayern 52. Oberboesa 35. Oberdorf, Schwab. 100. Oberehnheim, Eis. 138. Oberglogau 66, 153. Oberkonnersreuth, 0. Fr. 15. Obernberg a. Inn, 264. Obernbreit, U. Fr. 15, 105, 155, 221. Obernburg a. M. 14, 204. Oberissigheim, Hanau 182. Oberröslau, 0. Fr. 159. Oberscbwarzach, U. Fr. 81. Oberursel 49. Ochsenfurt, U. Fr. 15, 155. Ochsenhausen, W. 37, 177, 188. Odenwald 120, 220. Oderwitz, Sachsen 135. Odisheim, Hann. 9. Odrau, Schles. 66, 252. Oehringen, W. 13, 67, 180. Oettingen, Schw. 173. Oesterreich 10, 184, 255. Ohlau, Schles. 152. Ohrdruf, Gotha 24, 33, 71, 212. Olbersdorf, Sachsen 43, 53. Orb 205. Orlamünde 34, 53, 110. 222. Ortenburg, N. B. 166, 265. Ortrand 115. Oschatz 18, 35, 42, 111, 115, 234. Oschitz, Pr. Sachs. 34, 232. Osnabrück 77, 245. Osterbruch, Hadeln 9. Osterburg, Prov. Sachs. 92. Osterode 34, 76. Osterweddingen, Magdeb. 75, 224. Ostheim 206. Otterndorf, Hadeln 9. Paehl, 0. B. 110, 126, 139, 209. Parchim, Meckl. 8, 92, 113, 241. Passau 15, 166, 264. Patschkau, Schles. 19, 151, 245. Pausa, Thür. 85, 146. Pegau, Sachs. 17. Perleberg 240. Peterswaldau, Schles. 2, 153. Pegnitz, 0. Fr. 161. Pfalz 37, 53, 57, 193, 217, 229. Pferdingsleben 85, 102. Pforzheim 192, 217. PfuUendorf 104. Pilsen 19. Pirna 18, 244. Plan, Meckl. 106, 112. Plauen, Vogtl. 42, 72, 265. Plech, O.-Fr. 95. Plenschitz, Sachs. 35, 45, 58, 105, 223. Plotha 35. St. Polten, Oest. 256. Pössneck, Thür. 70, 248. Fölling, 0. B. 46 V. Poppenreuth, M.-Fr. 128. Posen 2, 8, 78, 107, 238. Potsdam 114. Prag 13, 44, 79, 184, 270. Prenzlau 113, 240, 246. Preppach, U. Fr. 145. Preussisch-Holland 54, 78. Prichsenstadt, U. Fr. 31. Prittitz, Sachs. 35. Pritzwalk 25, 38, 92, 106, 240. Punitz, Pos. 13. Pruntrut, Schweiz 23. Pyritz 238. Q. Quedlinburg 90, 223. Querfurt, 73. 88, 254. Quilitz 114. R. Eaboldshausen, W. 67. Rade vorm Wald, Rheinpr. 114. Radolfzell, Bad. 28, 45, 96, 187. Rain a. Lech 174, 266. Rapperswyl 26. Rastenburg, Pr. Preuss. 4, 55, 78. Rathenow, Pr. Brandb. 65, 92. Ravensberg, Grafsch. 137. Ravensburg, W. 99. Redwitz, 0. Fr. 160. Regensburg, 4, 15, 41. 105, 164, 209, 266. Rehau, 0. Fr. 249. Reichenbach, Vogtl. 72, 146. Reichenberg, Böhm. 36, 184, 259. Reichenhall, 0. B. 32. Reichenstein, Schles. 153, 270. Reichersberg a. Inn 264. Remscheid 7. Remstedt, Thür. 70. Retzbach a. M. 14, 31, 69, 123. Reutlingen, W. 21. Rhön 155, 205, 220, 249. Riedenburg, N. B. 44 V., 162. Riedheim, Schwab. 62, 174. Riedheim, W. 45. Rieneck, U. Fr. 204, 249. Rinteln a. Weser 227. Roben, Thür. 16, 25, 34, 145, 252. Rochlitz, Sachs. 17, 34, 42, 149, 253 V. Roda, Altenb. 34, 146. Rodach, Cob. 239, 251. Röbeln 241. Röthenbach, Schwab. 32. Röttingen, U. Fr. 83, 156. Rommeisbach, W. 29. Rommelsdorf, W. 21. Ronneburg, Altenb. 34, 244. Rosenberg, Schi. 153. Rosenheim, 0. B. 12, 32, 171, 268. Rossleben 74, 89, 232, 245, 252. Rosswein, Sachs. 35, 42, 86, 148. Rostock 65, 92, 106, 241. Rotenburg, Ober-Hess. 64, 203. Roth, W. 104, 177. Rothenburg a. T. 69. Rottenburg a. N. 189. Rotthalmünster, N.-B. 12. Rottweil a. N., W. 271. Rudolstadt 33. Rüden, Westf. 77, 252. Rüdenhausen, U. Fr. 31. Rüdisbronn, M. Fr. 15. Ruffach, Elsass 21, 104. Kuhla 70, 84, 213. Ruppin 36. Russland 6, 7, 8, 10, 13, 67, 78. , S. • Saalfeld, Mein. 16, 33, 47, 102, 105, 211, 222, 248. Saarbrücken 60, 83, 100, 181, 195, 218. Sagan a. Bober 91. Salzburg 79, 221, 232, 270. Salzungen 211. Salzwedel, Pr. Sachs. 25, 36, 75, 92, 226. Sangershausen, Pr. Sachs. 25, 89. Saulgau, W. 29. Schaafheim, Hess. 11, 58, 82, 119. Schaffhausen a. Rh. 27, 96, 98, 185 f. Schärding a. Inn 101, 166, 264. Schauerheim, M. Fr. 12, 83. Schippentaeil 6, 55, 113, 137. Schleiz 16, 85, 133. Schlettstadt, Eis. 104. Schlierbach, Hess. 11, 58, 82, 119. Schlotheim, Rudolst. 33, 84, 213. Schlüchtern 202, 260. Schlüsselfeld, 0. Fr. 2, 158. Schmalkalden 33, 44 V., 70, 105, 213, 232. Schmölln 146. Schmottseifen, Schles. 44. Schneeberg, Sachs. 34, 85, 111, 147. Schöningen 76, 114. Schönthal, W. 81. Schongau, 0. B. 101, 252, 258. Sehr obenhausen 168, 266. Schwabach 2, 12, 41, 58, 129, 143, 157. Schwandorf 4, 164. Schwarzenberg, Sachs. 72, 85. Schweden 5, 49, 53, 58. Schwedt a. 0., Brandbg. 102, 241. Schweidnitz, Schles. 3, 4, 12, 150. Schweinfurt, U. Fr. 30, 69, 94, 123, 145, 205, 248 V. Schweinitz 149. Schwerin, Meckl. 77. Schwerin, Pr. Posen 8, 112. Schwiebus, Pr. Brandb. 17, 75. Sebnitz, Sachs. 38, 56, 111, 149. Seehausen, Altmark 25, 75. Seelowitz, Mähren 256. Seligenstadt a. M. 60, 117, 220, 257. Selz, Elsass 21. Sempäch, Schweiz 98. Senftenberg, Brandt). 111. Sennheim, Elsass 21. Senheim, M.-Fr. 31. Siebenbürgen 4, 6, 8, 19, 44, 59, 247, 259. Siebleben, Gotha 37, 212. Siebenlehn, Sachs. 105. Simbach a. Inn 37, 166, 221. Sindelfingen, W. 178. Sinsheim, Bad. 193. Sömmerda 222. Soest, Westf. 12, 36, 213. Sommerfeld, Brandb. 38, 96. Sondershausen 33, 89, 223, 245. Sondheim, Rhön 105, 205. Soolsdorf, Thür. 33. Sorau, Brandb. 38. Spandau, Brandb. 36, 49, 91,102,113, 236. Spanien 261. Spessart 9, 14, 69, 120, 123, 203. Speyer a. Rh. 119, 218. Spiller, Schles. 44. Spremberg 91. Stade 102, 106. Staffel, Nass. 11. Stalldorf, U. Fr. 10. Stargard, Meckl. 112. Stargard, Pomm. 3, 61, 65, 237. Stassfurt 36, 225. Steiermark 3, 6, 10, 13, 19, 44, 45, 58, 79, 184, 247, 255, 256, 259, 270. Stein a. Rh., Schweiz 27, 186. Steinau, Hadeln 9. Steinau, Schles. 43, 137. Steinfurt 214. Steinpleiss, Sachs. 147. Stendal, Pr. Sachs. 17, 25, 36, 65, 91, 226, 237 V. Sternberg, Brandb. 241. Stettin a. 0. 65, 113, 247. Steyer 184. Stockholm 58. Stolberg a. Harz 90, 114. Stolp, Pomm. 112. Stolpen, Sachs. 38, 56, 72, 135, 146. Stolzenhain 236. Strassburg 21, 57, 59, 80, 104, 137, 196, 216. Straubing a. D., N. B. 84, 165. Straussfurt a. Unstrut 44 V., 72. Strehlen, Schles. 153. Striegau, Schles. 3. Stuttgart 13, 22, 29, 40, 80, 179, 190, 216, 239, 254. Suhl 183. Sulz, W. 24, 190. Sulzbach, 0. Pf. 22, 163. Sulzbach a. Kocher 192. Siüzburg, Bad. 99, 104, 177. Sundelfingen, W. 178. Sursee, Schweiz 98. T. Tachau, Böhm. 153. Tambach, Thür. 85, 212. Tangermünde a. Elbe 36, 75, 91, 226, 237 V. Tanna. Thür. 85. Taucha, Sachs. 233. Taufkirchen 266. Taura, Sachs. 148. Tegerndorf, O.-B. 32. - Tennstedt, Pr. Sachs. 25, 88, 223, 251. Teplitz 243, 249. Teschen, öst. Schles. 62. Tettau, Sachs. 38. Tettnang 138, 187. Teutleben, Gotha 33, 232. Thäyngen, Schweiz 27, 99. Thann, Elsass 21, 109. Thann, N. B. 125, 166, 264. Thorn 78, 107, 184, 265. Thüringen 9. Thurm, Sachs. 147. Thurnau, 0. Fr. 159, 207. Tillendorf, Schles. 18. Tilsit, Pr. Preuss. 6. Tirschenreuth, 0. Pf. 41, 164. Tölz, 0. B. 139, 171. Töttelstedt, Thür. 24. Toggenburg, Schweiz 28, 103, 186. Tondern, Friesl. 5, 246. Torgau 240. Traunstein, 0. B. 101, 139, 170, 209, 269. Travemünde 106. Treysa, Oberh. 24. Triebel a. Neisse. 38. 19 — -290 — Trier 68, 210. Trostberg, 0. B. 170, 268. Tübingen 21, 53, 189. Türkheim a. Wertach 174, 210. Tuln, Oest. 55, 118, 184, 256, 270. Tuttlingen 29, 189. U. Ueberlingen, Bad. 23, 28, 255. Ueckermünde 242. Uelzen, Hann. 76. Uffenheim, M. Fr. 15, 31, 129, 156. Ullersdorf, Schles. 18. Ulm 17, 178, 188. Ummendorf, W. 99. Unna 44, 49, 213. Unsdorf, Magdeb. 73. Unseburg 90, 225. Unterhallau, Schwz. 27. Urach 189. Vach, M. Fr. 129. Vachdorf 211. Vaihingen, W. 191. Verden, Hann. 25. Viernheim 56, 217. Viersen, Rheinpr. 11. Vils, Tirol. 33. Vilseck, O.-Pf. 142, 163. Völkermarkt, Kärnth. 4. Volkach a. M. 31, 47, 83, 145, 154, 205, 249. Volkstedt 88, 222. W. Waiblingen, W. 178. Waidenburg, Sachs. 35, 42, 147. Waidenburg, Schles. 73, 137. Waldsassen, 0. Pf. 164. Walsdorf, Nass. 60, 68, 82, 99. Waltersdorf, Mein. 16. Waltershausen, Thür. 24. Walter.shausen, U. Fr. 206. Wangen, W. 29, 80, 96. Wanna, Hadeln 9. Wanzleben 74, 225. Warthau, Schles. 18. Warza b. Gotha. 71, 212. 1 Wasserburg a. Inn 70, 170, 268. I Wasungen 33. Wehlau, Pr. Preuss. 39, 54, 78. Weickersheim, W. 10, 119. Weiden, 0. Pf. 41, 56, 208, 238. Weidenau, öst. Schleö. 153. Weilburg 56. Weilheim, 0. B. 101, 172. Weilheim, W. 29. Weimar 16, 58, 70, 213, 244. Weinsberg, W. 24, 37, 67, 191, 231. Weinzierl, Oest. 19. Weissenburg, M. Fr. 12, 143, 157. Wels, Oest. 44. St. Wendel, 5, 258. Werben a. Elbe 92, 226. Werdau, Sachs. 85, 147. Werden a. Ruhr 182. Werdenfels, Grafsch., 0. B. 139. Werl, Westf. 149. Wertheim a. M. 14, 69, 94, 204. Wetterau, Hess. 2, 9, 60, 202. Wettin a. S. 35. Wetzikon 4 V., 26, 104. Wetzlar a. Lahn 46, 198. Wiedenbrück. Westf. 94. Wien 44, 79, 184, 256. Wiener-Neustadt 50, 255, 270. Wiesa, Sachs. 42. Wiesbaden 10, 60, 219. Wiesenthal, Sachs. 18. Wilhelmsdorf 84, 156. Wimpfen a. N. 10, 57, 82, 198. Windsheim, M. Fr. 128, 156, 207. Winnenden, W. 45. Wismar 8, 77, 237, 247. Wittenberg, 224. Wittstock 25, 226, 240. Witznitz 17. Wölfis, Gotha 37. Wörth a. D. 162. Wolfegg, W. 104. Wolfenbüttel 12, 23, 93. Wolfsbach, 0. B. 5. Wolfrathshausen 171. Wolgast 5, 50, 65. Wolkenstein 42. Wollbach, U. Fr. 83. Worbis 90. Worms a. Rh. 194, 218. Wriezen 43, 237. Würzburg 14, 31, 69, 123, 154, 205. Wunsiedel, O.-Fr. 221, 255. Wurmlingen, W. 4, 189. Würzen 17, 86, 147. Wyl, irchwz.' 28. Xanten 219. Tpern, Holl. 65. X. Y. Z. Zabern 13, 80. 138, 177, 196, 216, Zachan 242. Zeitz 17, 35, 85, 106, 232. Zerbst 17, 90, 224. Ziegenliain 248. Zielenzig y. Zittau 18, 35, 47, 53, 72, 136, 149, 184, 270. .Zöblitz 42, 72. Zofingen, Schweiz 20, 98. Zschaitz 148, 234. Zschopau 38, 148. Züllic-hau 2, 20. Zürich 26, 98, 186. Zug 97. Zweibrücken 193, 218. Zweifiingen, W. 180. Zwickau 34, 72, 85, 114, 133, 146. Zwiefalten 29, 187. Zwiesel 265. Zwingenberg 199. Berichtigungen. Seite 51 Zeile 23 v. oben lies: wurde er statt wurde es. ,, 88 ,, 8 V. 0. 1. spätestens statt frühestens. ,, 94 ,, 13 V. u. 1. 296 Personen. ,, 105 ,, 4 V. 0. 1. statt wo vom . . . sind, nachdem ,, 108 ,, 1 V. u, 1. Engraisseurs statt Ingraisseurs. ,,121 ,, 18 V. 0. 1. in den Ort statt ins Ort. ,, 128 ,, 1 V. o. 1. Scorbut statt Skorbuts. ,, 128 ,, 3 V. 0. 1. des Genussos statt der Genuss. ,, 132 ,, 6 V. o. 1. starb daran statt davon. ,, 176 ,, 25 V. o. 1. wurden statt worden. ., 188 ,, 12 V. o. 1. 682 statt 681. gestorben waren. 19^ Von demselben Verfasser erschienen: Volksmedizin und medizinischer Aberglaube in Bayern und den angrenzenden Bezirken, begründet auf die Geschichte der Medizin und Kultur. Würzburg 1869. (Hierüber bemerkt H. Ha e s e r in seinem Lehrbuch der Geschichte der Medizin 1875 I. 606: „Am gründlichsten handelt der Verfasser über den noch jetzt in unglaublichem Umfange vorhandenen, aber in immer tiefere Schichten zurück- gedrängten, medizinischen Aberglauben in Deutschland, eine Mischung altgermani- scher, griechischer und biblischer Elemente.") Zur Greschichte des bürgerlichen Lebens und der öffentlichen Ge- sundheitspflege sowie insbesondere der Sanitätsanstalten in Süd- deutschland. Ein Beitrag zur Geschichte der Kultur und Medizin. Regen sburg, W. Wunderling 1880. (Diese Schrift erklärt H. Haeser für unentbehrlich für jeden Forscher auf diesem Gebiete) (Anzeiger d. German. Museum.) ■?*^»'^ ■ a^ ■ ^i ^ '^^c' m^t ^>^^7 f V- W. m^%'' '-#. VcV.^^- ^>'